FPÖ

Mitternachtseinlage Geschichtsrevisionismus

  • 16.01.2014, 14:49

Am 24. Januar tanzen auf dem „Akademikerball“ wieder Burschenschafter und andere Kameraden in der Wiener Hofburg. Wes Geistes Kind diese Folgeveranstaltung des WKR-Balls ist, zeigt sich in ihrem Verhältnis zum Holocaust,ihren Geschlechterbildern und ihren Personalüberschneidungen mit der FPÖ.

Am 24. Januar tanzen auf dem „Akademikerball“ wieder Burschenschafter und andere Kameraden in der Wiener Hofburg. Wes Geistes Kind diese Folgeveranstaltung des WKR-Balls ist, zeigt sich in ihrem Verhältnis zum Holocaust,ihren Geschlechterbildern  und ihren Personalüberschneidungen mit der FPÖ.

Rechte Burschenschaften und antifaschistische Gruppen haben einen zentralen gemeinsamen Termin: Den Ball der Burschenschaften in der Wiener Hofburg Ende Januar. Jedes Jahr beginnt einige Wochen vorher eine öffentliche Debatte um diesen Ball, der sich von vielen anderen Veranstaltungen der Wiener Ballsaison dadurch unterscheidet, dass er ein Treffen reaktionärer Eliten ist. Mehrere Organisationen veranstalten Gegendemonstrationen, Kundgebungen und Blockaden, allesamt mit dem Ziel, dass der Ball in Zukunft nicht mehr – oder zumindest nicht mehr in der Hofburg – stattfindet.

Bis 2012 organisierte der Wiener Korporationsring (WKR) den Ball, der Name WKR-Ball hat sich bis heute inoffiziell gehalten. Der WKR ist ein Zusammenschluss von meist schlagenden Wiener Studentenverbindungen. Dort wird die Mensur gefochten, ein Kampf zwischen Mitgliedern der Männerbünde mit scharfen Waffen, der zumindest ohne Kopf- und Gesichtsschutz ausgetragen wird. Sie führt oft zu Narben im Gesicht, die im burschenschaftlichen Milieu nicht als gefährliche Verletzungen, sondern als Zeichen von „Ehre“ gelten.

Die Mitgliedsverbindungen des WKR sind selbst im konservativen Milieu der Studentenverbindungen als rechts bis rechtsextrem einzustufen. Die akademische Burschenschaft Olympia beispielsweise hatte 2005 den britischen Holocaustleugner David Irving zu einem Vortrag eingeladen, dieser wurde aber kurz vorher verhaftet. 2003 lud die Olympia am Folgeabend des WKR-Balls zu einem „nationalen Liederabend“ mit dem deutschen Neonazi-Liedermacher Michael Müller, von dem unter anderem eine Coverversion eines Klassikers von Udo Jürgens stammt: „Mit 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an. (...) Bei 6 Millionen Juden, ist noch lange nicht Schluss.“

Die FPÖ vermittelt

Nach breiten Protesten hat die Hofburg-Betreibergesellschaft aufgrund der „politischen und medialen Dimension“ des WKR-Balls 2012 angekündigt, ab 2013 nicht mehr als Veranstaltungsraum für den Ball der Korporierten zur Verfügung zu stehen. Seit 2013 mietet die Wiener Landesgruppe der FPÖ für den „Wiener Akademikerball Ballausschuss“ die Hofburg. Der „Wiener Akademikerball“, wie er seitdem heißt, ist die direkte Nachfolgeveranstaltung des WKR-Balls. Organisator Udo Guggenbichler sitzt für die FPÖ im Wiener Gemeinderat und ist Mitglied der schlagenden Burschenschaft Albia, die, wie die Olympia, neben ihrer Mitgliedschaft im WKR auch in der Deutschen Burschenschaft organisiert ist.

Gäste der vergangenen Jahre waren unter anderem Marine Le Pen, Vorsitzende des französischen Front National, Kent Ekeroth von den Schwedendemokraten und Philip Claeys vom belgischen Vlaams Belang sowie Anhänger der NPD. Die internationale Prominenz hielt sich 2013 allerdings zurück, nachdem beispielsweise Le Pen in Frankreich für ihren Besuch öffentlich Kritik einstecken musste. Auch Heinz-Christian Strache, Vorsitzender der FPÖ, war 2013 nicht auf dem Ball, hatte aber im Jahr davor, am 27. Januar 2012, dem internationalen Holocaust-Gedenktag und Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee, gemeinsam mit Guggenbichler die Eröffnungsrede des WKR-Balls gehalten. Auch sagte er dort Standard-Berichten zufolge, die Ballgäste seien „die neuen Juden“ und Attacken auf Burschenschafterbuden seien „wie die Reichskristallnacht gewesen. Diesen Vergleich mit der Reichspogromnacht wollte Strache im Nachhinein nicht als solchen verstanden wissen und wiederholte ihn dennoch im Zeit-im-Bild-Interview. Die Reichspogromnacht markierte im November 1938 den Beginn der systematischen Verfolgung von Juden und Jüdinnen im nationalsozialistischen Deutschland und Österreich. Trotz heftiger Kritik ist Strache weiterhin FPÖ-Vorsitzender und die FPÖ, deren Kanzlerkandidat er war, erreichte bei der vergangenen Nationalratswahl 20,5 Prozent der Stimmen. Nächste Woche, heißt es, wird er den Ball wieder besuchen.

