Refugee

„Das zentrale Element ist die Beziehung“

  • 20.06.2017, 20:50
Ohne Anschluss an gleichaltrige ÖsterreicherInnen haben es junge Flüchtlinge schwer. Patenschaften mit StudentInnen verhelfen zu einem gelungenen Neustart.

Ohne Anschluss an gleichaltrige ÖsterreicherInnen haben es junge Flüchtlinge schwer. Patenschaften mit StudentInnen verhelfen zu einem gelungenen Neustart.

Ich bin mit zwei jungen Männern verabredet, die mir von ihrer Freundschaft erzählen wollen. Als Treffpunkt haben wir das Gartenbaukino gewählt, weil sie bei ihrer ersten Verabredung auch im Kino waren und Kung Fu Panda gesehen haben. Yousef ist 23, hat einen melancholischen Blick und trägt einen dichten Bart. Manuel ist 22 und man sieht ihm seine Freundlichkeit auf den ersten Blick an. Ich sehe sie, bevor sie auf mich aufmerksam werden und kann die Vertrautheit zwischen den beiden schon von weitem erkennen.

Im Sommer 2014 hat Yousef seine Heimat Syrien verlassen. Das Regime von Baschar al-Assad hatte ihn mit 20 Jahren festgenommen und für ein Jahr und sechs Monate ins Gefängnis gesteckt. Danach hielt ihn nichts mehr in Damaskus. Als er das Land verlassen hatte, wurden auch seine Mutter und sein Bruder verhaftet. Den Grund seiner Festnahme kennt er bis heute nicht. Wahrscheinlich hat jemand gemerkt, was er von Assad hält.

Ein Jahr später, im Sommer 2015, ist Manuel das erste Mal auf die Situation von Flüchtlingen aufmerksam geworden. In St. Pölten, wo er mit seinen Eltern lebt, hat er davon nichts gemerkt, aber in Wien waren die vielen neu ankommenden Menschen nicht zu übersehen. Als er nach einer Möglichkeit suchte mitzuhelfen, die Situation der „Neuen Österreicher“, wie Manuel sie gerne nennt, zu verbessern, hat er von dem Projekt „Connecting People“ gehört.

CONNECTING PEOPLE. Dabei handelt es sich um eines der Patenschaftsprojekte für junge Flüchtlinge in Wien. Seit 2001 arbeitet ein kleines Team der NGO „Asylkoordination Österreich“ daran, Jugendliche, die neu in Österreich sind und sich eine Bezugsperson wünschen, an ÖsterreicherInnen zu vermitteln. Ähnliche Projekte gibt es auch von der Caritas, der Volkshilfe und dem Integrationshaus.

Was eine Patenschaft ist und wie sie sich gestaltet, ist offen. „Das zentrale Element ist die Beziehung“, sagt Klaus Hofstätter, der das Projekt leitet: „Für uns ist nicht diejenige Patenschaft die beste, wo man sich jeden Tag trifft, sondern die, in der beide Beteiligten das bekommen, was sie sich von einer Patenschaft erwarten.“ Das kann von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen. Manche brauchen Unterstützung beim Deutschlernen, andere einfach jemanden, der oder die ihnen Wien zeigen kann. Wieder andere suchen wirklich eine enge Bindung und eine Patenschaft kann dazu führen, dass eine enge Freundschaft entsteht.

GELUNGENER START. Bei Manuel und Yousef scheint der Begriff Patenschaft jedenfalls unpassend. Es ist längst eine Freundschaft entstanden. „Yousef ist ein sehr offener, zugänglicher Mensch. Das hat ihm auch selbst den Start in Wien leichter gemacht“, erklärt Manuel. Mittlerweile hat Yousef Asyl bekommen und einen Job als Mechaniker gefunden. Sein Chef kommt wie er aus Syrien. Jeden Vormittag geht er drei Stunden in den Deutschkurs. Sein Chef ermöglicht das, weil es ihm wichtig ist, dass Yousef mit Deutsch schnell vorankommt. Schließlich muss der Laden auch laufen, wenn der Chef nicht da ist.

Obwohl Yousef sich seinen Start in Wien mit viel Selbstständigkeit erkämpft hat und soweit alles ganz gut läuft, ist es für ihn in vielen Situationen eine große Unterstützung, eine Bezugsperson zu haben. Das fängt schon bei Kleinigkeiten wie der Post an. „Wenn ich etwas nicht verstehe, weiß ich nicht einmal, ob es wichtig ist oder nicht“, erklärt er. „Bei manchen Briefen vom Sozialamt tu ich mir selbst schwer, zu wissen, was man von ihm verlangt“, sagt Manuel. Auch zum Interview vor der Asylbehörde, wo Yousef zu seinen Fluchtgründen befragt wurde, hat Manuel ihn begleitet. „Wenn Manuel mitkommt, habe ich nicht so viel Angst“, erzählt Yousef. Nach einer Stunde war das Interview überstanden und drei Monate später kam der positive Bescheid per Post.

PATENENSCHAFT FUNKTIONIERT. Die meisten Patenschaften, die das Team von „Connecting People“ bisher vermittelt hat, betreffen unbegleitete minderjährige AsylwerberInnen. Jugendliche, die oft mehr brauchen als nur Obsorgeberechtigte vom Jugendamt und die Betreuung im Asylquartier. Sie wünschen sich oft tatsächlich eine Familie. Bei unter 18-Jährigen sind deshalb die Erwartungen Erwartungen an die PatInnen meist weit höher als bei jungen Erwachsenen. Seit 2012 vermittelt die „Asylkoordination Österreich“ in einem eigenen Projekt auch Patenschaften für junge Erwachsene.

Wer sich für eine Patenschaft interessiert, wird in sechs Seminartagen eingeschult. Es geht um Themen wie das Asylverfahren, die Unterbringung und den Alltag sowie psychische Belastungen von AsylwerberInnen. Klaus Hofstätter geht nach seinem Gefühl, wenn er aussucht, welche PatInnen er welche Jugendlichen vorstellt. Es kommt durchaus auch mal vor, dass eine Patenschaft nicht funktioniert, die Chemie nicht stimmt. Das ist aber in Ordnung. Für PatInnen sind Klaus Hofstätter und seine KollegInnen immer erreichbar und im ersten Jahr gibt es regelmäßige Treffen aller PatInnen, um sich auzutauschen und auch Rat zu bekommen, wenn es nötig sein sollte.

Über 700 Patenschaften hat „Connecting People“ seit dem Projektstart 2001 vermittelt. Die meisten davon im Jahr 2016. „Nachdem wir normalerweise 40 bis 70 Patenschaften im Jahr vermitteln, waren es 2016 stolze 170“, sagt Hofstätter und meint abschließend: „In letzter Zeit wären mehr Patenschaften aber durchaus wünschenswert.“

Johannes Pucher studiert den Master Journalismus & Neue Medien an der FH WKW in Wien.

Queere Refugees erzählen ihre Geschichte

  • 29.11.2016, 13:00
„Es gibt keine Sicherheit, keinen Schutz in Syrien... nicht einmal im Libanon. Es gibt keine Hoffnung. Alle Türen wurden in mein Gesicht geschlagen... auf jeden möglichen Weg. Ich wartete lange auf einen Hoffnungsschimmer von irgendjemanden. Oder auf jemanden der mir helfen könnte und meine sexuelle Orientierung versteht.... Aber ich wurde von der Gesellschaft zurückgewiesen.. von meinen Eltern... den Menschen... der ganzen Welt.“

„Es gibt keine Sicherheit, keinen Schutz in Syrien... nicht einmal im Libanon. Es gibt keine Hoffnung. Alle Türen wurden in mein Gesicht geschlagen... auf jeden möglichen Weg. Ich wartete lange auf einen Hoffnungsschimmer von irgendjemanden. Oder auf jemanden der mir helfen könnte und meine sexuelle Orientierung versteht.... Aber ich wurde von der Gesellschaft zurückgewiesen.. von meinen Eltern... den Menschen... der ganzen Welt.“

Knallroter Lippenstift ziert den Mund, der von dieser Hoffnungslosigkeit erzählt. Make-Up wird aufgetragen. Die Kinnpartie zittert. Im Kurzfilm „My refugee story“ erzählen LGBTIQ-Personen, die von Syrien in den Libanon flüchteten, ihre Geschichte. Sie erzählen davon, wie sie von ihrer Familie gezwungen wurden, sich auszuziehen, um der Gesellschaft zu zeigen, wie ihre Körper ausschauen. Sie erzählen, wie sie aufgrund ihrer Trans*-Identitäten von der Schule geschmissen wurden. Sie erzählen von Diskriminierungen, von Gewalterfahrungen, von Todesdrohungen, von Vergewaltigungen.

„My refugee story“ ist das Ergebnis von Workshops für geflohene LGBTIQ-Personen, die gemeinsam mit der Medienorganisation „One more Cup“ und der Initiative „Mosaic Mena“ durchgeführt wurden. Beide Organisationen setzen sich für marginalisierte Gruppen im Libanon ein. In beiden Gruppen ist der ägyptische Filmemacher und Aktivist Mohamed Nour Metwally tätig. progress erzählte er die Entstehung von „My refugee story“:

UNHCR arbeitet gemeinsam mit der Initiative „Mosaic“ an Projekten für LGBTIQ Flüchtlinge. Da kam die Idee auf. einen Film zu produzieren. Als ich zu UNHCR ging, um erste Schritte zu besprechen, fand ich mich plötzlich in einem Vortrag für LGBTIQ Flüchtlinge wieder. Ich begann mit den Personen zu sprechen, fragte sie, was sie machen wollen. Die Antwort: Wir müssen einen Film machen, weil wir von Übergriffen betroffen sind, wir müssen aufzeigen, wie sehr wir im Libanon leiden. Es ist jedoch nicht möglich, mit den Personen auf die Straße zu gehen und die Belästigungen zu zeigen. Als ich das erste Mal in den Libanon kam, sagten mir alle, ich darf keine Fotos machen. Durch die verschiedensten politischen Parteien, die teilweise stark verfeindet sind, ist das sehr schwierig im Libanon. Daher hatte ich die Idee einen Medienkompetenz-Workshop zu machen. Die Leute lernten so selber die Techniken zur Entwicklung eines Dokumentarfilms – vom Drehbuchschreiben, bis hin zu Regie und dem Schneiden. Wir begannen mit dem Schreiben von Geschichten. Wir sammelten diese Geschichten, wählten manche davon gemeinsam aus und an einem Tag drehten wir den Film.

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Das Ergebnis sind sehr intime Geschichten, die von verschiedenen Formen von Gewalt und Diskriminierung gegenüber LBGTIQ Flüchtlingen erzählen. Es sind Eindrücke, die auch vom UNHCR bestätigt werden. So sind laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat LGBTIQ Flüchtlinge mit Gewalt und sexuellem Missbrauch vonseiten der „refugee community“ ebenso konfrontiert wie von der eigenen Familie. Diskriminierung und Belästigungen gehen von staatlichen als auch von nicht-staatlichen Organisationen aus. Dies zeigt eine Studie, in der UNHCR weltweit 106 Asylbehörden im Zeitraum Juli 2014 bis Mai 2015 zum Thema queere Flüchtlinge befragte. Eines der Ergebnisse: Obwohl 64 Prozent der Behörden angaben, mindestens eine Maßnahme im Aufnahme- oder Registrierungsprozess zu haben, die sich speziell an LGBTIQ Personen richtet, berichten trotz dem Wissen um Diskriminierung und Gewalt gegenüber queeren Flüchtlingen nur 14 Prozent von der Einrichtung sicherer Schutzzonen. Zudem seien die Befragungen im Asylverfahren oft unsensibel, unangebracht. Der Film ist ein kleines Puzzlestück wie der letzte Punkt – zumindest im Libanon – geändert werden könnte, erzählt Metwally:
Im Libanon wurde der Film nicht öffentlich gezeigt. Er wird als Toolkit für Schulungen zu sexueller Orientierung und Genderidentitäten verwendet. Besucht werden diese Schulungen von Vertreter*innen verschiedener NGOS, von Sozialarbeiter*innen, Sachbearbeiter*innen – von allen, die mit queeren Refugees in Berührung kommen. Der Film wurde sehr gut aufgenommen, weil vielen dieser Personen ein persönlicher Zugang zu LGBTIQ Personen fehlt. Durch das Aufzeigen verschiedener Arten von Diskriminierung mit denen LGBTIQ Personen konfrontiert sind, erhalten sie erstmals Einblick in die Probleme und beginnen zu verstehen.

