24 Stunden Sicherheit?

  • 24.06.2015, 17:40

Ob auf Segways, am Gang oder am Campusgelände - Securities gehören oftmals zum Hochschulalltag dazu. Über öffentlichen Raum, lntransparenz und Millionenbeträge.

Ob auf Segways, am Gang oder am Campusgelände - Securities gehören oftmals zum Hochschulalltag dazu. Über öffentlichen Raum, lntransparenz und Millionenbeträge.

Vor einer der Türen der Universität Wien steht ein Sicherheitsbeamter. Sein Kopf ist kahl rasiert und in seinem Ohr steckt ein Kabel, das ihn mit dem restlichen Sicherheitspersonal über Funk verbindet. Er ist groß, ungefähr 1,80 Meter, sein Körper wirkt mus- kulös. Er trägt seine Arbeitskleidung: weißes Hemd, Hose und Schuhe sind schwarz. Er ist einer von zehn Securities an der Universität Wien, die in Zweier-Teams, 24 Stunden täglich, im Einsatz sind: sieben Männer und drei Frauen. „Die Universität besteht aus insgesamt 70 Gebäuden und unsere Sicherheitsteams haben Rundendienste", sagt Josef Scheibenpflug, Sicherheitskoordinator der Universität Wien. Bevor er sich der Sicherheit der Uni Wien verpflichtete, war er 35 Jahre lang im Polizeidienst tätig. Bei ihren Rundgängen müssen die Securities überprüfen, ob alle Lichter abgedreht und die Türen verschlossen  sind. Im Falle von Diebstahl, Belästigung oder Verletzungen sei das Sicherheitspersonal zuständig.

PRIVATANGELEGENHEIT. Es gibt zwar gesetzliche Regelungen zu Brand- und Arbeitnehmer*innenschutz, aus denen die Anwesenheitspflicht von entsprechendem Personal abgeleitet werden kann. Das heißt aber nicht, dass diese Aufgaben durch Sicherheitsdienste verrichtet werden müssen.

Foto: Mafalda Rakos

Die Anstellung der Sicherheitsfirmen selbst folgt einem durch das Bundesvergabegesetz geregelten Verfahren: Die Stelle wird öffentlich von der Universität ausgeschrieben, verschiedene Firmen erhalten die Möglichkeit der Bewerbung und das Rektorat wählt eine Firma aus. Die jeweilige Sicherheitsfirma erhält den Zuschlag für ein Jahr. Die Ausbildung, für die es in Österreich zurzeit keine Regelung gibt, findet durch Schulungen innerhalb der privaten Sicherheitsfirmen statt. Auch für die Wirtschaftsuniversität Wien sind „einschlägige und nachzuweisende Ausbildungen und Kenntnisse" erforderlich. Die Sicherheitskräfte sind für Scheibenpflug vor allem auch Serviceleistende und Repräsentant*innen der Universität. Auf die Frage, welche Sicherheitsfirmen momentan einen Vertrag mit der Uni Wien haben, gab es seitens der Universität keine klare Antwort.

„Das sind viele. Wir haben schon mit allen größeren Sicherheitsfirmen in Österreich zusammengearbeitet." Die drei größten Sicherheitsfirmen in Österreich sind G4S, der Österreichische Wachdienst (ÖWD), der an der Universität Innsbruck unter Vertrag ist, und Securitas. Diese drei setzten 2013 gemeinsam über 150 Millionen Euro bei über 7.500 Angestellten um.

2,1 MILLIONEN. Für die  Sicherheitsmaßnahmen an der Universität Wien stehen 500.000 Euro und ein zehnköpfiges Sicherheitsteam zur Verfügung. An der Technischen Universität Wien ist der Etat sogar mit 2,1 Millionen Euro bemessen. „Der Sicherheits- und Informationsdienst der TU Wien besteht aus 65 Mitarbeiter"'innen", weiß Gerald Hodecek, Leiter der Abteilung Gebäude und Technik. „Die Aufgabenbereiche der Securities an der TU sind denen an der Hauptuni und auch der Universität Innsbruck sehr ähnlich: Brandschutzwartung, Auskunft und Schlüsselverwaltung", sagt Hodecek. Dabei werden teilweise rund um die Uhr Leistungen erbracht.

Foto: Mafalda Rakos

Warum das nötig ist, erklärt die Universität Innsbruck: „Universitäten sind öffentliche Gebäude mit sehr großzügigen Öffnungszeiten. Das kann zum Problem werden, wenn Menschen die Räumlichkeiten ohne Rücksicht auf andere benutzen wollen und aggressiv oder zerstörerisch agieren. Das ist eher in den Wintermonaten hin und wieder problematisch. Daher betreut die Sicherheitsfirma in dieser Zeit auch tagsüber unsere Gebäude."

Die Handlungsrechte der Securities sind beschränkt. Laut eigenen Angaben spricht der Innsbrucker Wachdienst Personen an, die das Gastrecht missbrauchen, und bitten diese, das Gebäude zu verlassen. Das betrifft vor allem auch Obdachlose. Hier bewegen sich die Securities innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten, verfügen aber nicht über polizeiliche Rechte. Das heißt, sie dürfen nicht viel mehr, als auf die bestehende Hausordnung verweisen, aus Notwehr handeln und Nothilfe leisten. Deshalb ist es der Universität Wien wichtig, dass die Sicherheitskräfte Probleme durch Kommunikation lösen können. In unklaren Situationen sei es Scheibenpflug lieber, wenn das Sicherheitspersonal einmal mehr nachfragt. „Bei gröberen Sachen, wie zum Beispiel unangemeldeten Veranstaltungen, fragen sie automatisch nach, was zu tun sei", sagt  Scheibenpflug.

,,SAFETY“ FIRST. Die Rektorate greifen nicht nur dauerhaft auf Sicherheitskräfte des sogenannten dritten Sicherheitssektors zurück, wenn es um die Ordnung ihrer Hochschulen geht. Auch bei  akuten „Problemen" zögert man nicht, private Ordnungshüter_innen einzusetzen. So zum Beispiel bei einer gewaltsamen Räumung der BOKU-Flächen in Jedlersdorf. 2012 besetzte „SoLiLa - Solidarisch Land- wirtschaften in Jedlersdorf", eine Gruppe, die unter anderem aus Student innen der BOKU Wien bestand, ein brachliegendes Feld in einem ehemaligen Versuchsgarten der Universität. Der Widerstand, der sich für eine kollektive Nutzung der Flächen und Ermöglichung der partizipativen Landwirtschaft einsetzte, währte jedoch nicht lange. Nach zehn Tagen ließ das Rektorat die Fläche in Jedlersdorf durch Sicherheitsbeamt innen des Sicherheitsdientes Hellwacht gewaltsam räumen. Laut attac wurde auch die bereits davor von anderen Organisationen jahrelang aufge- baute Infrastruktur mit Motorsägen, Fräsen, LKWs und Containern zerstört und weggebracht. Auch bei #unibrennt wurden Sicherheitskräfte eingesetzt, um eine (erneute) Besetzung des Audimax der Universität Wien zu verhindern.

Viktoria Spielmann vom Vorsitzteam der ÖH-Bundesvertretung wünscht sich keine Zukunft mit Sicherheitskräften privater Firmen an Hochschulen. „Securities gehören raus aus der Hochschule. Soziale und gesellschaftliche Probleme müssen woanders als auf dem Unicampus oder in den Hochschulgebäuden bekämpft und gelöst werden. Zum Beispiel im Nationalrat."

(red)

AutorInnen: Progress Redaktion