Juni 2010

Der Traum vom Leben auf der Bühne

  • 13.07.2012, 18:18

Die lokale Musikszene ist im neuen Jahrtausend wieder zum Leben erwacht. Trotzdem scheintes schwierig, mit dieser Musik genug Geld zu verdienen, um davon leben zu können.

Die lokale Musikszene ist im neuen Jahrtausend wieder zum Leben erwacht. Trotzdem scheintes schwierig, mit dieser Musik genug Geld zu verdienen, um davon leben zu können.

Österreich ist in aller Welt bekannt für die großen MusikerInnen, die innerhalb seiner Grenzen geboren wurden oder gewirkt haben. So tanzte vor ein paar hundert Jahren ganz Europa zu den Klängen von Mozart und der Strauß’schen Familie. Ende des letzten Jahrtausends hatte Falco seinen großen internationalen Erfolg und der Begriff Austro-Pop war in aller Munde.
Gerne wurde und wird die österreichische Musikszene für tot erklärt, nur um sie kurz darauf als wiederauferstanden zu feiern. Die Neuen ÖsterreicherInnen werden von Ö3 in Dauerwerbesendungs-Manier gespielt und FM4 nimmt gerne österreichische Alternativbands ins Programm.

Pop ist in. Gerade in den letzten Jahren hat sich in der Musikszene einiges getan. Die sogenannten Neuen ÖsterreicherInnen entstanden durch eine Initiative von Ö3, die 2007 beschloss, Pop-, Rock- und Alternativmusik zu fördern. Der Begriff hat sich auch für eine Art von Bewegung innerhalb der österreichischen Musiklandschaft etabliert.
Begonnen hat diese Bewegung mit dem großen Erfolg Christina Stürmers im Ausland sowie mit Soundcheck, einem Bandcontest von Ö3, der einige neue Talente zu Tage befördert hat. Gleichzeitig erhöhte sich die Airplay-Zeit österreichischer Bands auf Ö3 von fünf auf neun Prozent. Bis 2011 sollen es bereits elf Prozent sein.
Nicht nur Christina Stürmer ist in allen Medien und der Werbung zu sehen. Mittlerweile sind Namen wie Luttenberger*Klug, SheSays, Mario Lang, PBH Club oder Zweitfrau nicht mehr aus der Pop-Radio-Welt wegzudenken. Der Begriff Austro-Pop kann also auch im neuen Jahrtausend mit Inhalt schmücken und ist heute nicht mehr bloß ein Ausdruck für vergangene musikalische Leistungen österreichischer Alt-KünstlerInnen. 

Die Suche nach Alternativen. Auch FM4 ließ sich den Schwung an neuen musikalischen Entdeckungen nicht entgehen. Seit Oktober 2001 betreibt der Sender eine Online-Plattform, auf der österreichische KünstlerInnen ihr Material kostenlos hochladen können. In einer wöchentlichen Sendung werden Neuigkeiten rund um die Szene veröffentlicht sowie neue MusikerInnen vorgestellt.
Auch dieses Jahr suchte der Sender wieder junge DJ*anes, die auf Festivals auflegen. Zur Bewerbung musste ein Mix-Tape mit Liedern aus dem FM4 Soundpark eingeschickt werden. Nicht nur auf Festivals sondern auch in der Sendung zum Soundpark werden die Mixes dann gespielt.
Neben der Ausstrahlung der Musik im öffentlich-rechtlichen Rundfunk entstanden auch einige Initiativen von KünstlerInnen. So gründeten Bernhard Kern und Robert Stadlober zum Beispiel 2005 in Wien Siluh Records. Mittlerweile beherbergt das Label eine Handvoll österreichischer Bands. Neben Robert Stadlobers Band Gary komponieren auch andere Alternativ-MusikerInnen wie A Life, A Song, A Cigarette, Killed By 9V Batteries und Sweet Sweet Moon unter Siluh Records. 

Musikalische Armut. Trotz der Bekanntheit der Bands und der starken Unterstützung durch die heimischen Radios ist der Erfolg für viele Bandsin Österreich beschränkt. So meint Bernhard Kern von Siluh Records: „Als Musiker oder Musikerin ist es, glaube ich, schon ziemlich schwierig, auf lange Sicht Geld zu verdienen. Die bekanntesten Bands aus dem FM4 Universum können nicht davon leben.“ Außer im Fall Christina Stürmers scheint also Musik für österreichische Musikschaffende nicht für den Lebensunterhalt auszureichen.
Zwar gibt es in Österreich einige Förderungen, so zum Beispiel von der Gesellschaft zur Förderung österreichischer Musik Ges.m.b.H., die zu 100 Prozent der Vereinigung AKM (AutorInnen, KomponistInnen und VerlegerInnen) gehört. AKM ist die größte UrheberInnenrechtsgesellschaft Österreichs. Für einige KünstlerInnen ist dies aber auch eine politische Frage, denn die Freiheit der Kunst bedeutet für sie, dass Kunst allen Menschen zugänglich sein muss.
Neben dieser Form der Förderung gibt es auch Geld von verschiedenen Stellen, wie zum Beispiel aus den jeweiligen Kunsttöpfen der Städte und Gemeinden oder auch von Privatinitiativen. Der Dschungel an Fördermöglichkeiten ist gerade für junge MusikerInnen ohne Label schwer zu durchschauen.
Bernhard Kern sieht aber noch ein anderes Problem: „Für viele Bands ist es auch Bequemlichkeit, die spielen eben ihre fünf Gigs bei den FM4 Festivals und den Rest des Jahres müssen sie sowieso in ‚echten‘ Jobs arbeiten. Nach dem Ende des Studiums ist dann oft die Karriere zu Ende.“ Seiner Meinung nach können auch österreichische Bands in ihrer jeweiligen Nische außerhalb von Österreich Bekanntheit erlangen, dies ist aber ein langwieriger und anstrengender Prozess mit vielen Kleinstauftritten. Und so bleibt der Traum vom Leben auf der Bühne meist genau das: Ein Traum. 
 

Ab in den Sommer

  • 13.07.2012, 18:18

Das laufende Semester ist so gut wie überstanden. Zeit, sich nicht nur um die anstehenden Prüfungen, sondern auch um die Sommerplanung zu kümmern.

Das laufende Semester ist so gut wie überstanden. Zeit, sich nicht nur um die anstehenden Prüfungen, sondern auch um die Sommerplanung zu kümmern.

Der Schreibtisch quillt über vor lauter Büchern, Zetteln und Stiften. Laptop und Hirn rauchen um die Wette, es ist stickig und der Schokoriegel-Vorrat geht zur Neige. Doch nicht nur die Prüfungswoche naht, sondern auch die heiß ersehnten Ferien. Zum Glück hat der Sommer in Österreich so einiges zu bieten. Ein kleiner Überblick für die, die den Sommer nicht erwarten können und sich von der Schlechtwetterprognose nicht entmutigen lassen.

