Schnipo Schranke – „Rare“

  • 11.05.2017, 09:00
Katja und Marie Luise haben sich Schnipo Schrankes „Rare“ angehört.

Katja: Seit der Single „Pisse“ sind sie die deutschen Lieblinge des Feuilletons, werden gelobt von der Süddeutschen, der FAZ und im Intro: Schnipo Schranke. Das Duo bringt das neue heiße Ding, das früher etwa „freche Frauen“ genannt wurde, endlich in den rechten Rahmen. Fäkalien, Liebeskummer und Tierleichen sind die Themenschwerpunkte der Band – also sehr nah an ähnlichen Ausnahmekünstlerinnen wie Stefanie Sargnagel, aber eben auch grob vertont. „Grob“ schreibe ich, um nicht das minderwertige „rotzig“ schreiben zu müssen, da seltsamerweise immer nur Musik weiblicher Musikerinnen mit dieser Eigenschaft versehen wird. Das neue Album „Rare“ knüpft nahtlos an „Satt“ aus 2015 an. Sie klingen manchmal wütend, angepisst, gelangweilt, leicht apathisch gar, haben aber immer eine grauslich-spannende Geschichte zu erzählen. Mal gibt es eine tote Katze zum Geburtstag, mal spielt sich der ganze Song um eine trashig-lustige Wortspielerei herum ab („Pimmelreiter“) – das Intro hingegen ist eine melancholische Instrumentalnummer. Es hat sich schon einiges getan in den letzten zwei Jahren. Es wird auch erwähnt, dass sie jetzt berühmt seien und dass sich trotzdem nicht viel geändert habe. Die Reime sind immer noch so schräg und real, dass es Helge Schneider die Barthaare vor Neid weiß gefärbt hat.

Marie Luise: Schnipo Schranke sind mir das erste Mal mit dem Song „Pisse“ aufgefallen, in dem sie auf lustige Weise stereotyplos, unrein, rotzig und stark gereimt haben. Schon damals fand ich die anderen Lieder nicht so aufregend. Auf dem neuen Album ist leider auch nicht viel Spannendes passiert. Musikalisch besticht es recht wenig. Ich höre mich durch die Platte, höre auf, als das Lied „Stars“ mit „Ne Nutte spricht mich an, weil ich mich einfach nicht als Frau verkleiden kann“ beginnt. Könnte spannend werden, denke ich. Es geht dann aber hauptsächlich um das egozentrierte Leben „unserer Generation“. Das Thema ist leider genauso alt wie „unsere Generation“. Um eine ähnlich passive Haltung gegenüber dem Rest der Welt geht es in dem Lied mit dem Titel „Pimmelreiter“ mit dem Refrain „Ich bin der Pimmelreiter (…) Ich reit’ durch Pipi, Sperma und so weiter“. Es kann schon ziemlich cool sein, wenn all-female*-bands über Sekrete und Körperflüssigkeiten singen, bloß alleine reicht das halt auch nicht. Ich hab die beiden in ihrem Auftreten aber zu gern, um jetzt so schlecht über sie zu enden. Das nächste Album zum Beispiel könnte richtig gut werden, wenn sie mal was Neues ausprobieren und aus der erprobt-bewährten Komfortzone herauskommen.

Katja Krüger-Schöller studiert Gender Studies an der Universität Wien, nur dieses Semester nicht.
Marie Luise Lehner studiert Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst und Drehbuch an der Filmakademie Wien.

AutorInnen: Katja Krüger, Marie-Luise Lehner