ÖH-Wahl

Karrieresprungbrett ÖH

  • 12.05.2017, 22:39
Die ÖH bietet das einzigartige Erlebnis, in einer Koalition mit höchst unterschiedlichen Leuten zu arbeiten: ein kurzer Einblick in eine Institution mit Karrierist*innen, Nachwuchspolitiker*innen und engagierten Studierenden.

Die ÖH bietet das einzigartige Erlebnis, in einer Koalition mit höchst unterschiedlichen Leuten zu arbeiten: ein kurzer Einblick in eine Institution mit Karrierist*innen, Nachwuchspolitiker*innen und engagierten Studierenden.

Räumen wir gleich zu Beginn mit einem Vorurteil auf, welches der ÖH-Arbeit oft unterstellt wird: Es ist Arbeit! Und zwar viel Arbeit, undankbare Arbeit und unterbezahlte Arbeit. In meiner langen ÖH-Karriere durfte ich vor allem großartige ÖH-Frauen kennen lernen, die für eine Aufwandsentschädigung von 360 Euro 30 bis 40 Stunden die Woche gearbeitet haben. Viele stellten ihr Studium und ihr Sozialleben hinten an, um sich für bessere Studienbedingungen für alle Studierenden einzusetzen. Die Studierenden danken es oft mit Ignoranz, Abneigung oder gar off ener Feindschaft. Von der Opposition bekommt man noch ständig an den Latz geknallt, dass man sich nur um die „Weltrevolution“ kümmere und nicht um studienrelevante Themen und Service. Nur wird verkannt, dass die meisten Studienvertretungen eben beides machen.

Und dabei zerreiben sie sich zwischen dem Anspruch, bessere Bedingungen an Hochschulen zu schaff en, und der Realität, ein System mitzutragen, das in den letzten Jahren immer mehr Verschlechterungen in diesem Bereich brachte, gerade für nicht privilegierte Studierende.

REALISMUS UND SEILSCHAFT. Dass man nach Jahren zermürbender ÖH-Arbeit dann auch einen Nutzen ziehen oder wenigstens keinen Nachteil daraus haben möchte, ist verständlich. So sagte mir eine ÖH-Kollegin vor einiger Zeit, als eine sehr gut bezahlte Stelle in einer parteinahen Organisation ausgeschrieben wurde: „Jetzt habe ich mir jahrelang den Arsch aufgerissen für die Fraktion und die Partei, jetzt will ich dann auch einen Posten von denen haben.“ Diese Erwartungshaltung wirkt auf den ersten Blick vielleicht etwas präpotent, doch sie ist realistisch. Bei einer Stelle in der Partei oder deren Vorfeldorganisationen spielt die Mitgliedschaft und die Linientreue mindestens eine genauso große Rolle wie die Qualifikation.

Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass nicht wenige Parteigranden ihre politische Karriere in der ÖH begannen. Schaut man sich die Liste der ehemaligen ÖH-Vorsitzenden (und damit den prestigeträchtigsten Posten innerhalb der ÖH) an, dann finden sich die Namen einiger prominenter Politiker*innen: Sigrid Maurer, der während ihrer Zeit als ÖH-Vorsitzende der GRAS noch Hausverbot im Parlament wegen Störung erteilt wurde, sitzt jetzt eben dort. Wer in der SPÖ Karriere machen will, sollte sich ein Beispiel an Heinz Fischer (Vorsitzender der Bundesvertretung) und Michael Häupl (VSStÖ-Vorsitzender) nehmen und die politische Karriere bereits im Studium in Angriff nehmen. Im Übrigen war es Michael Häupl als VSStÖ-Vorsitzender, der Peter Pilz aus dem VSStÖ ausschloss. Das hat dessen Karriere nach einem Parteiwechsel wohl nicht geschadet. Auch bei den Konservativen ist ÖH-Arbeit gern gesehen – Reinhold Lopatka war Studienvertreter der Jurist*innen in Graz – allerdings ist die Mitgliedschaft im erzkonservativen Cartellverband wohl noch karrierefördender.

Die ÖH-Politik ist hier sowohl Ochsentour als auch Politkindergarten, wo Nachwuchspolitiker*innen schon mal Erfahrungen am parteipolitischen Parkett sammeln können. Gleichzeitig gibt es Vorgaben der Partei, die auch hier umgesetzt werden müssen. Kostspieligen Projekten oder Rücklagenauflösungen steht man zögerlich gegenüber, will man sich doch nicht mit einem zweiten „Café Rosa“ die politische Karriere verbauen.

Wer sich also in der ÖH abgearbeitet hat, kann bei manchen Fraktionen zurecht auf einen der hochdotierten Parteijobs hoffen. ÖH-Arbeit wird aber nicht nur in der Bewerbung zur/m Parlamentsmitarbeiter*in gerne gesehen, sondern auch in staatsnahen Betrieben helfen ÖH-Erfahrung und das richtige Parteibuch. Bundeskanzler Christian Kern kann ein Lied davon singen, sein Weg führte über den VSStÖ zu den ÖBB.

Wenn die „parteiunabhängige“ ÖH-Fraktion keinen Posten abwirft, dann kann man immer noch seine politische Meinung mir nichts dir nichts wechseln, so geschehen bei Kilian Stark, der noch 2013 für die FLÖ in der Bundesvertretung arbeitete und 2014 schon für die Grünen Penzing tätig war.

REBELLION UND QUALIFIKATION. Gerne wird die Studienzeit dann rückwirkend als rebellische Phase imaginiert, in der man noch aufmüpfi g und idealistisch war. Doch selbst diesen Anspruch haben einige in der ÖH wohl nicht an sich selbst. Denn nicht nur die Parteien wissen von der nützlichen Erfahrung, die man in der ÖH sammeln kann. Wer in der ÖH tätig war, weiß, wie man Veranstaltungen organisiert, Texte schreibt und redigiert, Verhandlungen führt und im Team zusammenarbeitet. Das sind alles Skills, die auch auf dem freien Markt gerne gesehen sind – und deshalb ist die ÖH im Lebenslauf ein großes Plus. Gerade im Öffentlichkeitsreferat lernt man all die nützlichen Tools, die man später in jeder PR-Firma und Werbeagentur einsetzen kann. Und inzwischen wissen auch Studierende, dass es kaum ein Manko ist, ein wenig länger fürs Studium zu brauchen, aber durch die ÖH schon Berufserfahrung auf dem Buckel zu haben.

