unibrennt

Der Traum ist aus

  • 26.12.2012, 15:20

Im Dezember 2009 wurde das besetzte Audimax geräumt. Das Ende von #unibrennt wurde damit eingeläutet. Ein ausschnitthaftes Resümee drei Jahre danach von Flora Eder.

Im Dezember 2009 wurde das besetzte Audimax geräumt. Das Ende von #unibrennt wurde damit eingeläutet. Ein ausschnitthaftes Resümee drei Jahre danach von Flora Eder.

Es war fünf Uhr früh. Auf den Rolltreppen der Station Schottentor wehte ein eisiger Wind gegen ihre Fahrtrichtung hinauf zur Uni Wien. Der Gehsteig wurde von einer zentimeterdicken Eisschicht bedeckt, es war noch finster. Der Tag musste erst in die Gänge kommen. In den frühen Morgenstunden des 21. Dezember 2009, vor drei Jahren also, wurde das Audimax in Wien geräumt. 85wohnungslose Menschen hatten hier Unterschlupf gefunden. Sie hatten größtenteils keine Österreichische StaatsbürgerInnenschaft und wurden auf die Wiener Straßen gesetzt – bei minus zehn Grad. Sie erhielten ein Wurstsemmerl und einen Zettel, der auf englisch und deutsch erklärte, dass sie sich an eine Einrichtung namens „P7“ wenden sollten. Nicht darauf zulesen war, dass sie alle bereits vom P7 abgelehnt wurden, da sie die falsche StaatsbürgerInnenschaft hatten. „Eine humanitäre Katastrophe. Ich bin sauer – heute Nachmittag hätten wir vierzig Notschlafstellen gemeinsam mit der Caritas für sie organisiert“, kommentierte das Markus Reiter, damaliger Vorsitzender des Dachverbands der Wiener Wohnungslosenhilfe vor der Uni Wien. „Aber jetzt sind die Menschen vertrieben. Drei Tage vor Weihnachten, bei minus zehn Grad.“

Auch jene 15 BesetzerInnen, die im Audimax die Stellung hielten, wurden von der Polizei geweckt und aus dem Audimax getragen. Auf sie wartete eine kleine Truppe an Fernsehteams, die eilig zur Uni kamen, um Interviews aufzuzeichnen. Dass „es“ wohl in den Winterferien passieren würde, dass das Audimax der Uni Wien geräumt würde, war vielen schon davor klar. Dass es ausgerechnet an diesem Tag geschehen würde, nicht. Und so wurde #unibrennt aus dem Schlaf gerissen, geplatzt war ein Traum, der noch nicht zu Ende geträumt war.

Doch was war er, der Traum von #unibrennt? #Unibrennt drückte die Sehnsucht einer ganzen Studierendengeneration aus. Eine Sehnsucht nach Veränderung; danach, einmal etwas wirklich Wichtiges zu schaffen. Eine Sehnsucht danach, in dieser Gesellschaftendlich eine Rolle zu spielen, Geschichte zu schreiben – etwas Unumkehrbares loszutreten. Einmal „ich war auch dabei“ sagen zu können; eine Art inszeniertes Schauspiel, um später nostalgisch auf eine Zeit zurückblicken zu können, die das sonst wohl nicht verdient hätte. Aber was ist sonst von #unibrennt drei Jahre danach übrig geblieben?

Aller Anfang ist leicht. „Ich wusste, dass eine Demo vor dem Wissenschaftsministerium stattfindet. Plötzlich erreichte mich ein  Anruf, dass sie zur Uni Wien gezogen sei, und ich sofort ins Audimax kommen müsse, denn es sei besetzt worden“, erinnert sich Ina* an den 22.Oktober 2009. Ausgegangen war die Demonstration von der Akademie der bildenden Künste, deren Aula bereits  zuvor besetzt war. Im Audimax ging daraufhin alles ganz schnell: Plena wurden einberufen, Eintopf gekocht, Arbeitsgruppen gebildet, RednerInnenlisten erstellt, eine Pressekonferenz eilig einberufen, Parties gefeiert, Fotos geschossen, Livestreams und  Filme gedreht – kaum eine Wortmeldung wurde nicht dokumentiert. Allein auf der Uni Wien waren es tausende Studierende, die in den ersten Wochen von #unibrennt ins Audimax strömten. Denn ungewiss war, wie lange die Besetzung andauern würde. Viele  glaubten nicht daran, dass sie mehr als einige Tage bestehen würde. Doch #unibrennt entwickelte eine Sogwirkung, die schnell  auch die anderen österreichischen Unis mitriss und sich auf andere europäische Unistädte ausweitete. „Die vielen Studierenden, die  mit diesem 22. Oktober begonnen haben, sich für ihre Studien- und Lebensbedingungen einzusetzen, waren überwältigend. Und als  an den darauffolgenden Tagen die Meldungen kamen, dass auch Unis in anderen Ländern brennen – das war schon ein aufregendes  Gefühl“, erinnert sich Ina.