So hoffnungsvoll zeigt sich der Film jedoch nicht unbedingt. „Als ich mich endlich mit meiner Identität auseinander gesetzt und alles verarbeitet habe, traf ich nach wie vor auf Ablehnung und Zurückweisung von den Menschen, sie lehnten meine gesamte Existenz ab“, erzählt eine* der Protagonist*innen des Films. Das war der Punkt an dem sie die Hoffnung verlor – sowohl in Syrien als auch im Libanon.

Laut den Erfahrungen von Metwally gibt es trotzdem Unterschiede zwischen Syrien und dem Libanon, wenn es um LGBTIQ-Personen geht. Der Libanon sei offener. Stattdessen ist dort der Rassismus, insbesondere gegenüber Menschen aus Syrien ein großes Problem. „Es gibt einen Groll zwischen den beiden Ländern, weil Syrien den Libanon vor langer Zeit besetzte. Dadurch kommt eine Ebene des Rassismus gegenüber syrischen Flüchtlingen dazu“, erzählt Metwally. Die untragbare Situation für LGBTIQ-Personen in Syrien hat sich erst mit dem Krieg zum Schlechten gewandelt. Ob der Filmemacher und Aktivist an eine erneute Änderung in der MENA-Region (Middle East & North Afrikca) glaubt?

Ich denke, dass die Bildung diesbezüglich eine große Rolle spielt. Bevor ich in den Libanon kam, wusste ich nichts über Gender Studies. Als ich herkam, besuchte ich Schulungen zu Menschenrechten, zu sexuellen Orientierungen, zu Genderidentitäten. Ich lernte verschiedene Begriffe kennen. Ich lernte, dass es einen riesigen Unterschied zwischen Geschlecht und Sexualität gibt. So ging es auch vielen meiner Freund*innen, die von Algerien, von Tunesien oder auch vom Libanon nach Ägypten kamen, um Gender Studies zu studieren. All diese Personen und auch ich können ihre Gesellschaften, ihre Familien, durch das Wissen, das sie erlangt haben, positiv beeinflussen. Wenn man mit diesem Wissen spricht, kann man zu mehr Akzeptanz und Verständnis beitragen. Denn Stigma wird vom Nicht-Wissen produziert. Die Gesellschaft lehrt uns nur bestimmte Geschlechterrollen. Sie lehrt uns nicht, dass diese geändert werden können. Durch Bildung, durch das Sprechen über diese Dinge, beginnen die Menschen verschiedene Identitäten mehr zu akzeptieren.

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Derzeit ist es eines der Probleme noch die Unterbringung in den Zielländern. Viele der vom UNHCR befragten Behörden berichteten, dass die Akzeptanz von LGBTIQ-Personen in den Unterkünften niedrig sei, insbesondere in großen Camps. Auch Metwally kennt diese Problematik vom Libanon.
Es gibt kaum Personen, die in einer geeigneten Unterkunft wohnen. Hinzu kommt das Rassismus Problem im Libanon. Es gibt verschiedene Regionen, die unterschiedlich – je nach Religion – kategorisiert sind. Christ*innen werden getrennt, Muslim*innen werden getrennt und innerhalb der jeweiligen Regionen gibt es wieder Trennungen. Das heißt, auch LGBTIQ Flüchtlinge werden nach diesen Merkmalen untergebracht.

Er ist sich jedoch bewusst, dass es auch in Europa Aufholbedarf in der Unterbringung von queeren Flüchtlingen gibt:
Du kannst geflüchtete LGBTIQ Personen nicht in eine heterosexuelle Unterkunft geben. Viele der Personen kommen nach Europa und erwarten hier ein besseres Leben, erwarten Zugehörigkeit, „gay prides“, usw. Dann kommen sie in eine Flüchtlingsunterkunft und damit in eine Gesellschaft von der sie eigentlich flüchteten. Daher braucht es unbedingt individuelle Unterbringungsmöglichkeiten.

 

Valentine Auer arbeitet als freie Journalistin in Wien.

Vienna calling: Refugees welcome!

  • 04.10.2015, 16:00

Am 3. Oktober 2015 gingen schätzungsweise 70.000 Menschen unter dem Motto „Flüchtlinge Willkommen“ auf die Straße. Die Demo zog sich vom Wiener Westbahnhof bis zum Heldenplatz. Dort fand anschließend das Konzert „Voices for Refugees“ statt, dem weit über 100.000 beiwohnten. Christopher Glanzl hat die Stimmung für progress eingefangen.

Politischer Prozess

  • 20.03.2014, 12:56

Nikolai Schreiter für progress online über den de facto unmöglichen Zugang zum Asylverfahren auf legalem Weg und warum nicht nur der aktuelle Prozess wegen „Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung“ in Wiener Neustadt als Politikum verstanden werden muss. Ein Kommentar.

Nikolai Schreiter für progress online über den de facto unmöglichen Zugang zum Asylverfahren auf legalem Weg und warum nicht nur der aktuelle Prozess wegen „Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung“ in Wiener Neustadt als Politikum verstanden werden muss. Ein Kommentar.

Acht Männer aus Pakistan werden festgenommen und mit dem Vorwurf der „Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung“ in Untersuchungshaft gesteckt. In Kombination stehen darauf bis zu zehn Jahre Haft. Dort sitzen sie monatelang ohne Anklage. Diese liegt beim Gericht, wird angefochten, für rechtskräftig erklärt, dann dauert es noch ein bisschen – und siebeneinhalb Monate nach den Festnahmen, am 17.03.2014, findet der erste Prozesstermin statt. Was ist daran politisch?

Der erste Anhaltspunkt ist die Repression gegen die Refugeeprotestbewegung durch Polizei und Innenministerium: Die Festnahmen fanden alle in den Tagen nach acht medial und von Protest außergewöhnlich breit begleiteten Abschiebungen nach Pakistan statt. Die Abgeschobenen kamen aus dem Umfeld der Refugee Camp Vienna, der Bewegung, die seit November 2012 gegen Rassismus und für die Rechte von Asylsuchenden und Migrant_innen kämpfte. Abschiebungen nach Pakistan sind ansonsten selten, diese acht haben dennoch stattgefunden. Die Verhaftungen wegen „Schlepperei“ direkt im Anschluss haben das mediale Bild von den geflüchteten Aktivisten verändert, weil einige der Eingesperrten auch zum Umfeld des Servitenklosters gehörten, in das der Protest zu diesem Zeitpunkt von staatlichen und kirchlichen Autoritäten bugsiert worden war. Waren sie während des Protests und gerade durch die Abschiebungen die armen Opfer, denen Unrecht geschieht und die sich dagegen unter starkem öffentlichen Ressentiment auflehnten, wurden sie mit den Festnahmen – medial immer im Kollektiv gehandelt – zu den „bösen Schlepperbossen“. Die Caritas, Hausherrin im Kloster, fühlte sich ausgenutzt und die in Österreich auch aufgrund ihrer relativen Selbstbestimmung ohnehin höchstens tolerierte Bewegung war vollends delegitimiert.

Dahinter Absicht zu vermuten, ist eine Unterstellung aufgrund von Erfahrung. Die strafrechtliche Verfolgung politisch Bewegter mittels Unterstellung organisierter Kriminalität hat in Österreich fast schon Tradition: Im Falle der AMS-4 aus dem Umfeld der unibrennt-Bewegung und der Tierschützer_innen zwar wenig justitiabel, wenn es aber gegen „Fremde“ geht, auch mit heftigen Urteilen: Im Rahmen der Prozesse um die „Operation Spring“ wurden insgesamt mehrere hundert Jahre Haft verhängt. In jedem Fall – auch bei Freisprüchen – trugen die Bewegungen, aus der die jeweils Verfolgten kamen, politischen und die Angeklagten großen persönlichen Schaden davon.

Ein weiterer Grund, warum dieser Schleppereiprozess – unabhängig davon, ob die Angeklagten tatsächlich Menschen über Grenzen geholfen haben – ein politischer, eigentlich politökonomischer, ist, bezieht sich auf die Gesellschaft, die den entsprechenden Paragraphen hervorbringt: Als „Schlepperei“ verfolgt, wird nach Fremdenpolizeigesetz §114 insbesondere die entgeltliche Unterstützung von Menschen beim Grenzübertritt, denen staatlich, also von der Instanz, die Grenzen schafft, der Grenzübertritt untersagt ist. Nationalstaaten und ihre Grenzen wiederum sind notwendig, um die aktuelle Funktionsweise der Gesellschaft – Kapitalismus – aufrecht zu erhalten. Der Staat garantiert als Souverän seinen Bürgern und Bürgerinnen Rechte. Darunter auch jene, sich im Staatsgebiet aufzuhalten, zu arbeiten und als freie und gleiche Warenbesitzer und WarenbesitzerInnen Geschäfte abzuschließen, also aus Geld mehr Geld zu machen. Allen anderen, also denen ohne den entsprechenden Pass, verwehrt der Staat diese Rechte. Um dies wirksam zu tun, muss er sie unter anderem gewaltsam davon abhalten, auf seinem Staatsgebiet Dinge zu tun, die er nicht möchte – in diesem Fall: sich darin aufhalten. Deshalb müssen im Kapitalismus Grenzen kontrolliert, Asylanträge abgelehnt und Menschen abgeschoben werden. „Der Schlepper“ - so er denn wirklich Entsprechendes tut und nicht nur dessen bezichtigt wird – nun unterläuft diesen staatlichen Zugriff und verschafft den vom Nationalstaat Ausgeschlossenen Zutritt. Grenzen und ihr Übertritt unterliegen strenger Kontrolle und die sie illegalerweise Übertretenden können selten einfach ein Ticket kaufen. Stattdessen müssen sie gefährliche, oft tödliche Reiserouten und Verkehrsmittel wählen, etwa Container oder Schlauchboote. Dass diese Gefahren und Zumutungen als moralische Unmenschlichkeit „dem Schlepper“ angelastet wird, ist staatstragende Ideologie. Es ist die Grenzabschottung, die Menschen gefährdet und tötet, nicht die Boshaftigkeit einzelner.

Das allseits beschworene Recht auf Asyl wird durch die Unmöglichkeit, Grenzen legal zu übertreten ad absurdum geführt. Es gibt de facto keine Möglichkeit, in Österreich oder einem anderen EU-Staat Asyl zu beantragen, ohne sich dort aufzuhalten. Asylanträge können nur im Inland gestellt werden, hierzu ist also eine Einreise notwendig. Wird kein Visum gewährt (wie in den allermeisten Fällen), bleibt nur der illegale Weg – und dabei ist oft Hilfe nötig. Diese bieten Schlepper an.