Bei all dem darf nicht vergessen werden, dass die ÖH-Arbeit nicht allen offensteht. Natürlich gibt es redliche Bemühungen, gerade von Basisgruppen, so inklusiv und off en wie möglich zu sein. Doch nicht alle Studierenden haben die Zeit und die Ressourcen, sich der ÖH-Arbeit zu widmen. Hat man zum Beispiel Betreuungspflichten, wird die Teilnahme an abendlichen Plena, die sich bis in die Nacht ziehen, nahezu unmöglich. Auch sind nicht alle Studierenden entsprechend gut vernetzt, um einen Posten in Hochschul- oder gar Bundesvertretung zu ergattern. Auch wenn ÖH-Arbeit aufwendig und wichtig ist und Respekt verdient, so ist sie gleichzeitig ein Privileg.

Anne Marie Faisst studiert Internationale Entwicklung in Wien und ist seit Jahren politisch in der ÖH aktiv.

Anmerkung der Redaktion: In der Print-Version dieses Artikels stand fälschlicherweise, der Grüne Nationalratsabgeordnete Julian Schmid sei bei der GRAS gewesen. Es handelte sich um eine Verwechslung. Wir bitten dies zu entschuldigen.

Zwischen Widerstand und Kompliz*innenschaft

  • 12.05.2017, 22:34
Bei der Arbeit an der Basis der Studienvertretung macht man immer wieder Erfahrungen mit widersprüchlichen Verhältnissen und schwierigen Situationen.

Bei der Arbeit an der Basis der Studienvertretung macht man immer wieder Erfahrungen mit widersprüchlichen Verhältnissen und schwierigen Situationen.

Die Arbeit in einer Studienvertretung ist anders als die in den höheren Ebenen der ÖH. Alles passiert nur im kleineren Rahmen und viel unvermittelter: Die Menschen, denen du gerade noch in einer Sitzung volle Opposition geben musstest, geben dir in der Woche darauf vielleicht schon entscheidende Noten. Personen, denen du vielleicht ihr unfaires Verhalten gegenüber anderen Studierenden vorwerfen musstest, entscheiden später über deine Zukunft im wissenschaftlichen Betrieb. Oder es fragen dich Lehrende, mit denen du persönlich gut auskommst, deren Lehre aber grottig schlecht ist, warum du gegen ihre Lehrveranstaltung im kommenden Semester gestimmt hast.

Manche Studienvertretungen organisieren sich dabei auch noch als Basisgruppen. Das bedeutet, dass sie versuchen, möglichst ohne Hierarchien zu arbeiten. Die durch die Wahlen gewonnenen Mandate sind dabei irrelevant, denn Entscheidungen werden in der Gruppe getroff en und der Diskussionsprozess ist dabei wichtig: Jede*r darf mitdiskutieren, und gegebenenfalls ein Veto einbringen, und dann muss eine andere Lösung für ein Problem gefunden werden. Klassische Kampfabstimmungen sind nicht Teil des Selbstverständnisses solcher Basisgruppen.

Diese Gruppen verstehen sich also nicht als Vertreter*innen, die für die anderen Studierenden sprechen. Sie wollen einen off enen Raum schaff en, in dem sich alle, die das möchten, einbringen können. Oft sieht man sich dann leider mit einer passivierten Studierendenschaft konfrontiert. Ob durch den Neoliberalismus im Allgemeinen oder durch den Bologna-Prozess im Speziellen, die Universitäten werden nicht mehr als Raum gesehen, in dem Mitgestaltung möglich ist. Davon zeugt auch die weiterhin sinkende Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen. Das durch die Reformierung der Universitäten erzeugte Selbstbild der Studierenden ist nicht mehr das eines gleichberechtigten Teils dieser Institution, sondern im besten Falle noch das von Kund*innen: Wir nehmen nur mehr eine Dienstleistung in Anspruch, und es gibt kein besseres Mindset, um für Studienplatzfinanzierung oder Studiengebühren zu argumentieren.

GREMIEN, KURIEN, DISKUSSIONEN. Zu den Rechten von gewählten Mandatar*innen einer Studienrichtungsvertretung gehört die Teilnahme an Curricular-Arbeitsgruppen, in denen einzelne Institute die konkrete Gestaltung ihrer Studienpläne erarbeiten. Und das kann ein langer Prozess sein. Zwischen persönlicher Abneigung und internen Grabenkämpfen wird dort jede einzelne Formulierung diskutiert, wird darüber entschieden, welche Module von Studierenden wie absolviert werden müssen und jedes administrative Detail des Curriculums geklärt. Es ist zwar selbstverständlich, dass die Studierendenkurie Teil dieser Gremien sein darf, aber nicht, dass sie dort auch gehört wird.

Je nach Verhältnis zum jeweiligen Gegenüber gibt es genügend Situationen, in denen Beiträge von Studierendenvertreter*innen einfach belächelt oder schlicht ignoriert werden. Wurde dem Institutsvorstand schon einmal Sexismus vorgeworfen? Musste man schon mehrmals Konflikte von Studierenden mit der Studienprogrammleiterin ausfechten? Dann kann es gut sein, dass studentische Einwände prinzipiell überstimmt werden. Denn viele Institutionen des Studienrechts sind mittlerweile in einer Form gestaltet, die es leicht macht, solche Anliegen zu übergehen. Es scheint fast so, als sollten es sich Studierende zweimal überlegen, die übergriffi ge Sprache eines Professors zu kritisieren, um im nächsten Gremium überhaupt noch gehört zu werden, oder sogar eine Chance auf Mitgestaltung zu bekommen.

Die Studienkonferenz ist dagegen das einzige Gremium, in dem Studierende tatsächlich eine Mehrheit stellen können. Dort werden konkrete Fragen der Lehre diskutiert, zum Beispiel welche Lehrveranstaltungen im nächsten Semester angeboten werden und welche auf gar keinen Fall Teil des Angebots sein sollen. Das klingt nach einer sehr mächtigen Position, und wenn das Verhältnis zum Institut gut läuft, kann dort tatsächlich ernsthafter Einfluss auf die Ausrichtung der Lehre genommen werden. Aber letztlich hat die Studienkonferenz nur mehr eine beratende Funktion, das letzte Wort hat immer noch die Studienprogrammleitung.

