Queer

Beissreflexkritik

  • 20.06.2017, 22:08
Theoretische Konzepte wie Cultural Appropriation, Critical Whiteness und Klassismus sowie praktische Handlungsstrategien wie Privilegienreflexion, Betroffenheit, Definitionsmacht und Triggerwarnungen haben in den letzten Jahren viel Staub aufgewirbelt

Theoretische Konzepte wie Cultural Appropriation, Critical Whiteness und Klassismus sowie praktische Handlungsstrategien wie Privilegienreflexion, Betroffenheit, Definitionsmacht und Triggerwarnungen haben in den letzten Jahren viel Staub aufgewirbelt und zum Teil einige Kollateralschäden in unterschiedlichen Szenen hinterlassen. Mit dem Beißreflexe-Buch, das angetreten ist, all diese Dinge grundlegend zu kritisieren, dürfte es sich nun ähnlich verhalten. Nur selten schafft es ein Buchprojekt, dessen primäre Zielgruppen queere und linksradikale Szenen sind, binnen drei Monaten zur dritten Auflage. Die Textformen reichen von wissenschaftlich- essayistisch über Interviews bis zum Zweitabdruck journalistischer Artikel, wobei die einzelnen Beiträge qualitativ leider stark auseinanderfallen. So stehen neben gut recherchierten Texten, klugen Gedanken und dringend notwendiger Reflexion nicht selten inhaltliche Leerstellen, fehlende Quellenangaben und Schilderungen zu Vorfällen, die in ihrem Betroffenheitsduktus – den der Band ja eigentlich kritisieren möchte – auch nicht immer ganz glaubwürdig sind. Spätestens wenn in einem kurzen Text Adorno und Hegel inklusive Seitenzahl zitiert werden, eine Butler-Paraphrase, die man gerne noch mal im Original nachlesen würde, jedoch ohne Quellenangabe auskommt, muss man dem Buch gewisse herausgeberische Schwächen attestieren.

Der Umstand, dass die Texte – wie eine der wenigen Autorinnen es formuliert – von „größtenteils Typen, wenngleich größtenteils schwule“ geschrieben wurden, rettet das Projekt zu einem gewissen Grad. Käme die Kritik von heterosexuellen Männern, müsste man viel des Geschriebenen als recht klassische Anti-PC-Paranoia abtun. Die Angst, vom Plenum oder anderen linken Strukturen ausgeschlossen zu werden, käme in diesem Fall der vor mehr Abendfreizeit mit weniger nervigen GenossInnen gleich und wäre als solche nur schwer ernstzunehmen. Für Menschen, die der nach wie vor sehr realen homophoben Gewaltdrohung tagtäglich ausgesetzt sind, ist die Situation aber eine andere. Ausschlüsse aus Szeneräumen und autoritäre Strukturen in ebendiesen können dann tatsächlich ein existenzielles Problem darstellen, weil die Alternativen oftmals rar, die aktivistischen Szenen klein und die Verschränkung von Privatem, Politischem und Beruflichem tendenziell stärker gegeben ist als in anderen linken Kontexten.

Patsy l’Amour laLove (Hg.): Beißreflexe. Kritik an queerem Aktivismus, autoritären Sehnsüchten, Sprechverboten.
Querverlag, 269 Seiten, 16,90 Euro.

Florian Wagner studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien.

Die Flucht in die Polyamorie

  • 12.05.2017, 12:54
Polyamorie präsentiert sich als Gegenentwurf zur romantischen Zweierbeziehung. Doch das Patriarchat wird dadurch alleine noch nicht angegriffen.

Polyamorie präsentiert sich als Gegenentwurf zur romantischen Zweierbeziehung. Doch das Patriarchat wird dadurch alleine noch nicht angegriffen.

Jede Person, die offen damit umgeht, mehrere Partnerschaften gleichzeitig zu haben, kennt das: „Das geht nie gut“, „Das funktioniert nicht“, „Eine*r kommt immer zu kurz“. Die essentialisierende Annahme, dass Monogamie normal sei und deswegen funktioniere, schwingt bei jeder dieser Aussagen mit. Wenn man dann allerdings antwortet, dass monogame Beziehungen oft nicht funktionieren und Untreue einer der häufigsten Trennungsgründe ist, wird meist darauf verwiesen, dass nicht die Monogamie schuld an der Trennung sei.

Ob in Filmen, im Fernsehen oder in Büchern: Die ideale romantische Liebe ist die treue Beziehung zwischen zwei meist heterosexuellen Menschen. Mit der zunehmenden Normalisierung von Homosexualität gibt es nun auch Erzählungen, in denen zwei Männer oder zwei Frauen ihr Glück in der romantischen Zweierbeziehung finden. Sind in einer Erzählung jedoch mehrere Personen miteinander verbandelt, muss das Beziehungsgeflecht am Ende in klare Bahnen gelenkt werden. Gerade im Young Adult Genre muss sich eine junge Frau oft zwischen zwei Männern entscheiden, siehe Twilight oder The Hunger Games. Es ist nicht einmal denkbar, dass am Ende alle drei miteinander glücklich werden könnten. Immer und immer wieder wird so Monogamie normalisiert und als die einzige Lebensform dargestellt, die dem „Wesen des Menschen“ entspricht. Die Argumentationsmuster verweisen oft auf die Evolutionsbiologie, die die Monogamie naturalisiert. So sei es zur Kinderaufzucht am besten und wird mit HöhlenmenschenVergleichen unterfüttert. Die gleiche Argumentationskette wird dann auch verwendet, um Homosexualität mal als Spielart der Natur, mal als Abartigkeit darzustellen.

AUSWEG POLYAMORIE. Polyamorie setzt sich aus dem griechischen „poly“ (mehrere) und dem lateinischen „amor“ (Liebe) zusammen und ist ein Obergriff für die Praxis, mit mehreren Menschen gleichzeitig Beziehungen zu führen. Dies geschieht mit vollem Wissen und Einverständnis aller Beteiligten. Polyamorie als Praxis stellt sich gegen das hegemoniale Bild der monogamen romantischen Zweierbeziehung (RZB) und trifft deshalb oftmals auf Verwunderung, Ablehnung und Diskriminierung.

Polyamorie Praktizierende grenzen sich zum Teil ganz bewusst von offenen Beziehungen ab, um das Image zu vermeiden, dass es sich bei Polyamorie um „anything goes“ handle. Vielmehr stellt man die Verbindlichkeit in den Vordergrund: „Mein Herz hat Platz für mehr als einen Partner. Ich suche keine Abenteuer, ich mag es langfristig. Ich betrüge nicht, ich handle einvernehmlich. Ich lüge nicht, ich mache es transparent. Ich bin kein Freiwild, ich trage Verantwortung. Ich liebe tiefer als nur zum Spaß. Ich bin Poly. Ich lebe die Liebe.“ So lautet das Motto einer der größten deutschsprachigen polyamourösen Gruppen auf Facebook. In diversen Facebook-Gruppen und Foren wird der Eindruck vermittelt, dass man sich der Ideologie der Monogamie nicht entgegenstellt, sondern sie als auserwählte Gruppe überwunden hat. Unterschwellig schwingt mit, man hätte eine neue Stufe des Bewusstseins erreicht, in der alle achtsam miteinander umgehen. So folgt jeder Vorstellung neuer Mitglieder ein ganzer Wust an Definitionen zwischen poly, bi, vegan und spirituell.

