Kunst

Das Programm und die BesucherInnen machen dann das Festival zu dem was es ist.

  • 03.02.2014, 13:15

In Wiener Neustadt fand heuer vom 28.-30 November zum dritten Mal das Frontale Film-Festival statt. Gezeigt wurden auch dieses Jahr wieder eine feine Auswahl an Kurz-, Spiel, aber auch Handyfilmen. Veranstalterin des Festivals ist die Jugendplattform Megafon. Progress hat mit dem den Wettberwerbsjury Mitgliedern Reinhard Astleithner und Jan Hestmann über das kleine aber erfolgreiche Festival gesprochen.

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In Wiener Neustadt fand heuer vom 28.-30 November zum dritten Mal das Frontale Film-Festival statt. Gezeigt wurden auch dieses Jahr wieder eine feine Auswahl an Kurz-, Spiel, aber auch Handyfilmen. Veranstalterin des Festivals ist die Jugendplattform Megafon. Progress hat mit dem den Wettberwerbsjury Mitgliedern Reinhard Astleithner und Jan Hestmann über das kleine aber erfolgreiche Festival gesprochen.

progress: Das Frontale Film-Festival fand heuer bereits zum dritten Mal statt? Was war die ursprüngliche Motivation dahinter, das Festival ins Leben zu rufen?

Reinhard Astleithner: Die Film- und Medienkultur in der Region kam immer ein wenig zu kurz. Abgesehen von privaten Einrichtungen und dem Zentralkino war es schwer, Filme abseits des Mainstreams zu sehen. Unsere eigene Kinoleidenschaft hat es dann fast zur Pflicht gemacht, die FRONTALE ins Leben zu rufen.

Jan Hestmann: Mit der Frontale wollen wir ein junges Kulturprojekt wachsen lassen, an dem sich kreative und filmbegeisterte Menschen beteiligen und austauschen können. Wir wollen ein breites, junges und jung gebliebenes Publikum ansprechen und Filmkultur erlebbar machen. Letztes Jahr hat das neue Kulturzentrum SUB aufgemacht. Da haben wir gleich gemeinsame Sache gemacht.

progress: Wie hebt sich das Frontale-Filmfestival von anderen ab? Was ist das Besondere an diesem Festival?

Reinhard: Das Feedback der letzten Jahre hat unsere Absicht bestätigt. Wir sind ein herzliches Festival, auf dem die ZuseherInnen auf die FilmemacherInnen treffen und in familiärem Setting diskutieren, konsumieren und reflektieren. Die Mischung aus Spiel-, Kurz- und Handyfilmen, die Couchgespräche und die Workshops bringen eine Vielseitigkeit ins Programm, die man anderswo vielleicht so nicht geboten bekommt. Dazu kam dieses Jahr dann auch die Live-Vertonung des Stummfilmklassikers NOSFERATU (1922), die man so noch nirgendwo gesehen oder gehört hat.

progress: Beim Frontale-Filmfestival können auch Handybeiträge eingereicht werden. Sind das eher Laienbeiträge? Wie heben sich solche Beiträge von anderen ab?

Reinhard: Im Handyfilmprogramm sieht man die Versatilität des Mediums wie in keinem anderen. Von willkürlichen Aufnahmen eines Plastiksackerls im Wind, bis hin zu Green Screen Produktionen haben wir dieses Jahr wieder gestaunt, gelacht und geklatscht. Der Gewinnerfilm steht in seiner Bildästhetik und Dramaturgie vielen der Lang- und Kurzfilme in nichts nach.

Jan: Tendenziell sind diese Filme von Laien, was toll ist. Filmemachen wird immer einfacher und billiger. Bei aller Nostalgie für Analogfilm, hat die Digitalisierung das Filmemachen niederschwelliger gemacht. Der Handyfilm ist die Konsequenz daraus. Das Handy wird zum Selbstermächtigungsinstrument für FilmemacherInnen ohne Budget. Gleichzeitig bringt es eine ganz eigene und interessante Ästhetik mit sich. Und man muss kreativ sein, um mit einem Handy einen guten Film zu machen.

progress: Gibt es Themen denen ihr euch am Festival besonders widmen wollt?

Reinhard: Qualitätsbewusstsein und die Auseinandersetzung mit dem Medium sind unser Antrieb. Das Programm und die BesucherInnen machen dann das Festival zu dem was es ist.

Jan: Letztes Jahr hatten wir ein Couchgespräch mit JungschauspielerInnen. Da schwingt das Thema Präkarisierung im Kunst- und Kulturbereich mit. Dieses Jahr gab es mit dem Screening von „Oh yeah, she performs!“ und mit der Tricky Women-Schiene einen Schwerpunkt auf Feminismus. Die Schwerpunkte sollen gemeinsam mit dem Publikum diskutiert werden können, gerne auch kontrovers. Da wollen wir uns nicht zu stark eingrenzen.

progress: Ihr bietet neben den Filmen auch ein umfangreiches Rahmenprogramm an. Unter anderem auch Workshops z.T. Drehbuchschreiben. Wollt ihr vor allem jene ansprechen die daran interessiert sind selbst Filme zu machen?

Reinhard: Bei uns ist grundsätzlich jede/r willkommen. Darum saßen in den Workshops auch Leute, die keine Vorkenntnisse hatten neben BesucherInnen, die schon einige Bücher zum Thema gelesen hatten. Aus dem Feedback der Workshopleiterinnen war herauszuhören, dass genau diese Mischung die Workshops spannend und zugänglich gemacht haben.

Jan: Da sind wir wieder bei der Selbstermächtigung. Wir wollen Menschen das Handwerk beibringen. Das Equipment, etwa das Handy, haben sie ja bereits eingesteckt. Das Festival ist deshalb aber nicht nur für FilmemacherInnen, sondern genauso für ein Publikum, das wir aber auch stets einladen, in den Diskurs einzusteigen.

progress: Was waren für euch die Highlights des diesjährigen Frontale-Filmfestivals?

Reinhard: Während unserer "Warm-Up Tour" besuchten wir das Triebwerk Wiener Neustadt mit dem Dokumentarfilm SKATEISTAN. Darin sieht man eine Skateschule in Afghanistan und ihre positiven Auswirkungen in dem durch Krieg gebeutelten Land. Und plötzlich kam das CARITAS Haus Neudörfl mit 25, zum Teil afghanischen, jugendlichen Asylbewerbern zu Besuch. Das anschließende Gespräch über den Film und die Auseinandersetzung mit der Migrationsthematik aus erster Hand war magisch. Beim Festival brachte das Gespräch mit Joseph Lorenz, Schauspieler in PARADIES: HOFFNUNG, einen interessanten Einblick in die Arbeitsweise eines der größten Filmexporte unseres Landes.

Jan: Bei der außergewöhnlichen Live-Vertonung von Nosferatu hatte ich das Gefühl, es passiert gerade etwas, das ich so bald nicht mehr erleben darf. Schließlich hat mich die Videobotschaft eines jungen ukrainischen Filmemachers begeistert, der einen globalkritischen Stop-Motion-Film eingereicht hatte, mit wenigen Mitteln aber dafür umso stärkerer Aussagekraft.

Zu den Personen:

Reinhard Astleithner (Juryvorsitzender)

studierte Drehbuch an der Filmakademie Wien und ist Betriebsleiter im English Cinema Haydn. Freischaffender Filmemacher und Fotograf. Zeigte im Rahmen der "Wien-Aktion", gemeinsam mit dem BMUKK, über 3000 Schulklassen einen Blick hinter die Kulissen eines Kinobetriebs.            

Jan Hestmann

Von der Wiener Neustädter Comedienbande zum Freien Radio Helsinki in Graz. Schließlich in Wien gelandet, in der Filmredaktion von The Gap und der Programmkoordination von Radio Orange. Ansonsten Globalgeschichte-Student und bei eigenen Filmprojekten für Doomsday Films vor und hinter der Kamera.

 

Das Interview führte Georg Sattelberger.

Toastbrot und Champagner

  • 01.04.2013, 15:57

Berufe im künstlerischen und Medienbereich gelten als frei: Viele streben sie an, doch ökonomischen Erfolg haben nur wenige. Vom Kampf zwischen kreativer Selbstverwirklichung und finanzieller Selbsterhaltung.

Berufe im künstlerischen und Medienbereich gelten als frei: Viele streben sie an, doch ökonomischen Erfolg haben nur wenige. Vom Kampf zwischen kreativer Selbstverwirklichung und finanzieller Selbsterhaltung.

Heute Wien, morgen New York. Nächste Woche Shooting auf einer karibischen Insel. Freie Zeiteinteilung, keine Verpflichtungen und viel Geld. Und am Abend treffen sie die hippsten Leute auf verrückten Partys. Das Leben von FotografInnen scheint leicht und frei. Sarah Böswart ist Fotografin – aber ihr Leben sieht anders aus. Eigentlich hat sie alles richtig gemacht: Top Ausbildung, Praktika  und auch einige Preise hat sie gewonnen. Trotzdem findet die 23Jährige, wie viele andere in der sogenannten Kreativwirtschaft,  keine bezahlte Arbeit.