Festivals

Festivals gehören mittlerweile zum Sommer wie der Besuch im Freibad. Auch dieses Jahr überbieten sich die Veranstalter von Nova Rock, Frequency und Co. mit Auftritten diverser Superstars. Doch auch abseits der Großen gibt es jede Menge kleinerer, an Qualität um nichts nachstehender Festivals, die einen Besuch durchaus lohnen.
Das Lovely Days Festival, das am 10. Juli in Wiesen stattfindet, spezialisiert sich auf Rock-, Bluesund Songwriterlegenden und lässt seit 2006 die Ära Woodstock wieder auferstehen. Dieses Jahr sind Actsw ie Toto und der Manfred Mann’s Earth Band mit dabei.
On The Rocks, (16. und 17. Juli im Steinbruch Golling) wartet dieses Jahr mit einem Line-Up auf, das ein besonderes Musikvergnügen verspricht: The Hidden Cameras und die Antennas spielen auf derselben Bühne wie die Mühlviertler Bilderbuch, die im vergangenen Jahr mit Nelken und Schillinge ein außerordentliches Debutalbum ablieferten.
Das Habedehre-Festival mid Herz findet heuer zum zweiten Mal in Ostermiething statt. Am 16. Juli spielen LaBrassBanda, SkaPutnik und KellerSteff abseits von Rock und Pop.
Am 6. und 7. August trägt das Palaverama in Gmünd (NÖ) seinen Teil zur Festivalsaison bei. Für Auftritte von den Sternen, Sofa Surfers, den nach Berlin ausgewanderten Ja, Panik sowie Velojet ist gesorgt.
Für Metalfans bietet alljährlich das Kaltenbach die richtige Musik: Nachdem der Austragungsort letztes Jahr verlegt wurde, findet es diesmal wie ursprünglich in Stuhleck statt. Mit dabei sind Dying Fetus (die letztes Jahr absagen mussten), Dark Funeral und Asphyx.
Eine gute Tat vollbringen und dabei den Festivalwahnsinn genießen ist am Bock mas-Festival möglich, das zugunsten des Flüchtlingsprojektes Ute Bock in der Burgruine Altwartenburg von 26. bis 28. August veranstaltet wird.

Konzerte

Jenen Leuten, denen Zelten und  das Benutzen von Dixi-Klos noch nie sonderlich sympathisch waren, bietet der diesjährige Sommer jede Menge an Einzelkonzerten, die das Herz so mancher Musikliebender höher schlagen lassen.
In der Burg Clam in Oberösterreich finden jedes Jahr im Sommer Open Air-Konzerte der besonderen Art statt: Wir sind Helden und Die Ärzte waren beispielsweise schon zu Gast und dabei angetan von der besonderen Atmosphäre in der Burg. Grossstadtgeflüster, die ihre Konzerte aufgrund der Erkrankung eines ihrer Mitglieder absagen mussten, holen die versprochenen Termine Anfang Juli in Graz, Klagenfurt, Innsbruck und Wien nach. Ich muss gar nix, der Clubhit der Band, dürfte auch in diesem Sommer zum Motto so mancher Studierender werden. 
In Kufstein geben sich Culcha Candela die Ehre – Ohrwürmer wie Hamma und Monster mögen keine musikalischen Meisterleistungen sein, zum Tanzen eignen sie sich allemal.
Kult-DJ David Guetta gastiert am 13. August nicht etwa in Wien, sondern im Schwarzl Freizeitzentrum in Unterpremstätten. Für die tanzwütige Fangemeinde sicherlich ein Pflichttermin. Weiters gastieren in diesem Sommer die Stereophonics, Altrocker Alice Cooper, Kasabian, Flogging Molly und Leonard Cohen in Österreich. 

Sportevents

Natürlich sind musikalische Events nicht das einzige, das im Sommer als Freizeitbeschäftigung dient. Die Freibäder haben endlich geöffnet, die Sonne lacht vom Himmel und die Beachvolleyball-Saison ist eröffnet. Jede Menge sportlicher Betätigungen machen vor allem eines: Spaß. Wem das Schwimmen im Badesee nicht reicht oder wer lieber anderen beim Sporteln zusehen möchte, dem seien folgende Events ans Herz gelegt.
Beinahe Festival-Flair bietet der alljährliche Beachvolleyball GrandSlam in Klagenfurt: Von 27. Juli bis 1. August werden Teams aus aller Welt angefeuert – dabei sind Spielregeln und Gewinner eher egal, im Mittelpunkt stehen Spaß und Unterhaltung.
Die Fußball-WM findet 2010 leider geografisch nicht so nahe statt wie 2006, jedoch sind die Fußballfans dennoch nicht dazu verdammt, vor dem Fernseher zu versauern. Jede Menge Public Viewing-Möglichkeiten werden den Kampf um den Titel auf riesigen Leinwänden übertragen.
Wer selbst aktiv werden möchte, dem sei neben den Klassikern wie Schwimmen und Radfahren zur Abwechslung Sommer-Rodeln empfohlen: In ganz Österreich bieten Sommerrodelbahnen jede Menge Spaß und Abenteuer.

Film

Bei einer solchen Auswahl an Konzerten, Festivals und Sport-Events kann es auch ganz schön sein, wenn es etwas ruhiger wird: Ein simpler Kinobesuch kann im Sommer zum Erlebnis werden, Essengehen wird zur reinsten Gaumenfreude. Der Filmgenuss wird im Sommer ins Freie verlegt: ob Sommerkino, Kino unter Sternen oder Kino am Dach – die Auswahl an Orten und Filmen ist groß. 
Film- und Kulinarischer Genuss werden am Wiener Film Festival 2010 am Rathausplatz miteinander verbunden: Internationale Küche und Musikfilme begeistern den ganzen Sommer über ihr Publikum. Das Musical-Angebot reicht von Cats (Graz) über Victor/Victoria (Stockerau) zur Rocky Horror Show (Bad Leonfelden). Klar, dass die Wahl bei einer solchen Zahl an Veranstaltungen außerordentlich schwer fällt. Wer nicht an einen Ort gebunden sein möchte, dem/der sei das Österreich-Ticket der ÖBB empfohlen – damit die vielen Events kostengünstig erreicht werden können.

 

Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!

  • 13.07.2012, 18:18

Sommer – was war das noch einmal genau?

Sommer – was war das noch einmal genau? Ein Blick ins Lexikon verschafft Klarheit: Sommer der; Jahreszeit zwischen Frühling u. Herbst; wärmste Zeit des Jahres; Meteorologisch ordnet man dem Nordsommer die Monate Juni, Juli und August zu. Davon, dass der Sommer die wärmste unserer vier Jahreszeiten sein soll, konnte in den letzten Wochen allerdings noch herzlich wenig bemerkt werden. Regen und kühle Temperaturen standen auf der Tagesordnung. Doch jenen, die nicht an die Aschewolke als Ursache hierfür glauben, soll gesagt sein: Der Sommer kommt bestimmt und mit ihm auch die oftmals schwierige Frage nach einer geeigneten Ferienplanung. Denjenigen unter uns, die sich ihr Taschengeld heuer nicht durch einen, in der Regel eher bescheiden entlohnten, Ferialjob aufbessern müssen, bei denen aber auch das bereits Angesparte nicht reicht, um groß in der Weltgeschichte herum zu reisen, sei ein Sommer in Österreich nahe gelegt. Denn dieses Land hat in Sachen  Freizeitaktivität weit mehr zu bieten als Après-Ski und Bergsteigen. Zwar ist die Suche nach Strand, Palmen und Meer vergebens. Jedoch lassen Events in den Bereichen Musik, Sport und Kunst (S. 26) so manches Studierendenherz höher schlagen. Auf dass auch ihr das von Goethe angesprochene „Gute“, welches bekanntlich so nah liegt, für euch entdecken und euren Sommer so gestalten könnt, dass er ein unvergessliches Erlebnis wird.