Weil wir im Kapitalismus leben, braucht auch der Schlepper Geld. Er bietet eine Dienstleistung an und verlangt dafür in manchen Fällen Geld, einfach weil die Dienstleistung zahlungskräftig nachgefragt wird. Dienstleistung gegen Bezahlung ist Tausch, ein zutiefst kapitalistischer Vorgang, der den Staat als Hüter des Kapitalismus normalerweise nicht stört. Hier steht er dennoch unter Strafe.

Schlepperei sowie das im Rahmen des illegalisierten Grenzübertritts stattfindende Leid und Tod werden also notwendigerweise vom Kapitalismus und seinem bewaffneten Garanten Nationalstaat hervorgebracht. Im besten staatsbürgerlichen Bewusstsein werden sie aber nicht als eine weitere systemische Zumutung begriffen, deren Erkennen nur zur Kritik des falschen Ganzen führen könnte, sondern moralisierend auf „Schlepper“ projiziert. Mit ihrer Verfolgung werden der Staat, ursächlich für das nicht zu leugnende Leid, und sein Hüter zur Schutzinstanz derer stilisiert, die das Leid seiner Grenzabschottung zu tragen haben. Denn anders als Kapital, Staat, Nation und Grenzen kann „der böse Schlepper“ weggesperrt werden. Ist er einmal hinter Gittern, kann die tödliche Normalität weiter wüten.

Für weitere Informationen und Updates zum Prozess: http://solidarityagainstrepression.noblogs.org/

Nikolai Schreiter studiert Internationale Entwicklung an der Universität Wien.

Menschenrechte statt Charity

  • 08.12.2013, 15:01

Die österreichische Refugee-Protestbewegung begann am 24. November 2013 mit einem Protestmarsch vom Flüchtlingslager Traiskirchen nach Wien. Nach monatelanger Besetzung der Votivkirche lebten die Flüchtlinge von März bis Ende Oktober im Wiener Servitenkloster. progress online hat die Refugee-AktivistInnen und deren UnterstützerInnen dort besucht.

Die österreichische Refugee-Protestbewegung begann am 24. November 2012 mit einem Protestmarsch vom Flüchtlingslager Traiskirchen nach Wien. Nach monatelanger Besetzung der Votivkirche lebten die Flüchtlinge von März bis Ende Oktober im Wiener Servitenkloster. progress online hat die Refugee-AktivistInnen und deren UnterstützerInnen dort besucht.

Nach der rund elfwöchigen Besetzung der Wiener Votivkirche übersiedelten 63 Flüchtlinge in das naheliegende Servitenkloster. Die meisten von ihnen stammen aus Pakistan. Das Kloster stand zu diesem Zeitpunkt leer und diente den Refugees bis Ende Oktober als Wohnort. Die Betreuung erfolgte durch MitarbeiterInnen der Caritas und war nicht konfliktfrei abgelaufen. Ende Juli hatte die Polizei das Kloster gestürmt. Dabei wurden acht Pakistanis wegen angeblichem „Schlepperverdacht“ festgenommen. Sie wurden schließlich nach Pakistan abgeschoben. Die Stimmung der Refugees war während dieser Zeit bedrückt und von der Angst geprägt auch abgeschoben zu werden.

Der Keller des Servitenklosters diente den Refugees und den AktivistInnen als Aufenthalts- und Begegnungsraum. In ihm diskutierten sie über das Asylrecht und über die Lebensbedingungen in den Flüchtlingswohnheimen. Auf Plena wurden Demonstrationen und Aktionen geplant. Dort haben die Refugees gemeinsam mit ihren aktiven UnterstützerInnen ihr gemeinsames Abendessen eingenommen. Aus Angst vor Polizeidurchsungen und Abschiebungen schliefen sie lieber gemeinsam. So diente der Keller trotz der feuchten Wände und des modrigen Geruchs für viele Flüchtlinge auch als Schlafraum.

In einem weiteren Trakt des Klosters befanden sich die Zimmer der Flüchtlinge, in denen sie ihr Hab und Gut untergebracht hatten. Meist lebten in diesen Zimmern jeweils zwei Refugees miteinander. Sie selbst hatten das Kloster nach eigenen Angaben nie als typisches Flüchtlingslager gesehen, in dem es keine andere Möglichkeiten als zu essen und schlafen gäbe. Vielmehr war das Servitenkloster ein Ort des Protests und der Selbstorganisation. Österreichweit war dies die erste Protestbewegung, bei der sich Flüchtlinge selbst politisch zu Wort gemeldet und den Protest eigenständig organisiert haben – eine Besonderheit in einem Land, das in Europa das Schlusslicht an selbstorganisiertem zivilgesellschaftlichen Protest darstellt. Während der Proteste sind auch viele Freundschaften zwischen den Flüchtlingen und den AktivistInnen entstanden.

Isabelle Massoud* (21) engagierte sich bereits im November 2012 bei der Refugee-Protestbewegung. Die Politikwissenschaftsstudentin hatte zuvor ein Praktikum beim UNHCR gemacht und arbeitet bei der Diakonie im Flüchtlingsheim Traiskirchen in der Rechtsberatung. Dass Flüchtlinge aus Pakistan kein Asyl bekommen, kann Massoud nicht nachvollziehen: „Für Flüchtlinge aus Pakistan gibt es in Österreich eine Anerkennungsrate von nur einem Prozent, während es für jene aus Afghanistan 46 Prozent sind. Auch wenn die Gruppe hier keine homogene ist, so gibt es unter ihnen schiitische Paschtunen, die definitiv verfolgt werden und deren Sicherheitslage sehr schlecht ist.“

Die Abschiebung von pakistanischen Flüchtlingen führt sie auf das mangelhafte außenpolitische Wissen der österreichischen BeamtInnen und PolitikerInnen zurück: „Die meisten Asylanträge werden wegen der Lücken in der Staatendokumentation negativ beschieden. Außerdem wird die Sicherheitslage innerhalb des Heimatlandes des Flüchtlings zum Zeitpunkt der Abschiebung nicht nochmals geprüft.“ Sie ergänzt: „Momentan sind nicht einmal die Wahlergebnisse der bereits vor Monaten abgehaltenen Wahlen in Pakistan in die Staatendokumentation eingearbeitet. Das ist wirklich erschreckend, denn in anderen EU-Ländern sind die Dokumentationen auf dem aktuellen Stand.“

*Der Name wurde auf Wunsch der Interviewpartnerin geändert und ist der Redaktion bekannt.

Mir Jahangir Awan (25) kommt aus Kaschmir und ist einer der Refugees, die aus politischen Gründen aus ihrer Heimat fliehen mussten. Awan studierte Business Management und engagierte sich in einer StudentInnenorganisation gegen pakistanische Verwaltung der Region Kaschmir. Als ihn die pakistanische Intelligent Security Agency verfolgte, beschloss er, aus der Region zu fliehen. Da Mir Jahangir Awan im Jahr 2005 in seiner Heimatstadt Muzaffarabad mit österreichischen UN-Truppen gut zusammengearbeitet hatte, beschloss er nach Österreich zu fliehen. Nach seiner Ankunft in Österreich im Herbst 2011 meldete er sich freiwillig als Flüchtling in Traiskirchen. Die Situation in Traiskirchen war sehr schlecht. Es gab eine große Anzahl an Flüchtlingen, die in einem Zimmer mit zwanzig Betten untergebracht waren und die Situation war sehr schwierig, da Flüchtlinge aus den unterschiedlichen Ländern und Kulturen in diesem Raum schlafen mussten. Das Essen war auch sehr schlecht und wenn man das Frühstück verpasste, so erhielt man keines mehr“, erzählt Mir Jahangir Awan von seinen Erfahrungen und ergänzt: „Das Flüchtlingslager Traiskirchen zu verlassen wurde mir verboten. Ich habe mich wie in einem Gefängnis gefühlt.“

Nach einem Monat in Traiskirchen wurde Mir Jahangir Awan in ein Flüchtlingslager im Bezirk Vöcklabruck (Oberösterreich) überstellt: „Während dieser Zeit habe ich mich an der FH Steyr an der Fakultät für Management beworben. Ich hatte die Anforderungen erfüllt. Doch leider wurde ich nicht zugelassen, da ich keinen Reisepass besitze.“ Er berichtet, dass er im Flüchtlingslager nichts – abgesehen von essen und schlafen – machen konnte. „Als ich von dem Protest in Wien gehört hatte, habe ich mich im Dezember 2012 dem Protest angeschlossen. Wir gehörten zu den 60 Leuten, die damals in der Votivkirche waren und wir haben viel Öffentlichkeit und Sympathien von der österreichischen und europäischen Zivilgesellschaft bekommen“, erzählt Mir Jahangir Awan. Er erläutert auch seine politische Sicht: „Der österreichische Staat reagiert nun verärgert, weil wir auf die wahre Situation der Asylpolitik aufmerksam gemacht haben. Die PolitikerInnen möchten ein Zeichen zu setzen, um andere Flüchtlinge abzuschrecken.“

Mir Jahangir Awan hat große Angst nach Pakistan abgeschoben zu werden: „Wenn ich nach Pakistan zurückkehren muss, dann werde ich von der pakistanischen Federal Agency am Flughafen verhaftet und in ein Gefängnis für sechs Monate ohne Verfahren und Anhörung gesteckt – und niemand wird jemals davon erfahren.“

„Österreich ist ein reiches Land und wir können es uns nicht leisten, Menschen in Kriegsregionen zurückzuschicken. Das ist eine Schande“, hält der Politikwissenschafts- und Philosophiestudent Louis Reumann (19) entschieden fest. Seit Dezember 2012 ist er innerhalb der Refugee-Protestbewegung aktiv und erzählt, wie er damals in der Votivkirche viele offene Leute kennengelernt und sich mit „Händen und Füßen“ verständigt hat. Reumann gehört zu den 50 bis 70 AktivistInnen, die ganz eng mit den Refugees zusammenarbeiten. Er kümmert sich um die Pressearbeit sowie um Krankenhausbesuche und gibt den Refugees psychischen Halt. Die Situation der Flüchtlinge betrachtet Reumann kritisch: „Man kann zwar hier leben, aber die Bedingungen sind nicht human. Ich persönlich würde seitens der Kirche die Menschen hier nicht in diesem feuchten Keller schlafen lassen.“

Besonders berührt hat ihn die Teilnahme am Protest-Songcontest, bei der die Refugees den zweiten Platz erhielten. Reumann erzählt aber auch von seinen negativen Erlebnissen: „Im Jänner 2013 haben Neonazis versucht in die Votivkirche einzudringen und sind am Eingangstor hochgeklettert. Wir haben damals die Leute weggebracht und sind in ein Lokal geflohen.“ Auch mit den österreichischen PolitikerInnen hat er schlechte Erfahrungen gemacht: „ Einmal waren wir beim SPÖ-Kanzlerfest und dort habe ich mit Josef Cap über die Situation der Refugees geredet. Cap hat mir damals erzählt, dass die Wahlen in Pakistan demokratisch wären und dass wir die Sicherheitslage unterschätzen würden. Die Flüchtlinge könnten seinem Erachten nach durchaus nach Pakistan zurückgeschickt werden, weil es ein sicheres Land sei. Das war sehr zynisch und ich glaube, dass es da auch um rechte WählerInnenstimmen geht.“

Auch Nisar Ali (22) – links im Bild - ist ein politischer Flüchtling und hat in Pakistan Informatik studiert. Sein Heimatort im pakistanischen Swat Valley ist nur drei Kilometer von jenem der Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai entfernt. Malala ist mittlerweile für ihr Frauenrechtsengagement weltweit bekannt. „Im Swat Valley leiden wir besonders stark unter dem Terror der verschiedenen Terrorgruppen. Al-Quaida ist nur eine von über 30 Organisationen“, erklärt Nisar Ali und ergänzt: „Viele Menschen leiden unter Selbstmordanschlägen und Entführungen. Auch ich hatte Probleme mit Terrorgruppen und der Regierung und habe deshalb Pakistan verlassen.“ Er erzählt davon, dass in den letzten Jahren über 60.000 Menschen durch Bombenanschlägen oder Selbstmordanschlägen getötet wurden. Nisar Ali erzählt von seinen Hoffnungen und seinen Träumen sich in Europa ein Leben aufzubauen. Heute resigniert er: „In Pakistan musste ich jeden Tag damit rechnen getötet zu werden. Mittlerweile denke ich aber, dass es besser gewesen wäre in Pakistan zu bleiben. Denn hier lebe ich wie in einem Gefängnis.“ Auch er kann sein Studium in Österreich aus rechtlichen Gründen nicht fortsetzen. Außerdem, erzählt er, dass ihm selbst der Besuch eines Deutschkurses nicht möglich sei, da er keinen Aufenthaltstitel hat.