Viele junge Menschen wollen GrafikerInnen, FotografInnen oder JournalistInnen werden. Es sind die Vorstellungen eines  Easy-going-Lebensstils, von lockeren Hierarchien, flexiblen Arbeitszeiten und der Drang nach Selbstverwirklichung, die Leute in die  Kreativbranche ziehen. Dafür sind sie bereit, vieles zu opfern und einige Hürden zu nehmen. Und das, obwohl sie wissen, dass  sie damit niemals materiellen Reichtum anhäufen werden. „Arm, aber sexy“ – klingt verlockend, ist es aber nicht: Wie hart der Kampf  ums finanzielle Überleben in diesen Branchen ist, wird den meisten erst bewusst, wenn das Geld am Ende des Monats nicht mal mehr für das Notwendigste reicht.
Sahel Zarinfard ist Jungjournalistin des Jahres 2012 und gründete das Onlinemedium paroli. Foto: Johanna Rauch
Arbeit in der Freizeit. Böswart hat ein Mal in ihrer Karriere Glück gehabt: Sie bekam eine Stelle als freie Mitarbeiterin im Museum für  Moderne Kunst. Sie hat Fotos retouchiert, die Ausstellungsstücke fotografiert und die Bilder archiviert. „Wir hatten einmal  Originalnegative vom Aktionskünstler Günther Brus. Da hätte ich fast geweint vor Freude“, erzählt sie. Für Böswart war die Arbeit im  Museum ein Traumjob: „Ich würde es sofort wieder machen.“ Verdient hat sie für 20 bis 25 Arbeitsstunden in der Woche  durchschnittlich 340 Euro im Monat. Daneben hat sie ihre Ausbildung an der Graphischen abgeschlossen. Dort gilt  Anwesenheitspflicht. Die Jobs für das Museum hat sie am Abend erledigt. Weil sie  ihrer Familie nicht noch mehr auf der Tasche liegen wollte, pendelte sie jeden Tag von ihrem Elternhaus in St. Pölten nach Wien. Freizeit hatte sie keine. Sahel Zarinfards  Tagesablauf sieht ähnlich aus: Sie steht auf, arbeitet und geht schlafen. Wie viele Stunden die 24Jährige, die kürzlich zur  Jungjournalistin des Jahres gewählt wurde, tatsächlich recherchiert und an Texten schreibt, kann sie nicht sagen. Es sind aber sicher  mehr als 40. Früher hat sie Nebenjobs gemacht, um schreiben zu können. Heute kann sie ihr Leben durch ihre  journalistische Tätigkeit finanzieren. Zwar lebt sie immer noch in einer WG, hat kein Auto und fährt nur selten auf Urlaub – jeden Cent zweimal umdrehen muss sie aber nicht mehr: „Ich hätte mir nie gedacht, mit Schreiben überhaupt Geld verdienen zu können.“  Hauptsächlich stammt Zarinfards Einkommen von ihrer Tätigkeit als Pauschalistin beim Wirtschaftsmagazin cashflow. Inihrer  Freizeit widmet sie sich ihrem Herzensprojekt paroli. Gemeinsam mit vier anderen JungjournalistInnen hat sie das Onlinemedium im  März 2012 gegründet. „Wir wollen uns mit paroli austoben und es als Spielwiese für neue journalistische Formen nutzen“, sagt  sie.
„Viele KünstlerInnen genieren sich für ihre Nebenjobs“, sagt Peter Stoeckl, Assistenzprofessor an der Angewandten in Wien. Foto: Johanna Rauch
Angebot und Nachfrage? Mit einem künstlerischen Job überleben zu können, war nie einfach: „Musiker waren in keiner Epoche  begehrte Schwiegersöhne“, sagt Peter Stoeckl, Assistenzprofessor für Design, Grafik und Werbung an der Angewandten in Wien.  Zuerst arbeiteten KünstlerInnen als ErfüllungsgehilfInnen des Adels. Den HofmalerInnen und -musikerInnen ging es gut, alle  anderen konnten kaum überleben. Mit der Aufklärung kam der Kunst zunehmend die Aufgabe zu, die Herrschenden kritisch zu  hinterfragen – auch damit ließ sich nicht gut Geld verdienen. Und heute? Heute lässt sich das Problem auf eine Grundregel der  Wirtschaft herunterbrechen – auf Angebot und Nachfrage. Weil es so viele GrafikerInnen, FotografInnen und JournalistInnen ibt,  drückt der Konkurrenzkampf die Preise für die Kreativarbeit. „Viele werden über einen Hungerlohn nie hinauskommen. Nur einige  wenige werden sich durchsetzen“, erklärt Stoeckl. Einige dieser Berufe sind zusätzlich von der fortschreitenden Digitalisierung betroffen. Früher waren FotografInnen TechnikerInnen – ohne Fachwissen in der Chemie und teure Geräte war es nicht möglich, ein  Foto auf Papier zu bringen. Im Jahr 1888 erfand Kodak die Kamera für „jedermann“ und warb mit dem Slogan „You press the button,  we do the rest“. „Seit damals geht es mit den Fotohonoraren bergab“, sagt Stoeckl. Sich als FotografIn sein Brot zu verdienen, ist  schwieriger geworden; fast alle brauchen zusätzlich Nebenjobs. Aber auch das ist nichts Neues – schon immer haben sich  KünstlerInnen ihre Leidenschaft mit anderer Arbeit finanziert. In den USA sei es laut Stoeckl ganz normal, dass TänzerInnen  nebenbei Taxi fahren und FotografInnen kellnern, um über die Runden zu kommen. „Es scheint mir ein speziell mitteleuropäisches  Phänomen, dass sich KünstlerInnen für ihre Nebenjobs genieren. Für mich hat das nichts Verwerfliches.“

Bei paroli gehe es laut Zarinfard auch nicht primär ums Geld. Es gehe darum, Mut zu beweisen und etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Darum, unabhängig zu sein. Trotzdem gibt sie zu, dass das hohe Arbeitspensum ihre Freizeit einschränkt und an der Substanz zehrt. Sie muss viel für die Verwirklichung ihres Traums opfern. Ausgebeutet fühlt sie sich dennoch nicht: „Ich bin gerne  Journalistin und sehe die Arbeit nicht als Belastung.“ Böswart geht es anders. Sie ist das prekäre Leben leid. Sie will nicht mehr  erschöpft nach Hause kommen, ohne zu wissen, ob sie jemals mit dieser Arbeit ihr Leben bestreiten wird können. Investiert hat sie  genug: Zeit in ihre Ausbildung, Herzblut in ihre Leidenschaft, die Fotografie, und viel Geld in ihr Equipment. 6000 Euro hat ihre  Kamera mit Objektiven gekostet; dafür hat sie ihren Bausparer aufgelöst. Einkünfte konnte sie daraus fast keine generieren: „Alle  um mich herum haben etwas weitergebracht und ich habe trotz Ausbildung und einer 6000 Euro teuren Kamera nichts geschafft. Ich  habe das Gefühl, als hätte ich meine ganze Kreativität  ausgekotzt.“ Heute will Böswart nicht mehr von der Fotografie leben: Sie  will nicht ihre eigene Chefin sein, wenn das bedeutet, sich gnadenlos selbst ausbeuten zu müssen, um irgendwie durchzukommen.

Fassade vs. Realität. Dennoch wählen viele junge Leute dieses prekäre Leben und gehen das Risiko der Armut ein. Denn das  Prekariat des Künstlers und der Künstlerin unterscheidet sich deutlich von der Armut des Bettlers und der Bettlerin, wie die  Schriftstellerin Katja Kullman in ihrem Buch Echtleben beschreibt: Sie erklärt, wie man sich möglichst lange von einer Packung  Toastbrot ernährt, um Geld zu sparen. Dieses wird dann beim Feiern mit FreundInnen hinausgeworfen, um die soziale Fassade  aufrechtzuerhalten. „KünstlerInnen gehen im Gegensatz zu BettlerInnen einer Tätigkeit nach, für die es Anerkennung gibt – sei es  auch nur von wenigen. Sie können sich selbstverwirklichen“, erklärt Stoeckl. Auf einer Party sind FotografInnen und MusikerInnen  eben angesagter als HilfsbuchhalterInnen – auch, wenn sie nicht davon leben können.

Aber lohnt es sich überhaupt, Geld in die  universitäre Ausbildung von Leuten zu investieren, die am Ende ohne Mindestsicherung nicht überleben können? Bis zum  Studienabschluss kostet einE StudentIn den Staat laut Universitätsbericht 2011
im Schnitt 106.788 Euro. Universitäten sind eben ildungseinrichtungen und keine Ausbildungseinrichtungen,  sagt Stoeckl: „Sonst könnten sie ja Orchideenfächer wie Ägyptologie auch niemals rechtfertigen. Sie werden gelehrt, weil Interesse daran besteht und  nicht, weil es so einen großen Bedarf gibt. Das entspricht nicht unserem Universitätssystem.“ Dass an den Kunstunis und in den kreativen Ausbildungen etwas falsch läuft, streitet er aber nicht ab. Das hat auch Böswart zu spüren bekommen: „Sie hoffen halt  jedes Jahr, dass der/ die Eine dabei ist, der/die sich durchsetzen wird“, sagt sie. Den Abschluss absolvieren in der Fotografieklasse der Graphischen aber jedes Jahr rund 30 AbsolventInnen.

