Studienvertretung zwischen den Stühlen

  • 11.07.2014, 18:56

Doktoratsstudierende sind in Österreich mit zahlreichen Hürden konfrontiert. Nicht selten verzögert sich dadurch ihr Studium oder sie brechen es gar ab. Bianka Ullman, Vertreterin in der Fachschaft Doktorat der Technischen Universität in Wien, hat mit progress über die größten Problemfelder gesprochen.

Doktoratsstudierende sind in Österreich mit zahlreichen Hürden konfrontiert. Nicht selten verzögert sich dadurch ihr Studium oder sie brechen es gar ab. Bianka Ullman, Vertreterin in der Fachschaft Doktorat der Technischen Universität in Wien, hat mit progress über die größten Problemfelder gesprochen.

progress: Was sind die häufigsten Probleme, mit denen Menschen zu euch in die Beratung kommen?
Bianka Ullmann: Wie wechsle ich mein Doktoratsstudium? Das kommt nämlich öfter vor, als man glaubt. Und insbesondere für die, die aus dem Ausland oder von einer anderen Uni kommen, ist das gar nicht so einfach, weil man nur für ein Studium beziehungsweise für ein Fachzugelassen ist. Das heißt, wenn man Studium oder Fach wechselt, muss man nochmal eine Zulassung beantragen. Das ist ein Problem, mit dem wir oft konfrontiert sind. Es kommt aber auch vor, dass Studierende kommen, denen ihre Arbeit oder mein Gedankengut geklaut wurde.

Kommt das oft vor?
Ich glaube, es gibt eine hohe Dunkelziffer, weil man sich das oft nicht sagen traut. Das passiert oft in der eigenen Forschungsgruppe und man möchte die Kollegin oder den Kollegen, der/die das gemacht hat, nicht bloßstellen. Vielleicht spricht man das mal persönlich an, aber es ist nichts, wo man rechtliche Schritte setzt oder sich beraten lässt, wie das funktioniert. Deshalb glaube ich, dass das öfter passiert, als wir wissen. Wir hatten bis jetzt zwei Fälle, die sich bei uns diesbezüglich haben beraten lassen.

Wie steht es um die finanziellen Situation von Doktoratsstudierenden? Ist sie oft ein Grund das Doktoratsstudium abzubrechen?
Das kommt sicher auch vor. Aber da sind wir eher bei dem Problem, dass das in die Länge gezogen und einfach nicht fertig wird. Es ist kein bewusstes Aufhören, keine Entscheidung 'ich brech jetzt ab'. Vielmehr kommen immer andere Dinge dazwischen. Ich glaube auch, dass ganz oft Schwangerschaften mit ein Grund sind, Gerade wenn man auf finanzierten Stellen sitzt, hat man dann wenig Möglichkeiten dieses Projekt fertig zu machen. Dementsprechend ist das auch ein Grund, nicht weiter zu machen, weil man nach einer Unterbrechung nicht so leicht wieder hineinkommt.

Gibt es andere genderspezifische Gründe, warum vor allem Frauen das Doktoratsstudium abbrechen ? Beispielsweise Übergriffe am Arbeitsplatz?
Gibt es sicher auch. Ich hab aber persönlich keinen Fall betreut. So etwas passiert oft hinter verschlossenen Türen. Die Leute reden über sowas nicht. Ich kenne Geschichten, die sind wieder über drei Ecken. Wer weiß wie wahr oder unwahr sie sind. Ich kenne auch Geschichten von Professoren, die ihre Studentinnen nicht unbedingt sehr kollegial behandeln. Und in manchen Bereichen gibt es nach wie vor sehr wenige Frauen. Gerade im Bereich Maschinenbau und Elektrotechnik - bei uns am Institut sind wir zwei Frauen.

Ist es generell schwieriger als Frau Doktorat an einer technischen Studienrichtung zu machen?
Ich persönlich fühle mich sehr wohl dort, wo ich bin. Ich glaube aber schon, dass es insgesamt schwieriger ist, weil du ganz oft mit einer eine Art struktureller Diskriminierung konfrontiert bist, wenn sich jemand über dich lustig macht, weil du auffällst und in der Minderheit bist. Das sind auch so Probleme, über die man wenig weiß, weil die Frauen auch nicht darüber sprechen, als wäre es etwas Negatives, weil sie ja dazu gehören wollen. Das heißt, sie lachen dann mit, auch wenn ihnen der Witz oder die Aussage unangenehm ist. Sie lachen mit, damit sie quasi zur Gruppe dazugehören, weil sie sonst keine Chance auf soziale Anbindung haben.

Welche weiteren Gründe für Studienverzögerung und Abbruch, gibt es?
Auflagen sind oft ein Grund für Verzögerungen Wenn du von einer anderen Uni kommst, ist es relativ wahrscheinlich, dass du bei der Zulassung Auflagen bekommst, und das spielt sich im Rahmen von 20 ECTS ab, was im Doktoratsstudium sehr viel ist. Ich hab schon ganz oft von Leuten gehört, dass sie zwei Jahre zusätzlich gebraucht haben, um diese Auflagen zu erfüllen.

Betrifft das auch FH-Studierende?
Die betrifft das besonders. Mittlerweile ist klar geregeltl, dass sie direkt zugelassen werden müssen, zumindest die, die in einer dafür geschaffenen Verordnung aufgelistet sind. Das heißt im Moment haben wir eine unfaire Situation: Es gibt eine Gruppe von FH-Absolventen und -Absolventinnen, die direkt zugelassen werden ohne Auflagen, dann gibt es eine Gruppe, die mit sehr viel Auflagen zugelassen werden und drittens werdenUni-Absolventinnen und -Absolventen auch immer nur mit Auflagen zugelassen, wenn sie das Fach oder die Universität wechseln. Da brauchen manche Leute natürlich mehr Zeit, das wirkt auf alle Fälle verzögernd.
 

AutorInnen: Magdalena Hangel