Nationalsozialismus

Wissen gegen das Unrecht

  • 13.07.2012, 18:18

Eine kleine Geschichte des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes.

Eine kleine Geschichte des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes.

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes  (DÖW) beschäftigt sich neben der Erforschung des Nationalsozialismus in Österreich auch mit Rechtsextremismus und Neonazitum. Es wurde 1963 von ehemaligen WiderstandskämpferInnen und einigen WissenschafterInnen gegründet. Die relativ späte Gründung ist auf das nach dem Krieg vorherrschende Meinungsbild zurückzuführen. Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus wurde von ehemaligen KriegsteilnehmerInnen geprägt, was auch von der Politik berücksichtigt wurde. So galten aktive AntifaschistInnen nach wie vor als VerräterInnen, Eidbrecher-Innen oder gar MörderInnen. 1971 hieß es in der Krone: „Dokumentationsarchiv eines in Wirklichkeit doch niemals existent gewesenen österreichischen Widerstandes“. Weiters sorgte die Anzweiflung der Opferthese für politischen Gegenwind. Seit 1983 gibt es jedoch eine Stiftung, die sich aus Mitteln des Vereins DÖW, dem Wissenschaftsministerium und der Stadt Wien finanziert.
Nach und nach wurde das Forschungsgebiet ausgeweitet. Im Zuge des Projekts „Namentliche Erfassung der österreichischen Holocaustopfer“ arbeitete das DÖW etwa „an der Erfassung der biographischen Daten und Todesumstände“. Weitere Forschungsfelder sind Exil, NS-Verbrechen, insbesondere Holocaust und NS-Medizinverbrechen, NS- und Nachkriegsjustiz,  Restitution und „Wiedergutmachung“ nach 1945. In den Räumlichkeiten des DÖW befinden sich neben dem Archiv auch eine Bibliothek, sowie eine Dauerausstellung.

Rechtsextremismus. Spätestens ab den 1970er Jahren beschäftigte sich das DÖW zunehmend mit aktuellen rechtsextremen Organisationen. 1993 wurde das Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus herausgegeben. Dieses legt den Schwerpunkt auf die Darstellung des organisierten Rechtsextremismus und vor allem auf die Rolle der FPÖ unter Jörg Haider. Spätestens seit diesem Zeitpunkt gilt das DÖW als ein Feindbild in rechtsextremen Kreisen. Von der FPÖ wird das überparteiliche DÖW regelmäßig als kommunistische Organisation bezeichnet. So wurden 1991 sieben parlamentarische Anfragen bezüglich angeblicher kommunistischer Umtriebe des Archivs eingebracht. In diese Zeit fällt auch eine Publikation, die sich mit der Leugnung des Holocausts befasst, was nicht zuletzt dazu führte, dass die Verharmlosung oder Leugnung des Holocausts in das Verbotsgesetz aufgenommen wurde.

Weitertanzen? Weiterkämpfen!

  • 13.07.2012, 18:18

Ende Jänner sorgte der Ball des Wiener Korporationsrings (WKR) für Aufsehen: AntifaschistInnen machten sich bereit, ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit wahrzunehmen – die Polizei untersagte die Demonstration. Das PROGRESS betrachtet die Aufregung um die Symbolik des WKR-Balls und die österreichiche Erinnerungskultur.

Ende Jänner sorgte der Ball des Wiener Korporationsrings (WKR) für Aufsehen: AntifaschistInnen machten sich bereit, ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit wahrzunehmen – die Polizei untersagte die Demonstration. Das PROGRESS betrachtet die Aufregung um die Symbolik des WKR-Balls und die österreichiche Erinnerungskultur.

Gestern (27.01) wurde unter dem Vorwand der „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ die für Freitag geplante Demonstration gegen den Wiener Korporationsball durch die Wiener Polizei untersagt. Gerade deswegen werden sich AktivistInnen aller Repression zum Trotz um 18:00 Uhr am Europaplatz treffen. Das geplante Straßenfest findet ebenfalls ab 18:00 Uhr statt, nun allerdings im Sigmund Freud Park. Diese Ankündigung fand sich am 28. Jänner 2010 auf indymedia.org, dem (nach Eigendefinition) multimedialen Netzwerk unabhängiger und alternativer Medien, MedienmacherInnen, engagierter Einzelpersonen und Gruppen. Die untersagte Demonstration gegen den Wiener Korporationsring (WKR), eine Vereinigung von schlagenden, deutschnationalen Burschenschaften, wurde mit allen Mitteln von der Polizei verhindert. 