 

Die Linken haben das nicht geschafft

  • 13.07.2012, 18:18

Christine Nöstlinger, 73, zählt zu den bedeutendsten KinderbuchautorInnen des deutschen Sprachraums. Mit ihren Büchern hat sie die Zukunft tausender Kinder beeinflusst. Im Interview mit dem PROGRESS spricht sie über Geld, Fußball, junge TürkInnen und die Leiden der SPÖ.

Christine Nöstlinger, 73, zählt zu den bedeutendsten KinderbuchautorInnen des deutschen Sprachraums. Mit ihren Büchern hat sie die Zukunft tausender Kinder beeinflusst. Im Interview mit dem PROGRESS spricht sie über Geld, Fußball, junge TürkInnen und die Leiden der SPÖ.

Christine Nöstlinger sitzt am Esstisch in der hellen Wohnküche ihrer Dachgeschosswohnung. Vor ihr ein Glas Weißwein, an dem sie nur nippt. Daneben liegt eine schwarze Packung John Player, aus der sie während des Gesprächs zwei Zigaretten ziehen wird. Ab und zu schenkt sie ihren Gesprächspartnern Wolfgang Zwander und Alexander Fanta ein neckisches Lächeln.

PROGRESS: Sie sind eine der bekanntesten AutorInnen Österreichs. Werden Sie auf der Straße erkannt?

Nöstlinger: Hier im Bezirk (Brigittenau, Anm.) leben ja vor allem Migranten, da passiert das nicht sehr oft. Im Ersten Bezirk aber schon.

Wie finden Sie das Zusammenleben mit Ihren türkischen und ex-jugoslawischen NachbarInnen?

Mir macht das nichts. Die hiesigen Ureinwohner finden aber, dass alles furchtbar geworden ist.

Was finden sie daran furchtbar?

Ich rede mit diesen Leuten nicht so viel. Aber es ist nicht immer leicht, mit Leuten eng zusammenzuleben, die einem anderen Kulturkreis angehören. Ich habe es da leicht, ich sitze auf meinem Dach oben, fahre mit dem Lift auf und ab und brauch mich um nix zu scheren. Wenn aber sechs Leute auf Zimmerkuchl-Kabinett wohnen, dann gibt’s halt viel Dreck, und wenn das Scheißhaus am Gang ist, und das von sieben Leuten öfter benutzt wird und die Musik laut ist, da entstehen halt Animositäten. Es ist nicht lustig, wenn man dünne Mauern hat und dahinter läuft eine Musik, die einem nicht einmal gefällt. Und wenn ich gegen die Mauer pumper und „Aufhören“ schrei, der andere irgendetwas in einer fremden Sprache zurückschreit und nicht aufhört. Es ist überhaupt die Frage, wie viel Fremdes hält ein Mensch aus? Wann ist meine Frustgrenze erreicht?

War Ihre Frustgrenze schon einmal erreicht?

Wie gesagt, ich bekomme das nicht so mit. Was ich aber traurig finde: Die jungen Türken können oft weder Deutsch noch Türkisch.

Ihre Bücher werden auch ins Türkische übersetzt. Denken Sie, dass sie von den Kindern und Jugendlichen hier im Bezirk gelesen werden?

In unserem Haus und in der Gegend gibt es eine Regel: Was man nicht braucht, stellt man in einem Karton vor die Haustür. Die Sachen sind blitzschnell weg, binnen einer Stunde, ob das Heferln sind, oder Reindln (Töpfe, Anm.), oder ganze Sessel, das holen sich die Leut'. Ich hab einmal ein paar Heferln rausgestellt und türkische Übersetzungen meiner Bücher dazugegeben.Die sind vier Tage da unten gestanden. Dann habe ich sie wieder mitgenommen, weil ich mich geniert habe, es steht ja mein Name drauf. Bücher sind hier nicht sehr begehrt.

Man sagt über Sie, früher hätten Sie sehr viel Idealismus in ihre Kinderbücher gepackt, heute sei das aber nicht mehr so.

Das stimmt nicht, ich wähle nur einen anderen Zugang. Vielleicht kommt aber ein bisschen die Abgeklärtheit des Alters dazu, wenn ich mir denke, Kinder soll man nicht mit Sachen indoktrinieren, die sie eh nicht selber ändern können. Ich will die Kinder dann trösten und ihnen zeigen, dass sie mit ihren Sorgen und Nöten nicht allein sind, dass andere das auch haben. Das halte ich heute für wichtiger, als ihnen irgendwelche gesellschaftlichen Utopien vorzumachen.

Kann man Kindern bei der Erziehung überhaupt was vormachen?

Der Karl Valentin hat einmal gesagt, es bringt gar nichts, die Kinder zu erziehen, die machen einem eh alles nach. Dem stimme ich zu.

Woher nehmen Sie die Ideen für Ihre Bücher?

Ich kann nur über das Schreiben, was ich kenne. Oft ist es mühsam. Da habe ich zwanzig verschiedene Ideen und bei neunzehn denke ich mir, das wird ein Schmarrn. Und die zwanzigste haut dann doch irgendwie hin. Ich ändere die Texte aber hinterher sehr oft. Wenn ich einen duftigen lockeren Text will, dann muss er duftig und locker werden. Manchmal gelingt das aber einfach nicht.

Werden Sie dann wütend?

Nein, das nicht. Ich war aber angeblich ein sehr wütendes Kind, aber seit ich erwachsen bin, werde ich eigentlich überhaupt nicht mehr wütend. Traurig kann ich werden, und wenn mir was nicht gelingt, dann kann es schon sein, dass ich so elegisch vor mich hin dumpfe und mir denke: Kannst auch nichts mehr.

Erleben Sie manchmal Schreibblockaden?

Ja, das gibt es schon, aber da muss man darüber hinweg, und zwar schreibend. Wird´s nix, schmeißt man´s halt in den virtuellen Papierkorb. Aber nur sitzen und warten, dass es wieder wird, das geht nicht.

Versuchen Sie manchmal, Ihrer Kreativität mit Alkohol auf die Sprünge zu helfen?

Beim richtigen Arbeiten eigentlich nicht. Aber wenn ich mich am Abend hinsetze und Mails beantworte, dann kann man sich schon ein Glas Wein nehmen. Das tue ich ohnehin nicht gerne. Ich muss immer lachen, weil die Leut´ ja glauben, dass man ein Mail sofort beantworten muss. Die rufen dann am nächsten Tag an, und fragen: Hast du meine Mail nicht bekommen? Wenn ich dann sage, ich habe meine Mails schon eine Woche lang nicht angeschaut, dann glauben sie, ich bin nicht von dieser Welt.

Unter welchen Bedingungen schreiben Sie?

Unter allen Bedingungen.

Sie haben keine spezielle Schreibstimmung?