So wurden am 24. Oktober ein Hörsaal in Graz, am 28. Oktober das Haus für Gesellschaftswissenschaften am Rudolfskai in Salzburg  und am 29. Oktober die Sowi-Aula in Innsbruck besetzt – und das ist nur ein kleiner Auszug der Ereignisse. „Ich stand  damals am Anfang meines Studiums und hatte kaum Demo-Erfahrung, ich habe mich einfach auf #unibrennt eingelassen. Dass  daraus meine politische,Geburtsstunde‘ würde, war mir nicht klar“, erinnert sich Sebastian, der bei #unibrennt in Innsbruck aktiv war.

Was blieb von all dem Engagement? „In Graz heißt der größte Hörsaal seither nach dem kommunistischen Widerstandskämpfer Willi Gaisch“, sagt Georg*, „und einige sind dadurch in die ,linke Szene‘ gekommen. Es haben sich in Graz neue Netzwerke gebildet,  Freundschaften ergeben, aber eine besondere Politisierung dieser Generation ist nicht eingetreten“, merkt er kritisch an: „An der Uni Graz haben der Alltag und der prekäre Normalbetrieb wieder eingesetzt. Es gibt mehr Bewusstsein für die Bildungsproblematik, aber  der Bildungsdiskurs selbst hat sich leider nicht verändert“, sagt er. In Innsbruck hingegen, meint Sebastian, habe sich durch  #unibrennt mehr verändert als in anderen Unistädten: Das GeiWiMax ist seither ein offener und selbstverwalteter Raum – „um den  gerade wieder ein wenig mit dem Rektorat gekämpft wird“, sagt er. „Die kritische Uni wiederum ist für mich das tollste Ergebnis der Besetzungen.“ Bis heute erhält das Innsbrucker #unibrennt-Plenum pro Semester eine gewisse Geldmenge und kann damit  gesellschaftskritische Lehrveranstaltungen organisieren, die in vielen Studienrichtungen als Wahlfächer angerechnet werden  können.

Auch an der Uni Salzburg, sagt Kay,  habe #unibrennt seine Spuren hinterlassen: „Gerade unipolitisch Engagierte sprechen  #unibrennt immer wieder an, um auf die Notwendigkeit der demokratischen Mitbestimmung hinzuweisen.“ Konkrete Forderungen wurden aber nur teilweise umgesetzt. „Ein großer Erfolg ist der öh:freiraum in der Kaigasse 17“, betont Kay aber doch. Das  Forderungsbündel betreffend der Studienplangestaltung sei aber „nur bedingt“ berücksichtigt worden. An der Uni Wien haben Studierende seit #unibrennt endlich wieder die Möglichkeit, im Rahmen eines kleinen Spielraums von 15 ECTS freie Wahlfächer gestalten zu können – außerdem wurden aus den Mitteln der ministeriellen Notfallreserve einige Lehrstellen in den besonders belasteten Studienrichtungen der Publizistik, der Internationalen Entwicklung und der Psychologie geschaffen. Auch wurden in den Bereichen Studieren mit Behinderung und Frauenförderung Geld und Strukturen aufgebaut und ein zusätzliches Angebot für Deutschals Fremdsprache realisiert.

Gewonnen und Zerronnen. Es bleibt jedoch schwer, von einem faktischen Erfolg von #unibrennt auf  der Ebene eines Forderungskatalogs zu sprechen: Denn woran ist der Erfolg einer so vielfältigen und unterschiedlich organisierten Ansammlung vonprotestierenden Menschen zu messen? Tatsächlich stolperte #unibrennt nämlich immer wieder über die Frage, was der Zweck der Versammlung sei. So sagten viele, eben die Zweckfreiheit sei der Zweck – andere beharrten auf klar artikulierten bildungspolitischen Zielen, die nach ihrem Erreichen auch zu einem Ende der Besetzung führen könnten. Wieder andere positionierten sich dagegen mit einer Ablehnung einer „single-issue-Bewegung“ und noch weitere andere fanden an #unibrennt den  Freiraum, gemeinschaftliche Gestaltung basisdemokratisch üben zu können, zentral. Mit dieser unklaren Positionierung und diesem uneindeutigen Selbstbild stolperte man zwangsläufig über gesamtgesellschaftliche Phänomene. So kam es zu sexuellenÜbergriffen und sexueller Gewalt, und dazu, dass sich einige gegen die im Wiener Audimax Unterschlupf suchenden wohnungslosen Menschen stellten, anstatt sich zu solidarisieren.

Auch Ina sagt, dass von der Besetzung nicht viel mehr als „eine Facebookseite und ein Twitteraccount“ übrig geblieben seien: „Und dass die Leute später einmal überromantisiert ihren Kindern davon erzählen können. Was bei #unibrennt so schnell entstanden ist,  ist leider ebenso schnell wieder verpufft.“

*Die Namen wurden auf Wunsch der Interviewten geändert und sind der Redaktion bekannt.

Flora Eder studiert Sozialwissenschaften an der Uni Wien.

Aufstand der Humanität

  • 13.07.2012, 18:18

Was ist eigentlich geblieben vom großen Hochschulprotest, als im Wintersemester 2009 die größten Hörsäle in ganz Österreich besetzt gewesen waren?

