Ablenkungsmanöver

  • 13.07.2012, 18:18

Wer den protestierenden Studierenden einmal wirklich zuhört, wird schnell merken, dass die Diskussion über Beschränkungen des Hochschulzuganges lediglich ein Ablenkungsmanöver ist.

Wer den protestierenden Studierenden einmal wirklich zuhört, wird schnell merken, dass die Diskussion über Beschränkungen des Hochschulzuganges lediglich ein Ablenkungsmanöver ist. Es ist der Versuch, den Streik der Studierenden zu entpolitisieren und ihn um seine wichtigsten Inhalte zu bringen: nämlich um die Kritik an der Bologna-Reform und am Universitätsgesetz (UG) 2002. Die Studierenden streiken für ein Studium, das allen einen selbständigen Wissenserwerb in der Auseinandersetzung mit Forschung ermöglicht. Darüber hinaus soll es eine Universität geben, in der die Entscheidungen wieder bei denjenigen liegen, die etwas von der Sache verstehen, nämlich Studierende und Lehrende.
Der Zorn der Studierenden hat sich angesichts der drohenden Einführung der sogenannten „Bologna-Struktur“ entzündet, das heißt eines in die Stufen „Bachelor“ und „Master“ zweigeteilten Studiensystems. Diese Einführung würde aufgrund der aktuellen Unterfinanzierung der Universitäten dazu führen, dass ein Zweiklassensystem der Bildung entsteht: mit einem billigen, stumpfsinnig verschulten Bachelor-Teil für viele und einem teuren Master-Teil für wenige, zahlungskräftige Menschen.
Weiters hat die Studierenden empört, dass sich die durch das Universitätsgesetz 2002 eingeführte, so genannte „Vollrechtsfähigkeit“ der Universitäten in der aktuellen Praxis so darstellt, dass das Ministerium den Universitäten bei den wichtigsten Entscheidungen massiv hineinregiert. Bei der Finanzierung werden die Universitäten allerdings im Regen stehen gelassen. Überdies richtet sich der Streik gegen die Tatsache, dass das UG 2002 und das Universitätsorganisationsgesetz 1993 fast jede Form der universitätsinternen Beratung und Entscheidungsfindung abgeschafft haben. Stattdessen entsteht eine straffe Befehlskette mit wirkungsvoll schwach gehaltenen Gliedern. Einzelne EntscheidungsträgerInnen, wie beispielsweise der oder die RektorIn, sind mit zu viel Macht ausgestattet, um sie überhaupt tragen zu können.
Die Reformen des letzten Jahrzehnts haben eine Unterwerfung von Forschung und Lehre unter die Kriterien der Bürokratie bewirkt. 

AutorInnen: Robert Pfaller