In diesem Kontext ist es oft schwierig, den Sinn der eigenen Arbeit noch zu sehen. Ist es wirklich alles, mit dem eigenen Budget spannende Projekte zu fördern und jedes zweite Semester eine Party zu organisieren? Oder noch viel schlimmer: Sind wir hier unfreiwillige Kompliz*innen im neoliberalen Umbau der Universitäten, wenn wir mit unserer Anwesenheit in diesen Gremien auch noch deren Entscheidungen legitimieren, selbst wenn wir dagegen sind? Erlauben wir der Universität, sich hier mit den Federn der Studierendenbeteiligung zu schmücken, auch wenn von den guten Ideen der Curricular- Arbeitsgruppe nach der Überarbeitung durch die Senats-Kommission nicht mehr viel übrig ist?

DESHALB BETEILIGEN. Wahrscheinlich müssten diese Fragen mit einem Ja beantwortet werden. Aber diese Universitäten und ihre Teile, sowie deren einzelne Kurien und Fraktionen sind eben keine geschlossenen Gefäße, keine starren Einheiten. Immer wieder lassen sich kleine Allianzen fi nden, mit denen manchmal eine Mitgestaltung im kleinen Rahmen möglich wird. Die Position, durch die Studierende in Konfl ikten gegenüber Lehrenden und ihrer Autorität solidarisch unterstützt werden können, ist notwendig. Denn ob nun die Studienvertreter*innen in den Gremien und Kurien anwesend sind, kann den Instituten und Fakultäten egal sein. Sie können auch ohne die Zustimmung der Studienvertreter*innen Entscheidungen treff en. Eine Totalverweigerung hätte also keinen Stillstand der Institution zur Folge, sondern würde nur bedeuten, dass Studierende gar keine Stimme mehr hätten. Und auch wenn es nicht immer die gewünschte Wirkung hat, ist ein konsequentes Betonen der spezifi schen Bedürfnisse von Studierenden wichtig. Wenn es nicht Teil der Lebensrealität von Lehrenden ist, oder nicht ihrem Bild von Studierenden entspricht, wird nie mitbedacht werden, was bestimmte Änderungen für Studis mit Betreuungspflichten, in Lohnarbeitsverhältnissen oder mit psychischen Schwierigkeiten bedeuten. In diesen Gremien zu sitzen, bedeutet das Schlimmste zu verhindern, oder es zumindest zu versuchen. Es ist eine anstrengende, oft undankbare und meistens gar nicht bezahlte Arbeit, aber sie ist wichtig.

Rem Bibischew studiert an der Universität Wien und engagiert sich in einer Basisgruppe.

Die kommenden Herausforderungen der ÖH

  • 12.05.2017, 22:26
Alle zwei Jahre wählen Österreichs Studierende ihre Vertretung, seit 2015 wird auch die Bundesvertretung wieder direkt gewählt. Welche Probleme und Herausforderungen werden sich der künftigen ÖH-Spitze stellen und wie wollen die Fraktionen damit umgehen?

Alle zwei Jahre wählen Österreichs Studierende ihre Vertretung, seit 2015 wird auch die Bundesvertretung wieder direkt gewählt. Welche Probleme und Herausforderungen werden sich der künftigen ÖH-Spitze stellen und wie wollen die Fraktionen damit umgehen?

In den letzten Jahren haben sich große Demonstrationen oder Aktionen zum Thema österreichische Bildungspolitik rar gemacht. Das heißt aber leider nicht, dass sich die Situation an den Hochschulen entspannt hätte – es haben nur alle gelernt, damit zu leben. Maßnahmen wie die Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP), gegen deren Einführung 2009 noch heftig protestiert wurde, sind heute für Studienanfänger_innen Normalität geworden, die nicht unbedingt hinterfragt wird.

STUDIENPLATZFINANZIERUNG. Mit der sogenannten „Studienplatzfi nanzierung“ will die Regierung die Unis fi nanziell entlasten. Seit das Regierungsprogramm eine Überarbeitung erfahren hat, ist fi x, dass berechnet werden soll, wie viel ein Studienplatz kostet. Danach soll dann auch entschieden werden, nach welchem Schlüssel die Unis Geld für eben jene Studienplätze bekommen sollen. Vermutlich werden dabei genau so viele „Studienplätze“ herauskommen, wie Budget da ist. Sprich: Flächendeckende Zugangsbeschränkungen und die Reduktion von Studierendenzahlen sollen die Unis „entlasten“. Da die Details noch nicht ausgehandelt sind, hat die zukünftige Bundesvertretungsspitze einige Einfl ussmöglichkeiten. Ob die ÖH allerdings viel verhandeln können wird, ist fraglich. Die meisten Fraktionen lehnen flächendeckende Zugangsbeschränkungen ab. Sowohl Grüne und Alternative Studierende (GRAS), der Verband sozialistischer Student_innen Österreichs (VSStÖ), die Fachschaftslisten (FLÖ) und die beiden kommunistischen Listen KSV-KJÖ und KSV-LiLi fordern stattdessen einen off enen Hochschulzugang, der staatlich fi nanziert werden soll. Die AktionsGemeinschaft (AG) begrüßte die „kapazitätsorientierte Studienplatzfi nanzierung“, lehnt Studiengebühren jedoch ab – Zugangsbeschränkungen nennt die AG „Zugangsmanagement“ und fordert „faire und transparente Aufnahmetests“. Die Jungen Liberalen Studierenden (JUNOS) hingegen sind begeistert von den Ideen des sozialdemokratischen Kanzlers: „Christian Kern setzt mit der Studienplatzfi nanzierung erste richtige Schritte in Richtung fairer Zugangsbeschränkungen.“ Die Fraktion fordert „nachgelagerte Studiengebühren“ in der Höhe von bis zu 500 Euro im Semester, die nach dem Studium bezahlt werden sollen. Der RFS will ausländischen Studierenden nur dann einen Studienplatz gönnen, wenn sie in ihrem Herkunftsland ebenfalls einen vorweisen können, was für Drittstaatenangehörige allerdings bereits Realität ist.

