Selbstverwaltet mitgestalten

  • 13.07.2012, 18:18

Seit 1945 gibt es in Österreich eine Institution, die die Interessen aller Studierenden vertritt – die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH). Heute setzt sie sich für die Rechte der Studierenden und für gute Studienbedingungen für alle ein.

Seit 1945 gibt es in Österreich eine Institution, die die Interessen aller Studierenden vertritt – die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH). Heute setzt sie sich für die Rechte der Studierenden und für gute Studienbedingungen für alle ein.

Starke Vertretung. Fast alle Studierenden (ausgenommen Studierende an privaten Hochschulen) in Österreich sind Mitglied der ÖH. Der Mitgliedsbeitrag wird zu Semesterbeginn eingehoben – er ermöglicht die Unabhängigkeit der ÖH von Regierung, Wirtschaft und politischen Parteien. Die ÖH ist eine Körperschaft Öffentlichen Rechts, was bedeutet, dass die ÖH selbstverwaltend über ihre Agenden entscheidet, welche per Gesetz die Förderung ihrer Mitglieder und die Vertretung der Interessen selbiger sind.
Demokratie ist ein weiterer Grundsatz, dem die ÖH als selbstverwaltete Institution verpflichtet ist – das heißt, dass alle 2 Jahre sämtliche Studierenden ihre VertreterInnen selbst wählen, und das auf verschiedensten Ebenen.

ÖH ist nirgends gleich. So vielfältig wie die Studierenden an den verschiedenen Hochschulen und Studienrichtungen, so unterschiedlich ist auch die Arbeit der lokalen ÖH-Strukturen. Der erste Kontakt mit der ÖH ist für Studierende meist die Studienvertretung – diese kümmert sich zum Beispiel um Beratung im konkreten Studienplan oder arbeitet bei der Erstellung neuer Lehrpläne mit. Je nach Universität können auch Vertretungsebenen eingerichtet werden, die alle Studienrichtungen eines Fachbereichs zusammenfassen (früher „Fakultätsvertretungen“). Es gibt an jeder Universität eine übergreifende Vertretungsebene. Die Universitätsvertretung verhandelt mit Rektorat und Uni-Rat und organisiert je nach Universität auch Beratung und Veranstaltungen für Studierende.
An Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen werden die lokalen Vertretungen von ihren jeweiligen StudiengangssprecherInnen oder –vertretungen, und im Fall der Fachhochschulen auch von JahrgangssprecherInnen konstituiert. Aus ihrer Mitte werden eine Vorsitzende bzw. ein Vorsitzender und StellvertreterInnen gewählt.
Die ÖH Bundesvertretung wird seit 2005 nur noch indirekt gewählt – das Studierendenparlament wird nach Maßgabe der lokalen Wahlergebnisse beschickt. Dieser Wahlmodus wurde 2004 von Elisabeth Gehrer in einer Nacht- und Nebelaktion eingeführt. Er hätte eine regierungskritische ÖH mundtot machen sollen. Kurzfristig gelang dies nicht, doch mit Zeitverzögerung zeigt sich nun, was dieses mittlerweile nicht mehr so neue Wahlrecht heißt: Die Mehrheitsfindung in der ÖH Bundesvertretung wird nahezu unmöglich, die Schlagkraft dieser Institution leidet unter dem undemokratischen System, das die Stimmen der Studierenden je nach Universität unterschiedlich gewichtet.

Service und Politik. Nichts desto trotz wird in der ÖH Bundesvertretung emsig gearbeitet – 10 Referate, die für unterschiedliche Bereiche zuständig sind, teilen sich die Agenden auf. Zum Beispiel unterstützt das Sozialreferat Studierende im Kampf durch den Beihilfendschungel, das Referat für Fachhochschul-Angelegenheiten setzt sich unter anderem für studienrechtliche Mindeststandards an Fachhochschulen ein.
Gemeinsam ist allen Referaten ein Interesse: die österreichische Bildungslandschaft mitzugestalten. Nach dem Motto „Service, das hilft. Politik, die wirkt“ ist die Beratung von Studierenden nur eine Seite der Medaille. Die ÖH bezieht zu Gesetzesentwürfen Stellung, lobbyiert bei verschiedenen gesellschaftlichen PlayerInnen (Ministerien, Gewerkschaften, Hochschul-Vertretungen, etc) für die Interessen von Studierenden und wird auch nicht müde, die wichtigsten Anliegen der Studierenden gebetsmühlenartig zu wiederholen. Studiengebühren oder Zugangsbeschränkungen wären gesellschaftlicher Konsens, würde die ÖH nicht immer wieder dagegen eintreten.

Keine eierlegende Wollmilchsau. Viele Probleme der Studierenden lassen sich leider durch gute Vertretungsarbeit alleine kaum lösen. Einerseits ächzen die Hochschulen durch die Bank unter dem rigiden Sparkurs, der seit Jahren die Studienbedingungen verschlechtert. Andererseits werden die Studien immer verschulter und der finanzielle Druck auf die Studierenden steigt – ehrenamtliche Tätigkeiten und damit die aktive Mitgestaltung in der ÖH wird zum Luxus, den sich die Mehrheit der Studierenden, die ihre lehrveranstaltungsfreie Zeit im Nebenjob verbringt, nicht mehr leisten kann. 
Die Rationalisierung der bildungspolitischen Auseinandersetzung und damit auch der Hochschulstruktur lässt wenig Raum für eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Es liegt an den Studierenden, sich aktiv einzubringen und das Spielfeld wieder zu erweitern.

 

AutorInnen: Eva Maltschnig