Kommentar

Was ist eigentlich geblieben vom großen Hochschulprotest, als im Wintersemester 2009 die größten Hörsäle in ganz Österreich besetzt gewesen waren? Man ist geneigt zu sagen: Wenig! Ignoranter denn je negieren die RegierungspolitikerInnen die Tatsache, dass ihr Handeln die Hochschulen ausblutet und in Wirklichkeit nichts anderes als eine Nötigung der Studierenden darstellt.
War der ganze Aufruhr also umsonst, haben die Studierenden ohne Sinn und Zweck nächtens in den Hörsälen ausgeharrt? Nein! Die im Oktober 2009 entstandene Bewegung war mehr als bloß ein Kampf um eine Verbesserung der Studienbedingungen. Sie intendierte zugleich Besserung der Lebensbedingungen aller, verlangte statt Ausbildung zuerst Bildung, nämlich Förderung der Entwicklung zum emanzipierten Individuum, das in einem solidarischen Zusammenhang zur gesellschaftlichen Transformation beizutragen fähig ist.
Die Studierenden wehrten sich gegen eine Ideologie heroisch-nüchterner Inhumanität und gegen die Entfremdung, die diese mit sich bringt. Die dezentrale Organisationsform der Bewegung hat nicht zu einer Verengung des Gesichtskreises geführt, den Studierenden ist es gelungen, Kontakte zu protestierenden Studierenden und deren Universitäten in Europa aufzubauen.
Man könnte sagen, die EU ist ein wenig europäischer geworden – dank der Studierenden.
Es ist eine Generation von Menschen aufgestanden, die bewusst um ihre Biografie ringt, die sich nicht treiben lassen will, die ihren Weg sucht. Es ist ein entscheidender Unterschied, ob man einE AkteurIn im Bildungswesen ist, oder einE TeilnehmerIn an einer mehr oder weniger anstrengenden akademischen Fremdenführung.
Die Protestbewegung hat die Sinne und den Intellekt der Beteiligten geschärft, ihr Selbstbewusstsein gestärkt und ihre Kritikfähigkeit gehoben. Intensive Lernprozesse gingen in kürzester Zeit vor sich. Bei den Protesten 2009/2010 ging es auch darum, in welcher Sprache über die Probleme gesprochen wird, welche Fragen überhaupt gestellt werden können und dürfen, welcher Logik man sich unterwirft oder nicht unterwirft – ob es nun die Logik der Sachzwänge ist oder die pragmatische Kanalisierung von Forderungen.
Natürlich ging es und geht es auch noch immer um die finanzielle Seite der Angelegenheit. Das Bildungssystem braucht eine adäquatere Finanzierung. Wie viel mehr der Protest aber erzeugt hat, als die bloße Forderung nach schnöden Mammon, zeigt unter anderem die Schau einer Broschüre der Universität für Angewandte Kunst, die auf Seite 27 dieser Ausgabe des PROGRESS präsentiert wird.

Uni brennt

  • 13.07.2012, 18:18

Mit UNI BRENNT haben die Studierenden der Protestbewegung vom Herbst und Winter letzten Jahres ein Zeichen gesetzt, welches verhindern soll, dass man sie einfach wieder vergisst. Ein umfassendes und abwechslungsreiches Buch zu den Uni-Protesten 2009.

Mit UNI BRENNT haben die Studierenden der Protestbewegung vom Herbst und Winter letzten Jahres ein Zeichen gesetzt, welches verhindern soll, dass man sie einfach wieder vergisst. Ein umfassendes und abwechslungsreiches Buch zu den Uni-Protesten 2009.
So schnell, wie sich der Rebellionsgedanke damals verbreitet und Studierende in vielen verschiedenen Städten Österreichs und Europas auf die Barrikaden gerufen hat, so schnell ist auch dieses Buch entstanden. Ende November 2009 formte sich die Arbeitsgemeinschaft Buchveröffentlichung an der Uni Wien und begann, rastlos Informationen zu sammeln und ein Konzept zu erstellen. Innerhalb von zwei Monaten war das Manuskript fertig für den Verlag. Herausgekommen ist ein Buch, das einen bunten und kritischen Diskussionsbeitrag zur Bildungs- und Universitätsdebatte geben und die Öffentlichkeit über die Proteste informieren möchte, auf unterhaltsame und auch lehrreiche Weise. Unterschiedliche Textsorten sollen den LeserInnen ermöglichen, sich dem Thema von verschiedenen Seiten zu nähern. AutorInnen sind nicht nur Studierende, sondern auch Lehrende, Intellektuelle und KünstlerInnen, die sich im Zuge der Proteste zu Wort meldeten und ihre Solidarität in den besetzten Hörsälen bekundeten.
Gegliedert ist die Textsammlung in zwei Teile:   In der ersten Hälfte werden grundsätzliche Fragen zum Bildungsbegriff und zur Bildungspolitik behandelt und es wird ein Einblick in das Leben der Studierenden und Lehrenden geschaffen. Thomas Schmidinger und Herta Nöbauer beschäftigen sich zum Beispiel mit der speziellen Situation der universitären LektorInnen und erklären, warum sich gerade so viele externe LektorInnen an den Uni-Protesten beteiligt haben. Verschiedene andere Texte beschreiben das Leben als StudentIn mit allen finanziellen, zeitlichen und emotionalen Problemen.
Die zweite Hälfte von UNI BRENNT beschäftigt sich mit den Protesten an sich. Fotos von Martin Juen geben einen schönen Überblick über die Ereignisse, beschränken sich allerdings auf Wien. Der Abdruck des Forderungskatalogs verleiht den Forderungen der Protestierenden einmal mehr Nachdruck.
Barbara Maier und Jakob Arnim-Ellissen beschreiben die Organisation und Arbeitsweise der Protestierenden, Leo Hiesberger beschäftigt sich mit dem Politikverständnis der AudimaxistInnen und die Squatting-Teachers (Zusammenschluss von Lehrenden, Forschenden und Studierenden verschiedener Wiener Universitäten) legen ihre Position als Lehrende, die sich an den Protesten beteiligen, dar.
Darauf folgen (zum Teil gekürzte) Reden unter anderem von Armin Thurnher und Robert Misik, Interviews mit Gustav, Bahman Nirumand und Matthias Hartmann sowie Stellungnahmen des Generalsekretärs des Wissenschaftsministeriums Friedrich Faulhammer, dem Rektorat der Uni Salzburg und dem Innsbrucker Universitätsrektor Karlheinz Töchterle.
Das Buch schließt mit einer Chronologie der wesentlichen Ereignisse der Proteste.
Alles in allem ein sehr lesenswertes Stück Geschichte.