Die Rechten wollen tanzen. Im WKR sind lokale Studentenverbindungen organisiert, die sich politisch in einem Spektrum zwischen völkisch-deutschnational und offen rechtsextrem bewegen. Bekanntes Mitglied ist die rechtsextreme Burschenschaft Olympia, die erst kürzlich wieder durch die Einladung des international bekannten Rassisten J. Philippe Rushton für Medienaufmerksamkeit sorgte. Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) beschreibt die Burschenschaften im WKR in einem Standard-Interview 2006 folgendermaßen: „Weit rechts stehende Burschenschaften geben im Korporationsring den Ton an. Aber es gibt auch gemäßigtere, die sich immer wieder dagegen wehren, mit der Olympia in einen Topf geworfen zu werden. Umgekehrt aber stört es sie offenbar nicht, in einem Dachverband mit dieser Burschenschaft zu sein.“ Der WKR-Ball wird von Seiten des Veranstalters als „größtes couleurstudentisches Gesellschaftsereignis im deutschsprachigen Raum“ bezeichnet. Ihre Gesinnung feiern die Burschenschafter seit 1952 – die Proteste werden immer lauter, und für einige offenbar immer unangenehmer.

Das Recht zu demonstrieren? Nach der Untersagung der Demonstration durch die Polizei hagelte es heftige Kritik von AntifaschistInnen. indymedia.org fasst zusammen: „Fünf Grüne Nationalratsabgeordnete meldeten eine neue Demo eine Stunde früher mit leicht veränderter Route an. Die Polizei kommunizierte via Medien, dass eine Untersagung nicht automatisch eine Auflösung bedeute. Die Exekutive reagierte auf die neuerliche Anmeldung nicht.“
Die Kundgebung am 29. Jänner wurde vorerst zugelassen, gegen 18 Uhr versammelten sich friedliche DemonstrantInnen am Europaplatz. Das Polizeiaufgebot war beträchtlich, zur Machtdemonstration wurde der Wasserwerfer der Polizei sichtbar platziert. Viele ließen sich aber von der Einschüchterungstaktik der Polizei nicht davon abhalten, ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und zum Aufschrei gegen die Salonfähigkeit Rechtsextremer in Österreich in Anspruch zu nehmen. Die polizeiliche Repression bei antifaschistischen Aktionen orten AktivistInnen nicht zum ersten Mal: „Die Polizei wird offenbar abgestellt, die Feiernden in der Hofburg zu schützen, anstatt unser Demonstrationsrecht zu gewährleisten,“ sagt Anna, die auch bei den WKR-Demonstrationen im letzten Jahr dabei war und die Polizeirepression bei der Demonstration am 1. Mai 2009 in Linz miterlebt hat.
Gegen Rechtsextremismus und Faschismus aufzutreten, erregt in Zeiten von Heinz-Christian Straches Hetze und Martin Grafs Nationalratspräsidentschaft viel Aufsehen.
Aufsehenerregende Demonstrationen gegen Faschismus sind aber in der Geschichte Österreichs nicht neu – ein Beispiel: die „Borodajkewycz-Affäre“ des Jahres 1965 – allerdings immer wieder von neuer Qualität. 

Die Borodajkewycz-Affäre. In der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der Stellung der Entnazifizierung in Österreich brannte sich der Fall Taras Borodajkewycz, Professor an der Universität für Welthandel (heute Wirtschaftsuniversität Wien), in die österreichische Hochschulgeschichte ein. Der als „minderbelastet“ eingestufte NSDAPler ließ in den 1960er Jahren durch antisemitische und rassistische Aussagen in seinem Unterricht aufhorchen. Eine Protestwelle folgte. Tragischer Höhepunkt war die Ermordung des ehemaligen kommunistischen Widerstandskämpfers Ernst Kirchweger. Er wurde von einem rechtsradikalen Burschenschafter angegriffen und erlag seinen Verletzungen. Der Fall ging als typisch für die Auseinandersetzung der österreichischen Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit in die Geschichte ein. Folge war unter anderem die Pensionierung Borodajkewycz’.

