Bildung Finanzierung

Das Referat für FH-Angelegenheiten: „Viele Mythen, wenig Infos“

  • 28.08.2014, 14:21

Das Referat für Fachhochschul-Angelegenheiten der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft bemüht sich darum, spezielle Probleme an Fachhochschulen sichtbar zu machen und Lösungen dafür zu erarbeiten.

Das Referat für Fachhochschul-Angelegenheiten der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft bemüht sich darum, spezielle Probleme an Fachhochschulen sichtbar zu machen und Lösungen dafür zu erarbeiten.

Im Frühjahr 2009 wurde das Referat für FH-Angelegenheiten der Österreichischen Hochschüler_innenschaft gegründet – nachdem die Fachhochschul-Studierenden Mitglieder der Österreichischen Hochschüler_innenschaft wurden. Seitdem bemüht sich das jüngste ÖH-Referat darum, Probleme an FHs zu thematisieren, sie an das Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zu transportieren und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. „Wir versuchen vor allem bei bildungspolitischen Themen, die Situation im FH-Sektor klarzumachen, da der Fokus immer noch sehr stark auf den Unis liegt. Außerdem wollen wir für Probleme sensibilisieren, die vielleicht auf den ersten Blick nicht sichtbar sind“, erklärt der Referent für FH-Angelegenheiten Michael Hnelozub. Der Architekturstudent hat in der Vergangenheit selbst Wirtschaftsberatung an der FH Wiener Neustadt studiert. Neben ihm sind noch drei weitere Leute in dem kleinen Referat aktiv.

Vielfältige Probleme

Die Probleme, mit denen sich das Referat beschäftigt, sind vielfältig und von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Konkrete Problemfälle gibt es im Bereich der Gleichbehandlung sowie der Lehrveranstaltungsevaluierung. Oft geht es auch um die Frage der Abwesenheit in den Lehrveranstaltungen, welche laut Michael manchmal sehr unsachlich eingeschränkt wird. Er sieht hier vor allem ein Problem in den selbsterklärt „berufsbegleitenden“ Studiengängen: „Das Arbeiten neben dem Studium ist für viele schwer planbar, dennoch werden Lehrveranstaltungen oder Stundenpläne oft sehr kurzfristig festgelegt. Hat man Familie, wird alles noch schwieriger“, erklärt Michael. Es entstehe hier für die Studierenden ein enormer Organisationsaufwand, der sich mit dem spießt, was die FHs an Serviceleistung propagieren.

Immer wieder haben Studierende Fragen bezüglich des Studienrechts, welches im Fachhochschul-Studiengesetz (FHStG) nur sehr oberflächlich behandelt wird. Fachhochschulen fallen nicht unter das Universitätsgesetz, da sie keine staatlichen sondern private Institutionen sind. Jede Fachhochschule hat dabei spezielle Details in ihrer Prüfungsordnung. „Das FHStG ist ein sehr dünnes Gesetz. Das ist problematisch, da es viel Interpretationsspielraum lässt. Außerdem sind Fristen oder Ausbildungsverträge der verschiedenen Fachhochschulen sehr unterschiedlich“, erklärt der Referent. „Im Zweifel wird daher auf das Universitätsgesetz zurückgegriffen und geschaut, wie dort ein Thema geregelt ist.“

Beratung auf Umwegen

Trotz vieler Fragen wird die Möglichkeit der persönlichen Beratung am Referat eher wenig in Anspruch genommen. „Das Referat ist nicht so präsent, da es relativ klein und neu ist. Viele Anfragen kommen deshalb über Umwege zu uns“, so Michael. Die Beratung geschieht viel in Kontakt mit anderen Referaten, vor allem dem Referat für Studien- und Maturant_innenberatung sowie dem Referat für Bildungspolitik. Dort ist auch eine Juristin für Studienrecht beschäftigt, welche sich zunehmend auch mit FH-Recht beschäftigt.

Beratungstermine werden vom Referat für FH-Angelegenheiten auf Anfrage festgelegt, Präsenzzeiten gibt es keine. Die Beratung erfolgt großteils über E-Mail, teilweise telefonisch. „Viele FH-Studierende können nicht persönlich kommen, weil sie berufstätig sind. Außerdem ist der Großteil der FH-Student_innen nicht in Wien“, erklärt Michael. Diese können sich an die lokalen Vertretungen der ÖH wenden, für die das FH-Referat die Schnittstelle mit der Bundesvertretung bildet. Dort werden Schulungen angeboten, Rechte und Prüfungsordnungen abgeklärt sowie Workshops an den einzelnen Fachhochschulen organisiert. Hier erfolgt auch die Weiterleitung von Informationen an die Fachhochschulen selbst.

