»K? Warum K?«

  • 13.07.2012, 18:18

Keine geringere, als die Frage danach, ob da etwas ist, das alles Leben und Sterben auf der Welt miteinander verbindet, treibt die ProtagonistInnen in Tom McCarthys neuem Roman „K“ um. Im Februar diesen Jahres erschien er in deutscher Übersetzung in der Deutschen Verlags-Anstalt.

Buch-Rezension

Keine geringere, als die Frage danach, ob da etwas ist, das alles Leben und Sterben auf der Welt miteinander verbindet, treibt die ProtagonistInnen in Tom McCarthys neuem Roman „K“ um. Im Februar diesen Jahres erschien er in deutscher Übersetzung in der Deutschen Verlags-Anstalt.

Der Held des Romans wird 1898 in England als Sohn eines technikversessenen Erfinders und einer gehörlosen Betreiberin einer Seidenspinnerei geboren. Angesteckt vom ErfinderInnengeist des frühen 20. Jahrhunderts, verbringen er, Serge Karrefax, und seine Schwester Sophie ihre Kindheit auf der Suche nach Möglichkeiten zur Übertragung geheimer Codes sowie nach möglichst explosiven chemischen Substanzen und Verbindungen. Sophie, die ihren eigenen Kater dabei erst versehentlich vergiftet und dann persönlich ausstopft und verdrahtet, setzt als Studentin ihrem Leben ein Ende: Ihre Schwangerschaft, die sie als eine zerstörerische körperliche Veränderung erlebt, treibt sie in den Wahnsinn.

KRIEG. Serge trägt dies als dunkle, schwere Last mit sich, bis er im Ersten Weltkrieg als Kundschafter für die Britische Luftwaffe zu fliegen beginnt. Unter dem ständigen Einfluss von Kokain erlebt er den Krieg nicht als unerträgliche Grausamkeit, sondern sieht die Landschaft unter sich durch Granateneinschläge „erblühen“, genießt die Beben und Eruptionen, die „die Erde zum Leben erwecken“ und die er durch die Übermittlung von Morsedaten über feindliche Positionen herbeiführen kann. Serges ästhetizistisch-technophiler Blick lässt die LeserInnen distanzierter und unerschrockener als gewöhnlich am Schrecken des Krieges teilhaben. Er kreiert eine KomplizInnenschaft, die eineN immer wieder erschauern lässt.

„K“ hat wie McCarthys erster Roman „8 1⁄2 Millionen“ einen unheimlichen, düsteren Sog. In beiden Büchern geht es um Zufälligkeit sowie um willkürliche Systeme, die selbstreferentiell und somit sinnlos erscheinen - wie der Tunnelbau unter Serges Gefangenenlager in Deutschland, bei dem die Männer lediglich auf andere Tunnel stoßen oder sich von einer Baracke zur nächsten graben. So zufällig die Verbindungen zwischen den Dingen und Menschen aber sein mögen: Alles ist in „K“ miteinander verknüpft, und kehrt wieder, wie Funkwellen, die noch lange nach ihrem Aussenden eine Spur hinterlassen.

Tom McCarthy, K. Übersetzt von Bernhard Robben. München: Deutsche Verlags-Anstalt (2012).

AutorInnen: Clara Schumann