Die Abschiebung der acht Pakistanis hat auch ihn sehr erschüttert. Nisar Ali kann das Vorgehen der österreichischen Behörden und PolitikerInnen nicht verstehen: „Die ganze Welt weiß, dass Pakistan ein unsicherer Staat ist. Wir haben keine Menschenrechte und können dort nicht leben. Abschiebungen in unsichere Länder sind komplett gegen die Menschenrechte.“ Er weist auch auf die Nichteinhaltung der polizeilichen Richtlinien bei der Abschiebung seiner Freunde hin: „Normalerweise werden den Menschen vor ihrer Abschiebung Briefe geschrieben und in Untersuchungshaft gesteckt. Doch das ist nicht geschehen. Sie haben unseren Freunden nicht die Chance zur Verteidigung gegeben.“ Auch Nisar Ali hat große Angst davor nach Pakistan abgeschoben zu werden. Denn mittlerweile hat er den dritten negativen Asylbescheid bekommen.

Ende Oktober haben die letzten Refugees das Wiener Servitenkloster verlassen und die Akademie der Bildenden Künste für einige Tage besetzt. Momentan wissen sie nicht, wie es mit ihnen weitergehen wird. Doch eines ist für sie gewiss: Sie wollen weiter zusammen bleiben und für ihre Forderungen als Vienna Refugee Movement kämpfen.

 

Das Refugee Protest Camp Vienna wurde für den respekt.net Weihnachts-Award nominiert!

Bis 15. Dezember 2013 könnt ihr täglich eure Stimme für die Refugee Protest Bewegung abgeben: www.respekt.net

Link zu den Awards: http://www.respekt.net/projekte-unterstuetzen/awards/awards-bei-respektn...

Es geht um ein Preisgeld von 5.000 EUR für die Refugees!

 

Sami hat uns auf folgende Fakten aufmerksam gemacht, die wir hiermit gerne veröffentlichen:
"Ein kleiner Fehler ist mir aufgefallen: "Die Betreuung erfolgte durch MitarbeiterInnen der Caritas und war nicht konfliktfrei abgelaufen. Ende Juli hatte die Polizei das Kloster gestürmt. Dabei wurden acht Pakistanis wegen angeblichem „Schlepperverdacht“ festgenommen. Sie wurden schließlich nach Pakistan abgeschoben."

Im Juli ist zuerst das sogenannte "gelindere Mittel" (Schubhaftersatzmaßnahmen bei der sich Betroffene täglich bei der Fremdenpolizei melden müssen um sich kontrollieren zu lassen) über (soweit ichs noch im Kopf hab) 21 Refugees gegeben. Dann wurden auf einen Schlag bei einer solchen täglichen Kontrolle (zu der die Refugees ja gehen mussten) 8 dieser festgenommen. Die übrigen über die diese Maßnahme verhängt wurde, wurden vermutlich nur deshalb nicht festgenommen, weil sie der Kontrolle fernblieben.

Die 8 Festgenommen wurden abgeschoben, 7 nach Pakistan, einer nach Ungarn (sogenannte Dublin II Abschiebung).

Während diesbezüglich gerade die Wellen des Protests hochgingen, wurden dann weitere Menschen festgenommen, davon 3 aus dem Refugeebewegungskontext. Ihnen wird seitdem "Schlepperei" vorgeworfen, sie sitzen seitdem in Österrreich in U-Haft, derzeit in Wiener Neustadt (die aus dem Tierschutzprozess berüchtigte Staatsanwaltschaft Wr Neustadt kümmert sich um den Fall http://wien.orf.at/news/stories/2619435/)."

 

 

Inside the Refugeeprotest

  • 05.11.2013, 17:16

„24 Flüchtlinge suchen ab sofort gemeinsame, selbstverwaltete Unterkunft in Wien und näherer Umgebung. (120€ Miete/Pers. durch Grundversorgung und gemeinsame Adaptierung/ Renovierung möglich).“ So ähnlich lauten die Suchaufrufe auf der Seite der Refugee - Protestbewegung. Die Flüchtlinge mussten heute am 5.11.13 die Akademie der bildenden Künste endgültig verlassen.

„24 Flüchtlinge suchen ab sofort gemeinsame, selbstverwaltete Unterkunft in Wien und näherer Umgebung. (120€ Miete/Pers. durch Grundversorgung und gemeinsame Adaptierung/Renovierung möglich).“ So ähnlich lauten die Suchaufrufe auf der Seite der Refugee - Protestbewegung. Die Flüchtlinge mussten heute am 5.11.2013 die Akademie der bildenden Künste endgültig verlassen.

„Solidarität zu zeigen heißt ja nicht, illegale Besetzungen zu dulden. Dies ist schließlich keine Wohnstätte.“, meinte Eva Blimlinger am Montagnachmittag. Die Rektorin der Akademie der bildenden Künste, in der sich seit letzter Woche Dienstag die zuletzt aus dem Servitenkloster übersiedelten Flüchtlinge befanden, will einzelne Räume bis Ende November zur Verfügung stellen. Allerdings nur stundenweise, eine gemeinsame Übernachtung solle nach heutigem Ablauf der Frist nicht mehr möglich sein. Bis zur Mittagszeit sollten die Flüchtlinge samt Hab und Gut aus der Akademie verschwunden sein. Dieses Angebot löste unter den Zuhörer_innen Empörung aus. Einen Raum für Versammlungen zu finden sei bisher nicht das Problem gewesen, vielmehr gehe es um einen gemeinsamen Übernachtungsort. In getrennten Unterkünften sei die Angst vor weiteren Abschiebungen zu groß. „Die Leute sind doch nicht ein Jahr im Protest, um jetzt ausgedruckte Stundenpläne zu bekommen“, so ein Zuhörer der Pressekonferenz.

„Im Rektorat verfolgen wir eine klare Linie“, verteidigte sich Blimlinger im Gespräch mit den anwesenden Journalist_innen. „Der Wunsch nach geregelter Normalität im Uni-Alltag wurde innerhalb der Akademie schon mehrfach geäußert.“

Normalität herrschte hier während der letzten Tage nicht. Dessen sind sich auch die Flüchtlinge bewusst. „Wir wissen, dass die Akademie ein Ort zum Lernen ist, kein Ort für Proteste. Aber es gab keine andere Möglichkeit für uns.“ So Mir Jahangir, einer der Sprecher der Flüchtlinge. „Unsere Zukunft wurde von der österreichischen Regierung zerstört. Wenn wir hier nicht bleiben können, warum wurden wir hier festgenommen? Trotz einem abgeschlossenen Studium habe ich keine Möglichkeit zu arbeiten oder mich weiterzubilden. Wenn ich abgeschoben werde, werde ich eingesperrt. Mit 25 Jahren fühlt es sich an, als ob mein Leben vorbei wäre. Wo sind die Menschenrechte in diesem Land? Niemand will Verantwortung übernehmen - es sind immer ‚die Anderen’ zuständig. Mit unseren Leben wird nur gespielt.“

Doch hinter der Kraftlosigkeit des monatelangen Protestes steckte auch Hoffnung. Ich wollte sie sehen, wollte wissen, was außer Pressekonferenzen und Plena das alltägliche Leben der Flüchtlinge bestimmt. Ich blieb über Nacht.

Mir Jahangir im Gespräch mit Eva Blimlinger. Foto: Christina Musa Mylko

Sonntag Abend. Es könnte zu diesem Zeitpunkt der letzte in der Akademie sein. Um 19 Uhr begann das Plenum. Die Flüchtlinge, die Unterstützer_innen und Gäste überlegten, wie es am nächsten Tag weitergehen sollte. Zu einer Entscheidung sollte es an diesem Abend nicht mehr kommen. Nach einigen Stunden löste sich die Versammlung auf. Einige legten sich in den zu einem Schlafsaal umfunktionierten Hörsaal. Der Rest besprach weiter, was zu tun sei.

Ich setzte mich zu Mir auf eine der Matratzen in der Aula. Er zeigte mir Fotos und Videos aus seinem Heimatland, erzählte, wie seine Heimatstadt 2005 von einem Erdbeben zerstört wurde. Ich blickte kurz verwundert auf das Smartphone in seiner Hand. Es ist nicht Mirs Handy, aber trotzdem versteht er nicht, warum die Medien Flüchtlinge immer verwahrlost aussehen lassen wollen. Er erzählte, wie er Musik hörend vor der Türe des Servitenklosters stand und ihm zwei vorbeigehende Männer abschätzig „Sieh an, einer der Flüchtlinge. Trägt ein schönes Hemd und hat ein Smartphone. Schlecht kann es denen ja nicht gehen” hinterherriefen. „Ja, es sind Flüchtlinge, aber es sind auch Menschen mit Rechten - zumindest sollten sie das sein. Das vergessen auch manche Medien leider immer wieder“, fügt ein Anwesender in der Akademie später hinzu.

Im Büro der ÖH der Bildenden Künste wurde telefoniert und organisiert, in der dazugehörigen Küche wurde auch morgens um drei noch gemeinsam gekocht. Nachdem sich alle vergewissert hatten, dass ich wirklich nichts mehr essen wollte, beschloss ich schließlich doch zu schlafen. Neben mir wurden noch Plakate beschrieben, Menschen liefen vorbei, es wurde geredet. Die Nervosität und Ungewissheit der vielleicht letzten Nacht lag in der Luft. Es sollte für alle ein unruhiger Schlaf werden.

Foto: Christina Musa Mylko

Am Montag um sieben klingelte der erste Wecker. Menschen gingen ein und aus, besprachen sich, bereiteten sich auf das für zehn Uhr angesetzte Gespräch mit der Rektorin vor. Das Medieninteresse war enorm, doch beinahe alle Medienvertreter_innen verschwanden kurze Zeit nach der Pressekonferenz wieder. Zurück blieb Unsicherheit. Wie es weitergehen sollte, wusste niemand. Während sich die Flüchtlinge berieten und in der Aula eine Dokumentation über den Protest gezeigt wurde, mobilisierten einige Unterstützer_innen zu einer Spontandemonstration vor dem Hauptgebäude der Universität Wien. Abends startete ein Plenum in der Akademie. Fragen wie ‚Wo werden die Flüchtlinge ab morgen wohnen? Wie wird die Protestbewegung weiter existieren?’ wurden besprochen. Auch nach Stunden waren viele Fragen noch ungeklärt. Ich fragte einen der Flüchtlinge, warum er nicht mitdiskutierte.  „Vielen ist die Kraft ausgegangen. Seit einem Jahr kein richtiger Schlaf, seit einem Jahr keine richtigen Mahlzeiten. Ich verspüre kaum noch Hunger. Das Lager war wie ein Gefängnis, abgeschottet von der Außenwelt. Das letzte Jahr war anstrengend, sowohl die Zeit in der Votivkirche als auch die im Keller des Servitenklosters. Wir brauchen einfach Ruhe, ein bisschen seelische Entspannung.“ Währenddessen ging die hitzige Debatte in der Aula weiter. Auch als ich mich schließlich am Abend auf den Heimweg begab, konnte noch kein genauer Plan beschlossen werden.