Nein, das geht ja nicht. Dann würde ich ja zu gar nichts kommen, wenn ich warten müsste, bis ich in Stimmung komm'. Aber mit zunehmendem Alter leiste ich es mir, weniger zu arbeiten. Manchmal umschleiche ich den Computer, wie wenn er mein Feind wär', und stell ihn nicht an.

Haben Sie manchmal auch im Kaffeehaus geschrieben, wie es dem Klischee-Bild einer Wiener Schriftstellerin entsprechen würde?

Nein, das ist ja lächerlich, warum soll ich im Kaffeehaus schreiben?

Wie viel arbeiten Sie im Schnitt?

Heute an die dreißig, vierzig Stunden in der Woche.

Wird Ihnen das nicht zu viel?

Ich hab früher achtzig Stunden in der Woche gearbeitet, so gesehen ist es heute viel weniger.

Das hat Sie nie gestört?

Naja, es hat sich halt so ergeben. Ich bin ein arbeitsamer Mensch und viel anderes habe ich eigentlich nie zu tun gehabt außer. Kinder großziehen und halt sonst noch so Notwendigkeiten. Aber ich bin unsportlich, ich habe außer Lesen keine Hobbys, also bleibt mir ja nur das Arbeiten.

Wie gut lebt es sich mittlerweile von Ihrer Arbeit?

Als Schriftstellerin bekomme ich ja keine Pension, aber ich lebe ganz gut. Die genauen Zahlen weiß ich nicht so genau, aber ich glaube, im letzten Jahr betrug mein Einkommen vor Abzug der Steuern € 140.000. Früher, als ich noch für Zeitungen gearbeitet habe und eine Achtzig-Stunden-Woche hatte, habe ich aber sicher doppelt so viel verdient.

Was bedeutet Geld für Sie?

Geld macht das Leben einfacher.

Was ist das für ein Gefühl, dass viele Menschen sehr viel weniger verdienen als Sie?

Also ich hätte gar nichts dagegen, wenn es allen so gut ginge wie mir selbst. Oder sogar besser. Aus dem Unterschied ziehe ich keinen psychischen Gewinn, eher im Gegenteil. Wenn ich mir was Teures kaufe, dann versuche ich hinterher für andere Leute etwas Positives zu tun. Manche Ausgaben kommen mir auch frivol vor.

Welche denn?

Eine Handtasche um 2000 Euro kommt mir frivol vor, das kaufe ich nicht.

Wo ist für Sie der Unterschied zwischen einem guten Leben und luxuriöser Dekadenz?

Der Übergang ist natürlich fließend. Luxus ist ja nur das, was man sich schwer leisten kann, also ist Luxus für jeden etwas anderes.

Sie haben einmal gesagt, dass Sie beim Einkaufen ungerne auf den Preis schauen.

Als Kind und als junger Mensch hatte ich nichts. Da freut man sich einfach, wenn man ein Geld hat, wenn du auf Kleinigkeiten nicht schauen musst. Das ist eine gewaltige Lebenserleichterung. Aber ich bin echt kein Luxusmensch. Das Angenehmste am Geld ist eine gewisse Sicherheit. Die man aber als Freischaffender sowieso nicht hat, vor allem in den heutigen Zeiten.

Ihre Kollegin Astrid Lindgren schickte einmal einen Brief an den schwedischen Finanzminister und beklagte sich über die vielen Steuern, die sie als Autorin zahlen müsse. Haben Sie sich auch schon einmal beim Finanzminister beschwert?

Nein, ich zahle gerne Steuern, ich finde das richtig. Ich betrüge auch die Steuer nicht. Wenn man bei deutschen Verlagen verlegt, könnte man das auch gar nicht. Man muss sich ja an das Doppelbesteuerungsabkommen halten.

Denken Sie, dass der Mensch immer mehr will, egal wie viel er hat?

Mein Enkelsohn wird sicher sagen: Wenn ich groß bin, brauche ich einen Ferrari. Er hat auch nicht verstanden, warum ich keinen Ferrari habe.

Einen Ferrari könnten Sie sich leisten?

Nein, aber mein Enkelsohn wurde zum besten Fußballer von Belgien gewählt, er wird sich später einmal wahrscheinlich einen leisten können.

Was halten Sie von Fußball?

Das Fußballspielen ist ja etwas Schreckliches, das ist eine faschistoide Geschichte. Wenn mein Enkelsohn zu spät zum Training kommt, wofür er gar nichts kann, weil ihn ja die Mama oder Papa hinführen, müssen alle anderen derweil Liegestützen machen oder im Kreis rennen. So will man ihm das Zuspätkommen abgewöhnen. Das erinnert mich an die Hitlerjugend.

Sie haben sich selbst immer wieder als politisch links bezeichnet. Was bedeutet das für Sie?

Links sein ist heute ja nicht mehr so leicht zu bestimmen. Ich merke, je älter ich werde, dass ich trotz allem ein in der Wolle gefärbter Sozialdemokrat bin. Ich nehme mir manchmal vor ich wähle was anderes, Grün, oder ..., naja, viel anderes haben wir ja eh nicht. Ich steh dann aber in der Wahlzelle und mach wieder brav mein Kreuzerl bei der SPÖ. In meinen Jugendjahren wollte ich eigentlich wesentlich linker sein, aber das gelang mir nicht ganz.

Sie wollten in Ihrer Jugend radikaler sein, haben das aber nicht geschafft?

Was heißt, ich habe es nicht geschafft? Die Linken haben das nicht geschafft.

Was haben die Linken nicht geschafft?

Gesellschaftsveränderung. Es ist ja alles schief gegangen.

Sie meinen den so genannten Realsozialismus?

Nein, ein Anhänger der Sowjetunion war ich nie, aber ich hatte Sympathien für die Außerparlamentarische Opposition in Deutschland.

Auch für die RAF?

Für die RAF nicht, aber für gewisse Menschen, die in der RAF waren.

Was hätte die Außerparlamentarische Opposition erreichen sollen?

Das, was ich mir unter Sozialismus vorstelle.

Was stellen Sie sich darunter vor?

Na, da muss ich jetzt aber lang reden.

Wir bitten darum, wir haben Zeit.

Was soll ich alles aufzählen. Chancengleichheit, gerechte Entlohnung, also all das, was Sozialismus bewirken will. Aber ich habe ja im Laufe meines langen Lebens gesehen, dass die Systemveränderung einfach nicht funktioniert. Das ist todtraurig, aber es ist so: Immer wenn die Zeiten schlechter werden, tendieren die Menschen nach rechts und nicht nach links. Kann ich nicht ändern, aber so ist es.

Was denken Sie, warum ist es so?

Weil das Leben ziemlich kompliziert ist und für viele Menschen nicht sehr durchschaubar. Und weil man dann immer zu den simpelsten und einfachsten Schlagworten und Lösungen greift. Ich habe eine Freundin, die ist Bewährungshelferin, die betreut Inländer, die in ihrem Leben überhaupt noch keinen Strich gearbeitet haben. Und die schimpfen auf Ausländer und sagen: „Die nehmen uns die Arbeit weg“. Wenn sie dann sagt: Du Trottel, hast du schon einmal was gearbeitet, dann sagt der: Nein, aber wenn die nicht wären, dann tät ich.

Können Sie es irgendwie nachvollziehen, wenn jemand politisch in Richtung rechts tendiert?

