Brettspiele

Bombe!

  • 23.02.2017, 19:17
Die Wizard-Jubiläumsedition schlägt ein!

Die Wizard-Jubiläumsedition schlägt ein! 1996 veröffentlichte der Spielehersteller AMIGO in Österreich die erste Edition des Stichspiels Wizard von Ken Fisher. Als Zauberlehrling muss eins taktisch klug 52 Karten der vier Völker, Menschen, Zwerge, Riesen und Elfen, sowie acht Sonderkarten, nämlich Zauber_innen und Närr_innen, gegeneinander ausspielen. Mit ästhetisch ansprechenden Karten, einfacher Spielpraxis und einer geschickten Kombination aus Strategie und Spannung überzeugte Wizard allein in Deutschland 1,7 Millionen Spieler_innen. Die queere Gestaltung der Charaktere und deren ausgeglichene weibliche_ und männliche_ Bezeichnungen sprachen bereits kurz nach Veröffentlichung ein breites Publikum an. Nach zwanzig Jahren leistet sich AMIGO nun eine limitierte Wizard-Jubiläumsedition, die dem Kartenspiel eine neue, trickreiche Facette verleiht. Grund dafür sind sechs zusätzliche Sonderkarten, die jeder längerfristigen strategischen Überlegung ein jähes Ende bereiten können. So kann ein Drache die bisher höchste Karte, den_die Zauber_in, übertrumpfen. Aber Vorsicht, im Deck versteckt sich eine Fee! Sie kann dem Zauberlehrling einen sicher geglaubten Drachenstich wieder entreißen. Wer die Oberhand im Spiel hat, kann sich schneller ändern als eins „Mein Stich!“ rufen kann. Das stellen neben Drache und Fee noch eine Bombe, eine Wolke, ein Werwolf und ein Jongleur sicher. Klar ist: Die Wizard-Jubiläumsedition bringt Verhältnisse durcheinander! Weiters entschuldigt die Jubiläumsedition ehemalige schlechte Entscheidungen. Was AMIGO an Krimskrams, wie Stichplättchen, neuen Farben und einen Schwarzen Magier, zu Wizard Extrem hinzufügte, streifte es für die Jubiläumsedition erfreulicherweise wieder ab. Erneut aufgenommen wurden hingegen die Berufsbezeichnungen der Karten – ein wehmütig vermisstes Feature, das in späteren Ausgaben von Wizard verloren ging. Jetzt spielen Zauberlehrlinge wieder nicht mehr nur mit Zahlen, sondern mit Schmied_innen, Dieb_innen und König_innen. Mit nur sechs Karten schafft es AMIGO, neue wie treue Wizard-Zauberlehrlinge wortwörtlich vom Hocker zu reißen!

Ken Fisher: Wizard Jubiläumsedition 2016 AMIGO; für drei bis sechs Spieler_innen; ab zehn Jahren; 9,99 Euro

Marlene Brüggemann hat Philosophie an der Universität Wien studiert.

Reise in unendliche Langeweilen

  • 18.06.2016, 15:26
T.I.M.E Stories verspricht schon im Vorfeld viel, hat tolle Illustrationen und ein schnittiges Imagevideo.

T.I.M.E Stories verspricht schon im Vorfeld viel, hat tolle Illustrationen und ein schnittiges Imagevideo. Der Karton ist weiß und wertig, clean designed wie ein neues Apple-Produkt. Ein Jackpot für Unboxing-Enthusiast_ innen und Leute, die sich gerne dekorative Dinge ins Regal stellen. Auch die Grundidee klingt ziemlich cool: Wir sind AlienAgent_ innen und können im Rahmen einer kooperativen Mission in verschiedene Wirtskörper und somit Rollen schlüpfen. Bei dem Szenario „Hinter der Maske“ in einem irgendwie historischen, ägyptischen Setting fühlt es sich zudem an, wie eine wilde Kolonialisierungsphantasie. Der Premiumpreis von rund 45 Euro für das Basis-Spiel mit einem einzigen Szenario und 25 Euro für jede neue Geschichte, bisher gibt es drei, ist stattlich. Da jedes Szenario nur einmal gespielt werden kann, sollte diese Zeitreise das Erlebnis unseres Lebens werden. Oder zumindest aufregender als das Schälchen mit Wasabinüssen auf dem Tisch.

Durch lange Rollenspiel-Sessions fühlte ich mich recht gut vorbereitet, als es hieß, das getestete Szenario könnte etwas länger dauern: Ich war gespannt auf den erzählerischen Part. Es sollte sich jedoch herausstellen, dass jede langatmige „DSA“ Regelwerksdiskussion ein Spaziergang gegen diese Zeitreise ist. Die Charaktere im Spiel bleiben flach und leblos: Möglichkeiten, sie selbst in-Game zu entwickeln oder wirklich einzubeziehen, gibt es keine. Nach einer oder wenigen Runden muss ein neuer Wirt besetzt werden, schnell fährt sich das Spielprinzip fest: Karten werden umgedreht und ausgelegt, die Mission beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass wir uns merken und darüber diskutieren, was auf diesen Karten stand. So entwickeln wir sukzessive das Szenario und decken eine Landkarte auf. Einmal lesen wir eine Beschriftung nicht richtig. Das kostet uns zwei Stunden und zahllose Wiederholungen. Wenn der Weg das Ziel sein soll, ist das Ziel also in der ewigen Wiederkunft des Gleichen zu suchen. Nach etwa sechs Stunden setzt dann auch eine Art Zeitreise-Flow ein. Alles wird irgendwie nebensächlich außer dem Drang, endlich die Lösung zu finden, um ins Bett gehen zu können. Vielleicht haben wir uns die „aufregenden Geschichten und Abenteuer in verschiedenen Welten“ einfach nicht genug vorgestellt. Zurück bleibt das Gefühl, ein ausgesaugter Wirtskorpus zu sein.

T.I.M.E Stories
http://www.spacecowboys.fr/time-stories
Von Manuel Rozoy, Illustrationen von Benjamin Carré, David Lecossu und Pascal Quidault.
Ab 12 Jahren.
Spieldauer: ca. 90 Minuten

Anne Pohl arbeitet für einen Abgeordneten in Berlin und hat das Spieleblog herzteile.org mitgegründet.