Von den Studierenden wird erwartet, möglichst einzigartig und elitär zu wirken. Wer sich beispielsweise der Wirtschaft „anbiedert“  und statt abstrakten Kunstwerken, für die er/sie zwar künstlerische Anerkennung, aber kein Geld erntet, Porträts malt, um seinen/ihren Lebensunterhalt zu verdienen, wird an den Kunstunis Spott ernten. „Dabei sagen einige LehrerInnen bei uns selbst, dass sie nur unterrichten, weil sie von ihrer Kunst nicht leben können“, erzählt Böswart. Solidarität und einzelinteressen. Außerdem fördert das Eliten-Denken den Konkurrenzdruck: JedeR will besser als der/die andere sein, keineR will seinen/ihren Erfolg teilen.  Dabei wäre es aus Stoeckls Sicht das Wichtigste, zusammenzuarbeiten: „Wenn sich einE WerberIn, einE GrafikerIn und einE  FotografIn zusammentun, können sie größere Aufträge annehmen und sind psychisch viel stabiler.“ Diese Solidarität fehlt aber in  vielen Kunstund Medienbereichen. Manchmal aber besiegt der  Unmut die konträren Einzelinteressen: So haben Zarinfard und ihre KollegInnen zum Start von paroli in einem offenen Brief die prekären Arbeitsbedingungen von jungen JournalistInnen angeprangert und damit für Aufsehen gesorgt: Der Brief wurde von rund 800 UnterstützerInnen unterzeichnet. Man  wollte aufzeigen, dass  ArbeitgeberInnen heranwachsende JournalistInnen benachteiligen und ihnen den Einstieg ins Berufleben erschweren. Dabei handle es sich laut Zarinfard um ein System- und nicht bloß um ein Individualproblem. Als Reaktion auf den Brief folgten Gespräche mit  der Gewerkschaft und dem Verband Österreichischer Zeitungsverleger (VÖZ), die in eine öffentliche Podiumsdiskussion mündeten. 

Die Chancen, dass sich die Situation verbessert, schätzt Zarinfard trotzdem gering ein. „Ich denke, dass es nun ein   Problembewusstsein in den Chefetagen gibt, ein wirkliches Interesse, etwas zu ändern, aber nicht.“ Jedenfalls hat die Aktion  bewiesen, dass das kollektive Prekariat mehr Aufsehen erzeugt als das für die Kreativjobs symptomatische EinzelkämpferInnentum. 

„Das ist dann keine Kunst mehr“

  • 01.04.2013, 14:29

DJ und Produzentin Joyce Muniz, Sängerin Katie Trenk (Sex Jams) und Labelgründer Martin Unterlechner (DuzzDownSan) haben einen Nachmittag zusammen verbracht und über Kreativität, Schaffensdruck und die österreichische Musiklandschaft diskutiert. progress war mit dabei.

DJ und Produzentin Joyce Muniz, Sängerin Katie Trenk (Sex Jams) und Labelgründer Martin Unterlechner (DuzzDownSan) haben einen Nachmittag zusammen verbracht und über Kreativität, Schaffensdruck und die österreichische Musiklandschaft diskutiert. progress war mit dabei.

progress: In den 70er Jahren meinte Joseph Beuys, dass jeder Künstler sein kann, der will. Der Kreativitätsbegriff erfuhr damit eine starke Aufwertung. In den 80ern galt Kreativität als Ausbruch aus der Arbeitsroutine und dem Stumpfsinn des Alltags. Inzwischen werden wir beim Arbeiten ständig aufgefordert, möglichst kreativ zu sein. Kann sich Kreativität unter Druck überhaupt entfalten? Wie geht ihr als MusikerInnen damit um?

Joyce: Druck kann sehr produktiv sein. Manchmal brauche ich monatelang für einen Remix und eine Woche vor der Deadline kommt  dann plötzlich etwas Cooles raus. Der Druck Geld zu verdienen, ist aber trotzdem schlimm. Ich hab immer neben meiner Musik gearbeitet, irgendwann hat sich dann mein Hobby zum Beruf entwickelt. Als das passiert ist, hat sich aber schon etwas verändert in meinem Leben.

Inwiefern hat sich dein Leben verändert?

Joyce: Ich habe bemerkt, dass ich mich selbst unter Druck setzen und sehr organisiert sein muss, wenn ich kontinuierlich Geld verdienen will. Der Druck, Geld zu verdienen, war aber, denke ich, schon immer da. Für mich ist es wichtig, die goldene Mitte zu finden: Wenn gerade nichts da ist, auch ohne miese Jobs überleben zu können.

Martin: Es wäre wohl kontraproduktiv, wenn das Geldverdienen eine große Rolle bei DuzzDownSan spielen würde. Dann müsste man natürlich auch Kompromisse eingehen und hätte mehr Druck. In unserer Situation können  wir kreativ sein, ohne Konsequenzen. Da ist die Freiheit, keine Erwartungen berücksichtigen zu müssen. In der Arbeitswelt hat man oft mit einer anderen Form von Kreativität  zu tun. Denn dort schleichen sich oft Dinge ein, die mit Kreativität nicht mehr wirklich viel zu tun haben. In vielen Situationen, in denen man unter Druck an was arbeitet, überschlagen sich zu Beginn die Ideen, wenn dann Geld und Zeit als zwei  kritische Faktoren hinzukommen, werden diese aber ausgehöhlt. Das ist dann eben eine Zweckkreativität, bei der auch meist nichts  tolles entsteht.

Katie: Ich denke, entweder man ist  Künstler oder eben nicht. Dagegen kann man sich nicht wehren und das kann man auch nicht  lernen. Mit Sex Jams sind wir zu fünft in der Noise- Pop-Szene unterwegs. Wir bekommen viele und gute Reviews, wir spielen Live-Shows und es läuft eigentlich gerade sehr gut für uns. Aber es wird trotzdem nie so sein, dass wir alle davon leben können. Ich  war vor zwei Jahren in einer Phase, in der ich mich gegen Druck, produktiv sein zu müssen, wehrte. Ich fragte mich, woher der  Druck kommt und ob es das wirklich ist, was ich will.

Joyce: Ja, das, was dabei herauskommt, ist oft keine Kunst mehr.

Katie: Genau, sondern ein Scheiß- Job. Ich bin nicht im Proberaum und will einen Hit nach dem anderen hinauswerfen, ich will Triebe  verarbeiten und ausdrücken. Die Band steht bei uns an erster Stelle. Wir haben alle unsere Brotjobs, die flexibel sind, sonst  würde das auch nicht funktionieren. Wenn ich darauf aus wäre,schnell und viel Geld zu verdienen, dann würde ich wohl auch andere Musik machen. Etwas Elektronisches zum Beispiel. Bei Sex Jams kann ich es mir aber dafür leisten, mit Absicht falsch zu singen, das  geht bei anderen Sachen dann nicht.
Foto: Christopher Glanzl
Joyce: Ich habe viel in meinem Leben aufgegeben für meine große Liebe, die Musik. Ich kann jetzt wirklich stolz sagen, dass ich  davon leben kann. Ich weiß das auch zu schätzen, weil viele Musiker das eben nicht können. Ich opfere nach wie vor sehr viel dafür.  Das ist etwas, das man von außen vielleicht nicht sieht.

Wie schwierig hat man es als Frau in dieser Szene?

Joyce: Die Techno- und House-Szene wird nach wie vor von Männern kontrolliert. Es gibt sehr wenige Frauen, dafür dass es so viele  DJs gibt. Das Business ist schon sehr hart. Mir wurde oft die Tür vor der Nase zugeschlagen. Mittlerweile gibt es aber sehr viele Frauen, die präsent und erfolgreich sind. In den letzten zehn Jahren hat sich das stärker ausgeglichen.Katie: Ja, das zieht sich  durch alle Bereiche.

Martin: Mädchen sind schneller abgeschreckt. Da ist einfach eine andere Hemmschwelle in Bezug auf Technik vorhanden. Der Sound  ener Mädels, die produzieren, hat jedoch etwas sehr Intuitives und Organisches. Auch beim Auflegen sieht man das: Die  besten Techno-DJs, die ich bisher erlebt habe, waren Frauen. Man hat also auch Chancen und kann davon profitieren.

Wie steht es  2013 um Österreichs Kreativ- und Musiklandschaft? Da hört man ja oft viel Negatives – zu Recht?

Martin: Ich denke, es braucht hierzulande sehr viel Bestätigung von außen. Sobald jemand von außen sagt, „das ist cool, was du machst“, wird deine Kreativität ganz anders wertgeschätzt. Nehmen wir zum Beispiel Dorian Concept: Als Gilles Peterson gesagt hat, dass er dope ist, sind alle auf den Hype aufgesprungen und er wurde auch hier gefeiert.

Joyce: Österreich hat sehr viele kreative Leute. Das Problem ist, dass es keinen starken Markt mehr gibt. Es ist traurig, dass hier  super Künstler leben, aber kaum ein eigener Support existiert. Als österreichischer Künstler kannst du nur weiterkommen, wenn das Label gute Kontakte zu Deutschland oder England hat. Und die sind total beschäftigt mit ihren eigenenMusikern. Wien ist eine tolle  Stadt, aber wir können uns als Künstler hier schwer entfalten. Wenn du aber in Österreich beim Publikum gut ankommst, dann hast  du international große Chancen, weil die Leute hier sehr kritisch sind: Wenn sie etwas Neues hören, sagen sie selten „Leiwand, super!“, sondern „Ja, schau ma mal“. In den USA oder Großbritannien heißt es hingegen gleich einmal „amazing“ oder „dope shit!“.

Martin: Glaubst du nicht, dass das bei uns noch einmal verschärft ist, weil es hier einfach so einen kulturellen Minderwertigkeitskomplex gibt?

Joyce: Jeder Künstler hat das mit seiner Stadt oder seinem Land. Dieses Verhältnis zu den „Locals“ gibt’s auch in Sao Paulo, New York oder Berlin. Man gibt eben erst etwas einen Wert, wenn man es verloren hat. Etwa wenn sie sehen, dass du international  erfolgreich bist. Man merkt, dass die Leute zuhause dann plötzlich wieder mehr Lust auf dich haben.