Das Fachhochschulgesetz ist ein sehr dünnes Gesetz. Im Zweifel wird auf das Universitätsgesetz zurückgegriffen. Foto: Sarah Langoth

 

Entwicklungshilfe für die Vertretungen

Ein wichtiges Ziel ist es, die Studienvertretungen direkt an den Fachhochschulen zu
stärken. „Wir versuchen vor allem sogenannte `Entwicklungshilfe ́ für FH-Vertretungen zu
geben“, erzählt der Referent. Da die Jahrgangsvertretungen immer nur auf ein Jahr gewählt
werden, gibt es eine hohe Fluktuation. Dies wird teilweise von den Studiengangsleitungen
ausgenutzt, indem sie die Lösungen für Probleme einfach aufschieben. Oft gibt es an den FHs nur ein einziges,
kleineres Vertretungsteam, welches für alle Probleme zuständig ist. Referate gibt es kaum.

Studierendenvertretungen an Fachhochschulen werden - wie auch an Pädagogischen Hochschulen - von
der Bundesvertretung der Österreichischen
Hochschüler_innenschaft mitverwaltet. An den Standorten gibt es zwar eigene Vertretungskörper,
diese sind allerdings keine echte Hochschüler_innenschaft und lediglich ein halb-
selbstständiges Konstrukt. „Oft ist unklar, wie Dinge zu regeln sind und was die gewählten
Vertretungen überhaupt tun dürfen. Wann müssen sie die ÖH fragen, wann müssen sie
die FH fragen?“, erklärt Michael. „Erfreulicherweise ist das mit dem Hochschulgesetz
2014 ab dem nächsten Jahr vorbei. Dann sind die Vertretungsstrukturen und Rechte der
Studierendenvertreter_innen einheitlich geregelt.“

Zu wenig Information, viele Mythen

Der Referent stört sich besonders daran, dass bezüglich der Fachhochschulen viele Mythen kursieren, aber wenig echte Information vorhanden ist: Ein Mythos ist beispielsweise die Aussage, Studiengebühren schaden der sozialen Durchmischung nicht. Dass diese an den Fachhochschulen höher liegt, als an Universitäten, ist vielmehr dem Angebot geschuldet. „Es werden einfach andere Gruppen angesprochen“, meint Michael. Dies seien beispielsweise soziale Schichten, für die eine praxisorientierte Ausbildung interessanter ist als eine forschungsorientierte, oder Berufstätige, denen der Studienbeitrag egal ist.

Ein weiterer Mythos ist, dass die Fachhochschulen effizienter mit Geld umgehen würden als die Universitäten. „Die FH Wiener Neustadt hat zum Beispiel mit griechischen Staatsanleihen hohe Verluste gemacht. Auch die FH Wels hat einen Fehlbetrag von einer halben Million Euro erarbeitet. Es kommt also nicht wie versprochen jeder Euro bei den Studierenden an“, so Michael.

Auch dass die Fachhochschulen so viel Raum zur Verfügung hätten, sei ein Mythos, denn auch hier übersteige das Kontingent an Studierenden langsam den Platz. „FH-Themen werden sowohl von der Politik als auch medial zu wenig hinterfragt. Über Unis wird kritisch und differenziert berichtet, über die FHs hingegen sehr einseitig. Dabei sind vor allem diese untereinander sehr verschieden“, erklärt der Referent.

Im Vergleich zu den Universitäten ist die Datenlage im FH-Sektor dürftig. Da Fachhochschulen als Unternehmen geführt werden, wird vieles als „Geschäftsgeheimnis“ der Öffentlichkeit vorenthalten. Zum Teil muss sogar um die Herausgabe des Curriculums oder einzelner Lehrveranstaltungsbeurteilungen gestritten werden. Die verfügbaren Zahlen sind hauptsächlich Selbstangaben der Fachhochschulen, viele Themen werden aber auch gar nicht erhoben. Weiters gibt es kaum Expert_innen für Fachhochschulen. Da sich Studienanfänger_innen oft an mehreren Fachhochschulen und/oder für mehrere Studiengänge bewerben, sind die Zahlenangaben bezüglich der Bewerber_innen ungenau.