 

*** Update der Redaktion: Heute, am 5.11.13, zogen die Flüchtlinge aus der Akademie aus. Eine Unterkunft wird weiterhin gesucht. ***

*** Update 2 der Redaktion: Morgen, am 6.11.13 findet ein Plenum um 11:00 in der Aula der Akademie der Bildenden Künste statt ***

Mir Jahangir mit Redakteurin Christina Musa Mylko. Foto: Mustafa Naqvi

Ein Schleier, der sich über die Existenz legt

  • 18.10.2013, 21:23

Der Verein Hemayat bietet seit 1994 traumatisierten Folter- und Kriegsüberlebenden medizinische, psychologische und psychotherapeutische Betreuung. Die Psychologin und Psychotherapeutin Barbara Preitler hat den Verein mitbegründet. Claudia Aurednik sprach mit ihr über die Traumata von Flüchtlingen.

Der Verein Hemayat bietet seit 1994 traumatisierten Folter- und Kriegsüberlebenden medizinische, psychologische und psychotherapeutische Betreuung.  Die Psychologin und Psychotherapeutin Barbara Preitler hat den Verein mitbegründet. Claudia Aurednik sprach mit ihr über die Traumata von Flüchtlingen.

progress: Das Wort Hemayat bedeutet im Arabischen Betreuung und Schutz. Hat es vor der Gründung des Vereins keine Betreuungsmöglichkeiten für traumatisierte Kriegsflüchtlinge gegeben?

Barbara Preitler: Erst Anfang der 1990er Jahre kam man in Mitteleuropa zu der Erkenntnis, dass Menschen mit traumatischen Erlebnissen – wie etwa Krieg, Flucht und Folter – psychotherapeutisch betreut werden müssen. Im Laufe des Balkankriegs wurden einzelne Initiativen gegründet, die sich um  Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien gekümmert haben. Wir aber waren der erste Verein, der Folter- und Kriegsüberlebende psychotherapeutisch betreut hat. Unser erstes Jahresbudget, in der Höhe von 10.000 US-Dollar, haben wir damals von der UNO bekommen. Eine NGO, die Deutschkurse angeboten hat, hatte uns erlaubt nach Kursende ihre Räumlichkeiten zu nutzen. Im Laufe der Zeit haben wir uns als Verein etabliert. Dennoch mussten wir ständig mit Mängeln kämpfen. Diese reichten von zu wenig Geld und Personal bis hin zu fehlenden Räumen und unzureichenden  Sprachkenntnissen. Nur zu wenige KlientInnen hatten wir nie. Aktuell warten 300 Personen auf einen Therapieplatz bei Hemayat.

Aus welchen Ländern kommen Ihre KlientInnen? 

Unsere KlientInnen kommen aus circa 40 verschiedenen Ländern. Die meisten stammen aus dem Iran sowie aus arabischen und afrikanischen Ländern. Derzeit betreuen wir sehr viele Menschen aus Tschetschenien und Afghanistan und langsam kommen auch immer mehr syrische Flüchtlinge zu uns.

Unter welchen psychischen Problemen leiden Ihre KlientInnen? 

Viele leiden an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Diese tritt meist nach einem außergewöhnlich schlimmen Erlebnis auf – mit unterschiedlichen Symptomen: Die Menschen leiden etwa an schmerzhaften Erinnerungen, die sich unterschiedlich zeigen. Manchmal erinnern sich die Betroffenen ständig an das Erlebte und beschreiben die Situation als eine Art Schleier, der sich über ihre gesamte Existenz legt und immer präsent ist. Bei Anderen ist es aber so, dass erst durch ein bestimmtes Ereignis die traumatischen Erlebnisse wieder hochkommen. Dies kann sich in Alpträumen und in den schlimmsten Fällen in Flashbacks äußern. Dem gegenüber stehen die Symptome der Vermeidung. Es wird alles getan, um die schmerzhafte Erinnerung abzublocken.

Treten in weiterer Folge auch Depressionen auf? 

Traumatisierte Menschen neigen generell dazu, besonders empfänglich für physische und psychische Erkrankungen zu sein. Im Zuge meiner wissenschaftlichen Tätigkeit beschäftige ich mich viel mit Trauer, die jedoch nicht als psychische Krankheit diagnostiziert werden kann. Trauer ist eine normale Reaktion auf Verlust. Die Flüchtlinge, mit denen ich arbeite, haben massive Verluste erlitten. Meist haben sie das Haus, die Freunde, ihre Peer-Groups, ihren Arbeitsplatz und ihre Haustiere verloren. Flüchtlinge, denen ausschließlich diese Dinge widerfahren sind, habe ich aber bislang nicht getroffen. Die meisten Flüchtlinge haben alle ihre Angehörigen verloren, ohne dass sie die Möglichkeit einer Verabschiedung hatten. Diese „komplizierte Trauer“ ist natürlich mit einer langanhaltenden Traurigkeit verbunden.

Was wird beim Umgang mit Flüchtlingen zu wenig beachtet? 

Meiner Ansicht nach findet die Tatsache, dass die Fluchtrouten selbst für die Flüchtlinge hochtraumatisch geworden sind, zu wenig Beachtung. Die meisten von ihnen sind oft monate- oder jahrelang unterwegs und den Schleppern ausgeliefert. Die Bandbreite der Arten von Schleppern reicht dabei vom brutalsten Menschenhändler bis zum größten Menschenfreund. Für die Flüchtlinge ist es aber eine reine Glückssache, an wen sie bei ihrer Flucht geraten. Denn sie sind rechtlos, man kann mit ihnen tun, was man will. Viele von ihnen sind dadurch noch zusätzlich traumatisiert worden. Es wäre also gut, wenn sie in „Welcome-Centers" und nicht in Polizeianhaltezentren aufgenommen werden würden.

Viele Frauen erleben im Krieg oder während der Folter sexuelle Gewalt. Sind sie dadurch stärker von Traumatisierungen betroffen?

Wir täuschen uns wirklich sehr, wenn wir davon ausgehen, dass ausschließlich Frauen vergewaltigt werden. Denn auch viele Männer wurden sexuell missbraucht und vergewaltigt. Diese Traumata werden jedoch tabuisiert. Frauen haben hingegen ein gemeinsames Wissen darüber, was ihnen in Kriegs- und Diktatursituationen passiert ist. Sie leiden besonders stark unter der Angst, dass die sexuelle Gewalt weitergehen könnte und dass ihre Männer davon erfahren könnten. Dennoch möchte ich da keine Opferhierarchie konstruieren. Es ist sowohl für Männer als auch für Frauen schrecklich, etwas Derartiges erlebt zu haben.

Was kritisieren Sie am Umgang mit Flüchtlingen in Österreich? 

Ich habe manchmal den Eindruck, als würde eine Schuldvermutung gegenüber allen AsylwerberInnen gelten. Es kann nicht sein, dass jemand, der um Asyl bittet, automatisch des Asylmissbrauchs bezichtigt wird. Bei dem Anspruch auf Asyl handelt es sich um ein Menschenrecht. Es ist schwer vorstellbar, dass jemand einfach aus Spaß, ohne etwas mitzunehmen seine oder ihre Heimat verlässt, sich Schleppern anvertraut, auf einem seeuntauglichen Boot nach Europa fährt und in griechischen Parks von Neonazis verfolgt wird. Daher sollten wir damit aufhören, diesen menschenverachtenden Generalverdacht über alle und jeden zu erheben. Ich mache diese Arbeit aus der tiefsten Überzeugung und weil jeder Mensch gewisse Grundrechte hat. Wenn jemand das Pech hat, Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu sein, dann hat dieser das Recht auf jede Formdes Schutzes und der Rehabilitation.

Die Autorin ist Zeithistorikerin, freie Journalistin und studiert derzeit Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der WU Wien.

Siehe auch: Schlepperei in Zeiten unbegrenzter Grenzen

Schlepperei in Zeiten unbegrenzter Grenzen

  • 18.10.2013, 20:52

Wenn es um Schlepperei geht, wird emotionalisiert. Wer trotzdem differenziert, muss die restriktive Asylpolitik der EU als eine ihrer größten Förderinnen erkennen.

Wenn es um Schlepperei geht, wird emotionalisiert. Wer trotzdem differenziert, muss die restriktive Asylpolitik der EU als eine ihrer größten Förderinnen erkennen.

„In DDR-Zeiten hießen ‚Schlepper’ übrigens ‚Fluchthelfer’ und alle (außer der SED) fanden sie ganz toll. Nur ein Gedanke.“ Mitten in der Augusthitze, als die „Schlepper-Mafia“ nach der Verhaftung von drei Aktivisten der Refugee-Bewegung gerade in aller Munde war, sorgte Armin Wolf mit diesem Tweet für ein wenig zusätzliche Erregung. Die FPÖ tat in einer OTS-Meldung ihre Empörung darüber kund, dass Wolf „doch tatsächlich schwerst kriminelle Schlepper mit idealistischen Fluchthelfern aus DDR-Zeiten vergleicht“. Helmut Brandstätter mokierte sich im Kurier: „Wenn jetzt Fluchthelfer aus der kommunistischen Diktatur DDR mit heutigen Schlepperbanden verglichen werden, hört sich der Spaß auf.“ Als Begründung erteilte er den LeserInnen Geschichtsunterricht: „Alleine an der Berliner Mauer wurden zwischen 1962 und 1989 mindestens 251 Menschen getötet, die von Deutschland Ost nach Deutschland West übersiedeln wollten.“ Unerwähnt blieb hingegen, dass in den vergangenen 25 Jahren alleine im Mittelmeer schätzungsweise 20.000 Bootsflüchtlinge ertrunken sind, die versucht haben von Afrika nach Europa zu gelangen. Um Spaß ist es beim Thema Flucht zu DDR-Zeiten genauso wenig gegangen wie heute.

Das Delikt der Schlepperei liegt laut Fremdenpolizeigesetz dann vor, wenn Menschen materiellen Gewinn daraus erzielen, den illegalen Grenzübertrittanderer zu fördern – auf freiwilliger Basis, ohne Gewaltandrohung, Vorspiegelung falscher Tatsachen und Machtmissbrauch. Dadurch ist es klar vom Delikt des Menschenhandels abgegrenzt. SchlepperInnen bringen Geschleppte für Geld über Grenzen. MenschenhändlerInnen beuten ihre Opfer aus. Dazu, dass dieser Unterschied in der rechtlichen Definition kaum jemandem bewusst ist, haben Medien – in Österreich wenig überraschend allen voran die Krone –, aber auch so manche PolitikerIn viel beigetragen: Schlepperei wird mit Brutalität und Skrupellosigkeit verknüpft und tritt reflexartigeAssoziationen mit schweren Gewalttaten und Menschenhandel los. Jeder Versuch einer differenzierten Auseinandersetzung mit Schlepperei und den strukturellen Widersprüchen der europäischen Flüchtlingspolitik, auf die sie verweist, erscheint in diesem Licht von vornherein als anrüchig.