Sexismus verpflichtet zur Verschwiegenheit

„Hast du eine Freundin, die weder schön noch still ist, kurz: bist du auf irgendeine Weise abnormal oder unfröhlich, dann bleib lieber zuhause.“ Dieser Satz aus einem Flugblatt der Olympia verdeutlicht das reaktionäre Frauenbild und die sexistische Vorstellung des Geschlechterverhältnisses der Burschenschaft. „Damen“ können „mitgebracht“ werden, sollen aber bitte dekorativ sein und allerhöchstens zustimmend nicken. Jede Form von Geschlecht und Sexualität jenseits repressiv-traditionalistischer Normen hat bei den strammen Burschenschaftern keinen Platz. Sie selbst hingegen, „natürlich“ ausschließlich Männer, besuchen den Ball sicher nicht zuletzt, um zu den burschenschaftlichen Netzwerken und Seilschaften Zugang zu erlangen, die auch in der österreichischen Politik- und Wirtschaftslandschaft noch immer von Bedeutung sind. Auf dem Ball bündelt sich allerdings lediglich, was neben großdeutscher Agitation immer ein Zweck der Verbindungen war: Karriere schmieden durch Kontakte.

Seit etwa 2008 formiert sich immer breiterer Protest gegen WKR- und Akademikerball. Mit Informationsveranstaltungen, Demonstrationen und Blockaden machen bürgerliche und zivilgesellschaftlich ebenso wie linksradikale Initiativen darauf aufmerksam, wer sich da in den repräsentativsten Räumlichkeiten Österreichs trifft. Seither wird über das Thema öffentlich diskutiert. Anfang Januar haben NS- und Holocaustüberlebende einen offenen Brief an die Hofburg-Betreibergesellschaft, Kanzler und Bundespräsident geschrieben und gefordert, den Ball aus der Hofburg zu verbannen. Bisher reagierten diese nicht darauf. Im Brief erklären sich die Überlebenden „fassungslos, dass die im Eigentum den Republik stehende Hofburg noch immer ihre Tore für Vertreter und Vertreterinnen rechtsextremer Vereine aus Österreich und Europa öffnet“.

Es gibt verschiedene linke Gegenbewegungen zum Akademikerball. progress online stellt diese hier in Kurzinterviews vor:

Partykommunismus am WTF-Ball

Antifaschismus ist notwendig, aber nicht ausreichend - NOWKR

Menschenblockade gegen Burschenschaften - Offensive gegen Rechts

 

Der Autor studiert Internationale Entwicklung an der Universität Wien.

Zwischen Alarmismus und Ignoranz

  • 25.10.2013, 23:24

Zur Rezeption des tatsächlichen und angeblichen Rechtsruckes. Ein Kommentar von Andreas Peham (DÖW) über die Reaktionen nach den letzten Nationalratswahlen.

Zur Rezeption des tatsächlichen und angeblichen Rechtsruckes. Ein Kommentar von Andreas Peham.

Aus einem lauen Nationalratswahlkampf, in dem sich weder die Medien noch die konkurrierenden politischen Kräfte für die Chronique scandaleuse der FPÖ interessierten und radikale Linke kaum mehr protestierend intervenierten, ging die parteiförmige extreme Rechte wenig überraschend als strahlende Siegerin hervor. Jedoch war ihr Erfolg nicht so groß, wie manche glauben machen wollen. Die FPÖ wurde nicht zweitstärkste Kraft und erlitt in ihrem Hauptzielgebiet Wien sogar Stimmenverluste. Gemeinsam mit dem BZÖ haben die Freiheitlichen im Vergleich zu den Wahlen 2008 bundesweit gar mehr als 100.000 Stimmen verloren. Dass sich Heinz-Christian Strache dennoch in Siegerpose wirft, gehört zu seinem politischen Geschäft. Rechtsextremismus und autoritärer Populismus brauchen Stärke, ja Unbesiegbarkeit, um erfolgreich zu sein. Ähnliches gilt für eine Medienindustrie, die ihr gutes Geschäft vor allem mit schlechten Neuigkeiten und Übertreibungen macht. Aber warum stimmten nach den Wahlen auch Linke in den Chor vom Rechtsruck ein?

Rechte Normalisierung. Sicher, dieser Rechtsruck ist durchaus österreichische und europäische Realität, aber er erschöpft sich bei Weitem nicht in Wahlerfolgen extrem rechter und autoritär-populistischer Parteien. Als gesamtgesellschaftliches Phänomen macht er vor den anderen Parteien nicht halt. Er drückt sich auf verschiedensten Ebenen aus: vom Abbau der Demokratie und des Sozialstaates über den Ausbau des Überwachungsund Sicherheitsstaates bis hin zur Flüchtlingspolitik. Die ausschließliche Fixierung auf die rechten Übertreiber_innen des herrschenden Konsens’ hilft (unfreiwillig), ihn abzusichern. Allzu oft verschweigen diejenigen den institutionellen Rassismus und „autoritären Wettbewerbsetatismus“ (Lukas Oberndorfer), die über den Rechtsextremismus reden. Zudem zeigt ein genauerer Blick, dass rechtsextreme und autoritär-populistische Parteien zuletzt nur in Schweden, Finnland, Frankreich, Kroatien, Ungarn und Griechenland merklich zulegen konnten. Und in bescheidenerem Maße als allerorts beklagt oder gefeiert eben in Österreich, wo sich die FPÖ seit 2005 wieder im Aufwind befindet.

