Theorie und Party

  • 30.10.2012, 17:51

Das queer-feministisches Musikfestival rampenfiber findet heuer zum dritten Mal statt. Progress hat die Organisatorinnen* getroffen, um mit ihnen über feministische Popkultur, queer feministische danger zones und das Magazin fiber zu sprechen.

Das queer-feministisches Musikfestival rampenfiber hat heuer zum dritten Mal stattgefunden. Progress hat die Organisatorinnen* getroffen, um mit ihnen über feministische Popkultur, queer feministische danger zones und das Magazin fiber zu sprechen.

progress: Wie ist es zum rampenfiber gekommen?

Angela: Das erste rampenfiber hat 2006 stattgefunden. Die Idee ist damals aus dem Zeitschriftenprojekt fiber heraus entstanden, um die zehnte Ausgabe zu feiern. Wir wollten nicht nur ein Fest mit einer Band oder Auflegen machen, sondern etwas Größeres. Auch um ein Gegengewicht zu den stark *männlich-dominierten Auflegereien und Bühnenauftritten zu schaffen. Das hat sich damals auch noch in der Formulierung sehr widergespiegelt: „*Frauen fördern“. Das war jedenfalls die Intention 2006.
Zum rampenfiber 2009 kam es dann, als alle den Organisations-Schock vom ersten überstanden hatten. Es gab damals fast jedes Jahr ein Ladyfest oder queer-feministische Tage und in diesem Jahr gab es einfach nichts. Das kam uns wie ein Loch vor, da konnte man gut ein queer-feministisches Fest organisieren – also warum nicht wieder rampenfiber.

progress: Das Programm war heuer international angelegt – Noblesse Oblige beispielsweise kam nur fürs rampenfiber den weiten Weg aus London nach Wien. Wie kam es dazu?

Katrin: Das war extra gewählt. Als wir überlegt haben, worum sich das Festival thematisch drehen soll, haben wir uns dazu entschlossen, dass Internationalisierung ein Schwerpunkt sein soll.

Angela: Die Grunddiskussion war, warum wir rampenfiber überhaupt noch machen. Wir haben überlegt, warum wir es politisch wichtig finden ein queer-feministisches Musikfestival zu machen und internationale Vernetzung war ein Punkt, den wir dieses Jahr angehen wollten.

progress: Auch im Bezug auf die Künstler_innen und Genres war es vielfältig…

Angela: Was wir bei rampenfiber versuchen, ist zu zeigen, dass gerade *Frauen sehr unterschiedliche Musik machen. Dass es eben nicht immer nur Gitarre mit netter Stimme auf einem Stuhl ist, wobei das ja auch großartig ist. Wir wollen zeigen, dass es ganz Unterschiedliches gibt an Musiksparten, Genres, und Performances und das ist  auch dieses Jahr so passiert.

progress: In Österreich gibt es kaum *weibliche Produzentinnen, würde die Musiklandschaft anders aussehen, wenn mehr *Frauen hinter der Musik stehen würden?

Katrin: Das setzt so viele Vorannahmen voraus, die schon vielleicht zu klischeehaft werden. Die Annahme, *Frauen würden *Frauen fördern, stimmt eben nicht immer. Da unterscheidet sich die Gruppe *Frauen innerhalb oft mehr als zu *Männern.

Katharina: Und dann auch noch in eine Richtung, die so anders als der Mainstream ist.

Angela: In Wien gibt es mittlerweile mehrere Labels, die von *Frauen betrieben werden. Dadurch gibt es meiner Meinung nach eine verstärkte queer-feministische Musikszene. Daraus kann man schon rückschließen, dass wenn sich *Frauen mehr an die Dinge wagen und Projekte aufziehen, sich das Musikbusiness verändert.

progress: Die Veranstaltungsorte waren nicht die typischen queer-feministischen Räume. Wie kam es zu der Auswahl?

Katharina: Wir wollten diese Räume bespielen, um eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen und nicht immer in einem kleinen Raum zu bleiben. Das birgt aber auch Gefahren. Da muss man mit bestimmten Situationen rechnen, die wir eher nicht wünschen. Wie damit umgegangen wird, ist ein großes Thema bei uns.

Katrin: Das war auch schon 2009 so, da stand dann groß auf einem Transparent über dem Eingang „You’re entering a feminist danger zone“, dieses Jahr ist es erweitert um die queer-feminist danger zone. Es soll eine queer-feministische Raumnahme sein. Ein ganz bewusster Satz, dem wir uns  aussetzen. Zum Beispiel, indem wir mit den Securities Workshops machen und uns mit ihnen absprechen.

progress: Wie geht ihr mit sexistischen Übergriffen um?

