David Niel

Neues aus der Müllpresse

  • 29.12.2019, 18:44
In Österreichs Müllmanagement rumort es. Wie schafft es Österreich, 75 Kilotonnen an Plastikmüll einzusparen?

Die kommende „stille Zeit“ wird auch dieses Jahr wieder eine Zeit der sich türmenden Müllberge werden. Große Mengen an Weihnachtsdekoration werden nach eineinhalbmonatiger Einsatzzeit entsorgt, alte Elektrogeräte werden vom Christkind durch die neue Generation ersetzt und auch der Abfall aus Konsumgütern vermehrt sich bis zum Jahresende um 15 %. Die beachtlichen Mengen an Rohstoffen, die wir täglich hinter uns lassen, sind schon mehrere Jahrzehnte Teil des westlichen Lebensstils. Fakt ist jedoch, dass immer mehr Gründe die Menschheit zu mehr Anstrengungen in dem Gebiet zwingen. Das Abfallmanagement ist spätestens seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein ewiges Rennen zwischen steigendem Konsum und effizienterer Verwertung des entstehenden Mülls.

Die Reize der Ressourcen-Sparsamkeit

Auch wenn die aktuelle politische Großwetterlage eine Hochphase für Umweltthemen erkennen lässt, ist es – und das nicht zu Unrecht – hauptsächlich die Klimakrise, die in der politischen Arena den prominentesten Platz einnimmt. In der Wissenschaft wird jedoch die menschengemachte Erderhitzung „nur“ als eine von vier natürlichen Grenzüberschreitungen, die der Mensch aktuell an lebenswichtigen Erdsystemen vollzieht, genannt. Insgesamt wurden neun Grenzen des Planeten definiert, deren Überschreitung zu einer irreversiblen Änderung der Lebensverhältnisse auf der Erde führen kann. Die acht weiteren Grenzen des Planeten werden häufig nur als Nischenthemen behandelt. Ein intelligenter Umgang mit Abfall und den Rohstoffen, die einmal Abfall werden, hat den besonderen Nutzen, dass er sich positiv auf fast alle gefährdeten Erdsysteme auswirkt; sei es das Klima, das durch maßvollere Produktionsmengen geschont wird, oder die Trinkwasserversorgung, die weltweit unter verschmutzten Gewässern leidet. Neben dem offensichtlichen Nutzen für die Menschheit gibt es noch viel banalere Anreize für Staaten, sich für einen sparsameren Umgang mit Rohstoffen zu engagieren. Denkt man etwa an die geopolitische Relevanz von seltenen Erden und anderen sogenannten „kritischen Rohstoffen“, ist klar, dass sich künftig kein_e große_r Akteur_in auf der Weltbühne erlauben können wird, unbedacht Ressourcen zu verschwenden. Kreislaufwirtschaft

Als Lösungsmodell wird oft das Schlagwort „Kreislaufwirtschaft“ genannt. Die Idee dahinter ist, dass Ressourcen, die einmal in den Wirtschaftskreislauf einfließen dort möglichst lange nutzbar bleiben sollen. Das Gegenteil, die Linearwirtschaft, ist seit der industriellen Revolution das Standardmodell. Heute ist Expert_innen klar, dass nur eine Kreislaufwirtschaft langfristig erhaltbar ist. Auch die Europäische Union hat das erkannt und in den letzten 30 Jahren gesetzliche Rahmenbedingungen für nachhaltigere Rohstoffverwendung geschaffen.

Zwei EU-Richtlinien haben zu besonderen Verbesserungen im Abfallmanagement geführt. Eine Verpackungsrichtlinie von 1994, die die Ziele für Sammlung und Recycling von Plastikverpackungen vorgibt. Und die Deponieverordnung von 2008, die ein Verbot von chemisch unbehandeltem Abfall auf Mülldeponien eingeführt und den Umgang mit Sondermüll vereinheitlicht hat. Die Zahlen zeigen, dass diese beiden Gesetze vor allem in Österreich viel Positives erreicht haben. Zentral war dabei das Prinzip, dass der Hersteller eines Produkts verantwortlich für das Recycling des entstandenen Abfalls ist. Hier lässt sich ein beachtlicher Erfolg feststellen. Im Jahr 1989 wurden in Österreich laut Umweltbundesamt noch 60 % des Abfalls einfach unbehandelt auf Mülldeponien gekippt. Heute gibt es das kaum mehr. Im Gegenteil: 90 % unseres Abfalls werden in irgendeiner Form verwertet. Doch die Erfolge der Vergangenheit dürfen die kommenden Herausforderungen nicht verdecken. Die aktuellen EU-Ziele werden Österreich noch einiges abverlangen. Bis 2019 muss Österreich es schaffen, 90 % der PET-Flaschen zu sammeln. Zurzeit liegt der Wert bei circa 75 %. Vor allem 0,5-Liter Flaschen landen noch viel zu oft im Restmüll.

Plastikflaschen-Pfand als Lösung?

Die heißeste Debatte wird zurzeit über die Schaffung eines Pfandsystems für Plastikflaschen geführt. Doch Pfand ist nicht gleich Pfand. Zu unterscheiden ist zwischen Pfand auf Einwegflaschen – sozusagen ein finanzieller Anreiz zum Mülltrennen – und ein Pfand auf Mehrwegflaschen, wie man es in Österreich von der Bierflasche kennt. In Deutschland gibt es beide Varianten. Allerdings werden auch dort nur etwa 30 % der Plastikflaschen tatsächlich wieder zu einer Flasche, der Großteil wird zu Folien oder in der Textilindustrie verarbeitet. Alles in allem zeigt die Statistik aber, dass der finanzielle Anreiz die Deutschen durchaus zum Mülltrennen ermuntert. Ob allerdings auch für Österreich ein Pfandsystem der beste Weg ist, ist derzeit umstritten. Die Altstoff Recycling Austria (ARA) vertritt den Standpunkt, dass ein Pfandsystem aufgrund zu hoher Kosten keine praktikable Lösung sei. Nur 5 von den 75 Kilotonnen an Plastikverpackungen, die bis 2025 recycelt werden müssen, seien PET-Flaschen. Das würde bedeuten, dass ein sehr hoher Aufwand beim Umbau der Müllsammelstellen und der Eintauschstellen betrieben werden müsste, um einen verhältnismäßig kleinen Beitrag zum gesamten Problem zu leisten. Greenpeace nennt andere Zahlen und spricht von bis zu 45 Kilotonnen, die durch das Einführen von Mehrwegflaschen erreicht werden könnten. Es ist klar, dass mit Mehrwegflaschen tatsächlich die Umwelt geschont wird. Wissenschaftler_innen zeigen jedoch, dass PET-Flaschen nur etwa acht Mal wiederverwendet werden können, bevor die Qualität nicht mehr ausreicht.

Das Umweltministerium hat angekündigt, die Frage Pfandsystem Ja oder Nein bis Ende 2019 zu bearbeiten. Sollte man sich gegen das teure Pfandsystem entscheiden, bleibt abzuwarten, wie das hohe Sammelziel erreicht werden soll.