Legale Fluchthilfe. Es macht aber durchaus Sinn, das Delikt der Schlepperei in einem größeren – auch historischen – Kontext zu reflektieren und dazu einen Blick in die deutsche Geschichte zu wagen. 1977 war auf organisierte Fluchthilfe angewiesen, wer aus der DDR floh, und der deutsche Bundesgerichtshof urteilte diesbezüglich: „Der Fluchthilfevertrag kann auch unter Berücksichtigung seines Gesamtcharakters nicht als verwerflichbetrachtet werden.“ Wer Flüchtende dabei unterstützt, „das ihnen zustehende Recht auf Freizügigkeit zu verwirklichen, kann sich auf billigenswerteMotive berufen und handelt sittlich nicht anstößig“. Für ihre Dienste durften FluchthelferInnen eine Vergütung verlangen, die sie auch vor Gericht einklagen konnten. Der stellvertretende Außenminister der DDR, Kurt Nier, kritisierte, dass damit „die Existenz und Tätigkeit krimineller Menschenhändler in der BRD legalisiert“ werde.

Heute ist fast immer auf „kommerzielle Fluchthilfe“ angewiesen, wer in Europa Schutz sucht. Aber ihre Bewertung in Europa hat sich seit dem Fall des Eisernen Vorhangs grundlegend gewandelt. Wo vormals von „Flucht“ die Rede war, geht es jetzt um „illegale Einreise“; aus nicht strafbaren Hilfs- undDienstleistungen wurde innerhalb weniger Jahre ein hochkriminalisiertes Verbrechen. Als Schlepperei wurde Fluchthilfe in den 1990ern zum strafbaren Delikt, das in weiterer Folge immer weiter ausgedehnt wurde – in Österreich zuletzt mit dem Fremdenpolizeigesetz 2005. Dr. Kurt Schmoller, damals Dekan der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg, attestierte eine „Überkriminalisierung“: Die Strafmaße seien unverhältnismäßig hoch und von der Möglichkeit der Definition von Ausnahmen – zum Beispiel für humanitäre Hilfe und die Zusammenführung von Angehörigen – wurde nicht Gebrauch gemacht.

Keine Fluchtwege. Die größten KritikerInnen der Missachtung des Rechts auf Freizügigkeit durch kommunistische Staaten arbeiten nunmehr selbst massiv an der Beschneidung der Mobilität eines beträchtlichen Teils der Weltbevölkerung. Die Möglichkeiten, auf reguläre Weise in ein europäisches Land einzureisen, um dort Asyl zu beantragen, wurden in den letzten 20 Jahren beinahe zur Gänze abgeschafft. Die viel verwendete Metapher der „Festung Europa“ beschreibt diese Situation nur dürftig. Aufgrund von Visapflicht, Drittstaaten-Regelungen und der Verlagerung der europäischen Grenzpolitik auf Transitstaaten scheitern viele Flüchtlinge nicht erst an den Grenzen der sich abschottenden europäischen Staaten. „Durch die Vorverlagerung der Grenzkontrollen werden sie bereits daran gehindert, ihren Weg in Richtung Europa überhaupt aufzunehmen“, konstatiert Tillmann Löhr in seinem Buch „Schutz statt Abwehr“ und schreibt deshalb von „Europas unbegrenzten Grenzen“.

Der Weg zum Asylverfahren führt heute folglich meist unweigerlich in die Illegalität und zur Inanspruchnahme „kommerzieller Fluchthilfe“. In diesem Sinne kamen John Morisson und Beth Crosland bereits 2001 in einem Paper für die UNHCR zu dem Schluss, dass ein großer Teil der Maßnahmen europäischer Staaten im Kampf gegen Schlepperei im Grunde Teil des Problems sei. Das restriktive europäische Grenzregime produziere nicht nur die Bedingungen, in denen die Nachfrage nach den Diensten von SchlepperInnen boomt. Die EU riskiere auch, das Menschenrecht auf Asyl in Europa faktisch abzuschaffen, solange keine ausreichenden legalen und sicheren Fluchtwege – beispielsweise durch Schutzvisa – geschaffen werden. Diese Zusammenhänge werden in der Regel jedoch weitgehend ignoriert. Leichter ist es, den Schwarzen Peter kriminellen Schlepperbanden zuzuschieben.

Auch nach dem Tod von über 300 Flüchtlingen vor Lampedusa am 3. Oktober ließen die Kampfansagen gegen Schlepperei nicht lange auf sich warten. EU-Kommissarin Cecilia Malmström kündigte prompt an, „die Anstrengungen im Kampf gegen Schleuser, die menschliche Hoffnungslosigkeit ausbeuten, zu verdoppeln“. Kausalitäten werden dabei einfach auf den Kopf gestellt, kritisiert der Oxforder Migrationsexperte Hein de Haas. Das neue Grenzkontrollsystem Eurosur wird nun als Maßnahme gegen das Sterben im Mittelmeer präsentiert. Dass die Bemühungen der Europäischen Grünen im entsprechenden Gesetz tatsächlich nennenswerte und konkrete Verbesserungen der Seenotrettung zu verankern, in den EU-Gremien wiederholt abgelehnt wurden, wird nicht dazu gesagt. Nur eine Woche später ertranken erneut Dutzende Flüchtlinge vor der italienischen Küste.

Zur Lage an der EU-Außengrenze kommt hinzu, dass mit der seit 2003 gültigen Dublin-II-Verordnung eine Situation geschaffen wurde, die Schlepperei auch innerhalb der EU fördert. Seither können Flüchtlinge nur in jenem Land Asyl beantragen, in das sie zuerst eingereist sind. Um den menschenunwürdigen Verhältnissen, denen AsylwerberInnen in Ländern wie Griechenland, Italien und Ungarn ausgesetzt sind, zu entgehen, müssen sie auch innerhalb Europas die Gefahren und Kosten irregulärer Grenzübertritte auf sich nehmen.

Kriminalisierung. Während es in diesem Rahmen höchst fraglich ist, dass der Schlepperparagraph Flüchtlingen zu Gute kommt, scheint er durchaus dazu geeignet, jene zu kriminalisieren, die tatsächlich helfen: Stephan Schmidt und Elias Bierdel waren 2004 nach der Rettung von 37 in Seenot geratenen Flüchtlingen mit dem Hilfsschiff Cap Anamur in Italien wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung in einem besonders schweren Fall angeklagt und wurden erst fünf Jahre später freigesprochen. Ähnliches widerfuhr 2007 Abdelbasset Zenzeri und Abdelkarim Bayoudh, den Kapitänen zweier tunesischer Fischerboote, die 44 afrikanische Flüchtlinge gerettet hatten. Zunächst der Schlepperei verdächtigt, wurden sie 2009 wegen „Beihilfe zur illegalen Einreise“ zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt. Im gleichen Jahr wurde dieses Urteil zwar aufgehoben, die beiden Kapitäne wurden jedoch wegen Widerstand gegen ein Kriegsschiff zu 2,5 Jahren Haft verurteilt. Erst 2011 wurden sie vom Berufungsgericht tatsächlich freigesprochen. In Österreich wurde 2004 gegen den Anwalt Georg Bürstmayr wegen Schlepperei ermittelt, nachdem er tschetschenische Flüchtlinge in Tschechien über ihr Recht aufgeklärt hatte, in Österreich Asyl zu beantragen.

Der Anwalt Lennart Binder schilderte kürzlich den weniger prominenten Fall einer kurdischen Aktivistn, die selbst nach Österreich geflohen war. Nachdem sie anderen kurdischen Flüchtlingen Unterschlupf gewährt hatte, ließen diese ihr 15 Euro da, weil sie ihren Kühlschrank leergegessen hatten. Jetzt sei sie wegen „gewerbsmäßiger Schlepperei“ angeklagt. Auch wenn die Ermittlungen gegen Bürstmayr rasch eingestellt wurden, hilfeleistende Seeleute letztlich freigesprochen wurden und Abdelbasset Zenzeri trotz allem sagte: „Ich würde es wieder tun“. Solche Geschichten transportieren, dass von Hilfeleistungen für Flüchtlinge in Notsituationen besser absieht, wer sich gehörige Scherereien mit der Justiz nicht leisten kann. Der europäische Kampf gegen illegale Migration und Schlepperwesen fördert Entsolidarisierung, kriminalisiert Zivilcourage und leistet damit einen weiteren Beitrag zur Produktion konkreter humanitärer Katastrophen. Dass sich das Desaster vom 3. Oktober zutragen musste, damit nun erwogen wird, der Kriminalisierung von Hilfeleistung und Seenotrettung ein Ende zu setzen, ist ein Armutszeugnis für Europa.

Schlepperei soll nicht verharmlost werden. Sie kann professionelle und verantwortungsvolle Dienstleistung sein und Leben retten. Ohne Zweifel gibt es zugleich eindeutig strafwürdige Fälle, bei denen die Grenze zum Menschenhandel verschwimmt und Flüchtlinge leichtfertig in den Tod geschickt werden. Eine verantwortungsvolle Politik müsste sich diesem differenzierten Spannungsfeld stellen und Konsequenzen daraus ziehen, statt eine pauschale und immer intensivere Kriminalisierung von Schlepperei weiter voranzutreiben. Dass SchlepperInnen oft primär aus finanziellen Interessen und nicht aus humanitären Motiven handeln, kann durchaus angenommen werden. Sicher ist aber, dass auch die Abschottung der europäischen Außengrenzen nicht in der Sorge um die Menschenrechte wurzelt.

Die Autorin hat Kultur- und Sozialanthropologie in Wien und Paris studiert.

Siehe auch: Ein Schleier, der sich über die Existenz legt

Aktion und Reaktion bei der Wiener Refugee-Bewegung

  • 11.12.2013, 19:19

Im Spätherbst vergangenen Jahres setzte sich ein Protestmarsch von der Sammelunterkunft „Flüchtlingslager Ost“ in Traiskirchen in Bewegung. Es handelte sich um eine Protestaktion von Flüchtlingen, die im Morgengrauen des 24. November 2012 gen Wien marschierten. Anschließend plante man im Sigmund Freud Park ein Protestcamp zu errichten.

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Im Spätherbst vergangenen Jahres setzte sich ein Protestmarsch von der Sammelunterkunft „Flüchtlingslager Ost“ in Traiskirchen in Bewegung. Es handelte sich um eine Protestaktion von Flüchtlingen, die im Morgengrauen des 24. November 2012 gen Wien marschierten. Anschließend plante man im Sigmund Freud Park ein Protestcamp zu errichten.

Der dem Marsch zu Grunde liegende Anlass zum Protest und die daraus erwachsene Protestbewegung rund um die „Besetzung“ der Votivkirche war eine Einzigartigkeit der österreichischen Asylrechtsgeschichte. Zum ersten Mal machten österreichische Flüchtlinge auf die barbarischen Zustände, denen sie ausgeliefert sind, weitestgehend eigenständig aufmerksam. Sie versuchten so einerseits ihrer Wut über den täglichen Spießrutenlauf durch die oftmals unergründlichen Wege der österreichischen Asyljudikatur Ausdruck zu verleihen, andererseits versuchten sie mittels später ausformulierten politischen Forderungen konkrete Veränderungen herbeizuführen.

Kaum jemand hätte wohl zu diesem Zeitpunkt eine solche Welle an darauffolgenden Ereignissen erwartet. Vielmehr rechnete man in den Kreisen der UnterstützerInnen und direkt Beteiligten mit einem baldigen Erschlaffen des Protests, da bisher von zivilgesellschaftlicher Seite vergleichsweise geringes Interesse an einer Thematisierung der menschenunwürdigen Zustände in Asylheimen bestand. Bei einer genaueren Untersuchung asylrechtlicher Sachverhalte in der österreichischen Medienlandschaft als auch in zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen konnte man erkennen, dass etwa Stellungnahmen und Aufrufe zum Protest sich bisher meist auf eine sehr oberflächliche und plakative Behandlung dieser Thematik beschränkten. Bloß zu tatsächlich "massenfähigen" Anlässen mobilisierte man zu Demonstrationen (wie etwa im Falle der in den Kosovo "auszuweisenden" Arigona Zogaj), jedoch nicht um eine grundlegende Skandalisierung der menschenunwürdigen Zustände zu leisten. Dies änderte sich jedoch mit dem Aufflammen des Flüchtlingsprotests dramatisch, der Protest war weitestgehend "in aller Munde".