Mehr als der Alarmismus ist hierzulande aber die Normalisierung des Rechtsextremismus zu kritisieren. Kaum jemand in Politik und Medien wagt es heute noch, die FPÖ als das zu bezeichnen, was sie ist: rechtsextrem. Dabei antwortete erst unlängst der oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner auf die Frage, warum „die nationalsozialistische Ideologie für freiheitliche Funktionäre so attraktiv“ sei, dass es in der FPÖ „tatsächlich ein Problem“ gebe, dem „man sich stellen“ müsse: „Jede Partei hat einen Narrensaum. Bei uns schaut man natürlich – auch zu Recht – mit Argusaugen auf diesen Rechtsaußenrand. Ich gebe das offen zu, wir haben da ein Problem.“ Die Tatsache, dass der Rechtsruck der FPÖ unter Strache mittlerweile auch im neuen Parteiprogramm als Wiedereinführung des Bekenntnisses zur „deutschen Volksgemeinschaft“ Niederschlag gefunden hat, konnte die Bereitschaft zur inhaltlichen Kritik an den Freiheitlichen aber ebenfalls nicht vergrößern. Darin zeigt sich, wie problematisch es war, die Ablehnung der FPÖ fast ausschließlich an der Person Jörg Haiders und seinen NS-Verstrickungen festzumachen.

Enttabuisierung. Im Juni meinte der Verteidiger zweier Neonazis, die sich gerade in Salzburg vor Gericht verantworten mussten, über die Hintergründe der Fanatisierung seiner Mandanten, deren „Quelle“ sei eine „latente Ausländerfeindlichkeit“. „Wenn sie von einer legalen Partei zum Stimmenfang benutzt wird, darf man sich nicht wundern, wenn die Burschen nichts dabei finden, sie zur Schau zu tragen.“ Der Skandal hetzerischer freiheitlicher Agitation wird heute jedoch nur mehr selten offen angesprochen. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas kritisierte jüngst an der FPÖ lediglich, dass sie „eine Risikopartei“ sei, die „Zick-Zack-Kurse“ fahre und „für nichts“ stehe. Diese Ignoranz gegenüber den politischen Inhalten der FPÖ macht es so schwer, ihre anhaltende „Ausgrenzung“ zu argumentieren. Als Argument für die Abgrenzung bleibt dann neben der Unberechenbarkeit nur die „antieuropäische“ Haltung der FPÖ. Und so hat sich die SPÖ-Spitze die, vor allem von gewerkschaftlicher Seite betriebene, Enttabuisierung der Zusammenarbeit mit der FPÖ selbst zuzuschreiben.

Weil offenbar die Wahrheit auch eine Tochter der räumlichen Distanz ist, wird die FPÖ heute nur mehr im Ausland als Problem gesehen. Zuletzt war es die Frankfurter Allgemeine Zeitung, das Flagschiff des deutschen Konservativismus, die schrieb, was in Österreich fast niemand (mehr) sagen will: Dass die FPÖ eine extrem rechte Partei „mit Personal aus der Neonazi-Szene“ ist und dass eine Mischung aus „Abstumpfung“ und „Ignoranz“ auch und vor allem der politischen Konkurrenz eine derartige Erkenntnis in Österreich verhindert. Tatsächlich wurde nach den Wahlen von Teilen der SPÖ (und ÖVP) betont, wie nahe man der FPÖ eigentlich sei. Diese bekundete Übereinstimmung in zentralen Politikbereichen ist ein weiterer Ausdruck des umfassenden Rechtsruckes und dessen Normalisierung, die in ihrer Bedeutung für die Erfolge des parteiförmigen Rechtsextremismus gar nicht überschätzt werden kann.

 

Andreas Peham ist Mitarbeiter beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widestandes (DÖW) und forscht zum Thema Rechtsextremismus.

Strache im braunen Sumpf

  • 22.06.2013, 23:10

Hans-Henning Scharsach legt in seinem politischen Sachbuch „Strache im braunen Sumpf“ die Verflechtungen der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) unter Heinz-Christian Strache mit rechtsextremen und neonazistischen Organisationen dar. Eine Rezension.

Hans-Henning Scharsach legt in seinem politischen Sachbuch „Strache im braunen Sumpf“ die Verflechtungen der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) unter Heinz-Christian Strache mit rechtsextremen und neonazistischen Organisationen dar.

