Felsen

Felsen sind auch nur Menschen

  • 11.05.2017, 09:00
Wenn Ashley Williams über ihre Arbeit spricht, tut sie das leise. Fast so, als wäre es ihr unangenehm, hinter dem Rücken der Kunstwerke über diese zu urteilen.

Wenn Ashley Williams über ihre Arbeit spricht, tut sie das leise. Fast so, als wäre es ihr unangenehm, hinter dem Rücken der Kunstwerke über diese zu urteilen. „Ich liebe Felsen. Vielleicht sind sie für andere Menschen langweilig, aber nicht für mich“, sagt die 31jährige Künstlerin in ihrem Studio in Berlin. Auf der Wand hinter ihr: mehrere kleine Porträts von Felsen und Gesteinsvariationen. Vulkane, Monde, Murmeln und fantasievolle Galaxien mit korallfarbenen Krusten und Einbuchtungen.

Als die 1985 in Virginia geborene Künstlerin vor sechs Jahren nach Colorado zog, begann sie ihre Umgebung gründlich zu analysieren. Sie war es gewohnt, graue Felsen zu sehen – aber pinke? „Die Oberfläche der Felsen in Colorado hat der menschlichen Haut sehr geähnelt.“ Ashley beginnt ihre bislang umfassendste Reihe sentient („bewusst“). Stundenlang sitzt sie neben Felsen, macht Fotografien. 300 an der Zahl, bis sie die besten auswählt und in einen neuen Kontext setzt. „Manchmal hat der Fels eine neue Landschaft nötig, um darin zu leben.“ Sie porträtiert Felsen genauso ehrfürchtig wie die Maler der Renaissance einst Königsfamilien und bringt damit ihr stolzes Wesen zum Vorschein. Schwebend, kopfüber, aus der Vogelperspektive.

Im Januar zieht sie von den USA nach Deutschland, genauer nach Hohenstein in Bayern. Ashley kündigt ihren Lehrerinnen-Job, verkauft das Eigentum und beschließt, fortan in Künstlerresidenzen mit Gleichgesinnten zu leben. „Meine Bilder verkaufe ich von unterwegs, auch wenn ich mit kleineren Leinwänden auskommen muss“, sagt Ashley. Der Preis beginnt bei 900 Dollar, proportional zur Größe der Werke steigt er.

Gelernt hat sie an einer „liberalen“ Kunstschule, mit Zugang zu Fächern wie Psychologie. Draußen zu sein habe ihr für das kreative Fortkommen mehr gebracht als der Unterricht an der Universität. Malerin zu sein ist für Ashley der beste Job der Welt. „Ich habe eine Ausrede, um mich mit genau den Dingen zu beschäftigen, die mich interessieren. Ich habe eine Ausrede, um interessante Menschen zu treffen. Und obendrein kann ich auch noch tun, was ich liebe.“

Bianca Xenia Mayer hat Politikwissenschaft und Publizistik studiert und lebt als freie Autorin in Berlin.