Österreich, das erste Opfer? Der scheinheilige Umgang Österreichs mit seiner Geschichte hat selbst Geschichte: Am 8. Mai 1945 kapitulierte das Dritte Reich, der Zweite Weltkrieg war vorbei.
Das Datum ist wohl der ambivalenteste Gedenktag der Zeit des Nationalsozialismus. In Frankreich, Tschechien und der Slowakei ist er ein offizieller Feiertag.  In Österreich ist er als Schlusspunkt des Nazi-Regimes, anders als der Tag der Erklärung der immerwährenden Neutralität, nicht zufällig kein offizieller Feiertag.  Das liegt vor allem an den noch immer nicht abgeschlossenen Auseinandersetzungen mit der Charakterisierung des 8. Mai. Von neuen und alten Ewiggestrigen wird er nicht als Tag der Befreiung sondern als „Tag der totalen Niederlage“ begangen, wie es die Wiener Burschenschaft Olympia nennt. Traditionell gibt es jährlich eine Kranzniederlegung einiger Burschenschaften bei einer Krypta am Wiener Heldenplatz, wo Rechte den „Helden“ des Krieges die Ehre erweisen wollen. Auf einschlägigen Internet-Seiten findet sich dazu: „Das große Ringen um die Freiheit unseres Volkes endete mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht.“
In den Jahrzehnten nach 1945 (und zum Teil noch heute) wurde die These von Österreich als „erstem Opfer des Faschismus“ hochgehalten. Brigitte Bailer-Galanda, wissenschaftliche Leiterin des DÖW, schreibt in einem Referat anlässlich eines Symposiums zur politischen Kultur in Österreich nach 1945: „Mit Hilfe der Opfertheorie erteilte die Zweite Republik nicht nur dem Staat Österreich die Generalabsolution, sondern auch der überwältigenden Mehrheit seiner Staatsbürger.“ Die Schuld an den Verbrechen unter der Schirmherrschaft des Nationalsozialismus wurde auf „die Deutschen“ abgeschoben, in einem Memorandum der Staatskanzlei für auswärtige Angelegenheiten heißt es dazu 1945: „Die Judenverfolgungen erfolgten während der Dauer der Besetzung Österreichs durch deutsche Truppen. Die Verfolgungen wurden durch reichsdeutsche Behörden angeordnet und mit ihrer Hilfe durchgeführt.“
Den „antifaschistischen Geist der Nachkriegszeit“ (so der Titel von Bailer-Galandas Text) sieht die Autorin als gerne herbeizitierten Gründungsmythos der Zweiten Republik, ebenso wie die „kollektive Unschuldserklärung“ Österreichs.
Der Bogen der österreichischen Erinnerungspolitik lässt sich aber bis heute spannen. So sieht Bailer-Galanda in der Politik der unmittelbaren Nachkriegszeit die Weichenstellung für die „Gegenwartsprobleme Österreichs“, nämlich beispielsweise „in der mangelnden Bereitschaft zur ehrlichen, über Gedenkrituale hinausgehenden Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und in der gleichzeitig allzu schnellen Bereitschaft, eine Ausstellung über Verbrechen der Wehrmacht wegen einiger falscher Bildtexte als Propaganda abzutun“, womit sie auf die Diskussion um die Wehrmachtsausstellung verweist.