Mein Gehirn kann nachvollziehen, dass man zu den simpelsten Lösungen greift, und nicht selber nachdenken will, aber emotional kann ich es nicht nachvollziehen. Je älter ich werde, desto mehr komme ich zum Urteil: Okay, Erziehung, Bildung, das haben manche Leut' nicht. Aber dann denkt man wieder: Verdammt, so deppert müssten's nicht sein. Das ist immer noch mein letzter Schluss, leider. Gerade bei den Jungen.

Denken Sie, junge Menschen wählen die destruktiven rechten Parteien, weil sie ihr eigenes Leben zum Kotzen finden?

Ich kenne mich mit den heutigen jungen Leuten nicht aus, aber wenn mir Lehrerinnen von Gymnasien erzählen, dass die in der Maturaklasse zur Hälfte den Strache wählen, und bei jeder Diskussion, die man mit ihnen deswegen eingehen will, sagen sie nur, der ist cool. Mehr kommt nicht. Das wird mir von mehreren Lehrerinnen glaubwürdig versichert. Da weiß ich auch nicht weiter.

Können Sie in Anbetracht dessen noch an politische Utopien glauben?

Früher haben mein Mann und ich immer gesagt: Unsere Ideen müssen überwintern, die kommen wieder. Aber das glaube ich jetzt nicht mehr. Ich sehe keine Anzeichen dafür.

Das Oben und Unten, die sozialen Klassen, die wird es immer geben?

Dass sich die Zustände zum Positiven ändern werden, glaube ich nicht. Ich werde das sicher nicht mehr erleben, vielleicht meine Enkel.

Wie halten Sie es mit der Religion?

Nichts, überhaupt nichts.

Glauben Sie an Gott?

Nein.

Der Mensch muss sich also selbst helfen.

Ich weiß nicht, was passieren würde, wenn die Leute sich die ganzen Ungerechtigkeiten nicht mehr gefallen lassen. Wir haben ja alle keine Vorstellungen, was die Wirtschaftskrise noch alles auslösen wird. Würden Sie nicht sagen, dass sich die Menschen seit Jahrtausenden die ganzen Ungerechtigkeiten gefallen lassen?

Mittlerweile ist ja nicht mehr allein die Unterschicht von Sozialabbau betroffen, sondern auch die Mittelschicht. Was werden die Griechen tun? Fünf Mal demonstrieren gehen, und dann resignieren? Oder kommt dann was anderes? Ich weiß es nicht.

Sehen Sie sich als Teil der Mittelschicht?

Die löst sich ja auf. Es gibt Leute, die sich selbst als Teil der Mittelschicht sehen, wo ich mir dann denken muss, naja, bitte, was soll bei denen Mitte sein? Die Menschen sehen sich alle als Bürger, haben aber keinen Besitz und sind daher in Wirklichkeit Proletarier. Und dieselben Menschen verwenden das Wort Prolet als Schimpfwort.

Ist das nicht genau das große Problem der SPÖ, dass die Mittelschicht wegzubrechen droht und die Unterschicht nach rechts rückt?

Naja, der durchschnittliche Strache-Wähler in Wien ist vom durchschnittlichen SPÖ-Wähler nicht so weit entfernt. Darum verhalten sich die Roten ja wie sie sich verhalten. Nur ist das auch keine Lösung. Am ärgsten wird es, wenn die Serben Strache wählen, nur weil er ein blau-weißes Bandl am Arm hat. Meine serbische Putzfrau sagt: „Kann nicht mehr wohnen in Veronikagasse, ist schon alles verturkt.“

Finden Sie, dass die SPÖ den Rechtsruck ihrer Wähler zu weit mitgemacht hat?

Es gibt auch in der SPÖ Leute, mit denen ich ziemlich d'accord bin, nur haben die halt nichts zu sagen. Wo ist denn der Caspar Einem (ehemaliger SP-Minister, Anm.) hin verschwunden? Wo ist der Ferdinand Lacina (ehemaliger SP-Finanzminister, Anm.) hingekommen? Sind ja alles Leute, die überhaupt keine Machtpositionen mehr haben.

Bringen Sie Verständnis für die heutigen sozialdemokratischen Führungsfiguren auf, wenn sie mit den rechten Wölfen heulen?

Nein, dafür bringe ich kein Verständnis auf. Ich meine, es ist ja lächerlich, da gibt es den alten Satz: Man geht nicht zum Schmiedl, wenn man zum Schmied gehen kann. Das alles, wo sich die SPÖ anpasst, kann die FPÖ wesentlich besser.

Kurzum, die SPÖ sollte nach Links rücken?

 Ja, das wäre nett.

Bestünde da nicht die Gefahr, dass sich eine linkere SPÖ selbst marginalisieren würde, weil der Großteil ihrer WählerInnen nicht dabei wäre?

Ich gebe ja gerne zu, dass es die SPÖ nicht leicht hat.

Wenn Werner Faymann an Ihrem Tisch säße, was würden Sie ihm raten?

Nix, er macht was er kann, mehr kann er nicht. Soll ich sagen, lieber Werner, entwickle Utopien, entwickle Visionen? Der hat es ja auch nicht leicht, was soll er denn tun?

Das Interview führten Wolfgang Zwander und Alexander Fanta.

Zu Ende, aber nicht vorbei

  • 13.07.2012, 18:18

Richard Wadani schreibt über seine Desertion aus der Hitler-Wehrmacht und das lange Ringen um Anerkennung.

Richard Wadani schreibt über seine Desertion aus der Hitler-Wehrmacht und das lange Ringen um Anerkennung.

Letztes Jahr ging ein Kapitel zu Ende, das für mich an einem Herbsttag des Jahres 1944 begonnen hatte. Damals war ich aus der Hitler-Wehrmacht desertiert und an der Westfront zu den Alliierten übergelaufen. Ich hatte beschlossen, gegen jene zu kämpfen, die sich 1938 Österreich einverleibt hatten. Die Hitler-Wehrmacht war für mich eine fremde Armee, sie war die Armee der OkkupantInnen. Trotzdem wurde ich, wie viele andere auch, in Österreich nach dem Krieg lange Zeit als Feigling und Verräter bezeichnet. Es dauerte 65 Jahre bis die Republik uns rehabilitierte und uns offiziell Anerkennung aussprach. 