Das heißt, für KünstlerInnen ist das Publikum vor der eigenen Haustüre die wirkliche Nagelprobe?

Katie: Es herrscht hier eine Scheuklappenmentalität vor. Das war ja in Österreich schon immer so, vom Theater bis hin zur Musik, beachtet wurde man doch oft erst, wenn man schon tot war. Sex Jams bewegt sichin einem Genre, das nicht so groß ist. Es wäre also sehr stumpfsinnig, nur in Österreich bleiben zu wollen. Du hast schnell alles hier leer gespielt und unser Sound ist auch eher international. Auf unserem Label Siluh Records sammeln sich auch internationale Künstler wie etwa Mozes and The Firstborn.

Martin: Wobei es eigentlich schon wieder gut für die Kreativität ist, dass der Markt hier so klein ist. Man kann das Geschäft mit  Musik hier so stark vernachlässigen, dass jeder eine geringere Hemmschwelle hat, sich in einer Form auszudrücken, die nicht auf Kommerzialisierung abzielt.

Joyce: Es gibt hier eine starke Undergroundszene. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele gute Leute es hier gibt – auf so kleinem Raum. Der Underground kann dich hier aber auch schnell verschlucken. Wien hat zum Beispiel eine eigene Energie, was das betrifft.  Man vergisst schnell, sich mit der Außenwelt zu verbinden. Viele Leute bleiben da hängen. Entweder du bist präsent, oder eben gar  nicht. Ich versuche deswegen die Mitte zu halten, einmal hier, dann wieder weg.

Martin: Es fehlt hier einfach auch an gegenseitigem Support.

Joyce: Ja, und früher gab es mehr Crews und coole Labels, mit eigenem Sound, wie zum Beispiel G-Stone, Klein Records oder Vienna Scientists. Die hatten international auch viel mitzureden. Es gibt auch jetzt ein paar tolle Labels, wie etwa Affine Records, Luv Shak  oder Schönbrunner Perlen. Aber im Großen und Ganzen hat man hier einfach nicht so viele Chancen.

Sind Marketing und Kunst für  euch klar getrennte Bereiche?

Katie: Hm, ich bin immer skeptisch, wenn Künstler anfangen, von Selbstmanagement zu reden. Es wird natürlich nicht passieren,  dass irgendwer in deinen Proberaum kommt und dich entdeckt, aber ich sehe das Management trotzdem nicht als meine Aufgabe. Joyce: Klar, ich denke, es gibt wenige Künstler, die sich selbst verkaufen können. Die, die das können, sind dann schnell keine  Künstler mehr, weil sie dann so damit beschäftigt sind, sich zu vermarkten. Ich kenne viele Musiker, die sehr belastet sind, weil sie  alles selber machen wollen: Marketing, Labelarbeit, Releases und so weiter. Das geht aber oft in die Hose. Da sind so viele  Emotionen und Erwartungen da, die im Business nichts verloren haben. Das frustriert dich dann total, wenn’s nicht gut läuft. Kunst  und Marketing müssen getrennt sein. Das ist ganz wichtig, denke ich.

Katie Trenk ist Sängerin der Band Sex Jams, die mit ihrem ersten Album „Post Teenage Shine“ bekannt wurde. Seitdem gilt die  fünfköpfige Formation als österreichische Noise-Pop- Hoffnung. Sex Jams haben soeben ihr Zweitwerk „Trouble honey“ auf Siluh Records und Noise Appeal Records released. Auf Seite 33 findest du eine Plattenkritik on „Trouble honey“.

Martin Unterlechner, auch bekannt als Mosch, hat 2008 das Label DuzzDownSan ins Leben gerufen. Es zählt mittlerweile zu den wichtigsten Raplabels Österreichs. Nebenher ist er als Rapper und Produzent unterwegs – sein Album „Metamorphosis as a  Metaphor“ erschien jüngst auf DuzzDownSan.

Joyce Muniz ist DJ, Produzentin und Vokalistin mit brasilianischen Wurzeln und hat sich in den letzten Jahren nicht nur in Österreich, sondern auch international in der House- und Techno-Szene einen Namen gemacht. Soeben ist ihr neuer Release „Trust  your Enemies“ am Berliner Label Exploited Records erschienen.

Hard Way to make an Easy Living

  • 31.03.2013, 23:20

Über Poker wird oft gesagt, es wäre eine anstrengende Art, sich ein einfaches Leben zu machen. Etwas ganz Ähnliches ließe sich über den reativbereich sagen.

Über Poker wird oft gesagt, es wäre eine anstrengende Art, sich ein einfaches Leben zu machen. Etwas ganz Ähnliches ließe sich über  den Kreativbereich sagen.

Alle ernsthaften Pokerspielerinnen wissen, dass sie ihr Spiel mit Disziplin und Ausdauer betreiben müssen, um erfolgreich zu sein.  Dennoch treibt viele der Traum an, vom Spielen leben zu können. Also von einer Tätigkeit, die im Grunde doch keine „richtige“ Arbeit ist, auch wenn ihr mit mehr Fleiß und Verbissenheit nachgegangen wird, als sie die meisten anderen Jobs erfordern. Es ist  eben ein Traum und nicht einfach Mittel zum Zweck. Poker ist aber nicht der einzige Bereich, auf den diese Diagnose zutrifft: Menschen wollen auch Journalistinnen werden, Künstlerinnen, Designerinnen; sie wollen sich kreativ betätigen, ihre Idee vom  eigenen Geschäft oder Restaurant verwirklichen. Sie träumen davon, von ihrer Leidenschaft leben zu können und sind bereit, dafür  einiges in Kauf zu nehmen.

San Precaria. Das Prekariat ist mittlerweile in aller Munde. Es hat sich herumgesprochen, dass sich die Arbeitsformen transformieren  und immer weniger Menschen in stabilen, vertraglich langfristig geregelten Verhältnissen beschäftigt sind. Auch in  linken Debatten hat sich der Fokus vom Proletariat auf das Prekariat verschoben. Damit einher geht auch eine Verschiebung von der  Betrachtung der kapitalistischen Produktionsweise als ganze zur Betrachtung der wechselnden Arbeitsbedingungen innerhalb  des Kapitalismus. War das Proletariat noch eine Bestimmung der grundsätzlichen Lage von Menschen im Produktionsprozess, meint  das sogenannte Prekariat eine sehr heterogene Gruppe, die das Leben unter ungewissen Verhältnissen gemeinsam hat. Die junge  selbstständige Architektin oder die angehende Künstlerin lebt scheinbar genauso prekär wie die Fließbandarbeiterin, die womöglich  umziehen muss, um einen Job zu finden, von dem sie nicht einmal sicher weiß, wie lange sie ihn behalten wird. Bei letzterer ist  übrigens einigermaßen verständlich, warum sie bereit ist, unsägliche Schikanen auf sich zu nehmen: Es bleibt ihr nicht viel übrig.  Wie verhält es sich aber in jenen Bereichen, von denen eigentlich alle wissen, dass ökonomisch nicht viel zu holen ist und in denen  sich dennoch Horden junger gut ausgebildeter  Menschen finden, die bereit sind, für die Chance auf eine mögliche Karriere ein  schlecht oder gar nicht bezahltes Praktikum nach dem anderen zu absolvieren? Sie bilden eine Art Wohlstandsprekariat und  konkurrieren um Stipendien, Beihilfen und Ausbildungsplätze, in der Hoffnung, einmal ihre Brötchen mit etwas Interessantem zu  verdienen.

Privilegien. Dieses Prekariat der Studierenden und Jungabsolventinnen ist in der eigentümlichen Situation, von einem Projekt zum  ächsten zu hetzen, einen Förderantrag nach dem anderen auszufüllen und Zertifikate zu sammeln, die sich im Lebenslauf gut  machen, aber dabei nichts zu verdienen, sondern sich vielmehr mit Hilfe von Reserven oder versteckten Einkünften über Wasser  halten zu müssen. Teilweise sind sich diese Prekären ihrer Einkünfte nicht einmal völlig bewusst. Vielleicht arbeiten sie sogar und  finanzieren sich selbst, leben aber in der günstigen Eigentumswohnung von Verwandten, bekommen immer wieder Geldgeschenke  oder werden auf Urlaube eingeladen. Und selbst wenn all dies nicht zutrifft, sind sie oft in der angenehmen Lage, einfach zu wissen,  dass sie einen Rückhalt haben, falls es hart auf hart kommt. Ihre prekäre Lage ist deshalb auch abenteuerlich und  zumindest eine Zeit lang durchaus erträglich. Das vergegenwärtigt, wieso vielen ein unbezahltes Praktikum als normaler Schritt auf  der Karriereleiter erscheint, oder warum es vielen nicht widerstrebt, Projekte, von deren Wichtigkeit sie im Grunde nur halbherzig  überzeugt sind, unentgeltlich auf die Beine zu stellen. Wir sind alle Individuen. „Ich nicht“, antwortet ein Statist in Monty Pythons  Das  Leben desBrian und stört die Menschenmenge, die im Chor einstimmig ihre Verschiedenheit bekundet. Sicher ist es auch ein Wunsch nach Selbstverwirklichung: danach, mit dem Leben etwas Besonderes anzufangen, der alle in dieselben prekären Berufe  drängt.

