Nobelpreisträgerinnen

Das Theater an die Uni, die Frauen in die Wissenschaft!

  • 03.03.2014, 11:59

Was suchen Strahlung, Kernspaltung und Frequenzsprungverfahren am Theater? Von der Liebe zur Wissenschaft und ihren herausragenden Frauen erzählt die aktuelle Inszenierung des portraittheaters: „Curie_Meitner_Lamarr_unteilbar”.

Was suchen Strahlung, Kernspaltung und Frequenzsprung-verfahren am Theater? Von der  Liebe zur Wissenschaft und ihren herausragenden Frauen erzählt die aktuelle Inszenierung des portraittheaters:  „Curie_Meitner_Lamarr_unteilbar”.

Marie Curie steht am Chemiepult und hält ihre Antrittsvorlesung. Es ist das Jahr 1906 und sie ist die erste Frau, die an der Sorbonne unterrichten darf. Die Chemikerin und Physikerin erzählt von der Entdeckung der Radioaktivität und von ihrer Liebe zur Wissenschaft. Auch für die Kernphysikerin Lise Meitner steht die Liebe zur Wissenschaft über allem anderen. Die Österreicherin Meitner war die erste Frau, die in Deutschland eine Physikprofessur erhielt, sie steht an der Tafel und schreibt Formeln auf. Die österreichische Hollywoodschauspielerin Hedy Lamarr ist nicht nur bekannt, weil sie die erste Frau war, die sexuelle Erregung in einem Film zeigte, sondern auch durch ihre Erfindung des Frequenzsprungverfahrens. Ohne Frequenzsprungverfahren gäbe es heute kein Bluetooth oder WLAN, insofern reiht sie sich ein in die Riege der Entdeckerinnen, vor allem aber ist sie eine Diva.

In „Curie_Meitner_Lamarr_unteilbar“ werden alle diese drei Frauen von einer einzigen gespielt: Die Schauspielerin Anita Zieher ist die Nobelpreisträgerin, die Kernphysikerin und die Filmdiva. Und es ist vor allem Ziehers Darstellung, die in dieser Inszenierung hervorsticht. Die Regisseurin Sandra Schüddekopf und die Schauspielerin Zieher haben biographisches und wissenschaftliches Material vermischt und zusammen ein Theaterstück entwickelt, das mit Originalzitaten der dargestellten Persönlichkeiten versetzt ist.

Hier wird ein klarer Bildungsauftrag verfolgt

Das portraittheater hat es sich zum Ziel gesetzt, Personen, die durch ihr politisches, wissenschaftliches oder künstlerisches Wirken herausragend waren, durch Filme, Theateraufführungen oder andere Formen der künstlerischen Darstellung einem breiteren Publikum vorzustellen. Vor allem Frauen sollen porträtiert und ihre Wirkung und Bedeutung sichtbar gemacht werden. Nach Hannah Arendt, Simone de Beauvoir, Bertha von Suttner und George Sand, widmet sich das portraitheater in seiner neuesten Produktion den beiden Wissenschaflerinnen Marie Curie und Lise Meitner sowie der österreichischen Hollywood-Schauspielerin Hedy Lamarr. Obwohl Lamarr insofern ins Bild passt, als sie 1997 für ihre Beteiligung an der Erfindung des 1942 patentierten Frequenzsprungverfahrens den EFF Pioneer Award erhalten hat, wirkt die affektierte Filmdiva zwischen der Nobelpreisträgerin Curie und der Kernphysikerin Meitner ein bisschen fehl am Platz. „Jede Frau kann glamourös sein. Sie muss nur still da stehen und dumm aussehen“, soll Lamarr gesagt haben.

Kleine Details veranschaulichen die technische Darstellung der Naturwissenschaften auf der Bühne, so lässt Zieher als Lise Meitner mit leichtem Wiener Akzent einen Luftballon zerplatzen. Zwei kleine Bälle fallen heraus, das Zerplatzen des Luftballons ist wie das Zerplatzen des Urans, die Kernspaltung wird so plastisch erklärt. Frauen in die (Natur-)Wissenschaft ist der sehr deutliche Auftrag von „Curie_Meitner_Lamarr“. Für die Ästhetik einer Theatervorstellung ist eine solche Schwerpunktsetzung nicht unbedingt förderlich. Nachdem es dem Verein aber um die verständliche Vermittlung von Wissen mittels kreativer Ausdrucksformen geht, kann man über manches auch hinwegsehen.

Die Monologe werden von belehrenden Videos unterbrochen, in denen drei Mädchen vom Tod Curies an der Strahlenkrankheit erzählen, die Wirkung von Radioaktivität erklären und über radioaktive Stoffe informieren. Das erinnert streckenweise leider ans ORF-Kinderprogramm, vor allem wenn die Kinder die Radioaktivität von Strahlen messen. Das ist schade, man hätte sich für die Pausen, die zwischen den drei Monologen entstehen, eine bessere Lösung einfallen lassen können. Auch die Musikuntermalung, die den Spannungsaufbau des Wissenschaftlerinnen-Lebens unterstreichen soll - Marschmusik bei Kriegsausbruch, französische Akkordeonmusik als die Polin Curie nach Frankreich zieht, traurige Cello-Musik als der Nationalsozialismus im Leben der Jüdin Lise Meitner zum Thema wird - ist manchmal ein bisschen zu viel. Das Stück würde auch ohne diese Hilfsmittel auskommen. Anita Zieher, die alle drei Frauen spielt, beeindruckt durch ihre Performance dieser drei sehr unterschiedlichen und herausragenden Persönlichkeiten und bringt sie einem tatsächlich ein ganzes Stück näher.

Spielort Hörsaal

Nach der Premiere im Theater in der Drachengasse werden die nächsten Vorstellungen an der Uni gezeigt. Am 3. und am 4. März im Lise Meitner-Hörsaal an der Fakultät für Physik und am 14. und 19. März im Margarete Schütte-Lihotzky-Hörsaal an der Technischen Universität Wien: http://www.portraittheater.net/dates.php

Sara Schausberger hat Germanistik studiert und arbeitet als Kulturjournalistin (u.a. für den Falter) in Wien.