Auch die FHs haben’s nicht leicht

Dennoch sind Missstände nicht nur die Schuld der Fachhochschulen: „Fachhochschulen wurden bis jetzt nie kontrolliert. Es gibt kein straffes Gesetz, welches die Organisation regelt, und keine durchsetzungsstarke Kontrollinstanz“, erklärt Michael. „Das Ministerium agiert nur symptombekämpfend. Die FHs wissen also selbst oft gar nicht, was sie dürfen und was nicht, weshalb es teilweise unnötig restriktive Regelungen gibt.“ Ebenso sei es schwer, sich an der Schnittstelle zwischen den Bedürfnissen der Wirtschaft und den Studierenden anzusiedeln: „Das ist ein ewiger Widerspruch an den Fachhochschulen: Die Leute werden zur Unternehmensgründung, aber letztendlich doch als Arbeitnehmer_innen ausgebildet“, so Michael. Und schließlich handeln die FHs oft einfach in Angst vor schlechter Publicity. Damit könnten Bewerber_innen abgeschreckt werden und so deren Studiengebühren sowie die Finanzierung dieser Studienplätze durch den Bund für die betroffene FH verloren gehen.

Ein besonderes Problem ist die falsche Verteilung von Ressourcen und Rechten. Obwohl beispielsweise bei Studien im Gesundheitswesen wie Logopädie deutlich mehr Bedarf ist, gibt es nur eine sehr begrenzte Zahl an Studienplätzen. Die Studienanfänger_innen bewerben sich deshalb oft an mehreren Standorten und/oder für mehrere Studiengänge und suchen sich bei mehr als einer Zusage eine aus. Dadurch bleiben hier und da schlussendlich Plätze unbesetzt. Bekommen Personen hingegen gar keine Zusage, inskribieren sie sich oft vorübergehend an den Universitäten, wodurch diese überlastet sind. 

Stärkeres Hinterfragen

Mit Vorfällen wie jenem an der FH Wien, bei dem vor kurzem falsche Zu- und Absagen per Mail an die Bewerber_innen ausgesandt wurden, sieht Michael wichtige Diskurse angestoßen:  „Auch wenn das Ökonomisierungsdenken zunimmt, entwickeln FH-Studierende dennoch ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass auch sie Rechte haben. Beispielsweise fragen sie öfter nach, ob das wirklich so stimmt, was die FH sagt.“ Nur durch Feedback können Verbesserungen erzeugt werden. Auch die starren Curricula an den Fachhochschulen stoßen vor allem bei Berufstätigen, welche sich eher als „Bildungskonsument_innen“ sehen, zunehmend auf Widerstand. Es muss begründet werden, wieso gewisse Lehrveranstaltungen für das Studium wichtig sind.

Michael sieht das FH-Referat trotz aller Kompromisse als Anlaufstelle für (zukünftige) Student_innen: „Als ÖH sind wir auf der Seite der Studierenden. Wir können Probleme sichtbar machen und die Menschen dahinter anonymisieren. Dadurch tut sich auch was, aber leider oft ein bisschen zu spät“.

Margot Landl studiert Lehramt Deutsch und Geschichte sowie Politikwissenschaft an der Universität Wien.

Mehr Informationen zum Referat

Fachhochschulen: Geist oder Geld?

  • 29.05.2014, 14:35

Am 21.Mai 2014 fand in der Wiener Arbeiterkammer eine Podiumsdiskussion zum Thema „Fachhochschulen: Bildung zwischen Geist und Geld“ statt. Viele Meinungen prallten dabei aufeinander und dies nicht immer nur bezüglich der Fachhochschulen. Margot Landl war für progress online dabei.

Am 21.Mai 2014 fand in der Wiener Arbeiterkammer eine Podiumsdiskussion zum Thema „Fachhochschulen: Bildung zwischen Geist und Geld“ statt. Viele Meinungen prallten dabei aufeinander und dies nicht immer nur bezüglich der Fachhochschulen. Margot Landl war für progress online dabei.