Anfängliches Desinteresse
Die österreichischen Medien zeigten von Beginn an flächendeckendes Desinteresse oder betrieben Faktenhuberei; der Kurier versuchte gar den Protest als ein von außerhalb gelenktes Ereignis zu brandmarken, in dem eine dubiose Gestalt in Form eines bayrischen „Linksaktivisten“ (1) als alleiniger Strippenzieher herhalten musste. Damit sollte der Protest der Flüchtlinge, der bereits Forderungen nach vollem Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt und uneingeschränkte Bewegungsfreiheit beinhaltete, delegitimiert werden.
Die „Flüchtlingsbewegung“ war anfänglich eher ein Sammelsurium verschiedenartiger, gemeinsam agierender Gruppierungen. Um auf die menschenunwürdigen Zustände aufmerksam zu machen, errichtete man ein Zelt-Lager im Sigmund-Freud-Park. Jedoch provozierte dies sehr bald gezielte Aktionen der Wiener Polizei, die sich in erster Linie gegen dort ansässige AsylwerberInnen und UnterstützerInnen richteten. Fortan wurde den Protestierenden klar, dass das Zeltlager bloß von kurzer Lebensdauer sein würde und so suchten etwa 20 Asylwerber Zuflucht in der Votivkirche. Derjenige, der von einer „Besetzung“ der Votivkirche überhaupt erst sprach, war der Pfarrer der Kirche, der sich ganz und gar nicht solidarisch zeigte und sich später durch gewisse Feindseligkeiten gegenüber den Geflüchteten bemerkbar machte: etwa durch die Weigerung, die Flüchtlinge aus der Kirche zu lassen und durch den Versuch das Betreten der Kirche zu verhindern.
Die Flüchtlinge forderten zu dem Zeitpunkt unter anderem grundlegend menschenwürdigere Zustände in den Lagern, einen freien Zugang zur staatlichen Grundversorgung für alle AsylwerberInnen unabhängig von ihrem Rechtsstatus, die Leistungen (darunter: Mietzuschuss, Verpflegungsgeld und Krankenversicherung) beinhalten, welche de jure schutzbedürftigen AsylwerberInnen zustehen und einen Austausch sämtlicher Dolmetscher in Traiskirchen, da diese oftmals sprachlich unqualifiziert sind und kaum in der Lage sind die AsylwerberInnen präzise genug zu verstehen.

Bis März dieses Jahres verweilten die Flüchtlinge in der Votivkirche, bis man sich darauf einigte in das Servitenkloster umzusiedeln.
Die Caritas diente in der Zeit ab der Besetzung der Votivkirche maßgeblich als Verhandlungsteam zwischen den Refugees und dem österreichischen Staat. Der Aufenthalt der Protestierenden in der Votivkirche war jedoch von mehreren Repressalien und Einschüchterungsmethoden geprägt, die allesamt das Ziel hatten den Protest zu unterbinden und ihn zu delegitimieren.

Repression
Am 28. Februar ereignete sich ein Treffen zwischen Flüchtlingen und ihren UnterstützerInnen mit mehreren Vertretern der Kirche in einem Café unweit der Votivkirche, bei dem angeblich auch Shahjahan Khan anwesend gewesen sein soll. Shahjahan Khan war zu diesem Zeitpunkt einer der federführenden Akteure und Sprecher des Protests. Vermutlich am Weg zurück zur Votivkirche, war Shahjahan Khan in einer Gruppe anderer Illegaler unterwegs gewesen. Einige ZivilpolizistInnen erblickten ihn, umzingelten ihn in Folge dessen und führten ihn ab.
Es war kein Zufall, dass Shahjahan Khan Zielscheibe der polizeilichen Repression wurde: Shahjahan Khan war nicht nur ein Sprecher der in der Votivkirche Protestierenden, er war auch einer der schärfsten Kritiker des Wiener Polizeiwesens, der in einer Presseaussendung vor 2 Tagen, anlässlich der Verhaftung eines anderen, illegal aufhältigen Fremden, der auf selbige Art und Weise festgenommen wurde, schrieb:

“We want to negotiate, but the police threatens us. We are being surveilled, stopped and checked in front of the church with increasing frequency, without having done anything. Often by undercover officers, who don’t reveal their identity to us. Worst of all is, that one of us has been arrested and taken away by the police and that we still don’t know, what happened to him.” (2)

Was sich liest wie das Drehbuch eines miesen Krimis, schien sich sehr bald als Strategie der österreichischen Exekutive herauszukristallisieren, um den Flüchtlingsprotest aus dem Zentrum der medialen Aufmerksamkeit zu drängen: Einschüchterung mittels repressiver Methoden gepaart mit innenpolitischer, medialer Delegitimation.

Am 29. Juli – 4 Monate waren seit dem „Umzug“ in das Servitenkloster vergangen – wurden acht pakistanische Asylwerber, die allesamt in die Besetzung der Votivkirche involviert gewesen waren, im Rahmen einer polizeilichen Aktion, in den sicheren Tod abgeschoben. "Weil wir Refugees auch Pakistan und die Taliban in den Medien kritisiert haben, werden uns die Geheimdienste schon am Flughafen erwarten, einsperren und wie Kriminelle behandeln. Sie werden uns töten", sagte Shahjahan Khan. (3)

Die österreichische Judikative wandte hierbei - wie bereits in der Vergangenheit - bemerkenswerte, extralegale judizielle Methoden an. Der Verhaftung der acht Refugees war die Verhängung des „gelinderen Mittels“ vorausgegangen, die mittels eines Bescheides erfolgte, der am 23. Juli erlassen wurde. In diesem Bescheid war sich die Fremdenpolizei also noch einig, dass die Schubhaft noch nicht erforderlich sei, da die „tägliche Meldung“ bei einer Polizeistation ausreiche. Selbst dieser Bescheid war bereits rechtswidrig gewesen, da die Fremdenpolizei sie damit begründete, sie müsse „den aktuellen Aufenthaltsort von amtsbekannt rechtswidrig aufhältigen Fremden“ kennen.  Der amtsbekannte Aufenthaltsort war aber kein anderer als das Servitenkloster gewesen, sodass schon für die Verhängung der täglichen Meldung keine Veranlassung bestand und der Bescheid selbst nichts als eine polizeistaatliche Drangsalierung darstellte.
Ebenfalls bemerkenswert war, dass das Bundesministerium für Inneres die bedrohliche Sicherheitslage für sich in Pakistan Aufhältige gar nicht erst geleugnet hatte, sondern selbst eine Reisewarnung auf der offiziellen Homepage ausschrieb. (4) Auf die Frage jedoch, ob Innenministerin Johanna Mikl-Leitner garantieren könne, dass einem der Asylwerber in Pakistan nichts passiert, fiel ihr bloß folgendes ein: „Ich kann auch nicht garantieren, dass einem Asylwerber in Österreich ein Verkehrsunfall passiert, genauso wie ich das bei einem Österreicher oder einer Österreicherin nicht garantieren kann.“ (5)
Im Laufe dieses Montags wurde also acht jungen Existenzen ein jähes Ende bereitet, indem man sie beispielsweise in die Terror-Provinz Khyber Pakhtunkhwa abschob - der Ort an dem sich einst Osama Bin Laden verschanzen konnte - oder auch in das Swat Tal, wo der Zimmernachbar von einem der Abgeschobenen erst vor Kurzem seinen Bruder durch eine gezielte Tötung der Taliban verloren hatte.

 

Delegitimation
Es war nicht der erste Schlag gegen die Flüchtlingssolidarität - und es sollte auch nicht der Letzte gewesen sein, in dem die Innenministerin eine tragende Rolle spielen sollte.
Mittels einer gezielten medialen Delegitimationskampagne versuchte man am darauffolgenden Tag, dem 30. Juli, einige Refugees in die Nähe von Schlepperei und Menschenhandel zu rücken um die Solidaritätskampagne mit den Flüchtlingen so in ein schlechtes Licht zu rücken.

Wegen Verdachts der Schlepperei wurden sechs weitere Personen, drei davon im Servitenkloster, festgenommen. Sie sollen einer großen kriminellen Organisation angehören, die mindestens 300 Schleppungen von vorwiegend pakistanischen Staatsbürgern organisiert und durchgeführt haben soll, welche von Kleinasien über die sogenannte "Balkanroute" nach Österreich und in den EU-Raum erfolgt sein sollen." (derstandard.at, 31. Juli 2013)

"Schwere Vorwürfe gegen drei pakistanische Asylwerber aus dem Servitenkloster. Azhar I., Ali S., und Sabtain S. wurden am Dienstag in der Nähe des Klosters verhaftet. Die drei Pakistani sollen in den letzten Monaten (...) bis zu 10.000 Euro kassiert haben, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaften Wien und Wiener Neustadt. Insgesamt soll die Truppe 10 Millionen Euro verdient haben." (ÖSTERREICH, 31. Juli 2013, Printausgabe)

Dass die Vorwürfe haltlos waren und dies lediglich ein Versuch des Innenministeriums war, der Solidarität, die in den Tagen rund um den 29. Juli ihren Höhepunkt fand, einen Schranken vorzuschieben, zeigte sich letztendlich dadurch, dass die Staatsanwaltschaft selbst die konstruierten Vorwürfe, die Inhumanität und Folter inbegriffen, widerlegten und zurückwiesen.

"Diese Vorwürfe sind nicht Gegenstand unseres Ermittlungsverfahrens. Wir kennen das nur aus den Medien", sagen Thomas Vecsey und Erich Habitzl, die Sprecher der Anklagebehörden Wien und Wiener Neustadt. Auch die laut Polizei gescheffelten "zehn Millionen" (in manchen Stellungnahmen war von drei Millionen die Rede) sind, wie die Gerichtsakte zeigt, nicht Akteninhalt, sondern nur zugespitzte polizeiliche Schätzungen.
Einem Bericht des Falter zufolge finden sich im Gerichtsakt weder Hinweise auf Millionenbeträge, die die Wiener Beschuldigten laut Innenministerium kassiert haben sollen, noch auf Gewalthandlungen, von denen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sprach. Sie hatte etwa in einem Interview mit dem KURIER gemeint, der Schlepperring würde "äußert unmenschlich" agieren: "Wenn es etwa Probleme mit schwangeren Frauen auf der Schlepper-Route gab, dann wurden diese Frauen hilflos auf der Route zurückgelassen." (6)

Dass staatliche Behörden seit jeher versuchen, unliebsame Proteste zu kriminalisieren und delegitimieren, konnte man bereits angesichts der Flüchtlingsproteste in Würzburg und München beobachten.
Auch im postnazistischen Österreich geht es brutaler zu als im allgemeinen kapitalistischen Normalvollzug , denn auch hier herrscht ein grundlegend anderer Umgang mit Migration und Asyl als etwa in "republikanisch" verfassten Staaten, an deren Basis nicht das Prinzip der "Blutsverwandschaft" steht, sondern das ius solis. Während beispielsweise in den USA (nicht nur kandidierende) Präsidenten verlautbaren, dass es sich um eine "nation of immigrants" (Obama) handele, so scheint dies in Staaten wie Österreich, in denen selbst im Lande geborene MigrantInnen stets versöhnlich als "Austro-Türken" bezeichnet werden und nicht etwa als vollwertige Österreicher angesehen werden, als undenkbar.