„Mit Straches Machtübernahme wurde 2005 die Wende rückwärts eingeleitet“, schreibt der Journalist und langjährige Leiter des Auslandsressorts von Kurier und News Hans-Henning Scharsach (70) in dem Vorwort seiner Publikation, „Der neue FPÖ-Chef ersetzte die Buberlpartie [Anm.: Jörg Haiders] durch eine Burschenpartie – stramme Hardcore-Ideologen aus jenem korporierten Milieu, das sich von den Traditionen des Nationalsozialismus bis heute nicht gelöst hat.“ Hans-Henning Scharsach weiß, wovon er spricht, denn er hatte sich zuvor mit Jörg Haiders FPÖ in den von ihm verfassten Sachbüchern „Haiders Kampf“, „Haider. Österreich und die rechte Versuchung“, „Haiders Clan. Wie Gewalt entsteht“ sowie „Haider. Schatten über Europa“ auseinandergesetzt. Auch die europäische Dimension der politisch Rechten hat er in seinem Buch „Rückwärts nach rechts. Europas Populisten“ beschrieben. In seinem Buch „Strache im braunen Sumpf“ hält er fest, dass Jörg Haider den Burschenschafteranteil bei den FPÖ-Parlamentariern auf elf Prozent zurückgedrängt hatte. Seit der Nationalratswahl 2008 gehören aber mehr als ein Drittel der 34 FPÖ-Abgeordneten einer schlagenden, deutschnationalen Studentenverbindung an. Auch im Europaparlament sind die beiden Sitze der Freiheitlichen mit deutschnationalen Burschenschaftern besetzt. Seit den Wiener Gemeinderatswahlen 2010 besteht die Wiener Parteiführung der FPÖ fast ausschließlich aus Burschenschaftern, der Wiener Rathausklub zu 50 Prozent. Eine brisante Thematik, die den meisten ÖsterreicherInnen erst aufgrund der Nachrichtenberichterstattung über die Demonstrationen rund um den WKR-Ball 2012 bewusst wurde. Im Gegensatz zur oftmals oberflächlichen Berichterstattung der österreichischen Medien vermittelt Scharsach den LeserInnen einen umfassenden und tiefen Einblick in die Zusammenarbeit zwischen FPÖ-PolitikerInnen, deutschnationalen Burschenschaften und Neonazis. Dabei greift er auch historisch zurückliegende Ereignisse auf und belässt es nicht bei der Analyse der letzten Jahre. Obwohl es sich um ein politisches Sachbuch handelt, bemüht sich Hans-Henning Scharsach wissenschaftliche Kriterien einzuhalten und alle Aussagen sowie Thesen zu belegen. Das Manuskript des Buches wurde vor dessen Druck von einem Juristen geprüft.

Scharsachs Buch ist in vierzehn Überkapitel gegliedert, an deren Ende er stets die wichtigsten inhaltlichen Punkte zusammengefasst hat. Das erste Kapitel „Im braunen Sumpf: Es begann mit Fotos“ erläutert die Diskussion rund um die von Heinz-Christian Strache 2007 auftauchenden Bilder, die den jungen Strache als Teilnehmer von Wehrsportübungen zeigen. Scharsach thematisiert in diesem Kapitel die damalige politische Vergangenheit Straches, der mit der Tochter des Rechtsextremen Norbert Burger verlobt war und während eines „volkstreuen Fest“ der (mittlerweile vom deutschen Verfassungsschutz verbotenen) Wiking-Jugend unter dem Titel „Zum Teufel mit der 1945er-Demarkationslinie“ zu Silvester 1989/1990 in Fulda in eine neunstündige Verwahrungshaft genommen wurde. Scharsach geht auch auf die Vergangenheit Norbert Burgers ein, der für Strache eine Vaterfigur war. Burger war Mitbegründer der deutschnationalen Burschenschaft „Olympia“ und Gründungsmitglied des Rings Freiheitlicher Studenten (RFS), den Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) machte er zu einer Terrororganisation. 1963 trat er aus der FPÖ aus und 1967 gründete er die neonazistische Nationaldemokratische Partei (NDP), die 1988 auf Basis des Verbotsgesetzes aufgelöst wurde. In seinem Buch zitiert er Herbert Scheibner und Peter Westenthaler, die heute beide dem Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) angehören. Peter Westenthaler bestätigte, dass Strache damals in Wort, Tat und Optik zur extrem rechten Szene gehörte. Bis 1994 hatte ihm Westenthaler als damaliger Wiener RFJ-Chef verboten den Keller des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) zu betreten. Und das obwohl Strache seit 1989 FPÖ-Mitglied und seit 1991 Bezirksrat der FPÖ-Landstraße war. Scharsach hält fest, dass sich Strache von Anfang darum bemüht hatte seine Vergangenheit zu vertuschen. Der Fokus von Scharsachs Buch liegt jedoch nicht auf der Vergangenheit des FPÖ-Vorsitzenden. Vielmehr  setzt sich Scharsach mit der Zusammenarbeit zwischen FunktionärInnen der FPÖ und deutschnationalen Burschenschaften sowie rechtsextremen und neonazistischen Organisationen auseinander.

