Geballtes Interesse

  • 13.07.2012, 18:18

Studierende mussten sich in den letzten Jahren immer wieder den Vorwurf fehlenden politischen Interesses gefallen lassen. Dies wurde in den letzten Wochen eindeutig widerlegt und so leicht wird diese Kritik in Zukunft wohl nicht mehr von den Lippen gehen.

Studierende mussten sich in den letzten Jahren immer wieder den Vorwurf fehlenden politischen Interesses gefallen lassen. Dies wurde in den letzten Wochen eindeutig widerlegt und so leicht wird diese Kritik in Zukunft wohl nicht mehr von den Lippen gehen.

Gefordertes Desinteresse? In der letzten PROGRESS Ausgabe hat sich genau an dieser Stelle ein Artikel zur scheinbaren Entpolitisierung Studierender befunden. Dieser handelte von der geringen Wahlbeteiligung bei den letzten ÖH-Wahlen, vom fehlenden außerstudentischen Engagement und dem scheinbar nicht vorhandenen politischen Interesse junger Menschen. Der Artikel erschien genau zwei Tage vor einem Ereignis, welches wohl alle Spekulationen um fehlende studentische Begeisterungsfähigkeit zunichte gemacht hat, nämlich der größten Studierendenprotestbewegung der letzten 20 Jahre in Österreich. Über sechs Wochen ist es mittlerweile her, dass Studierende in praktisch allen Universitätsstädten Österreichs Hörsäle besetzt haben und immer noch besetzt halten. Zusammen mit Studierenden aller Hochschulen sowie der Unterstützung durch die MetallerInnengewerkschaft und die Gruppe Kindergartenaufstand gingen und gehen sie auf die Straßen, um ihr Recht auf freie Bildung unter entsprechenden Studienbedingungen kundzutun. Damit haben die letzten Wochen eindeutig belegt, dass es genügend junge Menschen gibt, die bereit sind für ihre Rechte einzutreten und wenn nötig diese auch entsprechend zu verteidigen.

Alles begann mit der Protestbewegung an der Akademie der Bildenden Künste Wien, die sich gegen die „Überstülpung“ des dreijährigen Bachelorstudiums mit vielen Aktionen und einer Besetzung wehrte. Diese kleine „Flamme“ brachte dann das Lauffeuer zum Brennen und binnen weniger Tage war auch das Audimax der Uni Wien vollständig besetzt. Seitdem wurden dort täglich bildungs- und gesellschaftspolitische Vorträge gehalten, Plena veranstaltet und eifrig diskutiert. Täglich trifft sich eine Unmenge an Arbeitsgruppen, die sich mit den verschiedensten politischen Inhalten, aber auch möglichen Freizeitaktivitäten beschäftigen. Nur durch die extrem gute und schnelle Organisation Einzelner und das solidarische Miteinander war der Aufbau dieser riesigen „Streikzentrale“ überhaupt möglich. Durch Spenden und finanzielle Unterstützung gibt es seit fünf Wochen eine Volxküche, die sich um das leibliche Wohl aller Protestierenden kümmert. Junge Menschen unterstützen sich gegenseitig, sind für einander da und treten gemeinsam für eine Sache ein – alles Eigenschaften die ihnen bis vor kurzem noch abgesprochen wurden.

Breiter Bildungsdiskurs. Diese Proteste zeigen ganz deutlich, dass junge Menschen sehr wohl an Politik und der Gesellschaft, in der sie leben, interessiert sind. Sie sind kritisch und kämpfen hartnäckig für ihre Forderungen. Ihr politischer Anspruch richtet sich nicht nur an „die Politik“, sondern auch die Gesamtgesellschaft wird aufgefordert, sich von Grund auf mit Fragen rund um die Bildungspolitik zu beschäftigen. Vorrangiges Ziel ist deshalb ein breit angelegter Diskurs an dem sich alle beteiligen können. Durch die Proteste wurde das Thema „höhere Bildung“ medial aufgearbeitet, was in weiterer Folge zu einem breiten gesellschaftlichen Diskurs führte. Eines der Hauptziele scheint erreicht.
Durch das Engagement und die Möglichkeit aller sich zu beteiligen, kann die Bewegung über einen langen Zeitraum bestehen. Diese Protestwelle kommt von den Studierenden selbst und wird nicht von Einzelpersonen oder Organisationen getragen. Damit ist bewiesen, dass viele junge Menschen mit der aktuellen politischen Situation nicht nur im bildungspolitischen Bereich, sonder gleich auf mehreren gesellschaftlichen Ebenen unzufrieden sind. Sie wollen etwas bewegen, aufzeigen und verändern, mit Anteilnahme und Partizipation aller. Ein höchst politischer Umwälzungsprozess wurde gestartet!

 

 

AutorInnen: Juliane Soyka