Garantien kann ich nicht bieten

  • 13.07.2012, 18:18

Journalismus ist seit jeher eine Branche, die Studierende anzieht. Die Fachhochschule Wien startet im kommenden Herbst ein neues Journalismus-Masterstudienprogramm. Das PROGRESS sprach mit Institutsleiter Reinhard Christl über das Pro und Contra einer solchen Ausbildung.

Journalismus ist seit jeher eine Branche, die Studierende anzieht. Die Fachhochschule Wien startet im kommenden Herbst ein neues Journalismus-Masterstudienprogramm. Das PROGRESS sprach mit Institutsleiter Reinhard Christl über das Pro und Contra einer solchen Ausbildung.

PROGRESS: Was macht den Journalismus-Master für Studierende interessant?

REINHARD CHRISTL: Das Masterstudium bietet die Möglichkeit, das Fachwissen, das Studierende aus einem abgeschlossenen Bachelor-Studium mitbringen, durch eine akademische Journalistenausbildung zu ergänzen. Es ermöglicht den Studenten eine praxisnahe Berufsausbildung.

Bei welchen Bachelor-Studien ist es Ihrer Meinung nach sinnvoll, einen Journalismus- Master anzuhängen, beziehungsweise wem würden Sie davon abraten?

Grundsätzlich gibt es keine Einschränkungen. Natürlich gibt es aber prädestinierte Studiengänge, die sich auch ganz logisch ergeben. Wirtschaftsjournalisten und Journalisten, die sich im Bereich der Politik perfekt auskennen, werden immer gefragt sein. Insofern ist es natürlich sinnvoll, ein Wirtschafts-, Geschichte- oder Politikstudium mit dem Master aus Journalismus zu verbinden. Auch Juristen und Mediziner sind sehr gefragt, genauso aber auch Leute mit einem abgeschlossenen Technikstudium. Was allerdings alle gemeinsam haben müssen ist eine wirkliche Leidenschaft für den Beruf Journalismus. Davon abraten würde ich jenen Personen, die lediglich die Lust verspüren, einmal in den Journalismus reinzuschnuppern.

Der Master-Studiengang dauert vier Semester. Angesichts der Tatsache, dass man sich journalistisches Wissen in der Praxis sehr schnell selbst aneignen kann, stellt sich natürlich die Frage, welche Vorteile man aus einer akademischen Ausbildung im Vergleich zu einer praktischen zieht?

Das mit der schnellen Selbstausbildung stimmt in gewisser Weise. Das Master-Studium soll aber auch gar nicht die Praxis ersetzen, die man im Berufsleben erlernt. Es bietet vielmehr die Möglichkeit, sämtliche Sparten des Journalismus kennenzulernen. Sowohl jene des Print-, als auch die des TV-, Radio- und Online-Journalismus.

Der Online-Journalismus wird ja in den kommenden Jahren eine immer größere Rolle spielen. Einige prophezeien bereits das Aussterben der Printmedien. Welche innovativen Ansätze bietet die FH hier?

Es ist schwierig, zu diesem Thema bereits konkrete Lösungsansätze vorzulegen. Der Online-Journalismus ist eine sehr junge Art des Journalismus und dementsprechend schwer ist es auch, eine fundierte Ausbildung dafür zu bieten. Wir werden allerdings mit Spezialisten aus der Branche zusammenarbeiten.

Das lässt die Krisen-Frage offen. Was wird Ihrer Meinung nach aus den Printmedien? Hat es denn überhaupt noch Sinn, sich in diese Richtung zu orientieren?

Ich glaube nicht an ein komplettes Aussterben der Printmedien. Natürlich wird ihre Anazahl zurückgehen, da die Konkurrenz aus dem Internet groß ist. War es früher üblich, Immobilien oder Autos in Zeitungen anzubieten, so geschieht dies nun vorwiegend im Internet. Insofern wird es für Zeitungen schwieriger werden, die notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen.

Neben der Krise, die den Journalismus an sich betrifft, gibt es ja noch eine zweite: Jährlich wächst die Zahl der Publizistik- AbsolventInnen, die Printmedien müssen aber sparen – wie steht es denn um die Jobchancen als JournalistIn?

Nun, wie bereits gesagt. Der Journalismus ist eine Berufssparte, die man leidenschaftlich betreiben muss. Entscheidet man sich dafür, weil man sich Reichtum erwartet, oder einfach Freude am Zeitungslesen hat, wird man vermutlich eine Enttäuschung erfahren. Man muss mit dem Hauch des Weltverbesserers ausgestattet sein, um in diesem Beruf glücklich zu werden. Mit der richtigen Ausbildung, einer gewissen Risikobereitschaft und der nötigen Leidenschaft wird man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht ohne Arbeit enden. Man muss allerdings auch damit rechnen, dass es sich bei der Bezahlung nicht immer um große Summen handeln wird. Auf jeden Fall werden Qualitätsjournalisten auch dann gefragt sein, wenn es im Internet einem jeden möglich sein wird, journalistisch tätig zu sein. Davon kann man ausgehen.

Es gibt an Fachhochschule Wien auch einen Bachelor-Studiengang für Journalismus. Wie viele der AbsolventInnen haben es denn tatsächlich in ein Angestelltenverhältnis geschafft und wie viele arbeiten noch freiberuflich?

Konkrete Zahlen habe ich da nicht. Ich kann aber sagen, dass die Abgänger der ersten beiden Jahre zu einem hohen Prozentsatz eine Karriere in einem Angestelltenverhältnis begonnen haben. Und das auch bei renommierten österreichischen Tageszeitungen. In den darauffolgenden Jahrgängen war dies nicht mehr ganz so der Fall. Dementsprechend schlechter fällt daher auch die Karrierebilanz aus.

Wir sprechen beim Masterstudium von 34 freien Plätzen pro Jahr, was also im besten Fall auch 34 AbsolventInnen wären. Ein Zuwachs von 34 JournalistInnen pro Jahr wäre wohl auch bei einem massiven Rückgang der Arbeitsplätze kein Problem, aber wie sieht das Ganze angesichts der tausenden Publizistik- AbsolventInnen aus?

Der Master-Studiengang bildet Qualitätsjournalisten aus. Mit einer derartigen Ausbildung fällt es bestimmt leichter, einen Beruf zu ergreifen. Ich möchte Publizisten auf keinen Fall abwerten, aber unter den vielen Absolventen befindet sich nur eine Hand voll zukünftiger Journalisten. Und diese wenigen, die die nötigen Qualifikationen besitzen, diese werden sich dann mit unseren Absolventen die freien Arbeitsplätze teilen müssen.

Das heißt, der Master-Studiengang kann keine Garantie für einen Job bieten?

Nein, Garantien kann ich und auch sonst niemand selbstverständlich nicht bieten. Aber ein Absolvent hat die besten Chancen, mit abgeschlossenem Master einen journalistischen Beruf ergreifen zu können. Vor allem, weil schon während der Ausbildung dafür gesorgt wird, dass man auch in der Praxis tätig ist.

AutorInnen: Romana Kollmann, Reinhard Christl