UNI BRENNT. Grundsätzliches – Kritisches – Atmosphärisches, Hrsg. von Stefan Heissenberger, Viola Mark, Susanne Schramm, Peter Sniesko, Rahle Sophia Süß, Turia + Kant, 318 S., 16 x 24 cm, EUR 24,-, ISBN 978-3-85132-604-8 

Gesichter des Protests

  • 13.07.2012, 18:18

Eine Erhebung im Audimax soll Licht ins Dunkel bringen: Wie ähnlich sind die Motive, wie unterschiedlich die Ziele der Protestierenden? Kurz: Wie homogen ist die Studierendenprotestbewegung wirklich?

Eine Erhebung im Audimax soll Licht ins Dunkel bringen: Wie ähnlich sind die Motive, wie unterschiedlich die Ziele der Protestierenden? Kurz: Wie homogen ist die Studierendenprotestbewegung wirklich?

Eine Forschungsgruppe von Studierenden und AbsolventInnen der Soziologie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die genauen Motive der Protestierenden hinsichtlich der österreichischen Bildungspolitik, sowie ihre Einstellungen zu den Protesten selbst zu untersuchen. In einem Zeitraum zwischen 30. Oktober und 4. November 2009 wurden hierzu in mehreren Erhebungswellen verschiedene Einstellungen und persönliche Daten von Personen abgefragt, die sich entweder im oder unmittelbar vor dem Audimax aufhielten und deren Partizipation an der Besetzung offensichtlich war.
Zunächst zu der Frage, wer ins Audimax geht. Die Daten zeigen, dass eine große Mehrheit – etwa 69 Prozent – derer, die im Audimax anzutreffen waren, an der Uni Wien studieren. Weniger als ein Viertel der Befragten verteilt sich etwa gleichmäßig auf andere Hochschulen (wie WU, TU, Med-Uni, etc.). Alle anderen befragten Personen studieren nicht oder nicht mehr. Hinsichtlich der Studienrichtungen zeigt sich eine bunte Mischung an Studierenden aller Fächer, wobei geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer wie Politikwissenschaft, Soziologie und Germanistik verhältnismäßig stark vertreten sind. Ein sehr eindeutiges Ergebnis zeigt die Frage nach der politischen Orientierung der Angetroffenen: 80 Prozent sehen sich entweder „links der Mitte“ oder „ganz links“, 18 Prozent betrachten sich als „in der Mitte stehend“. Lediglich zwei Prozent deklarieren sich als „rechts der Mitte“ und niemand der 365 Befragten gab an, „komplett rechts“ zu sein.

Große Erfolgserwartungen. Es zeigt sich, dass bei weitem nicht alle Befragten aktiv in die Besetzung bzw. die Protestbewegung involviert sind. Knappe 55 Prozent gaben an, lediglich passive BeobachterInnen zu sein. Etwa 35 Prozent der Befragten sagten von sich, ab und zu aktiv involviert gewesen zu sein oder in Arbeitsgruppen mitgearbeitet zu haben. Nur etwa jede zehnte Person gab an, ständig in Arbeitsgruppen mitzumachen und sich auch ansonsten so viel wie möglich an den Protesten zu beteiligen. Umso optimistischer zeigen sich dagegen die Erfolgserwartungen der Befragten: Mehr als 60 Prozent sind sich sicher, dass die Proteste „erfolgreich“ oder sogar „sehr erfolgreich“ sein werden, wohingegen lediglich 11 Prozent der Meinung sind, dass die Bewegung „wenig oder überhaupt nicht erfolgreich“ sein wird.
Nun aber zu den eigentlichen Kernthemen der Studie: Welche der, von den BesetzerInnen gestellten Forderungen unterstützen die Audimax-BesucherInnen und wie stehen sie zu der Protestbewegung an sich? Es zeigt sich, dass die am meisten unterstützte Forderung – knappe drei Viertel aller Befragten gaben an, sich zu ihr zu bekennen – jene nach umfassender Bildung statt bloßer Ausbildung ist. Ebenfalls eine große Mehrheit an Zustimmung erhält die Forderung nach Ausfinanzierung der Unis mit 68 Prozent. Etwa jede zweite Person tritt für einen freien Hochschulzugang sowie für eine Demokratisierung der Universitäten ein.
Als besonders interessant erweist sich die Frage bezüglich der Forderung nach 50 Prozent Frauenanteil im Universitätsbetrieb. Hierbei ist zweierlei verwunderlich: Einerseits unterstützen etwa nur halb so viele Männer wie Frauen die Beschäftigungsquote – ein sehr interessantes Ergebnis, vor allem wenn in Betracht gezogen wird, dass die Geschlechterunterschiede hinsichtlich des Antwortverhaltens ansonsten in nahezu allen anderen Bereichen minimal sind. Noch mehr als dieser Unterschied vermag jedoch zu verwundern, dass selbst unter Frauen die Zustimmung zu einer ausgeglichenen Frauenquote im Universitätsbetrieb lediglich bei 19 Prozent liegt. Sowohl unter männlichen wie auch unter weiblichen Befragten zählt dies also – neben der Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes – zu den am wenigsten zentralen Anliegen.