Dwora Stein, die Vizepräsidentin der Arbeiterkammer Wien, ist die erste Rednerin, die an diesem Abend die Bühne betritt. Schon am Beginn ihrer Ansprache schlägt sie ein Thema an, welches an diesem Abend noch öfter zur Sprache kommen soll. Stein kritisert: „Bildung zwischen Geist und Geld – es mangelt an beidem! Bildung ist mehr als verwertbare Qualifikationen. Es geht um gebildete, nicht nur ausgebildete Menschen. Aber dafür wird nicht genug an Geld ausgegeben.“ Geld ist die Lösung aller Probleme, denn: „Geld vermehrt sich und verwandelt sich in Bildung und Geist“. Dwora Stein spricht von den Verbesserungen, die sich die Fachhochschulen wünschen: einen Ausbau auf  60.000 Studienplätze bis zum Jahr 2020, noch mehr berufsbegleitende Angebote, noch mehr soziale Durchlässigkeit. Es sei ein großer Vorteil der Fachhochschulen, dass es dort auch Möglichkeiten gäbe, ohne Matura oder berufsbegleitend zu studieren. Außerdem gäbe es laufend neue Studien, mehr regionale Standorte und die AbsolventInnen würden gut „verwertbar“ sein. Verwertbar, also doch. Kein Wort könnte besser den großen Zwiespalt beschreiben, an dem es an diesem Abend geht: Bildung oder Ausbildung? Verwertbarkeit oder Persönlichkeitsbildung? Geist oder Geld?

Applaus für mehr Geld

Der große Saal der Arbeiterkammer Wien ist an diesem Abend etwa zu zwei Dritteln gefüllt. „Bildung zwischen Geist und Geld“ ist die zweite Veranstaltung der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Im Dialog: 20 Jahre Fachhochschulen – Arbeit – Bildung – Wohlstand“. Sie wurde von der Fachhochschul-Konferenz gemeinsam mit dem Standard, der Arbeiterkammer Wien, der Industriellenvereinigung und dem Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Fachhochschulen in Österreich organisiert.

Der Präsident der Fachhochschul-Konferenz Helmut Holzinger hält die zweite Eröffnungsrede. Er schlägt in dieselbe Kerbe wie Dwora Stein und fordert „im Sinne der Studierenden eine Erhöhung der Fördersätze. Um den Studierenden gute Bedingungen sichern zu können, brauchen wir eine Wertsicherung.“ Und er ergänzt: „Doch die Regierung hat in ihrem Programm mehr Unterstützung verschriftlicht, als sie erfüllen kann!“ Das Publikum applaudiert. Mehr Geld für Bildung. Darüber sind sich an diesem Abend alle einig.

Mehr Engagement zur Gesellschaftsverbesserung

Das Impulsreferat für die anschließende Podiumsdiskussion hält Eva Blimlinger, die Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien. Das Logo der österreichischen Klassenlotterie wird groß auf die Wand projiziert. „Das österreichische Bildungssystem hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der österreichischen Klassenlotterie“, erklärt Eva Blimlinger sarkastisch. Aus einer langen Ausführung über Einkommen in Österreich im Jahr 1910 sowie heute zieht sie das Fazit, dass die überwiegende Mehrheit aller Superreichen kein Studium abgeschlossen hat. „An den Universitäten ist das gesetzlich definierte Ziel ein anderes als an Fachhochschulen: Das Streben nach Bildung und Autonomie sowie der Gesellschaft zu dienen.“ Eva Blimlinger differenziert hier, wie auch später in der Diskussion, klar zwischen der Orientierung von Fachhochschulen und Universitäten. Doch sie stellt für das gesamte höhere Bildungssystem dieselben Forderungen: mehr soziale Durchlässigkeit, mehr Engagement zur Gesellschaftsverbesserung, mehr politische und gesellschaftliche Teilhabe und eine kritische Betrachtung des Kapitalismus. „Der Wert der Bildung ist in der kapitalistischen und postfordistischen Gesellschaft ein monetärer. Und mit den ECTS wird diesem System Rechnung getragen.“ Am Ende wird Eva Blimlingers langer Vortrag nicht nur zu einer Kritik am Bildungssystem, sondern an der gesamten modernen Gesellschaft: „Heutzutage ist alles ein Projekt. Partnerschaften, ein Kind, ein Abendessen mit Freunden, ein Urlaub, ein Wohnungswechsel. Das Projekt ist der Arbeitsorganisationsmodus für unser Leben geworden. Ein Leben in ständiger Unsicherheit.“