Die meisten wollen ja doch nicht leidenschaftlich Zahnärztin oder Mechanikerin werden, sondern Stars, Künstlerinnen, Profi- Gamerinnen. Sie strömen in Felder, in denen zu arbeiten mehr als einen Job bedeutet, mehr als ein Mittel, Geld zu verdienen. Es geht  darum, einen Traum zu verwirklichen und sich in einem umkämpften Bereich zu behaupten. Letztlich darum, etwas Besonderes zu  sein. Die Wohlstandsprekären machen mit, weil sie sagen wollen: „Ich bin Designerin“ oder „Ich kann von meiner Kunst leben“. Und  weil sie die Vorstellung, einen dieser normalen Jobs, die anstrengend sind, aber sein müssen, verständlicherweise abschreckt. Eine  Musikerin in einer Talk-Show meinte einmal, sie hätte hart an ihrem Album gearbeitet, aber sie wäre dankbar, keinen „richtigen Job“  machen zu müssen. Irgendwie nachvollziehbar. Es ist, wie Dolly Parton singt: „Working nine to five – what a way to make a livin’.“ Zweierlei Elend. Natürlich sind die Bedingungen, unter denen viele ihrem wahren Selbst nachhetzen, wirklich elendig – und die Kritik  daran notwendig und begrüßenswert. Auch wenn es nicht überrascht, dass sie reichlich artikuliert wird, betrifft sie doch  gerade jene, die im Kulturbereich, im Fernsehen und bei Radios tätig sind. Immerhin zeigen sie sich üblicherweise solidarisch mit  jenen, denen es noch mieser geht und deren Zugang zu Artikulationsmöglichkeiten begrenzter ist.

Es gibt nämlich noch ein anderes Prekariat. Viele Menschen haben keine Wahl, weil sie nichts haben. Ihnen bleibt nichts übrig, als  jeden Job anzunehmen, wo er auch sein mag, und noch die schikanösesten Arbeitsbedingungen zu ertragen. Diese Prekären gibt es  hierzulande und es gibt sie anderswo; dort geht es ihnen vielleicht noch schlechter. Dieses Phänomen ist nicht neu, es existiert, seit  es Kapitalismus gibt. Wer nichts hat, muss die eigene Haut verkaufen. Neu ist nur, dass Akademikerinnen  icht automatisch  mit einem sicheren Platz im Verwaltungsapparat des Elends belohnt werden. Und vielleicht war auch das nie wirklich ganz so  einfach. Die Gesellschaft transformiert sich also – und bleibt sich doch gleich.

Wiens „Shooting Girls“

  • 24.02.2013, 09:41

Jüdische Fotografinnen dominierten die begehrtesten und erfolgreichsten Foto­studios. Das Jüdische Museum Wien zeigt ihre Geschichte und Arbeiten.

Jüdische Fotografinnen dominierten die begehrtesten und erfolgreichsten Foto­studios. Das Jüdische Museum Wien zeigt ihre Geschichte und Arbeiten.

Auf der Treppe zum zweiten Stock des Jüdischen Museums Wien in der Dorotheergasse blickt den BesucherInnen eine Gestalt entgegen: Um den Hals eine große, schwarze Kamera aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ein schweres Stativ und eine Lampe geschultert, in der Hand eine Tasche mit weiterem Zubehör: Eine professionelle Fotografin am Weg zur Arbeit. Es handelt sich um Lilly Joss Reich, eines jener „Vienna Shooting Girls“, denen das Museum derzeit eine zweistöckige Ausstellung widmet. Denn die Fotostudios in Wien vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs waren fest in weiblicher, jüdischer Hand.

Von Trude Fleischmann bis Alice Schalek nutzten jüdische Frauen eine der wenigen Nischen in der bildenden Kunst, die ihnen die Männer gelassen hatten, und betrieben bald die erfolgreichsten und renommiertesten Ateliers der Stadt. 1907 eröffnete Dora Kallmus, später besser bekannt als Madame d’Ora, als erste Frau ein Fotostudio in Wien. An der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt durfte sie nur als Gasthörerin anwesend sein, ihr Atelier wure später zu einer Lehr- und Lernstätte für den Fotografinnennachwuchs. Gleich zu Beginn der Ausstellung begegnen BesucherInnen ihr und ihren rund vierzig Kolleginnen: Ein Selbstporträt zeigt sie halb hinter einer schwarzen Katze versteckt, ein wenig skeptisch in die Kamera blickend. Mit ihrem ganz eigenen Stil der Mode- und Porträtfotografie prägte Kallmus viele jüngere Kolleginnen und wurde selbst in der Metropole Paris berühmt und geschätzt.

Berufsfotografinnen. Schon im 19. Jahrhundert waren in Wiens Fotostudios zahlreiche Frauen zugange, allerdings meist als namenlose Helferinnen oder Ehefrauen. Als eine der ersten selbstständigen Berufsfotografinnen expandierte Bertha Wehnert-Beckmann von Leipzig aus nach Wien und New York. Die Fotografie war jedoch bereits vor ihrer Ankunft in Österreich durchaus auch in weiblichen Händen. In der 1861 gegründeten Photographischen Gesellschaft tummelten sich auch weibliche Mitglieder wie etwa Julie Haftner, Wien konnte zudem drei weibliche k.u.k. Hoffotografinnen verzeichnen. Mit der Entwicklung der handlicheren Klein- und Mittelformatkameras sowie der Öffnung der „Graphischen“ für  Frauen 1908 boomte das Fotografinnenwesen in Wien.

Besonders Frauen des liberalen jüdischen Bürgertums wählten den Beruf der Fotografin. Sie stammten aus Elternhäusern, in denen auch Mädchenbildung ein Thema war. Der Anteil jüdischer Schülerinnen in den Mädchenlyzeen des späten 19. Jahrhunderts war etwa achtmal so hoch wie der Anteil jüdischer BürgerInnen an der Gesamtbevölkerung. Die wachsende Zahl jüdischer Fotografinnen illustrieren sowohl eine Projektion des Wiener Stadt plans in der Mitte des ersten Raumes, auf der immer mehr Punkte für den Zuwachs an Studios stehen, als auch die Porträts erfolgreicher jüdischer Frauen, die sich wiederum von Frauen fotografieren ließen. So finden sich Porträts von Berta Zuckerkandl, Bertha von Suttner, aber auch Rosa Mayreder.

Aber nicht nur Frauen, alles, was Rang und Namen hatte, kam in die Studios der Fotografinnen: Kaiser Karl I. von Österreich samt Thronfolger Otto, Admirale und Fürsten. SchauspielerInnen ließen sich in ihren Rollenkleidern ablichten, Adelige etwa beim „Caroussel“ oder bei feierlichen Umzügen. Später finden sich berühmte und gedruckte Porträts von Karl Kraus, Max Reinhardt oder Stefan Zweig. Die Arbeit beschränkte sich jedoch nicht nur auf Studiofotografien: Auch in der Kunst- und Amateurfotografie fassten Frauen zunehmend Fuß. Mit bewusst eingesetzten Unschärfen und Glanzlichtern machten die Fotografinnen ihre Studioaufnahmen zu Kunstwerken. Neben klassischen Porträts waren aber auch Landschaften, Großstädte und Architektur begehrte Motive. Mit Mode- und Produktfotografie verdienten die Fotografinnen zusätzlich. Trude Fleischmanns Blumenstillleben Schneeglöckchen im Glas ist hier ebenso zu sehen wie ein Modefoto von Pepa Feldscharek, das eine Dame mit fein ondulierten Haarwellen in einem teuren Blumenrankenkleid zeigt. Vor allem die neu aufkommenden Illustrierten der 1920er-Jahre waren bei solchen Aufnahmen gute Kunden, auch das Aufkommen der Autogramm- und Starpostkarten beflügelte das Geschäft.

Wandelbares Frauenbild. Die Ausstellung zeigt aber nicht nur das Leben erfolgreicher Fotografinnen, in den Werken selbst spiegelt sich das dynamische Frauenbild der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Es sind teils sehr unkonventionelle, moderne und frische Bilder, die an den starren Normen der Gesellschaft rütteln und freche Flapper Girls (ein Trend der 1920er aus den USA, der kurze Röcke und kurzes Haar, Zigaretten und Alkohol durch Provokation für Frauen salonfähig machte), androgyne Garconnes, aber auch Intellektuelle, Akademikerinnen und Anhängerinnen der Frauenbewegung, sogenannte „Blaustrümpfe“, porträtierten.

Für Aufsehen sorgten auch Trude Fleischmanns heute weltberühmte Abbildungen nackter Tänzerinnen, die ebenfalls Ausdruck eines sportlicheren und natürlicheren Körperbilds waren sowie die gesellschaftliche Befreiung zum Ausdruck brachten. Auch Madame d’Ora widmete sich dem Tanz und fotografierte den deutschen Skandaltänzer Sebastian Droste zusammen mit seiner Ehefrau Anita Berber in verschiedenen Tanzszenen. Eine ganz andere Form der Fotografie prägte dagegen Alice Schalek: Als einzige weibliche Kriegsberichterstatterin des k.u.k. Kriegspressequartieres hielt sie den Ersten Weltkrieg dokumentarisch fest, reiste aber auch durch Indien, Sumatra oder Japan und veröffentlichte ihre Werke in Bildbänden.