Die Ideologie der FPÖ erläutert er in den Kapiteln „Wende rückwärts: Das Weltbild und Frauenbild in der neuen FPÖ“, „Burschenschaften: Antisemitisch und antidemokratisch“, „Bekenntnisse und braune Traditionen“ und „Braune Traditionen gegen antifaschistische Verfassung“. Die Geschichte und Ideologie der deutschnationalen Burschenschaft Olympia behandelt Scharsach in einem eigenen Kapitel. In diesem thematisiert er u.a. die von der Olympia veranstalteten Gastverträge des Holocaust-Leugners David Irving, den Besuch des Neonazi-Sängers Frank Reinnicke sowie die Mitgliedschaft des dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf. Scharsach präsentiert in seinem Buch auch bislang Unbekanntes, wie die 2003 erfolgte Wahl Grafs zum Vorsitzenden des österreichischen Witiko-Bundes sowie in den Vorstand des pangermanischen Witko-Bundes. Nach Scharsach ist dieser die radikalste Gruppierung der „Vertriebenen“, die nach zwölf Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung die „Einheit Deutschlands“ – und somit unter anderem auch Österreichs propagierte. Zudem weist Scharsach auch auf den Antisemitismus und den rechten Geschichtsrevisionismus, des von der Organisation herausgegebenen Witiko-Briefs hin. Auch die Kooperationen von Mitgliedern des Ring freiheitlicher Jugend (RFJ) mit Neonazi-Organisationen werden von Scharsach in dem Kapitel „Der Ring freiheitliche Jugend. Rechte Speerspitze der Partei“ anhand von Quellen beschrieben. Er zieht das Resümee, dass es sich beim RFJ weniger um eine Nachwuchsorganisation einer demokratischen Partei handelt, die gelegentlich an den Neonazismus anstreift, als vielmehr um eine in weiten Teilen neonazistische Gruppierung, die sich des Schutzes der FPÖ bedient, um das Risiko juristischer Verfolgung zu minimieren. In diesem Kontext weist er auf den demonstrativen Austritt von 600 RFJ-Mitgliedern  hin, die damit ihren Missmut über den Ausschluss von fünf RFJ-Mitgliedern wegen neonazistischer Tätigkeiten durch den Tiroler FPÖ-Landesparteimann Gerald Hauser, ausdrückten. Auch der Einsatz von Neonazis bei Straches Wahlkämpfen werden von Scharsach in dem Kapitel „Wahlkämpfer Strache: Braune Helfer, braune Fans“ thematisiert.

Das Kapitel „Braune Bekenntnisse: ‚Sieg Heil‘ und ‚Heil Hitler‘“ setzt sich anhand von einzelnen Personen wie bspw. Clemens Otten und Wolfgang Haberler mit den Kooperationen zwischen FPÖ-Politikern und Neonazis auseinander. Am Ende dieses Kapitels erwähnt er auch jene FPÖ-Politiker, die aus Protest gegen die rechtsextremen Tendenzen innerhalb der Partei aus dieser ausgetreten sind. Unter anderem erwähnt er den Fürstenfelder Bezirksobmann Karl Pledl, der die FPÖ deshalb verlassen hatte, weil der mittlerweile wegen NS-Wiederbetätigung verurteilte oststeirische Rechtsextreme Frau Radl, bei einer Ortsgruppensitzung nicht nur anwesend war, sondern auch mit einem Hitlergruß empfangen wurde. In dem Kapitel „Signale an den rechten Rand: Der Vergangenheit verbunden“ thematisiert Scharsach u.a. die von der FPÖ konstruierten Feindbilder, deren Strategien hinsichtlich der „Täter-Opfer-Umkehr“ in Bezug auf die nationalsozialistische Vergangenheit sowie den Antisemitismus und Rassismus innerhalb der Partei. Eines der informativsten und interessantesten Kapitel des Buches stellt „Internet. Das braune Netzwerk“ dar. Scharsach betont, dass das Internet einen Einblick in die Persönlichkeitsprofile der Freiheitlichen gibt und ihre Freunde, Interessensgebiete sowie die Organisationen, mit denen diese vernetzt sind, offenbart. Dabei weist Scharsach auf das „basisdemokratische Web-Kollektiv bawekoll“ und die Plattform „rfjwatch“ hin, die den Freundeskreis der FPÖ dokumentieren. Die von dem Grünen Abgeordneten Karl Öllinger betriebene Plattform „Stoppt die Rechten“ sowie das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) fassen die wichtigsten Ereignisse zusammen. Hans-Henning Scharsach hat in seinem Buch die politisch brisantesten Vernetzungen und Freundschaften von FPÖ-Politikern zu Rechtsextremen sowie antisemitische, rassistische und neonazistische Äußerungen auf den Facebook-Profilen der Politiker festgehalten. In seinem abschließenden Resümee hält Scharsach seine wichtigsten Erkenntnisse fest.

Fazit: Hans-Henning Scharsach vermittelt den LeserInnen einen umfassenden Überblick in die rechten Netzwerke der einzelnen FPÖ-Politiker. In einer sprachlich leicht verständlichen Sprache eignet sich das Buch auch für SchülerInnen und Menschen ohne akademischen Hintergrund. Scharsach schafft es in seinem politischen Sachbuch - trotz enormer Informationsdichte und ausgiebiger Erläuterungen – die LeserInnen bis zum Schluss zu fesseln. Am Ende seines Buchs hält er folgendes fest: „Jede Stimme für die FPÖ zementiert die Macht von Burschenschaften wie der Olympia, die Träger, Verteidiger und Verbreiter neonazistischer Traditionen sind.“ Die Lektüre von Hans-Henning Scharsachs Buch „Strache. Im braunen Sumpf“ wird daher allen politisch interessierten Menschen im Wahljahr 2013 dringend empfohlen.

 

Hans-Henning Scharsach: Strache im braunen Sumpf, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 2012, 336 Seiten. Preis: 24 Euro.