Kritisch betrachten, nicht nur nachkauen

Bernhard Lahner, der zweite stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen HochschülerInnenschaft von der „Fraktion engagierter Studierender“ (FEST), beschäftigt sich besonders mit der Situation von Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen. Er sieht wesentliche Unterschiede zwischen Universitäten und Fachhochschulen. Deshalb ist es schwierig, Vergleiche anzustellen. „Die gesetzliche Lage der Fachhochschulen ist eine völlig andere“, erklärt er. „Sie sind unternehmensrechtlich organisiert. Studierende gehen einen Ausbildungsvertrag ein. Da die Studienplätze durch öffentliche Gelder beziehungsweise von den ErhalterInnen finanziert werden, gibt es Zugangsbeschränkungen. Außerdem unterscheiden sich die Fachhochschulen auch untereinander stark.“  Die ÖH setzt sich schon länger für ein gemeinsames Hochschulgesetz ein. Im HochschülerInnengesetz 2014 wurde nun unter anderem erwirkt, dass die Fachhochschulvertretung nun direkt durch ein Listenwahlrecht gewählt wird. Außerdem bestimmt der Erhalter oder die Erhalterin einer Fachhochschule eine reale Person, die als Kontaktperson den Studierenden zur Verfügung steht, wenn diese beispielsweise einen Raum für Veranstaltungen mieten wollen.

Auch Bernhard Lahner würde sich ein wenig mehr Freiraum für die FachhochschulstudentInnen wünschen: „Durch eine Fachhochschule wird man durchgeschleust, um in drei Jahren fertig zu sein. Dort schaut man, dass man die Ausbildung macht, weil genau diese das Ziel ist. Da schaut man nicht, was es sonst für Möglichkeiten gibt. Doch genau diesen Zugang sollte man aufbrechen“, meint der Hochschulpolitiker, der selbst an einer Pädagogischen Hochschule studiert. „Das Studium sollte Raum geben, um den eigenen Horizont zu erweitern und Sachen kritisch zu betrachten und sie nicht nur nachzukauen.“

Trennung von Theorie und Praxis?

Um etwa 18.30 Uhr eröffnet Katrin Bauer vom Standard schließlich die Podiumsdiskussion. Die Gäste auf der Tribüne sind Barbara Blaha, Leiterin des Politkongresses „Momentum“ und ehemalige ÖH-Vorsitzende, Eva Blimlinger, Andreas Breinbauer, Rektor der Fachhochschule des Berufsförderungsinstitutes Wien, Carola Iller, Universitätsprofessorin für Erwachsenenbildung an der Universität Linz und Claus J. Raidl, Präsident der Österreichischen Nationalbank. Barbara Blaha ist mit 31 Jahren die jüngste Diskutantin, auch im Publikum sieht man kaum Studierende oder andere jüngere Menschen.

Katrin Bauer beginnt die Debatte mit einer Befragung der TeilnehmerInnen zu deren individuellen Bildungsweg im Hinblick auf die Verwertbarkeit ihrer Ausbildungen. Der gemeinsame Nenner der Wortmeldungen kann als Offenheit für alle Möglichkeiten bezeichnet werden. Die meisten stammen aus keinem akademischen Umfeld und bemängeln die fehlende soziale Durchlässigkeit in Österreich. „Manchmal helfe ich Kindern mit Migrationshintergrund bei der Hausübung. Letztes Mal hat eins davon zu mir gesagt: `Dein Sohn hat es so gut! Der kann dich immer alles fragen!´“, erzählt Barbara Blaha.

Die DiskussionsteilnehmerInnen auf dem Podium hatte unterschiedliche Ansichten. Es kam zu hitzigen Diskussionen um das Thema Fachhochschulen und Universitätsausbildung. Foto: Christopher Glanzl

Lebendiger wird die Diskussion, als die Moderatorin das Gespräch auf die Trennung zwischen Theorie und Praxis lenkt. „Die Fachhochschulen haben hier einen guten Mix“, findet Andreas Breinbauer und ergänzt: „Eine Trennung zwischen Theorie und Praxis soll es nicht geben. Allerdings würden wir gerne mehr forschen.“

Andere DiskussionsteilnehmerInnen sehen Universitäten und Fachhochschulen allerdings stärker differenziert: „Die Universitäten sind oft weniger berufsbezogen. Aber das ist nicht immer nachteilig“, meint Carola Iller. Eva Blimlinger spricht sich noch klarer für eine Differenzierung aus: „Die Theorie ist die Praxis der Universität. Es ist schon sinnvoll, hier zwischen Universitäten und Fachhochschulen zu differenzieren. Auch die Sinnhaftigkeit eines Doktorats an den Fachhochschulen sollte man überdenken. Was bringen diese ganzen Abschlüsse? Was bringt es, alles zu formalisieren?“ Mit dem Stichwort Doktorat, welches bereits Helmut Holzinger in seiner Eröffnungsrede fallen gelassen hat, kommt Feuer in die Diskussion. „Nicht alles braucht ein Doktorat! Und nicht jedes Doktorat ist gleich! Ich habe früher oft gesagt: Wer von dieser oder jener Hochschule kommt, den nehmen wir nicht“, wettert Claus Raidl. Spätestens auf diese Provokation hin fahren die Hände im Publikum in die Höhe. Helmut Holzinger spricht sich leidenschaftlich für ein Doktorat an Fachhochschulen aus. Ideologien prallen aufeinander. Claus Raidl belächelt ihn aus seinem dunkelroten Ledersessel und winkt ab. Noch mehrere Wortmeldungen werden gehört, allerdings zu verschiedensten und unzusammenhängenden Themen. Von Ethik im Naturwissenschaftsunterricht bis zu einer Lobrede auf das Bundesheer. Viele TeilnehmerInnen, die etwas sagen möchten, nutzen die Gelegenheit.  