IDENTITÄT POLYAMORIE. Man liest in vielen Foren: „Gerade bin ich mono, fühle aber poly“ oder „Single und Poly“ und in der Reportage „Unter Anderen – Wahre Lieben“ spricht eine interviewte Person davon „polyamor geboren zu sein“. Als Person, die offen damit umgeht, mehr als eine Partnerschaft zu führen, lebt man ständig gegen die gesellschaftliche Erwartung an. Die Welt scheint nicht für einen gemacht zu sein; ständiger Erklärungs- und Rechtfertigungsdruck führen dazu, dass man es sich wohl lieber in Nischen der eigenen Szene gemütlich macht als Gegenwehr zu leisten. Anstatt Biologismen in die Wüste zu schicken, werden Artikel geteilt, die die angeblich non-monogame Natur des Menschen bezeugen. Man erklärt sich gerne bereit, Journalist*innen für Interviews und Reportagen zur Verfügung zu stehen, um zur Normalisierung beizutragen, präsentiert sich dann aber in Klischees. In der Reportage Unter Anderen – Wahre Lieben wird Attmann Wicka, prominenter Aktivist der Poly-Szene interviewt und dabei gefilmt, wie zwei seiner Freundinnen sich kennen lernen. In einer mit esoterischem Kitsch überladenen Wohnung bittet er dann beide, am Boden sitzend mit einer Klangschale zu spielen. Haremskonnotationen kommen auf und dies wird an keiner Stelle problematisiert.

Sexismus scheint grundsätzlich kaum ein Thema in Poly-Kreisen zu sein. Es sind meistens die Frauen in Partnerschaften, die mehr Beziehungs- und emotionale Arbeit leisten. In Poly-Beziehungen führt das zu Mehrfachbelastungen, die nicht diskutiert werden. Man will die Monogamie überwinden, aber am Patriarchat wird nicht gerüttelt.

KEINE GEGENWEHR. Polygame Menschen sind konfrontiert mit Ablehnung, Anfeindungen, Zwang zur Verheimlichung und struktureller Diskriminierung. Polygame Ehen sind verboten, womit die Gleichstellung zur hegemonialen Norm verwehrt wird. Polygam Lebende dürfen zusammen nicht gleichberechtigt die Sorge für Kinder übernehmen oder auch nur ein Konto eröffnen. Doch anstatt gegen den Primat der Monogamie anzukämpfen, sich gegen die strukturelle Diskriminierung zu wehren und für mehr Rechte zu kämpfen, flüchten sich viele polygame Menschen in die Nestwärme der eigenen Szene. So wird die Hegemonie der Monogamie sicher nicht gebrochen.

Anne Marie Faisst studiert Internationale Entwicklung an der Universität Wien.

Queere Refugees erzählen ihre Geschichte

  • 29.11.2016, 13:00
„Es gibt keine Sicherheit, keinen Schutz in Syrien... nicht einmal im Libanon. Es gibt keine Hoffnung. Alle Türen wurden in mein Gesicht geschlagen... auf jeden möglichen Weg. Ich wartete lange auf einen Hoffnungsschimmer von irgendjemanden. Oder auf jemanden der mir helfen könnte und meine sexuelle Orientierung versteht.... Aber ich wurde von der Gesellschaft zurückgewiesen.. von meinen Eltern... den Menschen... der ganzen Welt.“

„Es gibt keine Sicherheit, keinen Schutz in Syrien... nicht einmal im Libanon. Es gibt keine Hoffnung. Alle Türen wurden in mein Gesicht geschlagen... auf jeden möglichen Weg. Ich wartete lange auf einen Hoffnungsschimmer von irgendjemanden. Oder auf jemanden der mir helfen könnte und meine sexuelle Orientierung versteht.... Aber ich wurde von der Gesellschaft zurückgewiesen.. von meinen Eltern... den Menschen... der ganzen Welt.“

Knallroter Lippenstift ziert den Mund, der von dieser Hoffnungslosigkeit erzählt. Make-Up wird aufgetragen. Die Kinnpartie zittert. Im Kurzfilm „My refugee story“ erzählen LGBTIQ-Personen, die von Syrien in den Libanon flüchteten, ihre Geschichte. Sie erzählen davon, wie sie von ihrer Familie gezwungen wurden, sich auszuziehen, um der Gesellschaft zu zeigen, wie ihre Körper ausschauen. Sie erzählen, wie sie aufgrund ihrer Trans*-Identitäten von der Schule geschmissen wurden. Sie erzählen von Diskriminierungen, von Gewalterfahrungen, von Todesdrohungen, von Vergewaltigungen.

„My refugee story“ ist das Ergebnis von Workshops für geflohene LGBTIQ-Personen, die gemeinsam mit der Medienorganisation „One more Cup“ und der Initiative „Mosaic Mena“ durchgeführt wurden. Beide Organisationen setzen sich für marginalisierte Gruppen im Libanon ein. In beiden Gruppen ist der ägyptische Filmemacher und Aktivist Mohamed Nour Metwally tätig. progress erzählte er die Entstehung von „My refugee story“:

UNHCR arbeitet gemeinsam mit der Initiative „Mosaic“ an Projekten für LGBTIQ Flüchtlinge. Da kam die Idee auf. einen Film zu produzieren. Als ich zu UNHCR ging, um erste Schritte zu besprechen, fand ich mich plötzlich in einem Vortrag für LGBTIQ Flüchtlinge wieder. Ich begann mit den Personen zu sprechen, fragte sie, was sie machen wollen. Die Antwort: Wir müssen einen Film machen, weil wir von Übergriffen betroffen sind, wir müssen aufzeigen, wie sehr wir im Libanon leiden. Es ist jedoch nicht möglich, mit den Personen auf die Straße zu gehen und die Belästigungen zu zeigen. Als ich das erste Mal in den Libanon kam, sagten mir alle, ich darf keine Fotos machen. Durch die verschiedensten politischen Parteien, die teilweise stark verfeindet sind, ist das sehr schwierig im Libanon. Daher hatte ich die Idee einen Medienkompetenz-Workshop zu machen. Die Leute lernten so selber die Techniken zur Entwicklung eines Dokumentarfilms – vom Drehbuchschreiben, bis hin zu Regie und dem Schneiden. Wir begannen mit dem Schreiben von Geschichten. Wir sammelten diese Geschichten, wählten manche davon gemeinsam aus und an einem Tag drehten wir den Film.