Allerdings ist der Vorgang der Asylabwehr in Österreich und Deutschland ein anderswertiger: er beschränkt sich nicht nur auf die klassischen Abwehrformen politisch-ökonomischer Facon (etwa die Verhärtung asylrechtlicher Normen um anhand ökonomischer Argumentation Einwanderung einzuschränken), sondern gedeiht hier ein Verhalten, das nur durch den Postnazismus erklärt werden kann. So fungiert das Ressentiment gegen Migration und Einwanderung in Österreich und Deutschland als parteiübergreifendes Scharnier zwischen einander eher verfeindeter Gruppen. Denn das Bild, das der Wahlkampf anlässlich der diesjährigen Nationalratswahl zeichnete, war nicht das eines kollektiven Rutsches nach ,Rechts‘, sondern vielmehr das Abbild eines Österreichs, in dem ehemals als ,extrem‘ titulierte Parteien nicht mehr ausschließlich Klientelpolitik betrieben, sondern sich durch modifizierte Positionspapiere einander annäherten. Von Efgani Dönmez bis Heinz Christian Strache war man sich einig, dass die Flüchtlinge zwar Mitleid verdient hätten, man allerdings den eigens erschafften unmenschlichen Gesetzen Folge leisten müsste. (7)

So hätte es jedem aufmerksamen Verfolger der Proteste zumindest denkbar erscheinen müssen, dass es sich auch bei den sich in Wien ereignenden polizeilichen und ministeriellen Aktionen gegen die Flüchtlingssolidarität, um nichts anderes als einen derartigen Versuch gehandelt hatte: unliebsamen Protest mittels gezielten asylrechtlichen, strafrechtlichen und fremdenpolizeilichen Aktionen ein für alle Mal den Garaus zu machen. (8)

 

-David Kirsch

 

Anmerkungen:

(1) http://kurier.at/chronik/wien/hausverbot-fuer-linksaktivisten/2.301.992
(2) http://refugeecampvienna.noblogs.org/post/2013/02/25/fluchtlinge-aus-der-votivkirche-kritisieren-bedrohung-durch-die-polizei/
(3) http://fm4.orf.at/stories/1722136/
(4) http://www.bmeia.gv.at/aussenministerium/buergerservice/reiseinformation/a-z-laender/pakistan-de.html
(5) http://fm4.orf.at/stories/1722136/
(6) http://kurier.at/politik/inland/servitenkloster-fluechtlinge-ermittlungsakt-relativiert-schlepper-verdacht/21.850.377

(7) Siehe meine Untersuchung zum parteiübergreifenden Ressentiment gegen Asyl in Österreich in der UNIQUE/04:

http://www.univie.ac.at/unique/uniquecms/?p=3123

http://www.univie.ac.at/unique/uniquecms/?p=3901
(8) Siehe dazu auch meine eigenen zeitgleich erschienen Einschätzungen und Studien zu den einzelnen Vorfällen:
http://exsuperabilis.blogspot.co.at/2013/02/zu-den-polizeilichen-aktionen-vorfallen.html,
http://exsuperabilis.blogspot.co.at/2013/07/erinnert-sich-noch-jemand-den-27-mai.html

 

We are helpless but not hopeless

  • 04.05.2013, 20:51

The Refugee Act of 1980 takes its definition of refugee from the 1951 United Nations Convention relating to the Status of Refugees and its 1967 Protocol. Until the late 19th century and the emergence of fixed and closed national boundaries, refugees were always absorbed by neighbouring countries. Later, immigration restrictions and increasing numbers of refugees necessitated special action to aid them. In 1921 Fridtjof Nansen created a League of Nations Passport to allow refugees to move freely across national boundaries. Refugee status at that time was accorded only if the migrant's departure was involuntary and asylum was sought in another country. In 1938 the definition of a refugee was expanded to include persons with a well-founded fear of persecution because of ethnicity, religion, nationality, group membership, or political opinion.

Later the definition was expanded again to include persons who have fled from their homes to other places in their own countries. Refugee status ceases to apply when the migrant either is resettled or returns home.

Why we started this protest.

Say this city has eight million souls,
Some are living in mansions, some are living in holes
Yet there's no place for us, my dear, yet there's no place for us.

We are refugees who have arrived in Austria to seek asylum to build a new life here. Our countries are devastated with war, military aggression, social backwardness and poverty because of colonialist politics. We have come from Pakistan, Afghanistan, Somalia, Nigeria, Gambia, Syria, Kurdistan, Iran, Chechnya etc. and now we are stuck here in the refugee camp Traiskirchen. In this camp, we expected to get help and support from Austria. But the Austrian state showed us that we are not welcome here. We are staying in refugee camps and facing bad conditions.

Basic Rights. We demand basic rights from the Austrian government, the European Union and for all refugees worldwide. We call on the Austrian government to fulfill its responsibilities towards the refugees. We will continue our actions until our voices are being heard and our demands met.

Once we had a country and we thought it fair,
Look in the atlas and you'll find it there:
We cannot go there now, my dear, we cannot go there now.

On the 24th of November 700 persons including 400 persons from civil society demonstrated against the bad conditions of the refugees – not only in Traiskirchen but also in other camps and accomodations in Austria.

„What we need? Our rights.
What we demand? Our rights“ was the slogan of this protest and until now it’s our guideline for the protest. It was a cold season and refugees preferred to live in the open air in Votivpark instead of the camps from the government. Sometimes it was raining, sometimes snowing but these things never crushed the hopes of the refugees. When we got up in the morning our tents and our beds we were shuttered with water. Civil society of Austria brought warm clothes and warm blankets for us and also we were getting free vegetables and other eatable things. The media made it their business to cover the protests for a little while but could not do any helpful work for us.

In December the temperature dropped to minus zero and for the first time we were worried about the health conditions of these refugees. So somehow on 18th December we managed to take shelter in the Votivkirche. Before the refugees some homeless people had already done the same thing. But when we entered the church, politicians – especially the right wingd and racist people – spoke of an OCCUPATION: „Refugees occupy the Votivkirche“. The priest of this church was never friendly with us. He kicked our beds in the morning with his feet but we could not say anything because after all we were refugees. On the 22nd of December, when we were fed up and we had no other option, we started an hunger strike that lasted for 30 days. At this time we had only two demands:
1. Legal Status in Austria.
2. Access to the Labour Market.

It was a new experience for us. For these refugees it was the first time in their life that they were doing a hunger strike. On the one hand they were fighting with hunger and on the other hand they had the cold temperature inside the church. After ten days the refugees’ condition was miserable and some of them had to be admitted to hospitals. Each person had lost five to ten kilos. Their faces became pale, they were not able to walk and spent all the time inside their beds because they had no power left in their bodies. Some people got mental problems, some with their kidneys and some were suffering from the flu or had a cold. No one took pity on these refugees. Even the UNHCR refused to meet us, altough they say that they are responsible for all the refugees in Europe. A delegation of four persons made an appointment with them but when we were on the way to UNHCR, they canceled this meeting, saying that they didn’t have any meeting room for us and that we could meet outside in a coffee shop or in some park. Alas UNHCR has a big building in the center of Vienna but they don’t have any room to meet for refugees. Because they don’t want to involve themselves in this protest and refuse to help these refugees because these refugees are not seen as human beings.

Dreamed I saw a building with a thousand floors,
A thousand windows and a thousand doors;
Not one of them was ours, my dear, not one of them was ours.

Disappointment. Then Mr. Schönborn came to visit the refugees and did bring an offer to us, to give up the hunger strike: TAKE ONE STEP and I will try to make negotiations with the government and evacuate this church and I will take you to my private property ‘Servitenkloster’. There you can start your protest and I will politically support you, but first you have to give up the hunger strike. At that time we gave up the hunger strike and gave the authorities ten days. But nothing happened and we had to start a new hunger strike because the government was not serious in the matter of refugees. During this pause of the hunger strike we only received one offer: That they would reopen our cases and provide us with the best lawyers of Austria, who will fight for our cases. Was that the price of our 30 days hunger strike? Only to reopen the cases? Besides, we knew that reopening the cases will not help us. Its just a drama enacted by Innenministerium.

So we resumed the hunger strike. I wrote a letter to Mr. President Dr. Heinz Fischer and told him about the whole situation and the miserable conditions of the hunger strikers. Unexpectedly he replied to that letter and published it in the newspaper showing sympathy with the refugees. However there was no hopeful thing in that letter and he emphasized that we should leave the church and give up the hunger strike. Again, we gave up the hunger strike and tried to make negotiations with the government, but had to face arrests of the refugees, who were in the church.

Stood on a great plain in the falling snow;
Ten thousand soldiers marched to and fro:
Looking for you and me, my dear, looking for you and me.

The police could not enter the church, but they constantly came inside in civil clothes and then arrested the refugees outside the church. They took them to deportation centers. We refugees had to start a hunger and thirst strike in Schubhaft. So they had to release us, because if anyone would die in the jail, that would be a problem for them.

At the same time some right-winged, racist persons came inside the church and demanded to kick the refugees out of of the church. Otherwise they would also do a hunger strike. We gave too much respect to these peoples, offered them tea and coffee and tried to talk with them. However, they didn’t want to talk with us and in the evening they had to leave the church, because it was too cold for them and they were not brave like the refugees inside.

Then again we received a letter from Mr. Schönborn, saying we should change the place and start our new political struggle in Servitenkloster. We started making negotiations with them. On the 2nd of March we shifted to Servitenkloster and when we saw the conditions in which we were going to live, we were shocked. It was a basement and looks like a stable for animals. There were no windows or ventilations. When we refused to live there, they opened some rooms on the 2nd floor, where there were still no bathrooms and kitchens. For the first 18 days nobody took care of us. No food was provided by Caritas or the representatives of the church. The refugees had to buy food with money from their own pockets. Before leaving the Votivkirche, we had had a meeting with the representatives of the church and they had told us that we would be their guests in the Kloster.

In this meeting we had agreed on the following points:

1. Refugees will be provided with legal assistance by the church.

2. Police will not enter inside the church and they will not arrest any refugee
    who is registered at Servitenkloster

3. The Monestary will be a place, where we can restart our protest again

4. This place will not be treated like camps.

But these were only broken promises. Eight days before getting any legal assistance 29 refugees started getting LOVE LETTERS from Fremdenpolizei. Refugees who went there for an interview had to sign some kind of Deportation letters.

Reality Check. Once there was a delegate from Inner Ministry and they brought forward a Megaproject for the refugees: If you return voluntarily to your country we will pay you 7000 Euros. Although the news reported that all governments warned their residents not to travel to Pakistan because it is not safe for them, is it safe for the Pakistani refugees? The refugees only replied with a simple answer: We will pay for a journey to Pakistan for your Interior minister and she goes there without security. If she comes back, we will voluntarily return to our country.

Went to a committee; they offered me a chair;
Asked me politely to return next year:
But where shall we go today, my dear, but where shall we go today?

Now, we are still struggling and fighting for our rights and we are in negotiations with the authorities. But the people who brought us to the Servitenkloster and who are responsible for our future have currently disappeared or don’t want to confront us. Two weeks ago one refugee got some mental problem, that was so serious that he became aggressive and doctors sent him to Otto Wagner hospital. He is still admitted there. Yesterday a refugee from our protest was attacked by some unknown persons. They hit him with knives and he is still in the hospital. I hope that days will come, when we get something from our struggle and that those days are not far. We are helpless but not hopeless.

Went down the harbour and stood upon the quay,
Saw the fish swimming as if they were free:
Only ten feet away, my dear, only ten feet away.

Walked through a wood, saw the birds in the trees;
They had no politicians and sang at their ease:
They weren't the human race, my dear, they weren't the human race.

 

Shahjahan Khan is a refugee from Pakistan and is taking part in the refugee protest for months. He is currently living in the Servitenkloster in Vienna and fighting for his rights day by day.

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