Gelungene Protestorganisation. Ein sehr eindeutiges Bild zeigen die Ergebnisse zu den Einstellungen der Audimax-BesucherInnen hinsichtlich der Proteste sowie der Besetzung selbst. Über 80 Prozent empfinden die Organisation der Protestbewegung als gelungen. Ebenso viele sind der Meinung, dass die Bewegung in der Lage ist, zu einer konstruktiven Bildungspolitik beizutragen. Dagegen sind bloß fünf Prozent der Überzeugung, dass Studierende durch die Proteste in ihren Lernbemühungen beeinträchtigt werden und lediglich acht Prozent sind der Meinung, dass durch die Bewegung zu hohe Kosten entstehen.
Zusammenfassend stellt sich also heraus, dass es den TeilnehmerInnen vor allem darum geht, gegen die, sich in den letzten Jahren stetig verschlechternde, (Aus-) Bildungssituation zu protestieren. „Bildung statt Ausbildung“, die am meisten unterstützte Forderung, ist jene Kernbotschaft, welche sich gegen zunehmende Verschulung und Einschränkung der Lehrpläne zugunsten (anscheinender) ökonomischer Verwertbarkeit richtet. Ein Unterfangen, das vor allem in den Sozial- und Geisteswissenschaften – jedoch keinesfalls nur dort – absurd erscheint. Zusammen mit der Forderung nach mehr finanziellen Ressourcen für den akademischen Betrieb komplettiert sich somit das Bild einer Studierendenschaft, welche die gegenwärtigen Zustände an Österreichs Universitäten als unzulänglich erachtet. Vom gegenwärtigen Standpunkt unserer Forschung aus kann gesagt werden, dass selbst unter den Befragten, die angeben, nur indirekt an der Bewegung beteiligt zu sein, die Zustimmung zu den Protesten außerordentlich hoch ist. Weitere von uns geplante Untersuchungen werden darüber hinaus ein noch detaillierteres Bild der Situation zeichnen können.

Wessen Protest?

  • 13.07.2012, 18:18

Die Eiterblase ist geplatzt. Der Unmut an den Hochschulen ist übergeschwappt, seit fast zwei Monaten protestieren Studierende in Österreich und anderswo gegen völlig verfehlte Bildungspolitik. Aber welche Rolle nimmt die ÖH bei diesen Protesten ein?

Die Eiterblase ist geplatzt. Der Unmut an den Hochschulen ist übergeschwappt, seit fast zwei Monaten protestieren Studierende in Österreich und anderswo gegen völlig verfehlte Bildungspolitik. Aber welche Rolle nimmt die ÖH bei diesen Protesten ein?

Am 20.10.2009 besetzten Studierende die Aula der Akademie der bildenden Künste. Grund waren die Ergebnisse der Leistungsvereinbarungen zwischen der Universität und dem Ministerium, die wichtige Anliegen der Studierenden und des Senates nicht beachtet hatten und als undemokratische Diktate keinerlei Mitsprache ermöglichten. Zwei Tage darauf wurde aus einer Demonstration im Votivpark eine weitere Besetzun; das Auditorium Maximum der Universität Wien wurde am 22. Oktober zu einem freien Hörsaal. Die symbolische Wirkung dieser Einnehmung des Raumes gab auch in anderen Bundesländern Anstoß zu handeln. Unis in Linz, Graz, Innsbruck und Salzburg wurden besetzt, in Klagenfurt wurden Solidaritätsbekundungen gestartet und auch FH-Studierende organisierten Proteste an ihren Hochschulen. 