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Das Ergebnis sind sehr intime Geschichten, die von verschiedenen Formen von Gewalt und Diskriminierung gegenüber LBGTIQ Flüchtlingen erzählen. Es sind Eindrücke, die auch vom UNHCR bestätigt werden. So sind laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat LGBTIQ Flüchtlinge mit Gewalt und sexuellem Missbrauch vonseiten der „refugee community“ ebenso konfrontiert wie von der eigenen Familie. Diskriminierung und Belästigungen gehen von staatlichen als auch von nicht-staatlichen Organisationen aus. Dies zeigt eine Studie, in der UNHCR weltweit 106 Asylbehörden im Zeitraum Juli 2014 bis Mai 2015 zum Thema queere Flüchtlinge befragte. Eines der Ergebnisse: Obwohl 64 Prozent der Behörden angaben, mindestens eine Maßnahme im Aufnahme- oder Registrierungsprozess zu haben, die sich speziell an LGBTIQ Personen richtet, berichten trotz dem Wissen um Diskriminierung und Gewalt gegenüber queeren Flüchtlingen nur 14 Prozent von der Einrichtung sicherer Schutzzonen. Zudem seien die Befragungen im Asylverfahren oft unsensibel, unangebracht. Der Film ist ein kleines Puzzlestück wie der letzte Punkt – zumindest im Libanon – geändert werden könnte, erzählt Metwally:
Im Libanon wurde der Film nicht öffentlich gezeigt. Er wird als Toolkit für Schulungen zu sexueller Orientierung und Genderidentitäten verwendet. Besucht werden diese Schulungen von Vertreter*innen verschiedener NGOS, von Sozialarbeiter*innen, Sachbearbeiter*innen – von allen, die mit queeren Refugees in Berührung kommen. Der Film wurde sehr gut aufgenommen, weil vielen dieser Personen ein persönlicher Zugang zu LGBTIQ Personen fehlt. Durch das Aufzeigen verschiedener Arten von Diskriminierung mit denen LGBTIQ Personen konfrontiert sind, erhalten sie erstmals Einblick in die Probleme und beginnen zu verstehen.

So hoffnungsvoll zeigt sich der Film jedoch nicht unbedingt. „Als ich mich endlich mit meiner Identität auseinander gesetzt und alles verarbeitet habe, traf ich nach wie vor auf Ablehnung und Zurückweisung von den Menschen, sie lehnten meine gesamte Existenz ab“, erzählt eine* der Protagonist*innen des Films. Das war der Punkt an dem sie die Hoffnung verlor – sowohl in Syrien als auch im Libanon.

Laut den Erfahrungen von Metwally gibt es trotzdem Unterschiede zwischen Syrien und dem Libanon, wenn es um LGBTIQ-Personen geht. Der Libanon sei offener. Stattdessen ist dort der Rassismus, insbesondere gegenüber Menschen aus Syrien ein großes Problem. „Es gibt einen Groll zwischen den beiden Ländern, weil Syrien den Libanon vor langer Zeit besetzte. Dadurch kommt eine Ebene des Rassismus gegenüber syrischen Flüchtlingen dazu“, erzählt Metwally. Die untragbare Situation für LGBTIQ-Personen in Syrien hat sich erst mit dem Krieg zum Schlechten gewandelt. Ob der Filmemacher und Aktivist an eine erneute Änderung in der MENA-Region (Middle East & North Afrikca) glaubt?

Ich denke, dass die Bildung diesbezüglich eine große Rolle spielt. Bevor ich in den Libanon kam, wusste ich nichts über Gender Studies. Als ich herkam, besuchte ich Schulungen zu Menschenrechten, zu sexuellen Orientierungen, zu Genderidentitäten. Ich lernte verschiedene Begriffe kennen. Ich lernte, dass es einen riesigen Unterschied zwischen Geschlecht und Sexualität gibt. So ging es auch vielen meiner Freund*innen, die von Algerien, von Tunesien oder auch vom Libanon nach Ägypten kamen, um Gender Studies zu studieren. All diese Personen und auch ich können ihre Gesellschaften, ihre Familien, durch das Wissen, das sie erlangt haben, positiv beeinflussen. Wenn man mit diesem Wissen spricht, kann man zu mehr Akzeptanz und Verständnis beitragen. Denn Stigma wird vom Nicht-Wissen produziert. Die Gesellschaft lehrt uns nur bestimmte Geschlechterrollen. Sie lehrt uns nicht, dass diese geändert werden können. Durch Bildung, durch das Sprechen über diese Dinge, beginnen die Menschen verschiedene Identitäten mehr zu akzeptieren.

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Derzeit ist es eines der Probleme noch die Unterbringung in den Zielländern. Viele der vom UNHCR befragten Behörden berichteten, dass die Akzeptanz von LGBTIQ-Personen in den Unterkünften niedrig sei, insbesondere in großen Camps. Auch Metwally kennt diese Problematik vom Libanon.
Es gibt kaum Personen, die in einer geeigneten Unterkunft wohnen. Hinzu kommt das Rassismus Problem im Libanon. Es gibt verschiedene Regionen, die unterschiedlich – je nach Religion – kategorisiert sind. Christ*innen werden getrennt, Muslim*innen werden getrennt und innerhalb der jeweiligen Regionen gibt es wieder Trennungen. Das heißt, auch LGBTIQ Flüchtlinge werden nach diesen Merkmalen untergebracht.

Er ist sich jedoch bewusst, dass es auch in Europa Aufholbedarf in der Unterbringung von queeren Flüchtlingen gibt:
Du kannst geflüchtete LGBTIQ Personen nicht in eine heterosexuelle Unterkunft geben. Viele der Personen kommen nach Europa und erwarten hier ein besseres Leben, erwarten Zugehörigkeit, „gay prides“, usw. Dann kommen sie in eine Flüchtlingsunterkunft und damit in eine Gesellschaft von der sie eigentlich flüchteten. Daher braucht es unbedingt individuelle Unterbringungsmöglichkeiten.

 

Valentine Auer arbeitet als freie Journalistin in Wien.

Feminismus, wir müssen reden

  • 19.11.2016, 21:51
Die politische Sichtbarkeit von trans Personen macht nicht nur Konservative nervös. Auch einige Feminist_innen fürchten um ihr Weltbild.

Die politische Sichtbarkeit von trans Personen macht nicht nur Konservative nervös. Auch einige Feminist_innen fürchten um ihr Weltbild.

Im angloamerikanischen Raum sind transfeindliche Feminist_innen schon länger unter dem Akronym TERFs bekannt. In Wien ist beispielsweise das autonome Frauenzentrum ein Residuum transausschließender Politik, die auf Ansichten der Frauenbewegung der 1970er und 80er Jahre gründet. Die Haltung des FZs zeigt sich in seiner Selbstbeschreibung, aber auch in dem jährlich erneuerten Credo, trans Personen (üblicherweise meinen sie trans Frauen) sollten nicht an der 8. März Demonstration oder feministischen Selbstverteidigunskursen (WENDO) teilnehmen. Transfeindlicher Feminismus ist nun auch mitten in der queer-feministischen Szene angekommen.