UNIS UND ANDERE HOCHSCHULEN. Seit der letzten Wahl 2015 sind alle Studierenden von Universitäten, Privatunis, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen Mitglieder der ÖH. Rechtlich gesehen sind sie aber nicht gleichgestellt, da sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen je nach Hochschultyp stark unterscheiden. Während die Regierung keine Pläne hat, einen einheitlichen Hochschulraum zu schaff en, sehen die Listen, die sich zur ÖH-Wahl stellen, das anders. Die GRAS schreibt zum Beispiel: „Das Problem liegt vor allem in den rechtlichen Grundlagen: Welche Rechte Student_innen haben, ob und wenn ja wo sie diese einfordern können, hängt maßgeblich vom Hochschulsektor ab. Bei einem einheitlichen Hochschulraum wären auch Wechsel zwischen den Sektoren wesentlich einfacher und unbürokratischer möglich“, und fasst damit die Meinung fast aller Fraktionen zusammen. Der KSV-KJÖ stellt die Privatuniversitäten jedoch in Frage, „denn von kritischer Lehre und Bildung kann dort nicht die Rede sein“. Der KSV-LiLi will sie nicht weiterhin öff entlich bezuschussen lassen. Die FLÖ betont, „Österreich braucht keinen einheitlichen Hochschulraum, aber ein klares bundesweites Studienrecht für alle Studierenden“. Auch die AG begrüßt den Status quo: „Eine Trennung ist durchaus sinnvoll, da so eine Vielfalt von ‚Systemen‘ erhalten bleibt und man für sich selbst entscheiden kann, welches für einen selbst das beste ist.“

SOZIALE LAGE. Die letzte Studierenden-Sozialerhebung zeigte: Obwohl 61 Prozent der Studierenden erwerbstätig sind, ist über ein Viertel von starken fi nanziellen Schwierigkeiten betroff en. Von der Familie wird nur ein Drittel fi nanziert – somit bleibt die staatliche Studienbeihilfe die wichtigste Unterstützung für Studierende. Erfolgreich ist sie auch: Die Studienabschlussquote ist bei jenen Studis, die eine Beihilfe beziehen, doppelt so hoch wie bei anderen. Die Beträge sind jedoch niedrig und der Kreis der potentiellen Bezieher_innen ist klein. So wundert es wenig, dass auch hier sämtliche Fraktionen Erhöhungen und Änderungen fordern. Dass die Studienbeihilfe seit 1999 nicht mehr an die Infl ation angepasst wurde, ärgert die wahlwerbenden Gruppen ebenso wie die diversen Altersgrenzen, die spätentschlossenen Studierenden das Leben schwer machen. Wie die Beihilfen künftig aussehen sollen, darüber sind die Fraktionen sich jedoch nicht eins: Während JUNOS mehr „Leistungsstipendien“ fordern, will die GRAS ein „existenzsicherndes Grundstipendium von 844 Euro im Monat für alle Student_innen“, der KSV-KJÖ sieht soziale Absicherung nur im Sozialismus als möglich an, FLÖ und AG wollen zusätzlich eine Aufstockung verschiedener Sachleistungen.

MOBILITÄT. In einem Thema sind sich alle Fraktionen, die in die Bundesvertretung wollen, einig: Sie fordern alle ein österreichweit gültiges günstiges Studiticket. Über diese Forderung – und darüber, dass der öff entliche Verkehr für Studierende in anderen europäischen Ländern gratis ist – haben wir in der letzten progress-Ausgabe ausführlich berichtet („Sparschiene“, S. 8). Eine andere Art der Mobilität ist jene zwischen den Hochschulen, sowohl in Österreich als auch im europäischen Hochschulraum. Mit einem FH-Bachelor einen Uni-Master zu belegen ist in der Praxis oft ein sehr steiniger Weg mit vielen Behördengängen. Sowohl VSStÖ als auch JUNOS schlagen deswegen die Schaff ung einer Informationsquelle vor, in der mögliche Anrechnungen und weiterführende Studien dokumentiert werden, die GRAS will diese Frage europaweit geklärt wissen. Bis auf eine Fraktion sind sich alle einig, dass das Bologna-System nicht durchlässig genug ist. Der KSV-KJÖ möchte das System dagegen abschaff en und zurück zu den Diplomstudien. Der KSV-LiLi möchte die Marktlogik des Bologna-Systems bekämpfen und so für mehr Mobilität sorgen.

BARRIEREN. Für eine ganze Reihe Studierender ist der Studienalltag von Barrieren geprägt. Diese können im Falle körperlicher Beeinträchtigungen ganz einfach baulicher Natur sein, andere Barrieren sind nicht so off ensichtlich. Alle Fraktionen begrüßen einen barrierefreien Ausbau der Infrastruktur, in den Details unterscheiden sich die Zugänge jedoch. Der KSV-LiLi sieht Nachholbedarf bei der Barrierefreiheit: „Während in anderen Ländern versucht wird, allen Menschen das Studieren zu ermöglichen, fangen österreichische Hochschulen gerade mal damit an, Aufzüge oder Rampen zu installieren.“ Die FLÖ hingegen ortet vor allem Mangel bei der Beratung und sieht auch die ÖH im Zugzwang: „Die ÖH kann sich dafür einsetzen, mehr Beratungen anzubieten und Anlaufstellen einzurichten.“ VSStÖ und GRAS erinnern daran, dass auch psychische Krankheiten wie Depressionen berücksichtigt werden müssen und fordern alternative Lern- und Prüfungsmodalitäten wie Online-Vorlesungen. Ebenfalls größtenteils unsichtbare Barrieren stellen sich für LGBTIQ-Studierende, vor allem für Trans- oder Inter-Studierende, deren Geschlecht nicht mit der Geschlechtsangabe in ihrem Pass übereinstimmt. Die Initiative #NaGeH fordert, dass Unis künftig unbürokratisch Vornamen und Geschlechtseintrag von inter*, trans und nichtbinären Menschen ändert. Diese Forderungen werden von den meisten Fraktionen geteilt, einzig die FPÖ-Vorläuferorganisation RFS äußert sich auf ihrer Homepage verächtlich über LGBTIQ-Studierende. Binäre Toiletten – also solche, die nach dem klassischen „Mann/Frau“-Schema aufgeteilt sind, nennt der RFS zwar „Unfug“, scheint sich der Bedeutung dieser Aussage jedoch nicht bewusst zu sein. Die AG hat sich nicht zu den Forderungen von #NaGeH geäußert, sieht die ÖH jedoch als zuständige Organisation, bei der sich Studierende bei Diskriminierungen melden könnten.

