Wurzelsuche nach neuem Rezept

  • 19.10.2015, 13:04

Caterina Sansones italienische Familie verließ nach dem 2. Weltkrieg das jugoslawische Rijeka und lebte viele Jahre lang in Flüchtlingslagern überall in Italien. Die Fotografin Sansonse begibt sich mit ihrem Freund und Comiczeichner Alessandro Tota auf die Spuren dieses Lebens – in umgekehrter Reihenfolge.

Caterina Sansones italienische Familie verließ nach dem 2. Weltkrieg das jugoslawische Rijeka und lebte viele Jahre lang in Flüchtlingslagern überall in Italien. Die Fotografin Sansonse begibt sich mit ihrem Freund und Comiczeichner Alessandro Tota auf die Spuren dieses Lebens – in umgekehrter Reihenfolge. Das Ergebnis ist ein außergewöhnliches Debüt in dem Fotografie und Comic-Kunst einander ergänzen. Allerdings geht das Experiment nicht ganz auf: Die Bilder alter Wohnorte der Familie etwa bleiben blass und oft nichtssagend, ihre Ästhetik im Vergleich zu den rahmenlosen, skizzenhaften Comic-Sequenzen zu hart. Die historischen Dokumente und Fotografien, die ebenfalls im Band an verschiedenen Stellen inkludiert werden, stiften visuell eher Unruhe und wirken narrativ selten aufklärend. Der intermediale Grenzgang zwischen Foto- und Comicband scheitert somit und man fragt sich, warum die Autor_innen sich nicht eher für eines der beiden Genres entschieden und das konsequent durchgezogen haben.

Was die Story angeht, wirkt die Präsenz Alessandro Totas eher lästig und verwirrend als, wie wohl intendiert, komödiantisch. Abgesehen von unreflektieren Gleichsetzungen von Faschismus und Kommunismus bleibt „Palatschinken“ größtenteils unpolitisch, was angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Geschichte um ein vergessenes Kapitel europäischer Geschichte handelt, schade ist. Mit etwas mehr Kontext hätte der Band nämlich tatsächlich, wie der Klappentext verspricht, als „europäisches Schicksal im zwanzigsten Jahrhundert“ gelesen werden können. Auf seinen besten Seiten gibt „Palatschinken“ Auskunft über das Leben als Flüchtling und die Lebensumstände in Flüchtlingslagern.

„Ich habe auf eine Art Erkenntnis gehofft … aber die kam nicht …“, sagt Caterina Sansone am Ende des Bandes über die Reise und fasst damit auch die Lektüre ihrer Graphic Novel zusammen. Die ersten Palatschinken sind aber meistens nicht so gut. Hoffen wir, dass die nächsten besser gelingen.

Caterina Sansone und Alessandro Tota: „Palatschinken“
Reprodukt Verlag, 192 Seiten
24 Euro

 

Olja Alvir studiert Physik und Germanistik an der Universität Wien.

 

AutorInnen: Olja Alvir