Kapitalismuskritik to go

  • 23.02.2017, 19:20
Marx als Comic.

Eine kleine Käserei am Land, ein Familienbetrieb. Hier stellen Robin und sein Vater den Käse her, den sie später am städtischen Marktplatz verkaufen. Dort macht Robin eines Tages Bekanntschaft mit einem Investor, welcher ihm ein Angebot unterbreitet. An dieser Stelle entspinnt sich eine Geschichte, in welche die marxsche Analyse des Kapitalismus eingewoben ist. Robin nimmt einen Kredit auf, es werden Gebäude, Maschinen, Rohstoffe und andere Waren gekauft. Darunter befindet sich auch die im Kapitalismus entscheidende Ware: die Arbeitskraft.

Die zentralen Konzepte der marxschen Kritik, die im Laufe der Story vorkommen, werden in kleinen Hinweiskästchen in zwei oder drei Sätzen erklärt – angesichts des fast tausendseitigen Umfanges des ersten „Kapital“-Bandes eine unglaubliche Reduktion. Wie den marxistisch ungeschulten Leser_innen, so wird auch dem Nachwuchs-Kapitalisten Robin Stück für Stück klar, wie die „Maschine Kapitalismus“ funktioniert.Sein Investoren-„Freund“ Daniel erklärt ihm, wie man Arbeiter_innen ausbeutet, wie man Mehrwert generiert, was der Tausch- und der Gebrauchswert einer Ware sind, und dass er als Finanzier sein Geld zurückbekommen wird – unter allen Umständen. Langsam vermengt sich theoretischer Input mit der immer dramatischer werdenden Geschichte.

Mit jeder Anhebung des Arbeitstempos, mit jeder weiteren angeordneten Prügelorgie des Vorarbeiters sinkt Robins Hoffnung, das Geld jemals zurückbezahlen zu können. Vom Gedanken reich zu werden ganz zu schweigen. Karl Marx war nicht nur Philosoph, sondern auch Visionär. Die Arbeiter_innen würden sich über ihre gemeinsame ökonomische Lage klar und von einer „Klasse an sich“ zu einer „Klasse für sich“ werden, so seine These. Über diesen knapp 200-seitigen Comic kann man verschiedener Meinung sein. Manche mögen in ihm eine zu starke Vereinfachung und Popularisierung von Marx' Gedanken sehen. Andere könnten es begrüßen, dass der Comic die intellektuelle und theoretische Schwelle zur Kapitalismuskritik senkt, wodurch sich potentiell mehr Leute für dieses Thema begeistern könnten. „Capital in Manga“ ist jedenfalls eine gute Einstiegslektüre für alle, die an Robert Misiks „Marxismus für Eilige“ noch scheitern.

VarietyArtworks: Capital in Manga! Red Quill Books 2012, 191 Seiten, 24,50 Euro.

Johannes Mayerhofer studiert Soziologie und Psychologie an der Universität Wien.

AutorInnen: Johannes Mayerhofer