TERFs. TERF steht für Trans Exclusionary Radical Feminism/Feminist. Dabei handelt es sich nicht um eine stolze Selbstbezeichnung, sondern um den Versuch von außen, die Transfeindlichkeit mancher feministischer Bewegungen sichtbar zu machen. Für TERFs ist die Welt einfach: Die Menschheit teilt sich in Frauen und Männer, die in einem Unterdrückungsverhältnis zueinander stehen. Wer zu welcher Gruppe gehört, bestimmen die TERFs, pardon, die Biologie. In dieser Wahrnehmung existieren trans Personen, also Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, einfach nicht. Weil sie aber eben doch existieren, belegen TERFs sie mit Vorwürfen: So hätten trans Männer – aber auch nicht binäre Personen – Verrat am weiblichen Geschlecht begangen und sich mit dem Patriarchat gut gestellt. Trans Frauen hingegen können in dieser Denkweise nie wirkliche Frauen sein. Die Argumentation stützt sich im Wesentlichen auf zwei Punkte: Biologie und Sozialisation.


Biologie. Das Argument, Geschlecht sei biologisch bestimmt, ist nicht neu. Überraschend ist jedoch, aus welcher Ecke es neuerdings vorgetragen wird. Seit vier Jahren kommentiert der popkulturelle Blog Sugarbox das „queere Wien“. Im Sommer stellte sich eine Blogautorin die Frage „Was ist eigentlich Geschlecht?“ und löste mit ihrem Artikel eine heftige Diskussion um Feminismus und Transfeindlichkeit aus. Ihr Resümee: Die Begriffe „Mann“ und „Frau“ seien neutrale Körperbeschreibungen. Ein politischer Affront gegen trans Personen, denen durch die „objektive“ Beurteilung angeblicher biologischer Tatsachen ihr Recht auf Selbstbestimmung genommen wird.

„Your tells are so obvious, shoulders too broad for a girl“, singt Laura Jane Grace in ihrem Lied transgender dysphoria blues und beschreibt damit die schmerzhafte Erfahrung, in den Augen von anderen nicht als Frau erkannt zu werden. Viele trans Personen haben tagtäglich damit zu kämpfen, dass ihnen ihr Geschlecht abgesprochen wird. Es stimmt, dass wir gewohnt sind, in einfachen Dichotomien zu denken und wahrzunehmen. Aber diese Gewohnheit ist nicht objektiv richtig und schon gar nicht sollte es ein feministisches Ziel sein, sich ihrer Beibehaltung zu verschreiben.

Ist Geschlecht also ein Konzept der Natur zur Fortpflanzung? Ist nicht die Beschränkung von (cis) Frauen auf ihre Gebärfunktion auch für (cis) Feminist_innen riskant? Mit Recht wehren sie sich gegen die Reduktion des Körpers auf die Reproduktionsfähigkeit. Es gilt, sich von der Verfügungsgewalt durch Staat und Ehemann zu befreien und endlich durchzusetzen, dass eine Frau keine Gebärmutter ist. Es ist heuchlerisch, dann zum Zweck des Ausschlusses von trans Frauen die Gebärmutter als Kriterium wieder ins Spiel zu bringen. Ja, der Körper spielt eine Rolle. Und ja, es ist wichtig für trans Personen, Zugang zu medizinischen Leistungen zu haben, die sogenannte „geschlechtsangleichende Maßnahmen“ ermöglichen. Aber: Nicht alle trans Personen streben eine Hormontherapie oder OPs an und sie werden dadurch auch nicht erst männlich, weiblich oder nicht binär. Sie sind es schon davor und müssen sich in ihrer Entscheidung auch nicht von normativen Vorstellungen über das Aussehen von Männern und Frauen leiten lassen.

Auch der konservativen Medizin gelingt keine fein säuberliche Zuordnung von Körpern. Am stärksten von dieser Zwangseinteilung betroffen sind intergeschlechtliche Menschen. „Was wir heute unter weiblichen oder männlichen Körpern verstehen, ist gesellschaftliche Übereinkunft und Halbwissen, das wissenschaftlich längst überholt ist. Beispielsweise sind Chromosome, Hormonwerte oder Körperteile individuell extrem unterschiedlich und verlaufen nicht an der Grenzlinie ‚Frau‘/ ‚Mann‘“, sagt Njan Völker, Referentin_in im queer_referat der ÖH-Bundesvertretung.


 

Sozialisation. Sozialisation ist ein in der feministischen Theorie gebrauchtes Modell, das erklärt, wie Geschlechterrollen erlernt werden. Indem bei Mädchen andere Eigenschaften gezielt gefördert werden als bei Jungen, wird geschlechterkonformes Verhalten ausgebildet. TERFs nutzen dieses Konzept zum Ausschluss von trans Frauen, denen angeblich die weibliche Sozialisierung mit der in ihr angelegten Erniedrigung fehle.

Susanne Hochreiter vom Germanistikinstitut der Uni Wien hält von dem Konzept nicht viel: „Die Vorstellung von der gleichen Sozialisation ist ein dermaßen übler Blödsinn, dass man weinen könnte.“ Die gemeinsamen Erfahrungen, die angeblich alle Frauen teilen, spiegelt tatsächlich die Perspektive der weißen Mittelschichtsfrau zu einer bestimmten Zeit wieder. Denn es macht einen Unterschied, ob ein Mädchen am Bauernhof im ländlichen Österreich aufwächst oder in Wien als Tochter türkischer Gastarbeiter_innen. Nicht alle Frauen erleben die selbe Art von Diskriminierung – Stichwort Intersektionalität. Vielmehr werden Lebensrealitäten von verschiedenen Faktoren geprägt. Zu diesen Faktoren zählen beispielsweise Antisemitismus, Rassismus, Armut oder Behinderung. Es ist eine wesentliche politische Einsicht, dass Diskriminierungsstrukturen vielschichtig und nicht aus einem einzigen Prinzip heraus erklärbar sind.

Auch in der Diskussion auf Sugarbox wird trans Frauen unterstellt, sie seien nicht als Mädchen erzogen worden und daher nicht wirklich von Sexismus betroffen. Diese Unterscheidung funktioniert nicht. In vielen Fällen merken Kinder schon früh, dass sie sich nicht in das Geschlecht einleben können/wollen, in dem sie angesprochen werden. Weibliche/männliche Sozialisation ändert daran nichts: „Ich habe auch während meiner Jugendzeit schon offen trans gelebt“, sagt Njan. „Welche Sozialisation habe ich demnach genossen?“ Aktivistin Lena Pöchtrager fügt hinzu: „Die Frage ist: Welche Vorbilder hatte ich, mit wem habe ich mich identifiziert? Insofern war meine Sozialisation nicht männlich, sondern die eines trans Mädchens. Sozialisation ist keine Einbahnstraße.“

„Klassische“ Frauenfeindlichkeit erleben trans Frauen genau wie cis Frauen, sobald sie von anderen als Frauen gelesen werden: „Wenn ich auf der Straße gecatcalled werde, fragt doch niemand davor: ‚Hast du eine weibliche Sozialisation?‘ oder: ‚Hast du eine Gebärmutter?‘“, sagt Lena.
 

