Barack Obama

G7 - Robocops statt Rehe

  • 10.06.2015, 09:50

Der alljährliche G7-Gipfel fand dieses Jahr in Deutschland statt. Nachdem beim letzten Mal Heiligendamm im flachen Norden Ort des Treffens war, war es diesmal Elmau im alpinen Garmisch-Partenkirchen, das dieses Spektakel beherbergte und sich dafür in ein potemkin'sches Areal verwandelte

Der alljährliche G7-Gipfel fand dieses Jahr in Deutschland statt. Nachdem beim letzten Mal Heiligendamm im flachen Norden Ort des Treffens war, war es diesmal Elmau im alpinen Garmisch-Partenkirchen, das dieses Spektakel beherbergte und sich dafür in ein potemkin'sches Areal verwandelte. Statt weite Wiesen mussten die Gegendemonstrant_innen Höhenmeter überqueren, um die geplanten Blockadeaktionen durchzuführen. Russland war aufgrund der Ukraine-Krise nicht dabei um inmitten eines weiträumigen Sperrgebiets über Klimaschutz, Meeresschutz oder den Umgang mit Ebola zu diskutieren. Eine Großdemonstration in München und ein Alternativgipfel waren der Auftakt für die Aktionen von StopG7.

“Don’t tax me, bro!”

  • 13.07.2012, 18:18

Die USA sind die einzige Industrienation, die kein allgemeines, staatliches Gesundheitswesen hat. Barack Obama will das ändern. Er ist nicht der erste Präsident, der sich an einer Gesundheits(versicherungs)reform versucht, aber er ist “entschlossen, der letzte zu sein”. Ob ihm das gelingt, wird zunehmend fraglich.

Die USA sind die einzige Industrienation, die kein allgemeines, staatliches Gesundheitswesen hat. Barack Obama will das ändern. Er ist nicht der erste Präsident, der sich an einer Gesundheits(versicherungs)reform versucht, aber er ist “entschlossen, der letzte zu sein”. Ob ihm das gelingt, wird zunehmend fraglich.

John Dingell ist der längstdienende US-Kongressabgeordnete — aller Zeiten. Er sitzt seit 54 Jahren am Capitol Hill. Seit seiner Wahl bringt er zu Beginn jedes parlamentarischen Jahres ein Gesetz zur Abstimmung, das eine umfassende Gesundheitsversicherung für alle einführen würde. Das Gesetz wurde schon von seinem Vater geschrieben, der einst selbst Parlamentarier war. 
Es gibt kaum einen Präsidenten in den vergangenen hundert Jahren, der sich nicht an einer Gesundheitsreform versucht hat. Den letzten Erfolg konnte Lyndon B. Johnson im Jahr 1965 verbuchen, als er eine staatlich geführte Versicherung (Medicare) für alle AmerikanerInnen über 65 Jahre einführte. Bill Clinton war der letzte, der an einer Gesundheitsreform gescheitert ist: Gemeinsam mit seiner Frau Hillary schlug er eine für alle verpflichtende Versicherung vor. Die Republikaner und die Versicherungsindustrie liefen dagegen Sturm, die Reform scheiterte.
Die “Harry and Louise”-TV-Werbungen der Versicherungsindustrie, in denen ein mittelständisches Ehepaar über Rechnungen stöhnt und klagt, dass es sich seinen Doktor nicht mehr aussuchen kann, sind seit damals legendär.

Von Clinton lernen. Obama wollte aus den Erfahrungen der Clintons lernen. Er bemühte sich, die Versicherungsindustrie und andere Stakeholder ins Boot zu holen, was anfangs auch gelang. Das führte jedoch auch dazu, dass ein “Single-Payer-Plan” – der Staat als einziger Versicherer – von Anfang an ausgeschlossen wurde. Stattdessen sollte eine “Public Option” eingeführt werden, also eine staatliche Alternative neben den privaten Versicherern.
Wegen der Popularität der Pläne Obamas sahen sich die Republikaner anfangs gezwungen, ausschließlich die Geschwindigkeit der Reform zu kritisieren, womit sie zumindest eine Verzögerung erreichten. Doch kurz darauf veröffentlichte die gescheiterte Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin auf ihrer Facebookseite ein Statement, das behauptete, die Reform würde alte oder behinderte Menschen vor “Death Panels”, also vor Todesausschüsse stellen, die ihnen die notwendige medizinische Unterstützung verweigern würde.
Der wahre Kern in diesem Vorwurf ist eine Klausel, die ÄrztInnen erlaubt, Beratung über lebenserhaltende Maßnahmen mit der staatlichen Versicherung abzurechnen. Die Kampagne der Republikaner wirkte: Demokratische Kongressabgeordnete, die in der Sommerpause in ihre Bezirke zurückgekehrt waren, sahen sich mit Faschismus- und Sozialismusvorwürfen konfrontiert. Die amerikanischen Medien, die sich auch ohne Sommerloch auf alles stürzen was laut ist, verstärkten ihre Berichterstattung und plötzlich schien die öffentliche Meinung zu kippen. Konservative Demokraten, die Angst um ihre Wiederwahl hatten, begannen von wichtigen Teilen der Reform Abstand zu nehmen. 

“Big Government”. Die Republikaner sahen sich in ihrem Kurs bestätigt und sammelten ihre Kräfte hinter der Phrase „Big Government“. Sie ist der Kitt, der die rechten Proteste zusammenhält. Egal ob Konjunkturpaket, Emissionsrichtlinien oder Gesundheitsreform, Obama wird als Gefahr für die amerikanische Freiheit dargestellt.
Auch Fox-News und andere konservative Medien begannen zunehmend damit, in ihren Programmen vor überbordender staatlicher Kontrolle zu warnen. Bilder von einer in Tränen aufgelösten Frau schafften es in die Abendnachrichten: „I want my country back“, plärrte sie. Die Sender zeigten auch Bilder von Südstaatlern, die extra nach Washington gekommen waren, um Schilder mit der Aufschrift „Don´t tax me, bro!“ in die Kameras zu halten. Und auch wenn Obama selbst es abstreiten muss, um keine für ihn gefährliche Debatte zu eröffnen: Auch Rassismus spielt bei den derzeitigen Protesten eine große Rolle. So ist zum Beispiel der Abgeordnete, der den Präsidenten während dessen Rede lautstark der Lüge bezichtigte, einschlägig bekannt: Er stimme im Jahr 2000 dagegen, die Konföderiertenflagge vom Parlament seines Heimatstaates zu entfernen – jene Flagge, unter der die Südstaaten im BürgerInnenkrieg für die Sklaverei kämpften.
Trotz der republikanischen Schmutzkübelkampagne muss Obama aber auch selbstkritisch sein. Rassismus und „Big Government“-Ängste sind zwar ein Erklärungsmuster für das mögliche Scheitern der Gesundheitsreform, aber keine Entschuldigung für die Demokraten.
Mit einem überwältigenden Überhang von siebzig Stimmen im Repräsentantenhaus und einer Sechzig-zu-Vierzig-Mehrheit im Senat haben sie so viele Stimmen wie nie zuvor. Die Republikaner haben mehr als einmal bewiesen, dass sie keinem Gesetz zustimmen werden, das das marode Gesundheitssystem grundlegend verändert, manche Demokraten halten aber noch immer an einem parteiübergreifenden Gesetzesvorschlag fest: Große Koalition auf amerikanisch.