BILDUNG. Studierende und Hochschule sind nur der letzte Teil der Pipeline des österreichischen Bildungsystems und viele Probleme entstehen an anderer Stelle. Es ist daher wichtig, dass die ÖH einen genauen Blick auf die Reformen im Bildungsystem wirft – alleine schon deswegen, weil sie ja auch die zukünftigen Lehrer_innen vertritt, die momentan studieren. Zu der Frage, wie das Bildungssystem insgesamt organisiert werden soll, halten sich die Fraktionen eher bedeckt – die GRAS fordert aber z. B. die Einführung der Gesamtschule, der KSV-KJÖ will die Schulen demokratisieren. Schüler_innen sollten, da sind sich die Fraktionen einig, besser auf ein Hochschulstudium vorbereitet werden. Die JUNOS sagen dazu: „Der Wert der Bildung muss früh im Schulsystem vermittelt werden“, GRAS, VSStÖ, FLÖ und AG fordern mehr Informationen – das Referat für Maturant_ innenberatung der Bundesvertretung muss sich um seinen Fortbestand also keine Sorgen machen. GRAS und VSStÖ fordern zusätzlich ein Vorstudium, bei dem Fächer ausgetestet werden können, die AG einen freiwilligen Selbsteinstufungstest.

MAHLZEIT. Während in vielen Ländern das Essen in der Mensa zum Studierendenalltag gehört, ist das Angebot in Österreich dürftig und dazu noch recht teuer. Die AG nähert sich hier grünen Positionen an und fordert regionale Speisen. Vegetarische Optionen sind GRAS und KSV-KJÖ wichtig, die JUNOS wollen, dass das Mensapickerl auch bei privaten Gaststätten als Vergünstigung gilt, während der KSV-LiLi ein Problem mit Mensen als Privatunternehmen hat. FLÖ und VSStÖ fordern zusätzlich offene Küchen, in denen Studierende selbstständig kochen können.

ZUSAMMENGEFASST: Die Antworten auf die zukünftigen Fragen der ÖH unterscheiden sich nicht so sehr, wie man es zunächst vielleicht annehmen würde, gerade beim off enen Hochschulzugang jedoch gewaltig. Die Fraktionen haben nicht nur unterschiedliche Zugänge zu Themen, sondern auch zu der Art und Weise, wie sie als ÖH arbeiten wollen. Für Wähler_innen, die bisher wenig Kontakt mit der ÖH hatten, ist dies jedoch schwierig herauszuschälen. Es empfiehlt sich daher, sich umfassend zu informieren, bevor eins zwischen dem 16. und 18. Mai seine Stimme verteilt.

Redaktioneller Hinweis: Die Positionen der Fraktionen wurden mit einem Fragebogen und den jeweiligen Webseiten erarbeitet.

Joël Adami studiert Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Universität für Bodenkultur Wien.

Was du über die ÖH wissen solltest

  • 12.05.2017, 22:19
Von Bürokratieverwirrung, demokratischen Systemen und Soziologiefesten. Eine Anleitung, um die ÖH in ihren Grundzügen zu verstehen. Für AnfängerInnen, von einer (fast) Anfängerin.

Von Bürokratieverwirrung, demokratischen Systemen und Soziologiefesten. Eine Anleitung, um die ÖH in ihren Grundzügen zu verstehen. Für AnfängerInnen, von einer (fast) Anfängerin.

Das Studium ist verwirrend. „Die“ Uni ist gar nicht eine Uni, sondern befindet sich in ungefähr 400 Gebäuden, ProfessorInnen sind auch nur Menschen und wenn man sich nicht rechtzeitig für etwas anmeldet, hilft auch nicht lieb bitte sagen. Kurzum: Studienbeginn ist so ziemlich die Hölle und anfangs ist man vor allem damit beschäftigt, sich durch einen Bürokratie-Dschungel zu schlagen und dabei nicht aufs Lernen, Essen und Atmen zu vergessen. Aber spätestens, wenn du im zweiten Semester bist, weißt du, dass die Getränke im Automaten überraschend billig sind, und musst nicht mehr halbfreundliche Begegnungen um Wegbeschreibungen bitten. Dann hast du Zeit, dich zu fragen, wie die wirklich wichtigen Dinge funktionieren. Die ÖH zum Beispiel. Die ist nämlich verdammt kompliziert. Aber keine Panik, dieser Artikel bietet dir den ultimativen Guide.

ALLGEMEINES. Die Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (kurz ÖH) wurde 1945 gegründet und versteht sich als Sprachrohr der Studierenden gegenüber den Hochschulen und der Politik. Außerdem vertritt sie die österreichischen StudentInnen im internationalen Bereich. Alle zwei Jahre wird sie von allen Studierenden neu gewählt. Von 16. bis 18. Mai steht die nächste Wahl an und deshalb solltest du spätestens dann wirklich Bescheid wissen. Die Mitgliedschaft in der ÖH ist Pflicht, das bedeutet, dass alle Studierenden automatisch ab der Zulassung zum Studium Mitglied sind. Das schließt mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit auch dich ein, du hast also die dementsprechenden Rechte und Pfl ichten. In dem Fall sind es vor allem Rechte – Wählen gehen zum Beispiel (subtile Aufforderung, hust hust).

Derzeit Vorsitzende der ÖH ist Lucia Grabetz vom VSStÖ (Verband Sozialistischer StudentInnen in Österreich), also sozusagen die Arbeiterkammer- Präsidentin der Uni-Welt. Ihre Hauptaufgabe ist gemeinsam mit den anderen drei Vorsitzenden die Vertretung der ÖH nach außen.

STUDIENVERTRETUNG. Organisiert ist die ÖH in mehreren Ebenen. Vermutlich hast du schon von der Studienvertretung (StV) gehört oder ihr ein verzweifeltes Mail geschrieben, weil dir das jemand in einer x-beliebigen Facebook-Gruppe geraten hat. Und das ist auch okay, denn die StV ist die erste Ansprechpartnerin für (verzweifelte) Studierende.

Auf FHs sieht das ein bisschen anders aus. Hier ist die ÖH in drei Ebenen organisiert: Es gibt eine Hochschulvertretung (siehe unten), eine Jahrgangsvertretung, die speziell für die Betreuung eines Jahrgangs zuständig ist, und – wie an den Universitäten – Studienvertretungen.