Was nun? Solidarität ist auch dann gefragt, wenn man nicht genau dasselbe erlebt hat. Indem TERFs kundtun: „Wir verstehen transgender nicht“, werden sie kein Problem lösen. „Außerdem muss man schon zur Kenntnis nehmen, dass Pionier_innen der lesbischen und feministischen Bewegung, wie Leslie Feinberg, zugleich trans Pionier_innen waren. Alles andere hieße, einen Teil der eigenen Geschichte negieren“, sagt Hochreiter. (Queer-)Feminist_innen müssen Transfeindlichkeit mit ihren tödlichen Auswirkungen endlich als Problem erkennen – auch als ihr eigenes. Queer ist eben keine Partyattitüde, sondern ständiger Widerstand gegen ein System, das Körper und Begehren gewaltvoll reguliert.

„Ich würde mich freuen über einen progressiven Pragmatismus“, sagt Hochreiter, Mitgründerin des Gender Initiativ Kollegs: „Vor allem angesichts der Renationalisierung, die gerade stattfindet. Wir werden wieder auf der Straße stehen und uns fürs Abtreibungsrecht einsetzen. Das wird ein Rückzugsgefecht.“

Angesichts der politischen Umstände ist es an der Zeit, aus der Eitelkeit herauszufinden, die Feminist_innen nur um die eigene Achse kreisen lässt. Das heißt auch, Verantwortung zu übernehmen, anstatt den eigenen Problemfokus auf Kosten anderer zu verteidigen. „My body my choice“ ist nach wie vor ein wichtiger feministischer Slogan, der eben nicht nur cis Frauen betrifft. Hochreiter sieht nicht notwendig einen Widerspruch zwischen den Positionen: „Ich kann auf eine Demo für gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit gehen und ich kann auf eine Demo gehen für freie Entscheidung von Personen, was ihre Möglichkeiten ihr Geschlecht zu definieren anlangt.“ Wenn es feministischen Bewegungen gelingt, verschiedene Lebensrealitäten und deren spezifische Bedürfnisse einzubinden, statt zu negieren, können wir auch wieder gemeinsam auf die Straße gehen. Because nobody wants to be walking the streets all alone.

Kaddy Kube studiert Geschichte an der Universität Wien.

Viel Klon um nichts

  • 05.10.2016, 13:47
Kleinkriminelle Waisin findet heraus, dass sie eine von mehreren Klonen ist, tut sich mit den anderen zusammen und macht sich auf, ihren „Schöpfer_innen“ und heimlichen Aufseher_innen in den Hintern zu treten.

Kleinkriminelle Waisin findet heraus, dass sie eine von mehreren Klonen ist, tut sich mit den anderen zusammen und macht sich auf, ihren „Schöpfer_innen“ und heimlichen Aufseher_innen in den Hintern zu treten. Die Details der Story sind wesentlich komplizierter, aber das spielt keine große Rolle: Weder für die Frage, ob die Zuschauer_innen sich in die Serie verlieben (das steht und fällt nämlich mit den hinreißenden Klonen) – noch in Hinblick auf den Comic. Selbiger hat einfach zu wenig Seiten, um sich in Details zu ergehen – dabei ist es genau das, was er verspricht: Mehr Hintergründe zur geliebten Serie sollte er liefern.

Aufgeteilt in fünf Kapitel, eins für jede der Hauptklone, Sarah, Helena, Alison, Cosima und Rachel, liegt die Annahme nah, dass jedes Kapitel einen Strang aus dem Leben der jeweiligen Frau näher beleuchtet, der in der Serie zu kurz kam. Statt sich auf dieses Ziel zu konzentrieren, bemüht sich der Comic jedoch gleichzeitig, die erste Staffel zusammenzufassen. Er scheitert an beiden Zielen. Wer die Serie nicht gesehen hat, wird mit dem Comic überfordert sein, den Plot nicht nachvollziehen können und sich nicht in die Charaktere verlieben, die unerträglich flach bleiben. Wer hingegen bereits Fan ist, wird sich mit dem Comic langweilen und sich die Frage stellen, warum 99 Prozent des Inhalts nur wiederkäuen, was bereits bekannt war. Allein in Rachels Kapitel ist ein Teil ihrer Kindheit zu sehen, der in der Serie kürzer dargestellt wurde, neue Einsichten ergeben sich daraus aber nicht. Zudem hat es einen schalen Beigeschmack, wenn aus einer dermaßen queeren Fernsehserie ein Comic hervorgeht, in dem auf mehrere Hetensexszenen sage und schreibe ein lesbischer Kuss kommt – und Obertucke Felix nicht als queer zu erkennen ist.

Auch der Zeichenstil vermag es nicht, zu überzeugen. Wann immer Bilder aus der Serie direkt „geklont“ wurden – es wurde vermutlich direkt über Screenshots gemalt – sind die Charaktere mitunter atemberaubend gut zu erkennen, die Bildkomposition beeindruckend. Sobald die Künstler_innen jedoch frei zeichnen mussten, wird es sogar schwer, die einzelnen Personen auseinander zu halten. Die am Ende des Bandes angehängten Variant-Cover verschiedener Zeichner_innen sind vielfältig und würden wunderschöne Poster ergeben, doch als einzig wirklich innovativer Teil des Comics sind sie einfach den Kaufpreis nicht wert.

Der einzige Hoffnungsschimmer ist der zweite Band: „Helsinki“. Er soll vor allem die Geschehnisse in Finnland erläutern, die in der Serie bis einschließlich Staffel drei nur angedeutet wurden und erst in Staffel vier ansatzweise ans Licht kommen. Damit würde der Comic wirkliche Lücken füllen, was Band eins mit dem bisschen Extrainformationen pro Klon wahrlich nicht halten konnte. Leider ist dieser zweite Sammelband, obwohl bereits im März 2016 in den USA erschienen, erst im Oktober auf Deutsch zu bekommen.

Die vierte Staffel der Fernsehserie gibt es seit dem 6. August auch im deutschsprachigen Netflix, die fünfte und letzte Staffel wird 2017 in den USA anlaufen.

Non Chérie macht queeren Krempel, feministisches Gedöns und stolpert mitunter versehentlich auf dem Campus der Uni Wien umher.
 

„Hinfort mit den Serienstereotypen, her mit den Klonen“

  • 05.10.2016, 13:37
Teilzeitkleinkriminelle Waise aus armen Verhältnissen findet zufällig heraus, dass sie unzählige Klone hat …

Teilzeitkleinkriminelle Waise aus armen Verhältnissen findet zufällig heraus, dass sie unzählige Klone hat, tut sich mit ihnen zusammen und kämpft gegen jene, die sie geklont haben und deren finstere Machenschaften. Gut, das klingt nicht annähernd so spannend und komplex, wie die Serie tatsächlich ist – doch ihr werdet Orphan Black eh nicht wegen des Plots schauen.