Wie alles begann. Ich wurde 1922 unter dem Namen Wedenig geboren und wuchs als Sohn österreichischer Eltern in Prag auf. Mein Vater war sozialdemokratisch eingestellt, ich selbst sympathisierte mit den KommunistInnen und war Mitglied der JPT, der Sportbewegung der KP. Ich hatte einen um zwei Jahre älteren Bruder, der 1944 in Norwegen fiel. Wir wuchsen bei den Roten Falken auf und waren sportlich im ATUS aktiv. Bei den Roten Falken waren sehr gute FunktionärInnen, konsequente SozialistInnen mit einer revolutionären Einstellung. Diese Erziehung zeigte mir den Weg in die Zukunft. Mit der Besetzung Österreichs durch Deutschland wurden wir deutsche StaatsbürgerInnen und verloren in der Tschechoslowakei die Arbeitsbewilligung. Wir kehrten also nach Wien, die Heimatstadt meiner Mutter, zurück.
Mit Beginn des Krieges drohte mir die Einberufung zur Wehrmacht. Auf Anraten eines vertrauten Arbeitskollegen meldete ich mich 1939 freiwillig zur Luftwaffe, weil ich mir dort die größten Überlebenschancen ausrechnete. Für mich war aber ohnehin klar, dass ich nicht für Hitler kämpfen wollte.
1941 wurde ich an die Ostfront kommandiert, wo ich als Kraftfahrer einer Luftwaffeneinheit im Hinterland, in Polen und der Ukraine, eingesetzt war. Im Frühsommer 1942 unternahm ich zusammen mit einem Kameraden einen ersten Versuch, überzulaufen. Unser Plan, bei einer unserer Suchfahrten nach abgestürzten Flugzeugen einfach die Frontlinie zu überqueren, erwies sich aber leider als undurchführbar. Ein Glück, dass es keine langen Befragungen gab und wir nach Aufnahme eines Protokolls wieder zurückgeschickt wurden. Über das Ausmaß der Strafe hätte nämlich kein Zweifel bestanden. „An der Front kann man sterben, als Deserteur muss man sterben!“, hatte Hitler schon 1925 in Mein Kampf geschrieben.

Im Frühjahr 1944 wurde ich in eine Dolmetscherschule der Luftwaffe versetzt. Als diese aufgelöst wurde, kam ich nach Frankreich an die Westfront. Am ersten Tag sondierte ich die Lage an der Hauptkampflinie mit der festen Absicht überzulaufen. Vor den Löchern war viel Stacheldraht, und es gab Sicherungen durch Stolperdrähte mit Handgranaten sowie regelmäßige Wachpatrouillen. Darüber hinaus war nicht absehbar, wie die Amerikaner auf der anderen Seite auf Überläufer reagieren würden. Aber schon in der zweiten Nacht, vom 15. auf den 16. Oktober, verließ ich gegen drei Uhr früh mein Schützenloch, wo ich meine Waffe zurückließ. Nur ein weißes Tuch, das mir meine Mutter mitgegeben hatte, trug ich bei mir. Unter Todesangst und nach stundenlangem Robben durch einen Jungwald, der zwischen den Frontlinien lag, gelang es mir, die Front zu überqueren. Als ich die amerikanischen Linien erreichte, stand ich auf, schwenkte das weiße Tuch, das ich an einem Stück Holz befestigt hatte, und rief: „Don’t shoot, don’t shoot!“ Doch die Amerikaner schliefen. Ich musste sie durch mein Geschrei erst wecken. Schon einige Tag später erhielt meine Mutter die Nachricht, dass ihr Sohn „in feiger Weise zum Feind übergelaufen ist und somit zum Verräter des Deutschen Volkes wurde.“
Ich wurde in einem Gefangenenlager in Cherbourg interniert, wo ich mich, da es keine österreichische kämpfende Einheit gab, zur tschechoslowakischen Armee meldete, die im Rahmen der britischen Streitkräfte kämpfte. Ich war als Kraftfahrer eingesetzt. Im November 1945 kehrte ich nach Wien zurück, um meine Mutter zu suchen. Ich fand sie in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung, quittierte daher meinen Dienst und wurde im Jänner 1946 als österreichischer Staatsbürger aus der tschechoslowakischen Armee entlassen. Zurück in Wien wurde ich bald mit der politischen Realität der Zweiten Republik konfrontiert. So wurde ich, als ich am Arbeitsamt vorsprach (ich trug damals noch die englische Uniform), von einem Sachbearbeiter angestänkert: „Wie kommen Sie dazu, in einer fremden Armee gedient zu haben?“

Neubeginn. Ich begann als Funktionär in der KPÖ zu arbeiten, wo ich mich vor allem mit dem österreichischen Sport befasste. 1961-1977 war ich Bundestrainer und Bundeskapitän im Österreichischen Volleyballverband. Ab 1970 war ich bis zu meiner Pensionierung Lehrbeauftragter an der Bundesanstalt für Leibeserziehung in Wien. Parallel dazu baute ich im Pensionistenverband Österreichs den Seniorensport auf. Nach der Zerschlagung des Prager Frühlings trat ich aus der KPÖ aus, blieb jedoch politisch engagiert.
Als Sprecher des Personenkomitees „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“ setze ich mich seit 2002 für die Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren ein. Im Jahr 2009 gelang es uns, die von der Bundesstiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas entwickelte Wanderausstellung „Was damals Recht war …“ – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht in einer für Österreich adaptierten Version nach Wien zu holen. Sie wurde am 1. September eröffnet und löste breite Debatten aus, die zum Beschluss des Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetzes 2009 führten.
Nun hat das Ringen um Rehabilitierung ein erstes Ende gefunden, die Arbeit ist aber noch nicht zu Ende. Um dem Gesetz Leben einzuhauchen, muss die Ausstellung in aktualisierter Form in den Bundesländern gezeigt werden. Stationen in Kärnten, der Steiermark und Vorarlberg sind bereits fixiert, andere sollen folgen. Denn eines ist klar: Rehabilitierung funktioniert nur, wenn sie öffentlich geschieht. Daher gilt es, das späte Bekenntnis Österreichs zu den Wehrmachtsdeserteuren gesellschaftlich zu verankern.

Richard Wadani, 1922 in Prag geboren, desertierte 1944 aus der deutschen  Wehrmacht. Heute ist er Ehrenobmann des Vereins Personenkomitee „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz“.

 

Die Nazi-Riesen

  • 13.07.2012, 18:18

Einst von Zwangsarbeitern für die Nazi-HerrscherInnen erbaut, sind die drei Flakturmpaare in Wien mittlerweile fast schon zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden. Eine historische Reportage.

Einst von Zwangsarbeitern für die Nazi-HerrscherInnen erbaut, sind die drei Flakturmpaare in Wien mittlerweile fast schon zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden. Eine historische Reportage.

Zu Tausend standen sie bereits in den frühen Morgenstunden mit Sack und Pack im Augarten. Mütter mit schreienden Neugeborenen und quengelnden Kleinkindern an der Hand, beinamputierte Wehrmachtssoldaten, Alte auf Stöcke gestützt, die wenigen Habseligkeiten in einem kleinen Koffer verstaut. Zwischen all den Menschen wartete auch die fünfjährige Hertha Bernhart. Täglich drängte sie sich gemeinsam mit ihrer Mutter zum Flakturm durch, in der Hoffnung, eingelassen zu werden. Ein Flakturm ist ein Hochbunker, der gleichzeitig auch als Plattform für Flugabwehrkanonen (Flak) und deren Feuerleitanlage genutzt werden konnte. Ging der Bombenalarm erst los, dann war es meist schon zu spät. „Dann wurde es unglaublich hektisch“, erzählt die heute 70-jährige Hertha Bernhart. Die Menschen schubsten sich, stolperten übereinander, schimpften und weinten. Für wen es keinen Platz mehr gab, der musste draußen bleiben. Die Luftwarte wurde durch die eisernen Eingangstüren versperrt und die verzweifelten Menschen streuten unter tosendem Geheul der Sirenen auseinander. Doch woanders konnte Hertha mit ihrer Mutter nicht hin. Der feuchte Waschkeller ihres Wohnhauses in der Jägerstraße in Brigittenau war nicht sicher. Würde das Haus von einer Bombe getroffen werden, bedeutete dieser Unterschlupf ihr lebendiges Grab. Also hieß es Anstehen vor dem Flakturm. Zum Missfallen der älteren Menschen wurden Mütter mit Kindern bevorzugt eingelassen.