Jede Studienrichtung hat ihre eigene Studienvertretung mit je nach Studiengröße drei bis fünf Personen, die sich aktiv darum kümmern, den Studienalltag möglichst angenehm zu gestalten, und dir bei Problemen helfen – das Anmeldesystem zu verstehen zum Beispiel. „Den Großteil unserer Zeit investieren wir in Tutorien und Beratung“, meint Timo von der StV BaGru Soziologie an der Universität Wien. „Jeden Tag hat jemand Journaldienst und steht sowohl per Mail als auch persönlich für Fragen bereit – besonders Erstsemestrige holen sich oft Rat“, so Timo im Interview. Außerdem beschicken die Studienvertretungen verschiedene Gremien, in denen sie für die Rechte der Studierenden eintreten. Und auch der Spaß kommt nicht zu kurz: „Wir veranstalten aber auch ein bis zwei Mal im Semester ein Soziologiefest“, betont Timo.

Gewählt werden die VertreterInnen durch Personenwahl. Das bedeutet, dass die StudienvertreterInnen nicht in Zusammenhang mit einer der Fraktionen (dazu später mehr) stehen, sondern als neutrale AnsprechpartnerInnen agieren sollen. Aber auch Freiwillige, die nicht gewählt sind, wirken in manchen Studienvertretungen mit. So zum Beispiel Timo, der sich seit seinem ersten Semester engagiert: „Bei uns werden alle Entscheidungen basisdemokratisch getroff en, was bedeutet, dass alle, die zu unserem wöchentlichen Plenum kommen, mitbestimmen dürfen. Es sind also nicht nur die gewählten VertreterInnen an Entscheidungen beteiligt.“ Dieses Prinzip ist bei Basisgruppen besonders wichtig. Sie wollen niemanden überstimmen, sondern nach einer gemeinsamen Lösung suchen, bis ein Konsens gefunden ist.

FAKULTÄTSVERTRETUNG. Zwischen Studienvertretung und Hochschulvertretung Hochschulvertretung agieren Fakultäts- und Zentrumsvertretungen auf der Ebene der Fakultäten bzw. Zentren. Falls du (wie ich) auch nicht weißt, was eine Fakultät ist und bis jetzt immer nur gelächelt und genickt hast, wenn jemand das Wort erwähnt hat, kommt hier die lang ersehnte Antwort:

Alle zwei Jahre, immer vor einer anstehenden ÖH-Wahl, beschließt die Universitätsvertretung die Zusammenfassung verschiedener Studienrichtungen zu Studienvertretungen und die Zuordnung der Studienvertretungen zu Fakultäts- bzw. Zentrumsvertretungen. Das bedeutet, es handelt sich de facto einfach nur um ein Bündel von Studienvertretungen, die zusammengefasst werden.

Um beim Beispiel Soziologie zu bleiben: Aktuell gehört dieses Fach gemeinsam mit Kultur- und Sozialanthropologie, Publizistik, Gender Studies, Pfl egewissenschaft und Politikwissenschaft zur Fakultät für Sozialwissenschaften. „Wir arbeiten eng mit den anderen Studienvertretungen unserer Fakultät zusammen und sind gut vernetzt“, erklärt Timo.

Insgesamt gibt es zum Beispiel an der Uni Wien 15 Fakultäten. Diese Zahl ändert sich aber von ÖH-Wahl zu ÖH-Wahl und von Universität zu Universität. Manche Universitäten bzw. Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen haben gar keine Fakultäten, sondern „Departments“, die keine eigenen Vertretungen haben. Ob es und zu welcher Fakultät das Studium deines Herzens gehört, erfährst du auf der Webseite deiner lokalen ÖH bzw. Studienvertretung.

Die Fakultätsvertretungen vertreten dich gegenüber dem Dekanat (sozusagen die Frau oder der Herr Direktor, nur mit weniger Klischee und mehr wissenschaftlichem Background) und arbeiten in verschiedenen Unigremien. Diese Ebene der ÖH wird nicht gewählt, sondern die MandatarInnen werden von den je zugeordneten Studienvertretungen entsandt.

HOCHSCHULVERTRETUNG. Die Hochschulvertretung ist die nächsthöhere Ebene. Man kann sie sich als Studierendenparlament jeder einzelnen Hochschule vorstellen. In diesem Organ der ÖH sitzen verschiedene Fraktionen, die ähnlich wie die Parteien im Parlament verschiedene Interessen vertreten. An den einzelnen Hochschulen kandidieren zum Teil andere Fraktionen als auf Bundesebene.

Alle Hochschulvertretungen müssen verpfl ichtend je ein Referat für Bildungspolitik, Sozialpolitik und wirtschaftliche Angelegenheiten (Wirtschaftsreferat) einrichten, können aber bei Bedarf auch andere initiieren. Ein Referat ist eine Organisationseinheit, die eine bestimmte Aufgabe innerhalb der ÖH erfüllen soll.

Eine weitere Aufgabe der Universitätsvertretung ist es, VertreterInnen in den Senat zu schicken. Der Senat ist ein Entscheidungsorgan der Universität, in dem Lehrende, allgemeines Personal und eben Studierende sitzen. Hier werden unter anderem Curricula beschlossen.

BUNDESVERTRETUNG. Die ÖHBundesvertretung ist die Vertretung aller Studierenden an Universitäten, Privatuniversitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen in Österreich. Die Bundesvertretung besteht aus 55 VertreterInnen.

Seit 2015 wird die ÖH-Bundesvertretung wieder direkt durch Listenwahl gewählt. 2017 kandidieren folgende Fraktionen, die zum Teil Parteien nahestehen:
AG – AktionsGemeinschaft (Studentenforum), Vorfeldorganisation der ÖVP
FLÖ – Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs, parteiunabhängig
GRAS – Grüne & alternative StudentInnen, Vorfeldorganisation der Grünen
JUNOS – Junge liberale Studierende, Vorfeldorganisation der NEOS
KSV-LILI – Vorfeldorganisation der Bundes-KPÖ
KSV-KJÖ – Vorfeldorganisation der steirischen KPÖ
NO MA'AM – Spaßfraktion
RFS – Ring Freiheitlicher Studenten, Vorfeldorganisation der FPÖ
VSStÖ – Verband Sozialistischer StudentInnen in Österreich, Vorfeldorganisation der SPÖ

Diese Fraktionen sind es, die du per Listenwahl wählen kannst, um ihnen Sitze im ÖH-Bundesrat zu verschaff en. Yay, Demokratie!

