Livio Hoch

From Russia with hate

  • 21.06.2017, 17:40
Das kürzlich im Falterverlag erschienene Buch Putins rechte Freunde beleuchtet, wie Russlands Autokrat und Europas Rechtspopulisten sich zusammentun – und auf nichts Geringeres als die Zerschlagung der EU hinarbeiten.

Das kürzlich im Falterverlag erschienene Buch Putins rechte Freunde beleuchtet, wie Russlands Autokrat und Europas Rechtspopulisten sich zusammentun – und auf nichts Geringeres als die Zerschlagung der EU hinarbeiten. Das Ziel: zurück zu einem uneinigen Europa der Nationalstaaten. Eine konspirative Konferenz Rechtsextremer in Wien? Finanzielle Unterstützung für den Front National? Desinformationskampagnen? Nein, das ist nicht der Inhalt eines Groschenromans, das ist die Realität.

Die Autor_innen stützen sich dabei auf geleakte Kommunikation zwischen russischen Funktionären und öffentlich gewordene Vereinbarungen, wie zum Beispiel ein Abkommen zwischen der Putin-Partei „Einiges Russland“ und der FPÖ, aber auch bekanntgewordene Fälle von finanziellen Zuwendungen und Inhalte von Vernetzungstreffen. In Anbetracht der Fülle von kompromittierenden Fakten entpuppen sich Europas „starke Männer“ als gedungene Hampelmänner, die sich aus machtpolitischem Opportunismus zu den willfährigen Helfern eines Autokraten machen lassen und dabei ihre Nationen verkaufen.

Ein weiterer Aspekt, den das Buch untersucht, ist der Propagandafeldzug des Kreml: Mit gezielten Desinformationskampagnen, ausgeführt von den Staatsmedien und -agenturen RT und Sputnik, wird versucht, auf die politischen Meinungsbildungsprozesse in den EU-Staaten Einfluss zu nehmen, „die westlichen Werte von Offenheit und Pluralität als Schwächen umzudeuten“ und „ein Narrativ des Untergangs des Westens“ zu propagieren. Das stilisierte Bild eines starken Russlands fungiert dabei als Fluchtpunkt.

Die Recherche ist sehr gut fundiert, informativ und aufgrund der Aktualität ein Muss für alle politisch interessierten Personen. Einziges Manko: Nur ganz am Rand wird darauf eingegangen, dass sich mitunter auch Vertreter des linken Spektrums im Zuge „antiimperialistischer“ Kritik in die Rolle von Putin-Herolden verrennen. Und dabei – welch Ironie – einem homophoben, sexistischen, nationalistischen Autokraten mit imperialen Ambitionen das Wort reden.

Michel Reimon, Eva Zelechowski: „Putins recht Freunde – Wie Europas Populisten ihre Nationen verkaufen“.
Falterverlag 2017, 128 Seiten, 16,90 Euro (E-Book: 9,90 Euro).

Livio Hoch studiert Rechtswissenschaften an der Universität Wien.

Drugs, Violence and Rock ’n’ Roll

  • 10.05.2017, 19:08
Im Film „Gimme Danger“ ergründet Jim Jarmusch mit Iggy Pop die Geschichte von Pop`s erster Band „The Stooges“. Und kommen zum Schluss: sie waren die Grössten.

August 1970, Goose Lake International Pop Festival: Benebelt von einer Substanz, die er „für Kokain hielt“, räkelt sich Iggy Pop, Frontmann der Rock-Band "The Stooges", auf dem Boden einer Holzbühne, während die restlichen Musiker das Stück „1970“ intonieren. Pop rafft sich auf, gestikuliert wild, tanzt und stolpert schliesslich dem Publikum entgegen. Aufgebracht durch die Bühnenabsenz des Stooges-Bassisten Dave Alexander, der zu betrunken ist, um noch spielen zu können und in diesem Moment das Waterloo seiner Musikerkarriere erlebt, versucht der Sänger das Publikum aufzuwiegeln. Die Performance endet – wie so oft in der Geschichte der Stooges – in Chaos und Tumulten.

Es ist dieser Prototyp der Punkattitüde, dem der Filmemacher Jim Jarmusch zusammen mit dem Stooges-Frontmann in seiner Doku „Gimme Danger“ nachspürt. Iggy Pop erzählt in dem knapp zweistündigen Film über seine Kindheit in den 1950er Jahren, seinen musikalischen Werdegang bis zur Gründung der Stooges 1967, deren Geschichte über drei, für das gesamte Rockgenre wegweisenden Alben, das unrühmliche Ende der Band im Bierflaschenhagel eines wütenden Biker-Gang-Publikums in einer Spelunke Detroits 1974 und letztlich das Comeback 2003.r

Der Film bietet einiges an interessanten Hintergrundinfos und vermag es dabei, die kulturhistorische Verwurzlung des Phänomens Stooges in der 1960er-Jahre Gegenkulturbewegung aufzuzeigen – wenngleich die Band nie etwas mit Flower-Power am Hut hatte (Pop: „Ich habe geholfen, die 60er zu vernichten“). Leider ist die Strukturierung des Films mit schnellen Schnitten etwas chaotisch und so ist es ohne Vorwissen bisweilen schwer zu folgen.

Selbstredend ist der Film auch Werbung in eigener Sache: Es nicht verwunderlich, dass im Verlaufe des Films der viel reklamierte Titel „grösste und wirkungsmächtigste Band aller Zeiten“ beansprucht wird. Gleichsam kommt dank Pops charismatischer Persönlichkeit niemals Langweile auf und speziell für alle Fans des Punk- sowie Garage-Rock Genres ist „Gimme Danger“ absolut zu empfehlen.

Livio Hoch studiert Rechtswissenschaften an der Universität Wien, hat aber fast so viel Interessensgebiete wie das ABGB Paragrafen