Macht aus Beton. Der Luftkrieg gegen Wien begann im Sommer 1943. In diesem Jahr zählte Wien acht Luftalarme, 1945 waren es bereits 51. Vielen Wienerinnen und Wienern sind vor allem die Nachtangriffe der Alliierten in Erinnerung geblieben, doch die Stadt wurde meist in den Vormittags- oder Mittagsstunden bombardiert. Um gegen die schweren Geschütze der US-Air-Force etwas ausrichten zu können, erfand das Deutsche Reich kurzerhand die Flaktürme – regelrechte Betonriesen, die die Stärke des Deutschen Reichs demonstrieren sollten. Es wurden Luftschutzräume in die Höhe statt in die Tiefe gebaut. Verstecken wollten sich die Nazis nicht.
Im gesamten Reich wurden acht Flakturmpaare errichtet, fünf davon in Berlin und Hamburg. Ein Paar bestand jeweils aus einem Leitturm und einem Gefechtsturm. Um die Jahreswende 1942/43 wurde mit dem Bau der Wiener Flaktürme begonnen. Zuerst im dritten Bezirk am Arenbergpark, danach im Esterhazypark und erst im Winter 1944/45 bauten Kriegsgefangene und ZwangsarbeiterInnen die modernste Variante der zwei Türme im Augarten. Sie sollten den Angriff der Alliierten erschweren und zeitgleich als Luftschutzbunker für die Zivilbevölkerung dienen. Die BewohnerInnen rund um den Augarten waren über den Bau der Türme zuerst erfreut – „auch wenn wir sie unglaublich hässlich fanden“, erinnert sich Hertha Bernhart. Die Leute wähnten sich in Sicherheit und dachten, die Amerikaner und Russen würden sich nicht trauen, die massiven Flaktürme zu bombardieren. „Doch dann wurde das erste Haus in der oberen Donaustraße getroffen und wir wussten, dass wir nirgendwo mehr sicher waren.“ 

Keiner überlebte. Erst einmal im Flakturm drinnen, hieß es stundenlang dicht gedrängt stehen. „Es war stickig, heiß, es dröhnte. Die Kinder schrien und schwangere Frauen brachten zwischen all den Menschen ihre Kinder zur Welt, meistens viel zu früh. Es war schlimm und es nahm kein Ende“, erzählt Bernhart. Von den Gefechtstürmen wurde der Kampf gegen die schweren Bomber der US-Air-Force aktiv aufgenommen. In vier Geschütz-Stellungen wurden Zwillingsflak-Geschütze postiert. Das Erdgeschoß und die zwei darüberliegenden Stockwerke waren als Luftschutzbunker vorgesehen. 15.000 bis 40.000 Menschen konnten in einem Flakturm Platz finden. Es gab einen eigenen Brunnen, Trinkwasseranlagen, Belüftungseinrichtungen und Kraftwerke für die Stromversorgung. Für die normale Bevölkerung und das Flakturmpersonal sowie die Wehrmachtssoldaten gab es getrennte Eingänge, Stiegenhäuser und Aufzüge. Auch Verwundete hatten einen eigenen Einlass. Bald hatte Hertha Bernharts Muttera ber genug von der täglichen Tortur. „Meine Mutter konnte sich nur schwer von der Wohnung lösen. All die Erinnerung an meinen Vater war ja hier, aber wir zogen dann zu Bekannten nach Klosterneuburg. Dawar es ruhig er.“ Wenige Tage nach  dem Umzug wurde ihr Wohnhaus in der Jägerstraße von einer Bombe getroffen. Alle, die sich im Keller sicher glaubten, wurden verschüttet. KeineR überlebte. 

Dunkelheit. Denkt Hertha Bernhart heute an die Kriegsjahre, dann kommen ihr vor allem die Entbehrungen in den Sinn. „Es gab nur wenig zu essen und es war sehr kalt, es gab ja keine Heizung. Wir mussten die Fenster unserer Wohnung verdunkeln, sobald der Alarm losging. Eigentlich war es immer dunkel“, erinnert sich Hertha Bernhart an ihre frühen Kindheitsjahre. Sie lebte alleine mit ihrer Mutter in der kleinen Wohnung, die Glühbirnen in den Stiegenhäusern waren schwarz bemalt und lediglich ein Punkt war freigekratzt, um die Stufen zu beleuchten. Um nachts auf den Straßen gesehen zu werden, mussten Knöpfe mit phosphorizierendem Licht getragen werden. Als Schutz vor Feuer waren die Hausparteien verpflichtet, Wasserkübel und Sand am Dachboden zu lagern. Berühmt-berüchtigt war die Feuerpatsche, ein alter Besen mit nassen Fetzen umwickelt. Bei Flächenbränden nutzten diese primitiven Vorkehrungen aber nichts. Am 12. März 1945 erfolgte der wohl schwerste Angriff auf Wien. Über 700 Bomber bombardierten eineinhalb Stunden lang die Stadt. Das Ziel war eine Ölraffinerie in Floridsdorf, getroffen wurden aber auch die Staatsoper, das Burgtheater, die Albertina und der Messepalast. 8.769 Wienerinnen und Wiener starben im „Kampf um Wien“, rund 30 Prozent der Gebäude wurden zerstört.
Noch heute ragt der 55 Meter hohe Gefechtsturm „Peter“ im Augarten empor. Ein paar Meter weiter der etwas kleinere und schmalere Leitturm, zwei Betonklötze mitten in einem belebten Park, rundherum zahlreiche Wohnhäuser. Die sind auch der Grund, weshalb eine Sprengung der Flaktürme nach Kriegsende nicht erfolgen konnte. Anders als in Deutschland, wurden die Türme in Wien innerhalb des Wohngebiets errichtet. Würde man die Türme detonieren, so würden die umliegenden Häuser ebenfalls einstürzen. Also ließ man die Türme stehen. Tauben nisteten sich in die Betonburgen ein. Eine mehrere Meter dicke Schicht aus Taubenkot und eine beträchtliche Zahl an Taubenkadavern beherrschen nun das Innenleben der einst mächtigen Nazi-Wahrzeichen. 
 

Wir müssen reden!

  • 13.07.2012, 18:18

Unsere Generation ist die letzte, die die Möglichkeit haben wird, mit jenen Menschen zu sprechen, die Krieg, Verfolgung und Diktatur in Österreich miterleben mussten. Viel Zeit dürfen wir aber nicht mehr verlieren, um diese Chance zu nutzen.

Unsere Generation ist die letzte, die die Möglichkeit haben wird, mit jenen Menschen zu sprechen, die Krieg, Verfolgung und Diktatur in Österreich miterleben mussten. Viel Zeit dürfen wir aber nicht mehr verlieren, um diese Chance zu nutzen.