Es ist der Klon-Club, also ihre verschiedenen Klone, die Protagonistin Sarah Manning nach und nach kennenlernt, die euch das Herz rauben werden. Schon Alison, die Soccer-Mum mit Vorliebe für Basteln, Geschenkeverpacken, Drogendealen und Mord, hat mehr Witz und Finesse als alle Staffeln Breaking Bad zusammen. Zudem kommt jede Menge Queeres: Nicht nur sind einige Hauptcharaktere lesbisch, bi, schwul, trans* und intergeschlechtlich, darunter auch Klone, nein, vor allem bricht die Seriengestaltung grandios mit Traditionen. Andauernd sprechen Frauen, die ebenso Hintergründe wie eigene Handlungsstränge haben, miteinander – und definitiv über etwas anderes als Männer. Männliche Charaktere hingegen haben nahezu ausnahmslos Nebenrollen, die die Protagonistinnen und deren Plot unterstützen (Bösewichte ausgenommen).

Und das fetzt. So richtig. Die Klone machen einfach Spaß. Sie können ihr ganzes Potential entfalten, weil sie nicht, wie es sonst in Serien passiert, durch irgendwelche Typen, deren Plot vorangetrieben werden muss, ausgebremst werden. Alle werden von Tatiana Maslany dargestellt, die derart überzeugend spielt, dass sie nicht mal Perücken und Accessoires bräuchte, um die Klone trennscharf voneinander abzugrenzen.

Eine weitere auffallende Besonderheit der Serie ist, dass es nicht ständig Vorwände gibt, um die Protagonistinnen nackt zu zeigen – dafür sind es öfters mal Männer, die in Dusch- und Umkleideszenen Haut zeigen. Allen voran Schnuckel Felix, Sarahs Adoptiv-Bruder, Künstler (was sonst), Make-Up-Fan und Vollzeit-Tunte. Nicht nur seine Outfits, sein Witz und sein Charme bereichern die Serie ungemein – dass er auch keine Berührungsängste gegenüber einem trans* Mann hat, ist im Mainstream-TV vermutlich einmalig.

Ein großer Makel der Serie: Sie ist weißer als Magerquark. Nicht-weiße Charaktere gibt es allein in Nebenrollen. Durchgehend dabei ist allein ein Schwarzer Cop – also genau die eine Schwarze Rolle, die gerade bei so vielen Serien neben einem ansonsten komplett weißen Cast steht.

Die vierte Staffel der Fernsehserie gibt es seit dem 6. August auch im deutschsprachigen Netflix, die fünfte und letzte Staffel wird 2017 in den USA anlaufen.

 

Non Chérie studiert mitunter versehentlich in Wien und macht sonst so queeren Kram und trans*aktivistisches Gedöns.

Die queeren Kompliz_innen des Systems

  • 22.06.2016, 11:49
Gegen die Komplizenschaft mit dem System appellieren Heinz-Jürgen Voß und Salih Alexander Wolter mit „Queer und (Anti-) Kapitalismus“. Adressiert ist das Buch eindeutig an Leute, die sich in queeren Theoriegebilden bereits prächtig zurechtfinden.

Gegen die Komplizenschaft mit dem System appellieren Heinz-Jürgen Voß und Salih Alexander Wolter mit „Queer und (Anti-) Kapitalismus“. Adressiert ist das Buch eindeutig an Leute, die sich in queeren Theoriegebilden bereits prächtig zurechtfinden. Dieser tendenziell weiße, akademische Mittelschichtskreis hat sich mitunter ganz gut mit gesellschaftlichen Machtstrukturen arrangiert und ist immer wieder einmal versucht, sich in akademischen Diskursen und kleinen Teilbereichen dessen zu verlieren, was die Autoren nun als „das Ganze“ problematisieren. Das Ganze ist irgendwie Kapitalismus, aber nicht bloß als Wirtschaftsform, sondern als Prinzip, das die Gesellschaft strukturiert und gestaltet und das mit Sexismus, Rassismus und anderen Ungleichheiten verwoben ist.

Dieser Verwobenheit war man sich in den Anfängen der queeren Bewegung in den 1960ern durchaus bewusst. Damals protestierten Trans*-Personen, Sexarbeiter*innen, junge obdachlose Queers, Queers of Color und jene aus der Arbeiterklasse gegen Polizeigewalt und gesellschaftliche Unterdrückung. Die aktuelle Queer-Bewegung neigt dazu, diese solidarischen Kämpfe in den Hintergrund zu drängen und eigene privilegierte Positionen absolut zu setzen. Dagegen wenden sich die Autoren. Sie gehen darauf ein, warum sex, class und race analytisch nicht getrennt werden sollten, wieso eine Aufspaltung politischer Kämpfe problematisch ist und warum wir uns bedingungslos an die Kämpfe jener anschließen müssen, die gesellschaftlich am meisten unterdrückt werden. Zentrale Themen sind die Geschichte der Queer-Bewegung, Feminismus, Kolonialismus, globale Arbeitsteilung und Kapitalismus.

Das Buch findet klare Worte für queere Kompliz_innen des Systems, vorausgesetzt sie sind mit akademischem, linkem Theoriejargon vertraut. Für alle anderen sind es weniger klare Worte, mehr verschwommene Ideen in komprimierter Form. Ich würde das Buch trotzdem allen empfehlen, die sich gerne kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzen. Durch die streckenweise komplizierten Formulierungen kann man sich durchkämpfen, dann bietet es eine hervorragende Zusammensicht der Kernaspekte linker Ideologie. Außerdem gibt es dutzende Verweise auf essentielle Werke zum Weiterlesen, die in bisherigen Debatten vielfach ungerechtfertigt vernachlässigt wurden.

Heinz-Jürgen Voß & Salih Alexander Wolter: Queer und (Anti-)Kapitalismus.
Schmetterling Verlag. 2015 (2. Auflage).
159 Seiten, 12,80 Euro.

Carina Brestian studierte Gender Studies an der Uni Wien.

­Coming Out in der Schule?!

  • 25.05.2016, 23:44
Nicht nur für Schüler*innen, sondern auch für Lehrer*innen ist die Frage nach der sexuellen Orientierung bzw. Identität ein Thema am Arbeitsplatz Schule.

Nicht nur für Schüler*innen, sondern auch für Lehrer*innen ist die Frage nach der sexuellen Orientierung bzw. Identität ein Thema am Arbeitsplatz Schule.

Lesbischen, schwulen, bisexuellen und queeren Lehrer*innen und anderen Bildungsarbeiter*innen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, werden nach wie vor große Vorbehalte entgegengebracht. Obwohl die rechtliche Situation eine einigermaßen große Sicherheit bietet, Beratungsstellen bei Problemen und Mobbingfällen bereitstehen, sind offen queere Lehrer*innen nach wie vor die Ausnahme. Es ist ein Widerspruch, dass es einerseits Projekte für Schüler*innen zu nicht-heteronormativen Lebensweisen gibt, die nicht-hetero oder cissexuelle Lehrkraft in punkto Sichtbarkeit jedoch die große Ausnahme darstellt.