Gedenken ohne Gedanken. Nach 1955, mit dem Abzug der Alliierten, „verschwand [der Nationalsozialismus] aus den Reden der PolitikerInnen, auch wenn diese von den Jahren 1938 bis 1945 sprachen, er verschwand sogar aus dem Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges (die Kriegerdenkmäler des Ersten Weltkriegs wurden durch die Namen der Gefallen des Zweiten Weltkrieges ergänzt, selbst wenn das Denkmal die Inschrift ‚Gefallen für die Heimat‘ trug)“, so Winfried Garscha in seinem Text Die verhinderte Re-Nazifizierung.
Vor allem seit den 1990er Jahren wird von rechtsextremer Seite immer wieder versucht, den 8. Mai selbst erinnerungspolitisch zu besetzen und konsequent den Aspekt der Niederlage an Stelle der Befreiung zu setzen – eine geschichtsvergessene Betrachtung, die versucht, die Folgen des von Nazideutschland begonnenen Angriffskriegs als Rechtfertigung für Revisionismus zu benutzen.
Der Umgang mit der Vergangenheit Österreichs und die Salonfähigkeit eines deutschnationalen Burschenschafters als Dritter Nationalratspräsident ist symbolisch für die Vergangenheits-„bewältigung“ Österreichs. Der WKR-Ball, sein Stattfinden in der Hofburg und die Verpflegung durch das Intercontinental ist Ausdruck dieser Politik.

Aufstehen und weiterkämpfen! Die NoWKR-Demonstrationen, die 2010 nicht zum ersten Mal stattfanden, richten sich gegen die deutschnationalen Burschenschaften und ihre wortwörtliche Salonfähigkeit. Es braucht starkes Auftreten gegen den WKR-Ball, der ein Symbol für das Eindringen der Burschenschaften in höchste Kreise der Gesellschaft darstellt. Dass Martin Graf, Mitglied der rechtsextremen Olympia, und viele andere deutschnationale, rechtsextreme Burschenschafter alljährlich in der Hofburg das Tanzbein schwingen dürfen, zeigt die Auswirkungen der Selbstverständlichkeit, es könne einem schlagenden Burschenschafter das Nationalratspräsidentenamt nicht verwehrt werden.

Wiener Melange oder Filterkaffee?

  • 13.07.2012, 18:18

Die Wiener-Blut-Plakate der FPÖ schlagen wieder einmal ein Stückchen weiter in die in unserem Land ohnehin schon unerträglich tiefe rassistische Kerbe. Doch wofür steht das Wiener Blut? Ein Streifzug durch die einenden und trennenden Facetten eines Begriffs.

Die Wiener-Blut-Plakate der FPÖ schlagen wieder einmal ein Stückchen weiter in die in unserem Land ohnehin schon unerträglich tiefe rassistische Kerbe. Doch wofür steht das Wiener Blut? Ein Streifzug durch die einenden und trennenden Facetten eines Begriffs.

Blut ist ein ganz besondererSaft“, doziert Mephistopheles in Goethes Faust. Blut sei „dicker als Wasser“, meint der Volksmund und die AnhängerInnen der größten und mächtigsten Religionsgemeinschaft in Österreich trinken während ihrer sonntäglichen Messen regelmäßig symbolisch das Blut ihres Gründers. Die Metaphorik des Blutes als lebengebendes und verbindendes Element ist unumstritten.
Das Wiener Blut hingegen stellt nicht nur eine gemeinsame Symbolik verschiedener Wiener Lebensarten dar, es ist mittlerweile auch ein viel strapaziertes Klischee. Nicht nur politische Parteien bedienen sich seiner, auch in die Populärkultur hat es Einzug genommen: Die Deutsch-Rock- Export-Combo Rammstein verarbeitet in ihrem Lied Wiener Blut den Fall des Josef F. aus Amstetten und Fußballikone Toni Polster singt in einem musikalischen Intermezzo mit der Kölner Kultband Fabulöse Thekenschlampen vom Wiener Blut, das in seinen „Wadln“ fließe, um nur zwei – sehr gegensätzliche Beispiele – aus diesem Bereich zu nennen.