Der 1928er Jahrgang war der letzte, der in den Krieg gezogen ist. 82 Jahre alt werden die noch lebenden VertreterInnen dieses Jahrganges 2010. Damit haben sie die durchschnittliche Lebenserwartung von ÖsterreicherInnen bereits um knapp vier Jahre übertroffen. Laut den Erhebungen des Statistischen Zentralamts von 2008 beträgt die Zahl der vor 1928 Geborenen etwa 350.000. Werden nur die männlichen ZeitzeugInnen gezählt, die im Gegensatz zu den weiblichen auch aktiv in Kriegshandlungen verwickelt waren, sind es knapp 100.000. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein großer Teil von diesen aufgrund des fortgeschrittenen Alters nicht mehr im Stande ist, genaue Angaben zu den Geschehnissen und dem Erlebten zu machen. Viele, der in den historisch relevanten Jahren Geborenen, mussten ihr Leben bereits für den sinnlosen Todeskampf des maroden Hitler-Deutschland geben oder starben in den bombardierten Städten. Viele sind es also nicht, die heute noch leben und auch über das Erlebte sprechen möchten und können.
Daraus ergibt sich natürlich auch eine Verantwortung, nämlich das Geschehene an die Nachwelt weiterzugeben, um dem viel zitierten Satz „Niemals vergessen!“ Genüge zu tun. Gerade in Zeiten, in denen wichtige Elemente unserer Demokratie wie das Verbotsgesetz von PolitikerInnen des rechten Randes in Frage gestellt werden, ist es wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, weshalb es Gesetze wie dieses gibt und warum wir in Österreich unsere Erinnerungskultur immer wieder erneut in Frage stellen müssen. Aus dem „Nie wieder!“ wird so ein „Warum noch immer?“, das neben einer konkreten Handlungsaufforderung auch noch ein verstärktes Reflektieren impliziert. 

Nicht stillhalten, wenn Unrecht geschieht. So lautete das Credo von Agnes Primocic, einer österreichischen Widerstandskämpferin, die 1905 in Hallein geboren wurde. Sie war als Betriebsrätin in einer Tabakfabrik tätig und in der Kommunistischen Partei engagiert, weshalb sie sowohl von den Machthabern in der Zeit des Austrofaschismus als auch von den Nazis bedroht, verfolgt und auch mehrmals eingesperrt wurde. In den Achtzigerjahren begann sie damit, in0w Schulklassen über ihr Wirken im Widerstand zu sprechen. Es war ihr wichtig, Jugendlichen die Wichtigkeit von Zivilcourage zu vermitteln. Bis ins hohe Alter setzte sie diese Tätigkeit fort und wiederholte immer, wie wichtig es ist, gegen Unrecht aufzubegehren. Vor drei Jahren verstarb sie im Alter von 102 Jahren.
Eindrucksvoll ist auch die Geschichte der polnisch-stämmigen Jüdin Havka Raban-Folman, die während der Besetzung Polens als Botin zwischen den verschiedenen Widerstandsverbänden in den jüdischen Ghettos, die auf ganz Polen verteilt waren, fungierte. Nach ihrer Verhaftung wurde sie ins gefürchtete Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Aufgrund eines Formfehlers wurde sie jedoch als Polin und nicht als Jüdin registriert und kam wohl auch deshalb mit dem Leben davon. Nach dem Krieg emigrierte sie nach Israel und gründete gemeinsam mit anderen Überlebenden im Norden des Landes den Kibbuz Lohamei Ha‘Getaot, was übersetzt Ghettokämpfer bedeutet, und wo sie bis heute lebt. In ihrem Beruf als Lehrerin hatte sie die Möglichkeit, mit jungen Menschen über die Geschehnisse zu sprechen und sie für die Thematik zu sensibilisieren. Bis heute spricht sie mit Jugendlichen über ihre Erlebnisse und betreut bis zu drei Jugendgruppen täglich.

Situation in Österreich. Auch in Österreich kommt das Problem der immer kleiner werdenden Zahl von ZeitzeugInnen regelmäßig zur Sprache. Durch Projekte wie A Letter To The Stars wurde das Ganze auch medial vermehrt breit getreten. Bei diesem Projekt wurden SchülerInnen aufgefordert, an österreichische Überlebende der Shoah, die über die ganze Welt verstreut leben, Briefe zu schreiben.
Wichtig ist aber das Bewusstsein, dass ZeitzeugInnen nicht nur durch groß organisierte Projekte angesprochen werden können, sondern nächste ZeitzeugInnen auch in der NachbarInnenschaft zu finden sind. Ihre Geschichten können eines Tages nicht mehr gehört werden und uns kommt ein wichtiges historisches Dokument abhanden. Die Devise lautet: Jetzt handeln, fragen, zuhören und reden, bevor es zu spät ist.

 

Keine rosigen Aussichten

  • 13.07.2012, 18:18

Die ÖH-Bundesvertretung hat den, unter dem Druck der Studierendenproteste eingerichteten, Hochschuldialog verlassen und damit die Konsequenzen aus der monatelangen Täuschungspolitik der Ministerin gezogen.

Die ÖH-Bundesvertretung hat den, unter dem Druck der Studierendenproteste eingerichteten, Hochschuldialog verlassen und damit die Konsequenzen aus der monatelangen Täuschungspolitik der Ministerin gezogen. Während sich die teilnehmenden Organisationen in den Arbeitsforen in vielen Punkten einig waren und gemeinsame Empfehlungen formulierten, ignoriert Karl regelmäßig diese Ergebnisse und tobt sich in der Öffentlichkeit mit haarsträubenden Vorschlägen zum Hochschulwesen aus. Zuletzt mit ihrem Vorstoß, die Studieneingangsphase auf den Universitäten als Selektionsphase umzugestalten. Wird dieser Vorschlag Wirklichkeit, hätte die ÖVP ihren Wunsch nach flächendeckenden Zugangsbeschränkungen letztlich doch noch durchgesetzt.

Generell zeigt Ministerin Karl kein Verständnis für die Probleme an den österreichischen Hochschulen und schließt mit ihrer Politik nahtlos an das Hahn´sche Kopf-in-den-Sand-stecken an. Das Bekenntnis, zwei Prozent des BIP für höhere Bildung ausgeben zu wollen, rückt mit der Ankündigung, die Universitätsbudgets bis 2015 einzufrieren und damit faktisch zu kürzen, in weite Ferne. Das Streichen des Zwei-Prozent-Ziels aus dem Strategiebericht der Bundesregierung zum Bundesfinanzrahmengesetz zeigt dabei einmal mehr, dass Karl als Erfüllungsgehilfin ihres Parteichefs Finanzminister Josef Pröll unsere Hochschulen mit vollem Tempo gegen die Wand fährt.

Beatrix Karl hat eindrucksvoll bewiesen, dass ihre Ankündigungen, eine dialogbereite Ministerin sein zu wollen, nur Schall und Rauch sind. Der Hochschuldialog ist tot, geht es so weiter, folgen die Hochschulen selbst. Wir hätten gerne bessere Nachrichten zum Semesterabschluss – mit den letzten Prüfungen im Genick sind das allesamt keine rosigen Aussichten. Aber wie heißt es so schön: Politik heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen. Und für die Rettung der Hochschulen werden wir wohl die nächsten Jahrzehnte mehr als genug Gelegenheit dazu haben.

 

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