Hörbuch: Hans-Henning Scharsach/Sprecher: Alfons Haider: Strache im braunen Sumpf, Mono-Verlag, Wien 2013. Preis: 19,95 Euro.

Links:

RFJ Watch: http://rfjwatch.wordpress.com/

Basisdemokratische Web-Kollektiv „bawekoll“:  http://bawekoll.wordpress.com/

DÖW „Neues von ganz rechts“: http://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-von-ganz-rechts

Stoppt die Rechten: http://www.stopptdierechten.at/

FPÖ-Mann Tiller: Ich kann rudelbumsen

  • 13.07.2012, 18:18

Gedanken zur Swingerclub-Installation des Künstlers Christoph Büchels offenbaren das schier unglaubliche künstlerische Potential in den Reihen der FPÖ. Eine staunende Betrachtung und Richtigstellung.

Gedanken zur Swingerclub-Installation des Künstlers Christoph Büchels offenbaren das schier unglaubliche künstlerische Potential in den Reihen der FPÖ. Eine staunende Betrachtung und Richtigstellung.

Wien, Ende Februar dieses Jahres: In die Gemächlichkeit der österreichischen Innenpolitik platzt ein empörter, nach einem Skandal rufender Schrei. Die FPÖ Wien (und somit auch die Mutterpartei) hat eine Kunstaktion des Schweizers Christoph Büchel in der Secession als groß angelegte Verschwendung von Steuergeld aufgedeckt. Unter dem „Deckmantel“ der Freiheit der Kunst wolle Büchel in der traditionsreichen Secession einen Swingerclub installieren, ließen die Freiheitlichen verlautbaren. Aber Rudelbumsen, so der freiheitliche Kulturfunktionär Helmut Tiller, das sei keine Kunst. Sogar er könne es, meinte der gute Mann. Eine Schweinerei, Vorführsex als Kunst auszuweisen und dafür auch noch enorme Summen einzustreichen. 90.000 Euro an jährlicher Förderung, das ist für die FPÖ schlichtweg „durchgeknallt“.
Ohne die exaltierten Freiheitlichen würde die Aktion des Schweizers vermutlich nicht einmal soviel Aufmerksamkeit wie der Podcast vom Bumsti aus Erdberg erregen. Erst durch das Jaulen der Wölfe erreicht das unerhörte Treiben gewisse Bekanntheit. JournalistInnen wissen zwar nicht, was und wie sie davon berichten sollen, sind aber erneut erstaunt über die überbordende Kreativität der Freiheitlichen, mit der sie ihre neueste künstliche Erregung zuwege gebracht haben.

Umsunst – die Kunst? Dieses Ereignis bringt mich ins Grübeln über Kunstbegriff und Kulturpolitik. Nach einigen Überlegungen erkenne ich klar, dass die Eff dabei ist, ins eigene Nest zu machen. Unter Artikel IV ihres Parteiprogramms lese ich Folgendes:
„Kunst ist Privatsache. Der Staat darf über seine Kunstpolitik keine Geschmacksbevormundung, politische Instrumentalisierung und Subventionsgängelung betreiben. […] Der Staat hat seine Kunstförderung auf die Schaffung von Rahmenbedingungen und infrastrukturellen Einrichtungen zu beschränken. Diese sollten insbesondere Kunsthochschulen, Konservatorien und Musikhochschulen, Galerien und Ausstellungsräumlichkeiten, öffentliche Bühnen und Konzertsäle, Werkräume und Starthilfen für Jungkünstler umfassen.“
Wie mir scheint wird unter der Goldkugel im freiheitlichen Takt geswingt. Die Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession erhält jährliche Subventionen, ist aber nicht „gegängelt“ in dem Sinne, weisungsabhängig zu arbeiten. Zudem stand hinter ihrer Gründung der Gedanke, zeitgenössischen, progressiven, eben jungen KünstlerInnen eine Plattform – eine „Starthilfe“ – zu geben. Ich frage mich also, wozu die ganze Aufregung – bloß schon wieder wegen des Wahlkampfs?

Fiat iustitia … Geht es den Freiheitlichen nicht um mehr als profanes Wahlkämpfen? Können die diesmal zugegebenermaßen bescheidenen Einwürfe zur Kulturpolitik von Seiten der FPÖ generell als Geschwätz abgetan werden? Haben ihre FunktionärInnen nicht eine wichtige Botschaft, sind sie vielleicht nur etwas zu ungeschickt, zu holprig im Umgang mit der deutschen Sprache, um diese auch zu kommunizieren? Unterschätze ich die Kunstkompetenz der Freiheitlichen?
Nun, ich will mich nicht in die Riege derer stellen, die reflexartig die FPÖ anpinkeln. Im Gegenteil, ich will unpopulär sein, ich will, dass der Eff und ihrer Kulturpolitik Gerechtigkeit widerfahre! Angestrengt denke ich also nach. Die Klagenfurter Seebühne kommt mir in den Sinn, ein inzwischen bereits versunkenes Kapitel des freiheitlichen Kunstaktionismus. Doch die Idee, lobend darüber zu berichten, versinkt ebenso. Der einstmals so strahlende Kunstkoloss ist in letzter Zeit so arg in Verruf geraten, dass selbst die Gründerväter ihm die Liebe entziehen. Trotz großzügiger Unterstützungen von Seiten des Landes und des schönen Karl-Heinz musste nicht nur künstlerischer Bankrott angemeldet werden. Ein anderes freiheitliches „Kunstprojekt“ glänzt dafür umso heller.