Kein blaues Blut,... Die Operette von Johann Strauß Sohn, die den Begriff des Wiener Blutes erst prägte, singt von der Spontanität, dem Charme und auch der Schlitzohrigkeit, die für die EinwohnerInnen Wiens vermeintlich typisch sei. Jedenfalls bezog sich dieser Begriff in seiner Entstehung um die Jahrhundertwende nicht auf Menschen einer bestimmten sozialen Herkunft (ganz im Gegensatz zum „Blauen Blut“) oder eines bestimmten ethnischen Hintergrunds. Das Wien des Jahres 1899 war das Zentrum eines Vielvölkerstaates, ein Schmelztiegel in dem soziale Rangordnungen zwar durchaus manifest waren, für dessen Funktionieren aber das reibungslose Zusammenleben Menschen unterschiedlicher Herkunft zentral war.
Johann Strauß Sohns Vermächtnis geriet übrigens in der Zeit des deutschen Faschismus ins Fadenkreuz des Rassenwahns und stellte die Nazis vor größere Widersprüche. Einerseits war Strauß in der Nazi- Diktion „Achteljude“, andererseits galt seine Musik als „überaus deutsch und volksnah“. Die beiden Texter des Librettos zum „Wiener Blut“ (Victor León und Leo Stein) stammten übrigens aus Polen und Bratislava, Steins Grab befindet sich im alten israelitischen Trakt des Wiener Zentralfriedhofes.
Das Wiener Blut war also in der Realität wie in der Literatur eine Melange und kein Filterkaffee. Auch der viel beschworene „echte Wiener“ heißt und hieß, wie schon in der allseits bekannten Fernsehsendung der 70er Jahre, eben nicht nur Sackbauer, sondern auch Blahovec und Vejvoda.

... kein reines Blut, ... Aus heutiger Sicht und bei Ausblendung der damaligen sozio-kulturellen Gegebenheiten können natürlich auch Gruppen definiert werden, die vom Begriff des Wiener Blutes exkludiert waren, die mit dem „echten Wiener“ nicht mitgemeint waren. Die Multikulturalität des Wiens von 1900 war geprägt von einer christlich-jüdischmitteleuropäischen Vielfalt und einer eurozentrischen Perspektive. In Wien lebende Menschen nicht-europäischer Herkunft waren nur schwach vertreten.
Dieser Umstand wird auch heute bewusst verwendet, um Ressentiments zu schüren. Nicht zufällig versucht sich HC Strache durch das Tragen von bestimmten Symbolen bei MigrantInnen serbischer Herkunft anzubiedern, nicht zufällig wird nach dem Motto „Divide et Impera“ im FPÖ-Sprech neuerdings immer stärker zwischen den „braven, anständigen“ MigrantInnen, mit „gemeinsamer christlich-abendländischer“ Kultur und Menschen islamischen Glaubens unterschieden. Eine latente Islamophobie könnte dem Wiener Blut also durchaus unterstellt werden, wenngleich auch die, die den Begriff geschaffen und geprägt haben, nur Kinder ihrer Zeit waren.

(K)ein böses Blut? Eine totalitäre und verbrecherische Funktion spielte der Begriff des Blutes im Vokabular der Nazis. Die Reinhaltung des Blutes wurde bereits in Hitlers Mein Kampf als eine der obersten Zielsetzungen der deutschen FaschistInnen festgeschrieben, die Metapher von Schädlingen, die dem Volk das Blut aussaugen, wurde systematisch etabliert. Dies ebnete zunächst den Weg dafür, dass bestimmten Gruppen von Menschen ihre Lebensberechtigung abgesprochen werden konnte und ermöglichte in weiterer Folge die industrielle Vernichtung von Menschen.
Diese bestimmte geschichtliche Epoche der Blut-Rhetorik ist es auch, die der aktuellen Debatte ihren Zündstoff gibt. Das Wiener Blut war und ist ein eng mit der ethnischen und sozialen Vielfalt einer Stadt verbundenes sprachliches Bild. Wer es aber in einer Stadt, deren Bevölkerung den Holocaust aktiv mitgetragen hat, in einer restriktiv geführten Integrationsdebatte verwendet, ist wohl von bestimmten Faktoren getrieben. Etwa von der Absicht, Menschen gegeneinander aufzuhetzen, von bewusster und absoluter Respektlosigkeit den Opfern dieser unbegreiflichen Verbrechen gegenüber oder im besten Fall einfach nur von komplett mangelndem Fingerspitzengefühl. Ein Blick in die jüngere Geschichte der FPÖ lässt nicht auf Letzteres schließen.

Seiten