Das Fehlen der ÖH? Im Schnellverfahren hatte vor allem die Besetzung des Audimax der Uni Wien die vollständige Aufmerksamkeit der Medienöffentlichkeit auf sich gezogen und war zum Epizentrum des (hochschul-)politischen Diskurses geworden. Die „Protestbewegung“ war geboren und wurde besonders von der Medienlandschaft beklatscht, bejubelt und gelobt. Die Medien waren auch die ersten, denen das vermeintliche Fehlen der ÖH auffiel.
„Warum steht die ÖH nicht an der Spitze der Demo?“ „Warum verhandelt die ÖH nicht über die Forderungen?“ Spätestens ab dem zweiten Besetzungs-Tag wurden diese Fragen gestellt – wohlgemerkt nicht von den aktiv Handelnden, sondern von JournalistInnen, PolitikerInnen und Rektoren. Den protestierenden und besetzenden Studierenden waren die Antworten auf diese Fragen ohnehin klar; sie konnten erst aus einer verfehlten Wahrnehmung der Funktionsweise der „Protestbewegung“ heraus gestellt werden.
Als identitätsstiftendes Merkmal vereint die protestierenden Studierenden vor allem die horizontale Organisationsform ihrer Aktionen. Es gibt keinen Vorstand, Streikrat oder etwaige Führungsspitzen; die Arbeit funktioniert über offene Arbeitsgruppen, die sich bei Bedarf vernetzen. In Plena werden gemeinsame Entscheidungen gefällt, denen jedoch immer ein kollektiver Gedanke zu eigen ist. Dass viele Institutionen damit überfordert sind, liegt auf der Hand. „Mit wem sollen wir verhandeln?“, fragt das Rektorat. „Wen können wir interviewen?“, fragen die Medien. Es gibt keinen Kopf, der ins Rampenlicht gehalten werden oder für die gesamte Gruppe zur Verantwortung gezogen werden kann: es gibt viele davon. Das macht es besonders für die Politik schwer, in den althergebrachten Mechanismen von Ignorieren, Scheinlösungen anbieten und Kritik-im-Keim-ersticken zu verbleiben.

290.000 Studierende. Die ÖH ist im Gegensatz zur Protestbewegung fest im Gefüge des institutionalisierten politischen Raums verankert. „Die ÖH ist die gesetzliche Interessensvertretung von über 290.000 Studierenden in Österreich“, steht auf der Homepage der ÖH-Bundesvertretung. Sie existiert als Körperschaft öffentlichen Rechts auch unabhängig von den Personen, die die Struktur mit Aktivität füllen – das gegensätzliche Prinzip ist den Protesten zu attestieren. Genau dieser Unterschied erklärt ganz einfach das Zusammenspiel zwischen der ÖH und den Protesten: Menschen, die in der ÖH aktiv sind, bringen sich bei Hörsaalbesetzungen, Demos, Arbeitsgruppen und Aktionstagen ein, diskutieren mit, entwickeln Forderungen, schmieden Pläne. 

Sich selbst vertreten. Natürlich könnte ein Widerspruch zwischen der schieren Existenz einer gesetzlichen Interessensvertretung und einer Protestbewegung, die „von der Basis“ kommt, festzustellen sein. Schließlich geht es der ÖH darum, in der bildungspolitischen Auseinandersetzung als Institution, die durch ihren gesetzlichen Rahmen der repräsentativen Demokratie verpflichtet ist, das Bestmögliche für die Studierenden zu erreichen, während viele BesetzerInnen nicht wollen, dass Einzelne für sie sprechen. Dass das nicht zwingend ein Widerspruch ist, zeigt die Handlungsweise der ÖH. Sie akzeptiert und fördert das Nebeneinander zweier Strategien der politischen Arbeit, die dieselben Ziele verfolgen: offene und demokratische Hochschulen in offenen und demokratischen Gesellschaften. 

Gegenseitig solidarisch. Das bedeutet, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. ÖHlerInnen können aufgrund ihrer Erfahrungen der Protestbewegung wertvolles Wissen im Bereich der Hochschulpolitik und der dazugehörigen komplexen Gesetzesmaterie zur Verfügung stellen. Nicht von ungefähr decken sich die Forderungen der besetzten Hochschulen zu 90 Prozent mit Themen, die von der ÖH seit vielen Jahren bearbeitet werden.
Die Protestbewegung zeigt durch kreative Aktionsformen und innovative Kommunikationsstrategien neue Dimensionen in der politischen Arbeit auf, ohne die die momentane Debatte überhaupt nicht möglich wäre. Und die ÖH-Bundesvertretung macht’s nach – auf ihren Sitzungen gibt’s nun auch live-Twitterberichte und einen Video-Stream.
Wessen Protest? „Unser Protest!“, antworteten die TeilnehmerInnen der Demo, an der viele (ehemalige) ÖH-MitarbeiterInnen teilnahmen. Die Ziele sind dieselben, die Rollen und Methoden ergänzen sich gegenseitig. Worin der Protest mündet kann schwer vorhergesagt werden. Wir als ÖH werden jedenfalls hartnäckig alle Kanäle und Ressourcen nützen, um Verbesserungen für Studierende zu erreichen, und versuchen, unsere Rolle zu erfüllen: Wir lassen uns nicht mundtot machen; wir geben keine Ruhe. Nicht heute, nicht morgen und auch nicht in einem Jahr.

Geballtes Interesse

  • 13.07.2012, 18:18

Studierende mussten sich in den letzten Jahren immer wieder den Vorwurf fehlenden politischen Interesses gefallen lassen. Dies wurde in den letzten Wochen eindeutig widerlegt und so leicht wird diese Kritik in Zukunft wohl nicht mehr von den Lippen gehen.

Studierende mussten sich in den letzten Jahren immer wieder den Vorwurf fehlenden politischen Interesses gefallen lassen. Dies wurde in den letzten Wochen eindeutig widerlegt und so leicht wird diese Kritik in Zukunft wohl nicht mehr von den Lippen gehen.