… et ars pereat. Ein für die FPÖ in den Niederösterreichischen Landtag gewähltes „gallisches Dorf“ hält der heimatlichen Politikerkaste einen Spiegel vor – ganz ohne Werbetrommel und moralisch anstößige Aktionen. Es handelt sich hierbei um Karl Schwab, den wohl talentiertesten Politsatiriker des Landes. Bescheiden und doch selbstüberzeugt und voll Inbrunst prangert er die intellektuellen Missstände unserer Gesellschaft an, indem er sie selbst vorspielt. Sein Spiel mit der Sprache gemahnt an Karl Kraus, er ist der lebende Beweis, wie sehr die Kunst den Freiheitlichen am Herzen liegt. Unvergessen sein Appell an die Abgeordneten zum Landtag: „Ich frage Sie, ist Kunst, wenn jemand vielleicht ein poar olte Radln zamschwoaßt? […] Und sagt, das ist Kunst. Des is Metallkunst. Aber des is net Kunst!“
Mit entlarvender Ehrlichkeit und überraschender Glaubwürdigkeit stellt dieser Fackelträger des Intellekts PolitikerInnen aller Couleurs und Ebenen nach, wie es kein anderer Kabarettist oder Kabarettistin bislang vermochte (Hader spielt Hader versus Schwab spielt Politiker). Ohne die Aufmerksamkeit seiner KollegInnen zu erregen, hat er den Landtag in eine Kleinkunstbühne verwandelt.
Stellen wir uns vor: Mit 6.500 Euro im Monat ist dieses Projekt voll ausfinanziert. Hochgerechnet ist das kaum mehr als die „Perversen“ in der Secession nehmen! Weiters wird in dieser „Werkstatt“ sicher keine „politische Instrumentalisierung“ betrieben. Eintritt ist sowieso nicht zu begleichen, sogar Minderjährige können beiwohnen. Schau, unseliges KritikerInnengesindel, das ist ordentliche Kulturpolitik!
Somit bin ich beruhigt, weiß nun, dass sich am Horizont des Freiheitlichen Kunstverständnisses die dunklen Wolken lichten. Mich erfüllt die Hoffnung, dass die FPÖ sich auf die weiteren großen KünstlerInnen in den eigenen Reihen besinnt, diese fördert und fortan von künstlichen Erregungen ablässt; sich gewahr wird, den Kunstbegriff als Partei vielleicht prägen zu können, aber nicht zu definieren. Denn wie Karl Schwab bereits auf die Frage, was Kunst denn überhaupt sei, zu antworten wusste: „Das entscheidet sicher der Volk, der was das konsumieren muss.“

Wenn die FPÖ sich um die Umwelt sorgt

  • 13.07.2012, 18:18

Oberösterreichs grüner Umweltlandesrat kommt immer mehr unter Druck. In Folge eines Streits gegen Rechte im Anti-Atom Bündnis wurden einer unabhängigen, antifaschistischen Gruppe 73.000 Euro Fördergelder gestrichen.

Oberösterreichs grüner Umweltlandesrat kommt immer mehr unter Druck. In Folge eines Streits gegen Rechte im Anti-Atom Bündnis wurden einer unabhängigen, antifaschistischen Gruppe 73.000 Euro Fördergelder gestrichen.

Antifaschistische AtomkraftgegnerInnen erhalten in Oberösterreich kein Geld mehr vom Staat. Das ist das Resultat eines Streits zwischen der BürgerInneninitiative Antiatom-Szene und Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne). Die Initiative weigert sich, mit einer Gruppe zu kooperieren, die mit dem rassistischen Weltbund zum Schutz des Lebens (WSL) verbunden ist und Kontakte zur FPÖ pflegt. Ein Mediationsverfahren, das die Landesregierung verlangt hatte, endete vor einigen Wochen ergebnislos. Antiatom-Szene verliert Fördermittel von rund 73.000 Euro im Jahr.

Der Kampf gegen Atomkraftwerke in Tschechien ist in Oberösterreich Regierungssache: Die Landesregierung, der neben ÖVP und Grünen auch SPÖ und FPÖ angehören, fördert im Rahmen der Antiatom-Offensive diverse BürgerInneninitiativen. Der Streit entzündete sich vor Jahren als der Verein Atomstopp den WSL-Präsidenten Friedrich Witzany für ein Personenkomitee des Volksbegehrens nominierte, das den österreichischen Austritt aus Euratom, der europäischen Institution zur Förderung der Atomindustrie, durchsetzen soll. Die Gruppe Resistance for Peace stieg aus der Kampagne aus, einige Mitglieder wurden daraufhin auf der nazistischen Homepage Alpen-Donau-Info bedroht. Die Antiatom-Szene solidarisierte sich mit Resistance for Peace und forderte, sich von rechten Gruppen abzugrenzen.

Umweltschutz auf rassistischer Basis.