Daniela: Das ist auch ein Grund, warum es die Securitytreffen gab. Wir haben uns diesmal mit positiv und negativ Beispielen vom letzten Mal befasst. Eine wichtige Aussage von uns ist eben, dass nicht nur körperliche Gewalt Gewalt ist, sondern dass auch durchaus das Gegenüber sagt: „Das passt nicht, es reicht“.

Angela: Wir griffen dabei aber nicht nur auf die Securities zurück, sondern hatten auch Helfer_innen, die vor Ort und auch ansprechbar waren, wenn unangenehme Situationen passieren oder Übergriffe stattfinden. Uns ist sehr wichtig, dass das nicht nur auf die Securities ausgelagert wird. Und Raumnahme meint in dem Fall, wie kann ich den Raum so gestalten, dass sich alle angenehm sind.

progress: Das rampenfiber entstand aus der  Zeitschrift fiber, die Popkultur aus einem feministischen Blickwinkel beleuchtet. Was ist die Geschichte von fiber?

Katrin: Es ist aus dem Verein nylon entstanden. Mittlerweile gibt es fiber seit zehn Jahren und zwanzig Ausgaben. Ziel ist Präsenz in einem sehr *männlich-dominierten Musikbiz im Magazinbereich zu schaffen.

Angela: Damals unter der blau-schwarzen Regierung war klar, dass man eine Öffentlichkeit schaffen muss, die feministisch Gesellschaft und Popkultur kommentiert.

progress: fiber hat den Untertitel Werkstoff für Feminismus und Popkultur. Was ist dieser Werkstoff?

Katrin: Die Grundidee bei allen, die dieses Magazin gemacht haben, war mehr zu sein, als etwas, das man konsumieren kann. Mit der fiber soll etwas gemacht werden – gewerkt werden. Zum Teil in der wortwörtlichen Bedeutung, dass beispielsweise Bauanleitungen für einen Lipstick-Vibrator mit drinnen sind. Zum anderen aber, dass es etwas ist, womit man sich auseinander setzen kann. Bewusst kontroverse Themen angehen. fiber ist immer genau das, was Menschen auch einschicken; seien es Artikel, Illustrationen, oder was auch immer.

Katharina: Auch im Sinne eines Do-It-Yourself-Gedankens. Popfeminismus oder Popkultur ist immer wieder eine Diskussion, die wir im fiber haben. Das ist ja für jede_n etwas anderes, aber das ist es nicht nur. Es geht uns um feministische Bildsprache.

Angela: Popkultur darf eben nicht nur auf Musik, Film und Fernsehen reduziert werden. Popkultur muss als Gesellschaftskommentar verstanden werden.

Katrin: Auch, dass feministische Kritik nicht nur auf hochgeistigen Metaebenen und abgeschlossenen Räumen stattfindet, sondern eine Alltagsgeschichte ist. Das Private ist nun mal politisch und das Politische ist privat.

Daniela: Was die Popkultur eben auch markiert, ist die Mischung aus Theorie und Party. Was auch für eine queer-feministische Szene sehr markant ist.

progress: Wer ist eure Zielgruppe?

Angela: Wir produzieren ein Heft und ein Festival für ein interessiertes Publikum, das dem Gedanken des Queer-Feminismus nahe steht. Aber wir versuchen mit diesem Projekt auch Leute zu erreichen, die sich vorher noch nicht damit auseinandergesetzt haben und ich glaube, dass das Heft auch sehr gut kann.

Katrin: Sprache und Bildsprache sind nicht zu unterschätzen. “Macht Welt schafft Welt macht Realitäten” ist eine Grundüberzeugung. Die Grundaussage ist jedenfalls, dass Sprache nicht etwas ist das „nur“ ist, sondern Sprache kreiert Wirklichkeit und in der Hinsicht nutzen wir sie. Beim rampenfiber gibt es von fiber auch einen Workshop zu feministischer Mediengestaltung. 

Die offizielle Fiber Webseite

Das Magazin fiber besteht aus einem festen Kollektiv. Der Einstieg ist jederzeit möglich.
Zum Mitmachen einfach ein Mail an kontakt@fibrig.net schreiben oder zu einer der offenen Redaktionssitzungen vorbeikommen.

AutorInnen: Oona Kroisleitner, Marlene Brüggemann