Emigration, Flucht, Exil. Mit dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland 1938 war die Wiener Sternstunde der jüdischen Fotografinnen schlagartig vorbei. Die roten Punkte der Studios am Wiener Stadtplan nahmen radikal ab und verstreuten sich in Richtung London, Paris und Vereinigte Staaten. Madame d’Ora, jetzt wieder Dora Kallmus, überlebte wie auch Erna Adler-Rabus in der Illegalität in Frankreich, Belgien und den Niederlanden. Noch aus ihrem Versteck in Amsterdam fotografierte Maria Austria (eigentlich Maria Caroline Östreicher) 1943 Deutsche Soldaten marschieren durch die Vondelstraat, nach dem Ende des Krieges besuchte und dokumentierte sie das Versteck der Anne Frank. Jedoch nicht alle konnten sich retten: Eugenie Goldstern, Edith Barakovich oder Hilde Zipper-Strnad wurden zusammen mit vielen weiteren Fotografinnen ermordet oder in den Freitod getrieben. Während sich Trude Fleischmann in New York als Fotografin für Illustrierte eine neue Existenz aufbauen konnte, und etwa Albert Einstein oder Oskar Kokoschka ablichtete, und Camilla Koffler als Ylla mit ihren Tierreportagen weltberühmt wurde, zwang der Krieg andere, ihren Traumberuf für immer aufzugeben. Ein  einschneidendes Erlebnis und Trauma blieb aber bei allen Geretteten zurück: Elly Nieblar dokumentierte in nüchternen schwarz-weißen Aufnahmen den Wiederaufbau des Stephansdoms, Sowjetpanzer am Stalinplatz (heute Schwarzenbergplatz) und zerbombte Häuser in Wien. Auch Dora Kallmus, früher als Madame d’Ora für ihre Mode-, Star- und Glamourporträts bekannt, wandte sich nach dem Krieg realistischeren Sujets zu und fotografierte unter anderem eine Serie in den Schlachthöfen von Paris.

 

Nackte Männer

  • 04.01.2013, 13:11

Das Wiener Leopold-Museum hat unter den Kuratoren Tobias Natter und Elisabeth Leopold eine kontrovers diskutierte Ausstellung initiiert. Noch bis um 28. Jänner werden Skulpturen, Bilder und Installationen nackter Männer gezeigt.

Das Wiener Leopold-Museum hat unter den Kuratoren Tobias Natter und Elisabeth Leopold eine kontrovers diskutierte Ausstellung initiiert. Noch bis zum 28. Jänner werden Skulpturen, Bilder und Installationen nackter Männer gezeigt.

Sogar die deutsche Tagesschau hat dieser Tage aus Wien berichtet. An manchen Straßenecken und Litfaßsäulen der Stadt sieht man die mögliche Ursache dafür. Es sind drei Männer auf einem Plakat. Vielleicht sind sie Fußballer, denn sie tragen Stollen und Schoner in den Farben der französischen Flagge. Die drei unterscheiden sich voneinander durch ihre unterschiedliche Hautfarbe und repräsentieren damit die kulturelle Diversität Frankreichs, so die ursprüngliche Intention der Fotografen Blanchard und Commoy. Der Stein des Anstoßes lag jedoch woanders: Die drei Männer sind nackt. Eine merkwürdige Begebenheit, bedenkt man, dass die Nacktheit letztlich ja den natürlichsten Zustand des Menschen darstellt. Und sprach nicht auch schon Heinrich Heine in seinen Reisebildern: „Wenn wir es recht überdenken, so stecken wir doch alle nackt in unseren Kleidern?“ Und dennoch scheiden sich dieGeister an dieser Ausstellung. Eine ältere Passantin drohte in einem Bericht des Standard sogar damit, die Genitalien der Fotografierten „eigenhändig“ zu überpinseln. Und so sah sich die Museumsleitung letztlich in einem überraschenden Schritt der Selbstzensur dazu genötigt, einige der Plakate mit einem Klebestreifen zu versehen, wohl um den Fußballern, die in diesen kalten Wintertagen die Herzen so mancher ZuseherInnen nicht erwärmen konnten, wenigstens ein wenig Schutz der Intimsphäre zugewähren. Eine seltsame Wendung, denn schließlich haben es nur wenige Ausstellungen der Wiener Kunstmuseen fertig gebracht, innerhalb so kurzer Zeit eine derartige Responsivität in der Öffentlichkeit hervorzurufen.

Spiegelbild. Nun ist Kunst als Reflexionsmittel realgesellschaftlicher Zusammenhänge schon per se widersprüchlich und darin liegt  auch der interessante Ansatz, den das Museum mit dieser Ausstellung verfolgt. Denn die Nacktheit des Mannes, im Gegensatz zu jener der Frau, gehört nicht zu jenen visuellen Eindrücken, mit denen wir medial täglich konfrontiert werden. So sind auch die  Reaktionen der BesucherInnen, sobald sie an dem übergroßen männlichen Akt „Mr. Big“ – eine begehbare Installation vor dem  LeopoldMuseum, vorbeiflanieren, ein Spiegelbild gesellschaftlicher Meinungsbilder. Die Reaktionen reichen von Belustigung bis  Irritation.

Und auch die Werbeplakate haben polarisiert. In einigen Wiener Gemeindebezirken soll es sich zum Volkssport der BürgerInnen  entwickelt haben, die Zensurkleber der Museumsleitung abzureißen oder wieder anzubringen. Je nach Gesinnung. Es ist spannend zu sehen, inwieweit die Ausstellungsmacher dieses gesellschaftliche Ringen in ihr Projekt selbst impliziert haben. Um die Exponate zu erreichen, muss man in das Untergeschoss des LeopoldMuseums hinabsteigen. Die Räume sind abgedunkelt. Es wird Intimität hergestellt. Das Sendungsbewusstsein der Ausstellung ist subtil; nach außen hin herausfordernd, im Inneren spiegelnd. Dabei geht sie auf das Gefühl des Verbotenen  ein, des Voyeuristischen. Und sie zeigt auch die mögliche Verletzlichkeit des sogenannten „starken Geschlechts“, wenn sie ein Exponat der Künstlerin Louise Bourgeois zeigt, eine Latexkonstruktion des männlichen  Geschlechtsteils – an einem Haken hängend.

Dieser Zugang stellt die Fassade einer tradierten männlichen Geschlechterrolle in Frage. Er schockiert. Und er rüttelt dabei auch an den Orten, die dem Männlichen vorbehalten sind, wenn in einem abgesonderten Raum die Aufnahmen einer ungarischen Aktionskünstlerin gezeigt werden, die sich, als Mann verkleidet, in ein Badehaus für Männer begibt. Und immer wieder stellt sich  abei die Frage, warum es so „delikat“ ist, den männlichen Körper nackt zu zeigen, wenn dies beim weiblichen zur Alltagsnormativität gehört. Die Kuratoren stellen die „nackten Männer“ dabei – als Teil des Diskurses dieser Frage – in direkten Zusammenhang mit der  feministischen Forschung und den Gender Studies, ohne deren „Erfahrung und Anregung das Projekt nicht denkbar gewesen wäre“, und sehen ihre Ausstellung als Spiegelbild einer gesellschaftlichen Entwicklung, welche die „vordem scheinbar festgefügten  Kategorien wie ‚Männlichkeit‘, ‚Körper‘ und ‚Nacktheit‘“ auf breiter Basis ins Wanken gebracht hat.

Roter Faden. Diese Perspektive ist erfreulich, wenn es auch merkwürdig erscheint, dass, nur durch einen Vorhang getrennt, hinter einem der Ausstellungsräume ein Durchgang zu einer Auswahl hell-erleuchteter Klimt-Bilder führt, darunter einige nackte Frauen.  Dass selbiger mit Männer-Akten (darunter Selbstporträts) auch in der Ausstellung zu finden ist, zeigt auch eine profanere Seite der Schau. Zwar versuchen die Kuratoren einen roten Faden durch das Projekt zu ziehen, doch wird der für den öffentlichen Diskurs so wichtige Haupteffekt letztlich dadurch erzielt, dass eine große Anzahl an Ausstellungsstücken zusammengezogen wird. Vielen wird  man im Alltag begegnen, so in den verschiedensten Galerien, aus denen Teile des Bestandes entliehen sind. Und letztlich findet sich die männliche Nacktheit auch an Orten, die nicht gerade für ihre Freizügigkeit bekannt sind. Die Rede ist hier von Engelsstatuen in der Kirche.

Viel scheint also vom Kontext abzuhängen, in dem sich Menschen mit Nacktheit oder Körperästhetik befassen. Während die Sexualisierung innerhalb der Medien, hier ist vor allem Werbung zu nennen, zur Normativität gehört, scheinen Schamgrenzen  überschritten zu sein, wenn eine Kunstausstellung mehr oder weniger lebensnahe Gemälde und Exponate ausstellt. Gerade deshalb scheint sie notwendig. Direktor Natter antwortete auf die Frage nach dem „Warum“ dieser Ausstellung: „ … weil sie überfällig ist.“Im  Nachhinein betrachtet mutet die Zensur der Werbeplakate umso seltsamer an. Dabei zeigen die Ausstellungsmacher jedoch einen feinen Hauch von Ironie. Im gleichen Ausstellungsraum, in dem sich auch das Originalbild der drei nackten Fußballer findet, hängt das Plakat einer längst vergangenen Kunstausstellung. Neben der zensierten Version, die aufgrund der vermeintlichen  Anstößigkeit des Originals den Vorzug erhielt.

Der Autor Rudolf Bede studiert Soziologie und Psychologie an der Uni Wien.