Die Tabuisierung dieser Themen führt auf mehreren Ebenen zu Problemen. Erstens trifft sie Kinder und Jugendliche, die sich in ihrer geschlechtlichen Entwicklung nicht mit den vorhandenen Normen identifizieren, denn sie bleiben mit ihren Fragen und Positionen allein. Nicht selten hat dieses Orientierungsvakuum negative Auswirkungen auf die Identitätsentwicklung der Heranwachsenden. Zweitens bedeutet eine Tabuisierung nicht-heteronormativer Lebensweisen die Vielfalt gesellschaftlicher Wirklichkeit nicht kennen zu lernen und in Folge keinen selbstsicheren Umgang damit zu finden. Verständnis für Differenzen und Anerkennung der realen gesellschaftlichen Diversität wären Teile des staatlichen Bildungsauftrags.

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Schließlich kann die genannte Tabuisierung zu einer erheblichen Belastung von Lehrkräften selbst führen, die homo-, bi-, trans- oder intersexuell leben. Das Coming Out ist nicht nur für Schüler*innen einfacher, wenn sie Unterstützungsstrukturen, Austauschmöglichkeiten und role models zur Verfügung haben. Auch für Eltern, aber vor allem für Lehrer*innen sowie angehende Pädagog*innen ist dies der Fall.

Deshalb wurde in Wien die offene Gruppe „EDUqueer. LGBTIQ Lehrpersonen in Österreich“ gegründet. Im Rahmen der monatlichen Treffen sind einerseits Austausch über Erfahrungen und Strategien möglich, andererseits auch politische Bewusstseinsbildung – etwa im Sinne der Selbstermächtigung.

Die Treffen finden jeweils am dritten Dienstag im Monat um 18 Uhr im Gruppenraum der Türkis Rosa Lila Villa (6., Linke Wienzeile 102, 1. Stock) statt.

Die nächsten Termine vor der Sommerpause sind der 17. Mai und der 28. Juni 2016. Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten gibt es auf unserer Facebookseite und auf unserer Homepage: www.eduqueer.at

Endlich sprechen Gaybies

  • 16.03.2016, 21:49
„Gayby Baby“ ist ein Dokumentarfilm, der vier Kinder auf sehr intime, aber unaufgeregte Art in ihrem Alltag begleitet.

„Gayby Baby“ ist ein Dokumentarfilm, der vier Kinder auf sehr intime, aber unaufgeregte Art in ihrem Alltag begleitet. Gus, Ebony, Graham und Matt haben zwei Dinge gemein: Sie sind zwischen zehn und zwölf Jahre alt und sie leben in einer Regenbogen-Familie. Sie sind „Gaybies“. Inmitten politischer Debatten über Ehe- und Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare, kommen in „Gayby Baby“ die Kinder selber zu Wort. progress sprach mit der Produzentin Charlotte Mars.

Gemeinsam mit Maya Newell hast du die Dokumentarreihe „Growing up Gayby“ realisiert. Jetzt habt ihr zusammen den Film „Gayby Baby“ gemacht, wo ihr Kinder begleitet, die mit gleichgeschlechtlichen Eltern aufwachsen. Wie seid ihr zu diesem Thema gekommen?
Vor fünf Jahren wurde die Debatte über die gleichgeschlechtliche Ehe sehr laut und dabei ging es immer mehr um die Frage von Familie und um diese rechts-konservative Sorge, dass homosexuelle Paare, die heiraten, auch Kinder wollen. Dass das ein Problem sein könnte. Dass diese Kinder anders sein könnten. Maya und ich kennen uns schon sehr lange und fanden die Debatte extrem beleidigend. Maya hat selber zwei Mütter. Es war nicht nur ein Angriff, weil die ganze Diskussion so tat, als ob Kinder aus gleichgeschlechtlichen Partnerschaften noch gar nicht existieren, sondern auch, weil sich niemand die Zeit genommen hat mit den Familien, mit den Kindern zu reden. Alle haben über die Kinder, aber niemand mit ihnen gesprochen. Und da es immer lauter und richtig hässlich wurde, wollten wir dem etwas entgegnen, indem wir den Kindern zuhören.

Ja, das Thema selber ist sehr politisch. Der Film ist aber überraschend unpolitisch. War es eine bewusste Entscheidung den Film zu entpolitisieren?
Ja, absolut! Es gab so viel Hass in der Diskussion und wir wollten nicht eine weitere aufgebrachte Stimme sein. Eine Kraft des Kinos sind die Geschichten, die du erzählen kannst. Damit wollten wir uns einbringen. Viele haben sich mit Regenbogen-Familien noch gar nicht auseinandergesetzt. Und in einer Welt voller heteronormativer Bilder, ist es erfrischend, etwas anderes zeigen zu können und zu sagen, dass es diese Familien gibt und zwar schon lange. Die Geschichten im Film sind zwar nicht politisch erzählt, aber der Kontext des Films ist politisch, Maya und ich sind politisch.
Auch der Kontext eurer Screenings ist sehr politisch: Der Film wurde an Schulen in Australien verboten. Wie kam es dazu?
Der Film kam in Australien bereits 2015 in die Kinos, eine Woche vor dem jährlich stattfindenden „Wear It Purple Day“ im August. Das ist ein Tag, an dem sich junge LGBTIQ-Menschen selbst feiern. Statt einem normalen Preview wollten wir den Schulen die Möglichkeit geben, den Film an diesem Tag zu zeigen. Rund dreißig oder vierzig Schulen haben zugesagt. Einen Tag vor den Screenings landeten wir auf dem Cover einer der größten Zeitungen mit der Schlagzeile „Gay class uproar“. Am Beispiel einer Schule ging es in dem Artikel darum, dass alle Eltern aufgebracht seien, weil ihre Kinder dazu gezwungen werden, ein – wie die Zeitung es formulierte – Video über homosexuelle Erziehung, zu sehen. Das war schrecklich! Wir haben vier Jahre an diesem Film gearbeitet, vier Jahre in der LGBTIQ-Community verbracht und dann kommt diese Schlagzeile. Wir waren eine Woche lang durchgehend in der Berichterstattung. Der Premierminister von New South Wales entschied, dass der Film an Schulen in diesem Bundesstaat nicht gezeigt werden darf. Das war auch furchtbar für die Community, da die Botschaft vermittelt wurde, dass diese Familien in den Schulen nicht willkommen sind.

Wie geht es euch und auch den Familien und Kindern aus dem Film jetzt – nach dem ersten Schock?
Das ist fünf Monate her und obwohl ich persönlich und sehr viele andere durch die Reaktion verletzt wurden, ist uns mittlerweile klar, dass eine Konversation, die lange nicht geführt wurde, plötzlich geführt wurde. Es war notwendig. Auch die Familien und Kinder waren sehr großartig. Uns ging es in erster Linie darum zu schauen, wie es den Kindern aus dem Film geht, weil sie diejenigen waren, die am nächsten Tag in die Schule mussten. Aber die Kinder haben als erste gemeint, wir sollen uns keine Sorgen machen, denn es sei das Beste, was passieren konnte.