Gefordertes Desinteresse? In der letzten PROGRESS Ausgabe hat sich genau an dieser Stelle ein Artikel zur scheinbaren Entpolitisierung Studierender befunden. Dieser handelte von der geringen Wahlbeteiligung bei den letzten ÖH-Wahlen, vom fehlenden außerstudentischen Engagement und dem scheinbar nicht vorhandenen politischen Interesse junger Menschen. Der Artikel erschien genau zwei Tage vor einem Ereignis, welches wohl alle Spekulationen um fehlende studentische Begeisterungsfähigkeit zunichte gemacht hat, nämlich der größten Studierendenprotestbewegung der letzten 20 Jahre in Österreich. Über sechs Wochen ist es mittlerweile her, dass Studierende in praktisch allen Universitätsstädten Österreichs Hörsäle besetzt haben und immer noch besetzt halten. Zusammen mit Studierenden aller Hochschulen sowie der Unterstützung durch die MetallerInnengewerkschaft und die Gruppe Kindergartenaufstand gingen und gehen sie auf die Straßen, um ihr Recht auf freie Bildung unter entsprechenden Studienbedingungen kundzutun. Damit haben die letzten Wochen eindeutig belegt, dass es genügend junge Menschen gibt, die bereit sind für ihre Rechte einzutreten und wenn nötig diese auch entsprechend zu verteidigen.

Alles begann mit der Protestbewegung an der Akademie der Bildenden Künste Wien, die sich gegen die „Überstülpung“ des dreijährigen Bachelorstudiums mit vielen Aktionen und einer Besetzung wehrte. Diese kleine „Flamme“ brachte dann das Lauffeuer zum Brennen und binnen weniger Tage war auch das Audimax der Uni Wien vollständig besetzt. Seitdem wurden dort täglich bildungs- und gesellschaftspolitische Vorträge gehalten, Plena veranstaltet und eifrig diskutiert. Täglich trifft sich eine Unmenge an Arbeitsgruppen, die sich mit den verschiedensten politischen Inhalten, aber auch möglichen Freizeitaktivitäten beschäftigen. Nur durch die extrem gute und schnelle Organisation Einzelner und das solidarische Miteinander war der Aufbau dieser riesigen „Streikzentrale“ überhaupt möglich. Durch Spenden und finanzielle Unterstützung gibt es seit fünf Wochen eine Volxküche, die sich um das leibliche Wohl aller Protestierenden kümmert. Junge Menschen unterstützen sich gegenseitig, sind für einander da und treten gemeinsam für eine Sache ein – alles Eigenschaften die ihnen bis vor kurzem noch abgesprochen wurden.

Breiter Bildungsdiskurs. Diese Proteste zeigen ganz deutlich, dass junge Menschen sehr wohl an Politik und der Gesellschaft, in der sie leben, interessiert sind. Sie sind kritisch und kämpfen hartnäckig für ihre Forderungen. Ihr politischer Anspruch richtet sich nicht nur an „die Politik“, sondern auch die Gesamtgesellschaft wird aufgefordert, sich von Grund auf mit Fragen rund um die Bildungspolitik zu beschäftigen. Vorrangiges Ziel ist deshalb ein breit angelegter Diskurs an dem sich alle beteiligen können. Durch die Proteste wurde das Thema „höhere Bildung“ medial aufgearbeitet, was in weiterer Folge zu einem breiten gesellschaftlichen Diskurs führte. Eines der Hauptziele scheint erreicht.
Durch das Engagement und die Möglichkeit aller sich zu beteiligen, kann die Bewegung über einen langen Zeitraum bestehen. Diese Protestwelle kommt von den Studierenden selbst und wird nicht von Einzelpersonen oder Organisationen getragen. Damit ist bewiesen, dass viele junge Menschen mit der aktuellen politischen Situation nicht nur im bildungspolitischen Bereich, sonder gleich auf mehreren gesellschaftlichen Ebenen unzufrieden sind. Sie wollen etwas bewegen, aufzeigen und verändern, mit Anteilnahme und Partizipation aller. Ein höchst politischer Umwälzungsprozess wurde gestartet!

 

 

Eine Energiezufuhr

  • 13.07.2012, 18:18

Was an den Studierenden-Protesten des Herbstes 2009 besonders ist.

Was an den Studierenden-Protesten des Herbstes 2009 besonders ist.