Ideologien und Minderwertigkeitskomplexe

Katrin Bauer erteilt erneut den DiskussionsteilnehmerInnen das Wort. Die nächste Frage dreht sich um stärkere Diversifizierung im Hochschulsektor. Der Präsident der Österreichischen Nationalbank Claus Raidl erklärt Oberösterreich einer Medizinuniversität ebenso unwürdig wie die Fachhochschulen eines Doktorats. „Das wär nur ein Denkmal für den Landeshauptmann!“. Etwas sachlicher äußern sich die anderen TeilnehmerInnen zu dem Thema. Eva Blimlinger und Carola Iller sprechen sich gegen eine weitere Differenzierung aus, da sie die Studienwahl noch weiter erschweren würde. Schuld an dem Frauenmangel in MINT-Fächern beispielsweise sei eher fehlender weiblicher Anschluss im Studium und eine zu kurze Orientierungsphase. Lediglich Andreas Breinbauer spricht sich für eine weitere Differenzierung der Studiengänge aus.

Doch das neue Thema hält sich nicht lange. Zu viele persönliche Äußerungen zur Frage von Theorie und Praxis sind noch ausständig. Das Publikum ist unruhig, es gibt noch einmal eine Wortmeldungsrunde. Katrin Bauer erteilt Karl Pfeiffer, dem Rektor der FH Joanneum das Wort. Er verteidigt vehement den „theoretischen Background“ der Fachhochschulen und will diese nicht als minderwertig beurteilt sehen: „Die FHs sollen nicht auf die Berufsfeldorientierung reduziert werden! Die angewandte Forschung an den FHs ist anerkannt und kann durchaus mit den Technischen Universitäten mithalten.“ Es scheint so, als würde die angebliche Herabwürdigung von Fachhochschulen hier viele Menschen persönlich kränken.

Die ehemalige Vorsitzende der ÖH, Barbara Blaha (mit Mikro), wünscht den FHs mehr Selbstbewusstsein, aber auch eine Anregung des gesamtgesellschaftlichen Denkens. Foto: Christopher Glanzl

Die geplante Zeit der Veranstaltung wurde bereits um zwanzig Minuten überschritten und die Moderatorin will die Diskussion nun rasch zu einem Ende bringen. Die DiskutantInnen dürfen den Fachhochschulen nun noch schnell etwas wünschen. Im Klartext bedeutet das, noch einmal Position zu beziehen. Claus Raindl lehnt sich in seinem Ledersessel zurück, gießt sich das letztes Mal Mineralwasser ein und holt zum Gegenschlag aus: „Ich bin für noch mehr Differenzierung. Fachhochschulen und Universitäten wurden aus anderen Absichten gegründet. Das ist nur elitäre Etikettenschwindelei“. Erneut schwillt die Lautstärke im Publikum an. Karin Bauer gibt rasch das Mikrofon an Carola Iller weiter. „Wir sollten mit dem Schachteldenken aufhören. Fachhochschulen und Universitäten sollten stärker kooperieren, aber die Unterschiede sind wertvoll“, formuliert diese etwas diplomatischer. Barbara Blaha wünscht den FHs „mehr Selbstbewusstsein, aber auch eine Anregung des gesamtgesellschaftlichen Denkens“. Eva Blimliner bleibt pragmatisch und wünscht sowohl den Universitäten als auch den Fachhochschulen „mehr Geld“, womit sich der Kreis zum Thema der Veranstaltung schließt. Andreas Breinbauer schließt sich dem an und fügt hinzu: „Mein Auftrag an die FHs: Bleibts dabei! Aber trotzdem wäre ein wenig mehr Zeit und Geld für Reflexion wünschenswert.“

Margot Landl studiert Politikwissenschaft sowie Lehramt Deutsch und Geschichte an der Universität Wien.