Liebe machen Lernen

  • 20.06.2017, 21:42
Wie der Name schon erahnen lässt, geht es in „Make Love“ um Seeex. Das aber weniger spektakulär, sondern eher spießig. Ich kann mich nicht erinnern, über eine Sendung je so zwiegespalten gewesen zu sein.

Wie der Name schon erahnen lässt, geht es in „Make Love“ um Seeex. Das aber weniger spektakulär, sondern eher spießig. Ich kann mich nicht erinnern, über eine Sendung je so zwiegespalten gewesen zu sein.

Zum Plot: Wir begleiten die Sexologin Ann-Marlene Henning bei ihrer Arbeit, das heißt vor allem in Beratungsgesprächen mit Paaren. Wir begleiten sie aber auch in Caféhäuser, auf Baustellen oder Biker-Treffen, wo sie alle möglichen Leute über ihr Sexualleben ausfragt. Soweit entspricht das Format gängigen Sozialdokumentationen, folgt aber keiner Skandalisierungslogik. Wir sollen ja etwas dazulernen. Sex erscheint als Thema, über das brave BürgerInnen besser informiert werden müssen. Wobei wir hier von klassischen heterogepaarten BürgerInnen sprechen. LGBTIQA und Disability werden nur peripher oder überhaupt nicht thematisiert. Die Thematisierung von Geschlecht fand ich dafür größtenteils angenehm: Frauen werden beim Sex aktiv gezeigt, Schönheitsideale häufig ignoriert und Henning holt bei jeder Gelegenheit, die sich bietet, ihre Stoff-Vagina heraus, weil es besonders wichtig ist, dass ALLE nach einer Begegnung mit ihr wissen, wie „das da unten“ funktioniert. Diese Bezeichnung für Vagina wird zwar durchgehend problematisiert, aber kaum durch eine andere ausgetauscht.

Etwas trashig, ist jede Folge mit Expert_inneninterviews und anatomischen Bildern gespickt, die in Landschaftsaufnahmen eingeblendet oder an Hauswände projiziert werden. Über weitläufige Sequenzen ist Klaviermusik gelegt, die eine Atmosphäre rührender Tierschicksals-Reportagen erzeugt, was meiner Meinung nach nicht ganz zum Thema passt. Trotz aller Skurrilitäten ist „Make Love“ sehr informativ: Ein bisschen wie die Sendung mit der Maus, wo erklärt wird, wie ein Geschirrspüler funktioniert. Eine Sachgeschichte über Sex, zwischen spießig, trashig und lehrreich. Zum Fremdschämen ist auch immer was dabei, weil Henning sehr schrill wird, wenn sie nicht recht weiß, wie sie reagieren soll. Wer willens ist, das hinzunehmen, kann aus der Sendung durchaus was mitnehmen. Aber eher nicht alles!

„Make Love“ läuft seit 2013 auf MDR, SWR und ZDF. Für die kommende Staffel werden noch Paare gesucht. ;-)

Carina Brestian studiert Soziologie an der Universität Wien.

AutorInnen: Carina Brestian