Die Bundesvertretung vertritt die Interessen aller Studierenden österreichweit, berät in verschiedenen Referaten und gibt zusätzlich Broschüren zu studienrelevanten Themenstellungen heraus. Zu einer wichtigen Aufgabe gehört das Bilden der Ausschüsse für Bildungspolitik, Gleichstellungsfragen, Internationale Angelegenheiten, Sonderprojekte, Sozialpolitik und jenem für wirtschaftliche Angelegenheiten. Diese werden je nach Stärke der Fraktionen in der Bundesvertretung beschickt. Zweimal pro Semester fi nden Sitzungen statt, die öff entlich zugänglich sind.

Außerdem besetzt auch die ÖH-Bundesvertretung Referate. Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Referaten existieren momentan noch folgende andere: das Referat für Studien- und MaturantInnenberatung, das Referat für ausländische Studierende, das Referat für Fachhochschul-Angelegenheiten, das Referat für pädagogische Angelegenheiten, das Referat für Internationale Angelegenheiten, das Referat für Öff entlichkeitsarbeit, das Unabhängige Tutoriumsprojekt, das Referat für feministische Politik, das Referat für Menschenrechte und Gesellschaftspolitik, das Referat für Barrierefreiheit, das queer_referat und das Referat für Privatuniversität-Angelegenheiten.

Ein gutes Beispiel, um zu verstehen, was ein Referat macht, ist jenes für Öff entlichkeitsarbeit. Dieses Referat kümmert sich um die Webseite der ÖH und gibt Flyer und Broschüren heraus. Außerdem ist progress, also die Zeitung, die du gerade liest, Teil davon.

Seit 2015 ist auf Bundesebene die AG mit 16 Mandaten vorherrschend, knapp dahinter die GRAS mit 12. Wenn nicht eine Fraktion die absolute Mandatsmehrheit erreicht, bilden mehrere eine Koalition, um die Exekutive zu übernehmen (wir sind ja schließlich in Österreich …). Derzeit sind das FEST (Fraktion engagierter Studierender, tritt 2017 nicht für die BV an), FLÖ, GRAS und VSStÖ. Die Exekutive setzt die Beschlüsse der Bundesvertretung um und sorgt dafür, dass in den Referaten und Arbeitsbereichen alles glatt läuft. Großteils sind hier ehrenamtliche MitarbeiterInnen am Werk, es gibt aber auch zahlreiche Angestellte, die in den Referaten tätig sind. Bei Fragen stehen die Referate und Arbeitsbereiche jederzeit zur Verfügung.

Das war also die ÖH im Schnelldurchlauf. Und genau deshalb zahlst du deine 19,20 Euro ÖH-Beitrag. Schon irgendwie das Geld wert, oder?

Clara Porak studiert Deutsche Philologie und Bildungswissenschaften an der Uni Wien.

Politik, die wirkt?

  • 11.05.2015, 08:36

Im ÖH-Wahlkampf wird viel versprochen und gefordert – doch nur wenige Forderungen wird die ÖH selbst umsetzen können. Wie viel Einfluss hat die ÖH und wo sind ihre Grenzen?

Im ÖH-Wahlkampf wird viel versprochen und gefordert – doch nur wenige Forderungen wird die ÖH selbst umsetzen können. Wie viel Einfluss hat die ÖH und wo sind ihre Grenzen?

Leistbares Wohnen, günstige Mobilitätsangebote, mehr Freiräume für Studierende – die Forderungen der Fraktionen, die zur ÖH-Wahl antreten, beschränken sich nicht nur auf das unmittelbare Umfeld der Hochschule, sondern beziehen sich oft gleich auf das ganze Studierendenleben. Die Österreichische Hochschüler_ innenschaft (ÖH) hat ein allgemeinpolitisches Mandat, was grundsätzlich auch nicht-bildungspolitische Forderungen absolut legitim macht. Das ist in anderen Ländern oft anders, so zum Beispiel in Deutschland, wo es Studierendenvertretungen teilweise sogar gesetzlich verboten ist, solche Interessen zu artikulieren. Die ÖH wird dennoch auch nach dem 21. Mai nicht im Alleingang Mieten senken oder billige Öffis anbieten können.

ÖH GEGEN TUBERKULOSE. Als die ÖH 1945 gegründet wurde, waren Wohnungsnot und die soziale und gesundheitliche Lage von Studierenden die brennendsten Themen. So wurden in den 1940ern und 1950ern ein Heim gebaut und eine Tuberkulose- Vorsorge eingerichtet, die später zu einer allgemeinen Krankenversicherung ausgebaut wurde. Obwohl die ÖH damals unter konservativer Führung war, organisierte sie Demonstrationen, zum Beispiel gegen Erhöhungen der Studien- und Prüfungsgebühren. „Einmal sollten ja die Gebühren empfindlich erhöht werden – und zwar um 30 Prozent. Wir sind dann rebellisch geworden und haben 1952 einen Sitzstreik am Ring organisiert. Mit Erfolg: Die Gebühren wurden nur geringfügig erhöht. Wenn es uns zu dumm geworden ist, haben wir immer gesagt, dann gehen wir wieder auf den Ring“, erzählte Günther Wiesinger, von 1952 bis 1954 Vorsitzender des Zentralausschusses (so hieß damals die ÖH-Bundesvertretung), in der Broschüre zum 60. Geburtstag der Österreichischen Hochschüler_innenschaft.

In den 1960ern führten gesellschaftspolitische Debatten über Professor_innen mit Nazi-Vergangenheit zu heftigen Protesten und zu einer Demonstration, die ein Todesopfer forderte: Ernst Kirchweger wurde von einem rechtsextremen Burschenschaftler erschlagen. Die ÖH erwies sich in der Debatte um die nicht sehr gründlich durchgeführte Entnazifizierung als Vorreiterin. In den 1970ern begleitete sie bedeutende Reformen wie die Einführung des Wissenschaftsministeriums, in den 1980ern wurde der Protest gegen das Wasserkraftwerk in der Hainburger Au von der ÖH getragen, obwohl sie bis in die Mitte der 1990er Jahre konservativ geführt wurde.