Kunst ist wie ein Spiegel

  • 13.07.2012, 18:18

Svenja Hofe (22), Fashion & Management-Studentin, Model und leidenschaftliche Fotografin

Svenja Hofe (22), Fashion & Management-Studentin, Model und leidenschaftliche Fotografin

Durch mein Studium International Fashion & Management am Amsterdam Fashion Institute muss ich ständig aufmerksam sein für globale Trends und wirtschaftliche sowie kulturelle Entwicklungen. Ich muss die Fähigkeit haben, feinfühlig neue Modetrends, Stimmungen und Veränderungen in der Gesellschaft wahrzunehmen. All diese Eindrücke und Entwicklungen analysiere ich und übersetzte sie in kommerzielle Geschäftsmöglichkeiten und wirtschaftliche Strategien.
Ich lerne über alle ineinander greifenden Prozesse, die das Endprodukt ausmachen, welches den KonsumentInnen dann letztendlich auf dem Markt angeboten wird. Diese Prozesse beinhalten die Innovation und Gestaltung neuer Produktkonzepte, Imagegestaltung, Produktionsmanagement, Finanzierung und Textiltechnologie. In Projekten arbeiten wir an der Prozessinnovation der Beschaffungskette und an Firmenstrategien.

Aufgeschlossenheit. Aufgeschlossenheit, die Fähigkeit neue Problemstellungen zu lösen und kreatives Denken sind hierfür notwendig. Durch Verständnis und Einfühlungsvermögen muss ich Menschen mit ihren Bedürfnissen und Wünschen visualisieren. Ich muss wissen, wie KonsumentInnen ticken und warum sie kaufen. Kunst inspiriert mich zu neuen Ideen, da sie Ausdruck ist von Gedanken, Wissen, Emotionen und Entwicklungen unserer Gesellschaft und einzelner Menschen. In Kunst drückt sich aus, was unsere Gesellschaft bewegt und in Zukunft bewegen wird. Durch Kunst bekomme ich einen Eindruck über die Erfahrungen und Wahrnehmungen anderer Menschen. Ich kann durch Kunst neue Perspektiven auf meine Umwelt gewinnen und versuchen, durch die Augen eines anderen Menschen zu sehen. Dadurch bekomme ich vielfältige Eindrücke. Manchmal identifiziere ich mich mit diesen Erfahrungen. Oftmals werde ich überrascht von der Kreativität, die mir neue Denkanstöße und Inspiration gibt. Kunst bedeutet für mich auch, unerwartet neue Perspektiven zu erkennen. Auf diese Weise kann ich meine Gedanken teilen und weiterentwickeln. Ich finde es wichtig, aufgeschlossen zu sein und mich darauf einzulassen, von der Sichtweise eines Künstlers oder einer Künstlerin überrascht zu werden. Dadurch kann ich für einen Moment lang regelrecht in eine andere Welt gerissen werden. Die unterschiedlichen Kunstrichtungen beziehen sich aufeinander und inspirieren sich gegenseitig, sodass interdisziplinäre Kreationen entstehen können.

Mode ist Kunst. Modedesign ist inspiriert durch vielfältige Kunstrichtungen von Film bis hin zu Fotografie und Architektur. In Mode verschmelzen die unterschiedlichen Disziplinen. JedeR KünstlerIn hat eine eigene individuelle Art sich auszudrücken. Deshalb sehe ich in Kunst ein Ausdrucksmittel individueller Empfindungen. JedeR betrachtet Kunst auf eine eigene Art und Weise und reflektiert in Kunst individuelle Empfindungen. Das macht Kunst oftmals schwer fassbar, da jedeR persönlich etwas anderes in ihr sieht. Kunst ist wie ein Spiegel, in dem wir uns reflektieren und durch den wir uns kritisieren und Empfindungen aufbewahren können.
Momentan fasziniert mich insbesondere die Kunst der analogen Fotografie. Heutzutage kann durch digitale Technik ein Motiv massenhaft abfotografiert, bearbeitet oder gelöscht werden. In der analogen Fotografie hingegen wird eine Momentaufnahme, sobald sie auf den Film trifft, festgehalten. Dieser Moment wird wie in einer Zeitkapsel durch den Film aufbewahrt. Mich fasziniert die Authentizität. Ein einziges Bild kann die Situation eines Moments eindrucksvoll wiedergeben. Durch analoge Fotografie kann ich meine momentane Empfindung konservieren und vor der Vergänglichkeit aufbewahren.

Die Blendung umgehen

  • 13.07.2012, 18:18

Thomas Kwapil (29) arbeitet als medienübergreifender Künstler.

Thomas Kwapil (29) arbeitet als medienübergreifender Künstler.

Begonnen hat alles in Montreal. Für ein Jahr dort, um seinen Zivildienst zu leisten, und fort aus seinem bisherigen Umfeld, hatte Thomas Kwapil, Wirtschaftsstudent, zum ersten Mal die Ruhe, über alles nachzudenken. Ganz grundlegende Fragen: „Was sind Dinge, die von meiner Familie auf mich projiziert worden sind und andere von mir erwarten, und was sind Dinge, die ich mir für mich selbst vorstelle.“ Heraus kam der Entschluss, die Wirtschaft zu schmeißen – Spaß hatte es ohnehin nie gemacht – und stattdessen das zu tun, was ihn wirklich interessiert: Kunst zu machen.
Ein halbes Jahr später wurde Kwapil in der Klasse für medienübergreifende Kunst von Bernhard Leitner an der Universität für angewandte Kunst aufgenommen. Mittlerweile,sechs Jahre später, hat er sein Studium bereits abgeschlossen und kann entspannt und mit Ironie auf die damalige Situation zurückblicken: „Während meines Zivildienstes habe ich es geschafft, die Blendung zu umgehen. Wenn man in den 80ern groß wird mit Filmen wie Wall Street oder Das Geheimnis meines Erfolges, dann kommt glatt das Gefühl auf, dass das anzustrebende Ziele wären, Macht und finanziellen Erfolg zu haben.“ Dass er Kunst als Beruf wählen kann, wäre für Kwapil als Jugendlicher noch undenkbar gewesen.

Kunst war kein Thema. In der bildnerischen Erziehung in der Schule gab es einen kunstgeschichtlichen Teil und einen handwerklichen, in dem fast ausschließlich gezeichnet wurde, erzählt er. „Und da ich gemerkt habe, dass ich das nicht besonders gut kann, habe ich mich nie in dieser Berufssparte gesehen.“ Zeitgenössische Kunst war ohnehin kein Thema („Picasso war noch das Jüngste, was im Kunstunterricht gelehrt wurde“), auch nicht im familiären Umfeld und im damaligen FreundInnenkreis.
Heute steht die Kunst im Mittelpunkt seines Lebens. Diplomiert im Fach Bildhauerei und Multimedia ist es immer noch die medienübergreifende Kunst, die Kwapil am meisten interessiert. Viele seiner Arbeiten sind fotografisch, Installationen oder Videoarbeiten, mit Öl hatte er schon zu tun und es gab auch Werke aus Karton. Thematisch sind es aktuell Gebäude und ihre Wirkung, die den 29-Jährigen faszinieren: „Architektur ruft ganz spezifische Handlungen in Menschen hervor. Wenn TouristInnen zum Beispiel vor Sehenswürdigkeiten für ein Erinnerungsfoto posieren, dann stehen sie für einen kurzen Moment wie festgefroren da und nehmen dadurch völlig freiwillig selbst einen skulpturalen Charakter an“ – und verschwimmen so mit ihrem Hintergrund („Skulpturengarten“). In einer fotografischen Arbeit, die aktuell in St. Pölten zu sehen ist, hat Kwapil, gemeinsam mit seiner Freundin Elena Kristofor, versucht, Architektur im wahrsten Sinne des Wortes „greifbar“ zu machen („Gesten“ – siehe Bild) und über die (Un-)Möglichkeit der Partizipation an Architektur für Normalmenschen nachgedacht.

Kunst als Gegenteil der Kategorisierung. Wichtig ist ihm, dass Kunst so ziemlich alles sein kann: „Bei allem, was ich tue, denke ich nach, ob es vielleicht künstlerisch für mich interessant ist und ob ich etwas für mich herauspicke.“ Auch wenn er sein alltägliches Leben und sein Aussehen nicht als Projektionswand für seine künstlerische Tätigkeit sehen und verwenden will. „Ich glaube, je intensiver ich mich mit künstlerischen Fragestellungen auseinandersetze, desto weniger Zeit bleibt mir, das nach außen zu tragen oder wie das Stereotyp eines Künstlers zu leben.“ Kunst sieht er als Auffangbecken für alles, „wo die Menschheit nicht daran gedacht hat, es zu kategorisieren.“
Nach außen tragen möchte Kwapil auch lieber nicht Projekte, an denen er aktuell arbeitet. „Wenn ich merke, dass ich etwas gedanklich noch nicht völlig ausgeschöpft habe, dann möchte ich das noch nicht kommunizieren. Jeder Input von außen würde eine Richtung vorgeben oder dem Ganzen einen Einschlag geben, den ich noch nicht selbstbestimmt beitragen konnte. In dieser Hinsicht bin ich ein Kontrollfreak.“
Für die Zukunft würde sich Kwapil wünschen, zu hundert Prozent selbstständig künstlerisch zu arbeiten, von seiner eigenen Kunsttätigkeit leben zu können und ein größeres Budget zu haben, mit dem er seine Ideen umsetzen könnte, vielleicht sogar in einem eigenen Atelier. Als Brotjob arbeitet Kwapil neben seinen eigenen Projekten als Assistent seines ehemaligen Professors, dem international erfolgreichen Multimedia- Künstler Erwin Wurm. Auch wenn er es nicht als künstlerische Tätigkeit per se bezeichnen würde, von der Kunst anderer Menschen zu leben, ist das immerhin ein Anfang.