An den österreichischen Studierendenprotesten dieses Herbstes ist manches bemerkenswert. Das am wenigsten Bemerkenswerte ist noch, dass Studentinnen und Studenten den größten Hörsaal der Universität Wien besetzen, um damit gegen die Studienbedingungen zu protestieren, die sich sukzessive verschlechtern. Das kommt erstens häufiger vor und überschreitet meist eine bestimmte Dimension nicht und hat zweitens in der Regel auch keine sehr große Resonanz. Die Frage, die zu stellen ist, lautet daher: Was war diesmal anders? Was war diesmal besonders?
Ein Aspekt scheint das gesamte politische Setting in diesem Land zu sein. Es gibt eine chronische Unzufriedenheit damit, wie Politik in diesem Lande funktioniert. Man hat inkompetente Regierende, die irgendetwas tun, aber ganz sicher nicht auf die angemessene Weise über die Probleme des Landes reden oder sie gar zu lösen versuchen. Es gibt eine populistische Radauopposition, die deshalb von Erfolg zu Erfolg zieht. Man hat so ein Grundgefühl: Das gesamte Land ist auf der schiefen Bahn. Es muss sich etwas fundamental ändern. Jede Energiezufuhr für eine Veränderung ist zu begrüßen.
Letztendlich, so würde ich vermuten, war das auch eine Sekundärmotivation der Studierenden selbst, abseits ihrer konkreten Forderungen: so nicht länger regiert werden zu wollen. Aber diese Grundstimmung ist wesentlich für die öffentlichen Reaktionen auf die Proteste der Studierenden. Sie erfuhren sofort sehr viel Sympathie. So genannte „Prominente“ bekundeten ihre Solidarität, auch wichtige „Stützen der Gesellschaft“ verfolgten das Treiben mit (klammheimlicher) Freude. Die Stimmung war freundlich. Das bescherte den Protesten schnell eine Öffentlichkeit und Resonanz, die wiederum die Ausbreitung der Besetzungen auf andere Universitäten und auf andere Städte begünstigte.
Hinzu kommt die Virulenz des Bildungsthemas: Welche Bedeutung die Bildungsinstitutionen für eine faire Gesellschaft haben, wurde in den vergangenen Jahren in den politischen Diskursen stark thematisiert. Unser Bildungssystem – vom Kindergarten, von der Volksschule bis zu den Allgemeinbildenden Höheren Schulen – hält Unterprivilegierten Chancen vor. Es verweigert einem breiten Teil der Bevölkerung Lebenschancen und trägt zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte bei – etwa, indem es MigrantInnenkinder buchstäblich zu „geborenen VerliererInnen“ macht. Damit schadet es aber nicht nur den Betroffenen, sondern allen. Die Misere an den Hochschulen und Universitäten ist nur ein Aspekt einer veritablen Bildungsmisere. Dies wiederum machte die Probleme der Studierenden „anschlussfähig“ für ein viel umfassenderes Problembewusstsein. 

Auf einen heißen Sommer folgt ein heißer Herbst

  • 13.07.2012, 18:18

Die österreichischen Hochschulen stehen kurz vor dem Kollaps, die Situation hat sich in den letzten Monaten noch einmal verschärft. Wissenschaftsministerin Karl zeigt keine Motivation gegen Parteifreund und Finanzminister Pröll antreten zu wollen und mehr Mittel aus dem Bundesbudget zu erstreiten. Im Gegenteil.

Die österreichischen Hochschulen stehen kurz vor dem Kollaps, die Situation hat sich in den letzten Monaten noch einmal verschärft. Wissenschaftsministerin Karl zeigt keine Motivation gegen Parteifreund und Finanzminister Pröll antreten zu wollen und mehr Mittel aus dem Bundesbudget zu erstreiten. Im Gegenteil: Karl richtet ihre Energie gegen uns Studierende mit der erneuten Forderung nach Studiengebühren und droht den Universitäten mit Schließungen und Personalabbau. Wenn Karl nicht bald beginnt ihr Amt auszufüllen und sich in den Budgetverhandlungen durchsetzt, ist das Schlimmste zu erwarten. Seit dem letzten Jahr hat sich also nichts zum Besseren gewendet. In einer ersten Aktion im September, hat die ÖH-Bundesvertretung gemeinsam mit der unibrennt-Bewegung im Rahmen der Kundgebung machen-wir-uns-stark ein erstes Zeichen gesetzt – schon vor dem Semesterbeginn gingen Studierende auf die Straße und forderten lautstark einen radikalen Kurswechsel in der Bildungspolitik. Die Bundesregierung kann sich auf einen heißen Herbst einstellen. Im Rahmen der geplanten Budgetkürzungen drohen auch Einsparungen im Sozialbereich. Gerade im Bezug auf die mangelnde soziale Absicherung von Studierenden, wie auch die Ergebnisse der aktuellen Studierendensozialerhebung aufs Neue zeigen, wären Kürzungen fatal. Von ÖH-Seite versuchen wir Dich so gut wie möglich zu unterstützen, hier gibt es zwei Neuigkeiten: Sehr viele Studis sind von Studienzeitverzögerungen betroffen, weil die Unis es nicht schaffen ausreichend Lehrveranstaltungen anzubieten. Falls das auch Dich betrifft, findest du genauere Infos zur Klagemöglichkeit auf Seite 11. Ein weiterer Service-Ausbau betrifft Deine Versicherung: Als ÖH-Mitglied bist Du im Rahmen Deines Studiums automatisch haftplicht- und unfallversichert. Wir haben einen neuen Vertrag mit der Allianz abgeschlossen und die bisherigen Leistungen noch weiter ausgebaut. Mehr dazu auf www.oeh.ac.at/versicherung. Ob Ministerin Karl und ihr Kollege Pröll endlich zur Vernunft kommen, wird sich zeigen, wir Studierende werden uns auf alle Fälle keine weiteren Verschlechterungen gefallen lassen. Wir wünschen Dir trotz dieser zugegebenermaßen etwas düsteren Aussichten einen guten Start ins neue Semester.