Der WSL steht in einer Tradition, die Umweltschutz aus Sorge um das Erbgut einer „weißen Rasse“ treibt. Der Förster Günther Schwab gründete den Verband 1958 in Salzburg und prägte den WSL ideologisch. Schwab war im Oktober 1930 in Wien der NSDAP und der SA beigetreten, wo er es bis zum Sturmführer brachte. 1939 publizierte er den völkischen Kitschroman Mensch ohne Volk im Eher-Verlag, dem Zentralverlag der NSDAP, in dem auch Hitlers Mein Kampf und der Völkische Beobachter erschienen. Ende der 1960er Jahre sah Schwab eine angebliche „Bevölkerungsexplosion“ als „Hauptsorge der Menschheit“ und forderte, in „primitiven Ländern“ eine Geburtenbeschränkung zu erzwingen.

In Deutschland mischt die WSL-Sektion unter Führung des Nationalsozialisten Werner Georg Haverbeck mit Erfolg in der Ökologie- und Anti-AKW-Bewegung mit und wird dafür von österreichischen GesinnungsfreundInnen bewundert. Haverbeck war an der Gründung der Grünen führend beteiligt, verließ die Partei aber, weil sie ihm zu links erschien.

Nach Recherchen von Elvira Pöschko von der Antiatom-Szene ist der Verein Atomstopp 2005 aus der Oberösterreichischen Überparteilichen Plattform gegen Atomgefahr hervorgegangen, die von WSL-Funktionären geleitet worden sei. Die Vorsitzende der Überparteilichen Plattform, Mathilde Halla, amtierte bis 2004 als Vizepräsidentin des WSL-Ö und organisierte Grenzblockaden gegen das AKW Temelin. Einmal trat dort auch Jörg Haider auf und hielt eine Rede. Der Geschäftsführer der Plattform Atomstopp und Witzany unterzeichneten ein von der FPÖ initiiertes Volksbegehren gegen das AKW Temelin. 2007 ist der Obmann der Initiative Atomstopp als Fraktionsexperte der FPÖ aufgetreten, erzählt Pöschko. Als Atomstopp 2010 kein Geld von der Landesregierung erhielt, protestierte die Linzer FPÖ.

Grüne wiegeln ab.

Anschober und der grüne Nationalrat Karl Öllinger, der als Neonazi-Experte gilt, verweisen auf ein Gutachten des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW). Demnach sei der WSL bis Mitte der 1980er Jahre im „engeren Vorfeld“ des Rechtsextremismus zu verorten gewesen, der WSL-Präsident seit 1986 nicht mehr in Nazi-Kreisen aufgetreten. Dafür ist Witzany bei den Grünen aktiv. Auf der Homepage der Grünen von St. Florian wird er als Mitgründer und Ersatzmann für den Gemeinderat vorgestellt. Eine Nachfrage beim DÖW ergab, dass das Archiv für die Zeit nach 1986 kein Material über den WSL und Witzany hat und keine Recherchen anstellen kann.

Nach Ansicht Öllingers haben sich der österreichische und der internationale WSL Mitte der 1980er Jahre aus ideologischen Gründen von der deutschen Sektion getrennt. Im DÖW-Gutachten steht dazu nichts. Belegt ist ein Streit der alten Kameraden ums Geld: KontrahentInnen warfen Haverbeck vor, WSL-Gelder für sein Schulungszentrum abzuzweigen.

Dass Schwab jemals zur Besinnung kam, lässt sich auch nicht behaupten. 1992 behauptete er einen „Intelligenzverlust“ der Menschheit, die Kultur sinke ab, Schwachsinnige würden sich stärker vermehren als angeblich Begabte. Die Folge sei „der Geltungsverlust der weißen Rasse in aller Welt“. Weder der WSL-Ö noch Witzany haben sich je von Schwab und seiner Ideologie distanziert. Das räumt auch Öllinger ein, meint aber, der österreichische WSL bestehe aus „fünf bis zehn Hanseln“ und sei „rechtskonservativ“.

Teure Courage.

Der Streit beschäftigt sogar die Gerichte, die Landesregierung hat ein Mediationsverfahren durchgesetzt, das jedoch keine Einigung brachte. „Zuerst sollten wir eine Schweigevereinbarung über den Verlauf unterzeichnen, dann konnten wir nachweisen, dass die beiden Mediatoren befangen sind, weil sie für die Landesregierung gearbeitet hatten, jetzt kriegen wir kein Geld mehr“, sagt Pöschko.

Der Anti-Atom-Berater des Bundeslandes trat Ende 2010 wegen dem Streit zurück. Radko Pavlovec warf Landesrat Anschober einen „politisch motivierten Willkürakt“ vor. Anschober wolle kritische Gruppen „mittels Zwangsmediation zur Kooperation mit Personen oder Organisationen zwingen, die im Vorfeld des Rechtsextremismus angesiedelt sind“. Dass die Antiatom-Szene nun kein Geld mehr bekommt, nennt Pavlovec einen „Skandalbeschluss“: Ein grüner Landesrat kooperiere mit der FPÖ gegen eine unabhängige Anti-Atom-Initiative, die sich gegen eine Zusammenarbeit mit dem braunen Milieu wehrt. Von Anschober war trotz zweifacher Anfrage per E-Mail keine Stellungnahme zu bekommen. Die Antiatom-Szene fordert inzwischen seinen Rücktritt.

 

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