Ich bin mein Maßstab

  • 13.07.2012, 18:18

Clemens Hoke (23) will schöne Architektur kreieren.

Clemens Hoke (23) will schöne Architektur kreieren.

Mit dem Architekturstudium zu beginnen, war für mich eine Rückkehr zur Freiheit. In meinem vorangegangenen Politikwissenschaftsstudium beschäftigte ich mich über Jahre mit Dingen, die andere gemacht haben. Jetzt kann ich selber etwas erschaffen. Nichts anderes bedeutet für mich Freiheit.
Diese Freiheit existiert in allen Formen von Kunst und ist für mich auch ihr definierendes Element. Die Architektur ist aber sicher eine der eingeschränktesten Künste. Sie muss sich in erster Linie am Menschen und in weiterer Folge an der Physik, den Gesetzen und den ökonomischen Rahmenbedingungen orientieren. Während andere Kunstformen oft einer intellektuellen und finanziellen Elite vorbehalten sind, ist die Architektur überall präsent und betrifft jeden Menschen, unabhängig von seiner Klassenzugehörigkeit. Deshalb ist Architektur auch immer politisch.
Der Mensch steht im Mittelpunkt der Architektur, denn er muss in ihr leben, arbeiten oder sie sonst irgendwie nutzen. Um den Bedürfnissen des Menschen nahezukommen, werden Konzepte erstellt, die sich an Statistiken und Theorien festhalten. Oft wird dabei eine Bevormundung oder eine Idealisierung der Betroffenen vollzogen, die der Realität fern ist. Diese Praxis, gepaart mit einer Mode der spektakulären Formen und computergenerierten Bilder, macht moderne Architektur oft so schlecht.

Egoistisch und unreflektiert. Ich habe einen anderen Ansatz, der, dessen bin ich mir bewusst, als egoistisch und unreflektiert aufgefasst werden könnte. Er orientiert sich nicht an Idealbildern, sondern an mir. Ein Haus zu entwerfen, in dem ich nicht selber wohnen will, ein Krankenhaus zu planen, in dem ich nicht Patient sein will, oder eine Universität zu bauen, an der ich nicht studieren will, ist für mich nicht tragbar. Das heißt nicht, dass ich nur für mich bauen will, aber der Schritt zu einem guten Gebäude erfolgt über mein persönliches Empfinden.
Um ein Gebäude so zu gestalten, dass es mir gefällt, verlasse ich mich hauptsächlich auf mein Gefühl. Beim Betrachten einer Fassade kann ich in einem Augenblick entscheiden, ob sie gut oder wertlos ist. Da gibt es keine Formel oder Theorie, die ich lernen muss oder kann. Es ist ein Gefühl, das ausgelöst wird durch Proportionen und Details, und es ist mein Ziel, dieses Gefühl bei jedem meiner Gebäude zu nutzen, um etwas Schönes zu bauen. Es muss dabei nicht jedes Mal das Rad neu erfunden werden und ich muss mich auch keiner Mode unterwerfen, denn Mode veranlasst Gleichschaltung und Bewertung nach falschen Kriterien, ihre Resultate sind meistens schlecht.
Proportionen und Details sind entscheidend. Wie ein Raum wirkt hängt von den Verhältnissen der einzelnen Elemente zueinander und von den Elementen selbst ab. Was in einem Raum steht ist ebenso wichtig wie die Ausführung der Bausubstanz. Ob eine Wand gerade oder handverputzt ausgeführt wird, ist nur ein Detail, das weder im Plan noch im computergenerierten Bild vorkommt, das aber für die Wirkung des Raumes eine große Rolle spielt. Ebenso verhält es sich mit dem Inventar eines Gebäudes.
Mir sagt der Ansatz zu, bis zur Einrichtung alles zu entwerfen. Nur so kann ein Bau zu einem Kunstwerk werden, sonst ereilt ihn das Schicksal vieler Bauten, die an sich gut sind, aber zugemüllt wurden mit Schildern, Bankomaten, Würstelständen, Reklametafeln und barocken Altären. Nur wenn alles in sich stimmig ist, kann ein Gebäude schön sein, und darum geht es für mich letztendlich – schön zu bauen.

Heute eben keine gute Kunst

  • 13.07.2012, 18:18

Hyo Lee (26) studiert an der Universität für angewandte Kunst Fotografie.

Hyo Lee (26) studiert an der Universität für angewandte Kunst Fotografie.

Waschbären sind für Hyo Lee das Größte. Auch bei der aktuell laufenden Ausstellung der 26-jährigen Fotografiestudentin im Wiener Eventlokal Elektro Gönner stehen die Bären mit den charakteristischen schwarzen Augenschatten im Mittelpunkt. Nicht mehr als die logische Folge einer seltsamen Leidenschaft: Tagelang schaut die gebürtige Koreanerin momentan YouTube- Videos von Waschbären, zeichnet sie, redet begeistert über ihre Eigenheiten. „Wenn ich einen Waschbär auf Papier zeichne, ist das für mich so faszinierend, dass ich es immer und immer wieder machen will.“ Die mittlerweile seit fünf Jahren in Wien lebende Hyo Lee ist überzeugt davon, dass alle KünstlerInnen von Zeit zu Zeit von Themen besessen sind: „Du weißt nicht, was es ist, aber du kannst nicht aufhören damit. Wenn du bis zum Schluss den Grund für deine Faszination, den Sinn in einer Sache nicht finden kannst, musst du aufgeben. Aber vorher brauchst du immer diese Phase des Übertreibens, Ausreizens.“
Den Grund für ihre Besessenheit von Waschbären kann Lee heute – zumindest teilweise – schon benennen: Sie zieht in ihrer künstlerischen Arbeit eine Analogie zwischen dem Verhalten von Waschbären und den „Party people“, jenen nachtaktiven, überwiegend destruktiv lebenden Mitglieden der Party- und Spaßgesellschaft, zu denen sie sich auch selbst zählt. „Wir beide, Waschbären und Partymenschen sind ständig auf der Suche nach etwas, obwohl wir es schon hatten. Bei den Waschbären ist es das Essen. Sie essen, essen, essen, ohne je zufrieden zu sein. Sie sind gierig, immer auf der Suche, und nehmen im Grunde alles, was sie kriegen können. Bei uns ist es dasselbe, nur sind wir eben auf der Suche nach mehr Drogen, Alkohol oder mehr Sex auf der Party.“

Von Mercedes zur Kunst. Lee denkt nicht gerne zu lange nach, bevor sie anfängt zu arbeiten. Sie wolle ganz einfach die Dinge tun, die ihr Spaß machen. Themen, die sie faszinieren, die sie persönlich betreffen, greift sie auf. „Kunst ist für mich die einzige Möglichkeit, besessen von mir selbst zu sein, ohne dafür kritisiert zu werden“, ist Hyo Lee überzeugt. „Es gibt Phasen, in denen ich nur Selbstportraits machen kann, weil ich so voll bin mit mir selbst.“ Voll von sich selbst sein, das gibt es für Hyo Lee eigentlich erst, seit sie seit 2006 an der Universität für angewandte Kunst Fotografie studiert. Davor verbringt sie, aufgewachsen als Tochter eines Reiseunternehmers und einer Hausfrau in Seoul, ihr Leben als funktionierendes Mitglied ihrer Familie und der koreanischen Leistungsgesellschaft. Während ihre Schwester herausragende Noten schreibt, aber auch laut und fordernd ist, bleibt Hyo stets ruhig und unkompliziert. Schon als kleines Kind zeichnet sie gern und gut, gewinnt Preise. Als sie sich im zweiten Jahr der High School für den Kunstzweig einschreiben will, ihr Vater sie aber lieber im Wirtschaftszweig sehen würde, akzeptiert sie seinen Wunsch. Danach beginnt sie ein Wirtschaftsstudium in Seoul, das sie mit 23 auch beendet. Während dieser Zeit macht sie in verschiedenen europäischen Städten Praktika, die sie durch die berufliche Tätigkeit ihres Vaters als Reiseunternehmer bekommt, eine dieser Städte ist Wien. Für Lee ist sofort klar: In dieser Stadt will sie leben. Nachdem sie ihr Studium beendet und noch sieben Monate bei Mercedes-Benz gearbeitet hat, müssen ihre Eltern ihren Wunsch, wegzugehen, akzeptieren.

Unerschütterlicher Optimismus. Als Lee zwei Tage vor der Aufnahmeprüfung in Wien ankommt, hat sie einige lose Fotos dabei. Sie klebt unter Zeitdruck noch ein Portfolio zusammen, ohne zu wissen, wie ein solches auszusehen hat – und wird an der Angewandten aufgenommen. „Auf gewisse Weise bin ich so natürlich durch Zufall zur Kunst gekommen. Aber ich glaube nicht, dass es irgendjemand wagen würde, nur aus Zufall heraus als KünstlerIn zu leben. Das ist viel zu riskant, nicht nur finanziell gesehen. Auch, weil man sich auf gewisse Weise eine eigene Welt aufbaut und so Gefahr läuft, niemals richtig erwachsen zu werden.“ Lee ist aber mit unerschütterlichem Optimismus gesegnet. Während unproduktiver Phasen sage sie sich: „Gut, heute mache ich eben keine gute Kunst. Dann kann ich wenigstens Spaß haben und Party machen, ich arbeite ohnehin in einem Lokal. Und wenn ich dabei keinen Spaß habe, verdiene ich heute eben einfach nur Geld.“ Sie richtet sich auf, so dass der Katzenprint auf ihrem Sweater sichtbar wird, und grinst: „Das macht alles total einfach.“

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