Die Kinder im Film sind alle zwischen zehn und zwölf Jahre alt. Habt ihr euch bewusst für dieses Alter entschieden?
Nein, zumindest anfangs nicht. Wir haben für den Film Menschen sehr verschiedenen Alters interviewt. Aber als sich die Geschichten, die wir im Film erzählen wollten, herauskristallisierten, wurde uns bewusst, dass das Alter zwischen zehn und zwölf sehr spannend ist. Es ist eine Art „magisches Alter“. Du hast einen Fuß in der Kindheit und den anderen im Erwachsenensein. Deine eigenen Ideen beginnen sich in dem Alter zu formen. Du fängst an, deine Eltern als Personen und nicht nur als deine Eltern wahrzunehmen – was in unserem Kontext sehr spannend ist, da auch immer klarer wurde, dass nicht die ganze Welt denkt, dass meine Familie unbedingt normal ist.

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Meiner Meinung nach kamen die Kinder im Film sehr reif und erwachsen rüber. Kann das mit den täglichen Kämpfen zu tun haben, die man als Gayby in einer heteronormativen Gesellschaft, auszutragen hat?
Ich würde nicht sagen, dass die Kids andauernd am Kämpfen sind. Das sehe ich gar nicht so. Ich glaube aber, dass viele Gaybies sehr gut kommunizieren können, weil sie seit sie sprechen können, andauernd ihre Familie erklären müssen. Daher lernten viele über Familie, aber auch über queere Politiken, zu sprechen. Gleichzeitig sind die Kinder unglaublich belastbar, was eigentlich keine Eigenschaft von Kindern sein sollte. Aber sie treten jeden Tag vor die Haustüre, wissend, dass es die Möglichkeit gibt mit Homophobie konfrontiert zu werden. Auch wenn es gar nicht so sein muss. Aber allein dieses Bewusstsein schafft eine Art Belastbarkeit, ein Bereit-Sein.

Gemeinsam mit Gaybies wart ihr im australischen Bundestag. Dort hatten die Politiker*innen die Möglichkeit Fragen zu stellen. Welche Fragen sind gekommen?
Wir sind nicht mit den Kindern aus dem Film, sondern mit Erwachsenen hin. Ich kann mich nicht mehr an alle Fragen erinnern, aber wir wollten das Panel so strukturieren, dass wir langsam alle Fragen, die immer wieder kommen, durchgegangen sind. Es gibt einige wenige Fragen, die wiederholen sich: Zum Beispiel, wenn du zwei Mütter hast, kommt die Frage, ob du einen Vater vermisst. Die Leute wollen auch wissen, wie du gezeugt wurdest, ob du adoptiert bist – wie all das funktioniert. Viele fragen, ob du auf Grund deiner homosexuellen Eltern schikaniert wurdest oder wirst. Und natürlich kommt immer wieder die Frage, ob Gaybies homosexuell sind. Das klingt eigentlich sehr dumm. Aber es gibt wirklich viele Menschen, die glauben, dass es so ist.

Du hast mit Maya auch eine Firma mit dem Namen „Marla House“ gestartet zur Unterstützung weiblicher Filmemacherinnen. Ist die Branche nach wie vor männlich dominiert?
„Marla House“ haben wir eigentlich für unsere gemeinsamen Kollaborationen gestartet. „Marla“ bedeutet auf einer Aborigines-Sprache „Mädchen“. Das heißt es ist das „Mädchen Haus“, also unser Haus. Aber ja, ich bin absolut der Meinung, dass die Branche männlich dominiert ist. Das zeigen auch die Statistiken. Aber frage mich bitte nicht, wie man das...

… ändern kann?
Genau! Es gibt sehr viele Menschen, die versuchen diese Frage zu beantworten und daher gibt es auch viele verschiedene Zugänge. Meiner Meinung nach sollen wir sie alle probieren. Dabei geht es nicht nur um Frauen und Männer, sondern um LGBTIQ-Personen, aber auch um „People of Colour“. Wenn wir nur Geschichten von von weißen Männern hören und sehen, wenn nur diese kleine Gruppe repräsentiert wird, erhalten wir offensichtlich nicht das ganze Bild von Gesellschaft. Es ist wichtig, all die problematischen Systeme unserer Gesellschaft aus vielen verschiedenen Perspektiven zu zerlegen.

Valentine Auer lebt als freie Journalistin in Wien.

Cyberpunk-Schnitzeljagd

  • 10.03.2016, 18:25
Read Only Memories entführt uns in eine retrofuturistische Cyberpunk-Welt. Ein Review.

Neo-San-Francisco, wenige Tage vor Weihnachten 2064. Ich schreibe ein lange aufgeschobenes Review über besonders intelligente Kopfhörer. Danach genieße ich endlich den gerechten Schlaf freischaffender Journalist_ innen. Aber nur kurz: Ein kleiner Roboter namens Turing ist in meine Wohnung eingedrungen. Schlaftrunken höre ich seine Erklärungen: Mein Wohnungsschloss ist unsicher, er ist die erste künstliche Intelligenz mit richtigem Bewusstsein und Emotionen, und außerdem ist mein Bekannter Hayden Webber, der Turing gebaut hat, entführt worden.

Meine Fähigkeiten als investigative_r Journalist_in werden also gebraucht, um Hayden wiederzufinden. Schnell erfahre ich, dass neben den großen Technologiekonzernen, die einen Großteil der staatlichen Funktionen wie Polizei oder Telekommunikationszugang übernommen haben, auch die Protestgruppe „Human Revolution“ zu den Verdächtigen zählt. Die Gruppe ist gegen jede Art von cybernetischen oder genetischen Veränderungen von Menschen, die 2064 an der Tagesordnung stehen. Ebenso wie die Konzerne sind sie wohl hinter Turings künstlicher Intelligenz her. Es beginnt ein Krimi, der mich und Turing in Nachtclubs, Medienunternehmen, Hinterhofkliniken führt. Allerdings scheint uns bei der Suche nach Hayden irgendwer immer einen Schritt voraus zu sein …

Read Only Memories ist ein klassisches „Point and Click“-Adventure in wunderschöner neonleuchtender Retro-Pixelgrafik mit passendem Soundtrack. Auch die dargestellte Zukunftsvision mit alles kontrollierenden Großkonzernen, genetisch modifizierten Katzenmenschen und sprechenden Robotern könnte aus den 1980er Jahren stammen. Aufgelockert wird die düstere Atmosphäre durch Turings naiven Humor. Die nicht-lineare, vielschichtige Story ist intelligent und beleuchtet nicht nur das Thema künstliche Intelligenz, sondern auch ethische Fragestellungen zu Transhumanismus und Gentechnik am Menschen. Ein besonderes Lob gibt es neben dem äußerst stimmigen Erscheinungsbild auch für die Möglichkeit, die Pronomen der Spielfigur am Anfang des Spiels selbst auszuwählen. Einziges Manko: Die hervorragende Sprachausgabe ist nur im Intro und Outro zu hören.

Joël Adami studiert Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Universität für Bodenkultur Wien.

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