ERFOLGE IN DER DUNKELKAMMER. Und wie sieht es heute aus? „Ein riesengroßer Erfolg waren sicherlich das neue Hochschüler_innenschaftsgesetz und die entsprechende Wahlordnung“, erklärt Viktoria Spielmann vom Vorsitzteam der ÖH-Bundesvertretung. Nun sind auch Studierenden an Privatunis Mitglied der ÖH und können aktives und passives Wahlrecht ausüben, die Direktwahl der Bundesvertretung wurde wieder eingeführt – alles Bestimmungen, die die ÖH direkt mit dem zuständigen Wissenschaftsministerium ausgehandelt hat. Es ist aber bei weitem nicht das einzige Gesetz, bei dem die ÖH ihre Finger mit im Spiel hatte: „Auch das Studienförderungsgesetz und die letzte Novelle des Universitätsgesetzes haben wir mitverhandelt“, erläutert Spielmann: „Außerdem fungieren wir als Expert_innen in den Arbeitsgruppen der Hochschulkonferenz und beeinflussen so Bestimmungen, die in Gesetze und Satzungen der Universitäten einfließen.“ Ein großer Teil der bildungspolitischen Arbeit passiert also in Verhandlungen und Arbeitsgruppen, ohne dass davon viel an die Öffentlichkeit gelangt.

„Wenn die ÖH für das Prinzip eines offenen Hochschulzugangs einsteht, dann gibt es kein Kasterl mit ,erreicht‘, das man abhaken kann, sondern dann ist das ein kontinuierlicher Prozess“, sagt Martin Schott, der von 2011 bis 2013 im Vorsitzteam der Bundes- vertretung aktiv war und zuvor an der Spitze der ÖH BOKU saß. Er denkt, dass die ÖH viel erreichen kann, vor allem in einem spezifischen Spektrum: „Die Stärke der ÖH liegt im Hochschulbereich, da kann sie auf allen Ebenen etwas erreichen, von der Bundes- bis hin zu den Studienvertretungen. Auch die Änderung eines Studienplans ist ein politischer Akt, der große Erleichterungen für Studierende mit sich bringen kann.“ Die unterste Ebene der ÖH, die Studienvertretungen, die in einigen Studiengängen selbstverwaltet als Fachschaften oder Basisgruppen organisiert sind, wirkt im unmittelbaren Umfeld von Studierenden. Ob studentische Interessen bei der Erstellung von Studienplänen, der Habilitation von Lehrenden und der Berufung von Professor_innen berücksichtigt werden, hängt davon ab, wie gut die Studienvertretungen arbeiten und wie sehr sie es schaffen, Lehrende von ihren Ideen zu überzeugen. Allerdings kann auch die beste Studienvertretung nicht mehr Seminarplätze erstreiten, wenn dafür beim Institut kein Geld vorhanden ist.

PROGRESSIVE GEGENSPIELERIN. „Ich hatte das Gefühl, auf der Ebene der Universitätsvertretung war es nicht unbedingt leichter, Dinge umzusetzen, aber es ging schneller. Da der Wirkungsbereich einer Uni kleiner ist, ist der Handlungsspielraum größer. Bis eine Idee der Bundesvertretung in ein Gesetz einfließen kann, dauert es länger und die politische Großwetterlage spielt immer eine Rolle”, so Schott über die Unterschiede zwischen Universitäts- und Bundesvertretung.

Kann die ÖH Mietsenkungen und billige Öffis durchsetzen? „Die Grenzen von dem, was wir erreichen können, sind da, wo die Regierung nicht will“, sagt Viktoria Spielmann: „Ich sehe die ÖH als progressive Gegenspielerin zur Regierung. Natürlich wird nicht immer alles so laufen, wie wir es uns wünschen, aber wir können den Fokus auf gewisse Themen legen und den Diskurs so mitbestimmen.“

Die ÖH wird – um ein Beispiel zu nennen, das sich in den Wahlprogrammen beinahe aller Fraktionen wiederfindet – die Hochschulen nicht ausfinanzieren können, aber sie wird den Diskurs darüber, wie Hochschulbildung finanziert werden soll, maßgeblich mitgestalten können. Bei stärkerer Wahlbeteiligung sogar mit mehr Nachdruck. Na, da lohnt sich der Weg ins Wahllokal doch.

 

Joël Adami studiert Umwelt­ und Bioressourcenmanage­ ment an der Universität für Bodenkultur Wien. 

 

Verteidigung gegen die dunklen Künste

  • 11.05.2015, 08:00

Was denkt eigentlich der zuständige Minister über die ÖH-Wahl? Wir haben bei Reinhold „Django“ Mitterlehner nachgefragt, was er von Koalitionspoker, Direktwahl und mehr Mitspracherechten hält.

Was denkt eigentlich der zuständige Minister über die ÖH-Wahl? Wir haben bei Reinhold „Django“ Mitterlehner nachgefragt, was er von Koalitionspoker, Direktwahl und mehr Mitspracherechten hält.

progress: Haben Sie ein Lieblingsplakat oder ein Lieblingsanliegen bei der ÖH-Wahl?
Reinhold Mitterlehner: Vielleicht nicht das Lieblingsplakat, aber diskutieren könnte man über ein rosarotes, wo draufsteht: „zu viele Ideen für ein Plakat“. Das erinnert mich ein wenig an die allgemeine Politik. Mein Lieblingsanliegen bei der ÖH-Wahl bezieht sich auf die Beteiligung. Ich hoffe, dass möglichst Viele von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen und dass wir mit dem neuen Wahlrecht auch wieder attraktive direkt-demokratische Mitgestaltungsmöglichkeiten haben.

Sind Sie vor der ÖH-Wahl gespannt, welche Koalition sich bildet? Oder ist im Ministerium sowieso business as usual, egal was die Studis sich da zusammenreimen?
Ja und Nein. Zu viel öffentliche Auseinandersetzung und Streiterei würde auch dem Ansehen der Körperschaft nicht gut tun. Ansonsten nehmen wir die jeweilige konkrete Zusammensetzung als Gegebenheit. Die letzte Konstellation hat schon gezeigt, dass es trotz vorheriger Vorbehalte und unterschiedlicher Auffassungen eine konstruktive sachliche Zusammenarbeit geben kann.

Sie sind in der ÖVP. Die ÖVP-Vorfeldorganisation Aktionsgemeinschaft „gewinnt“ meist die ÖH-Wahlen, ist aber seit 1995 nicht mehr in der Exekutive gewesen. Ist das demokratiepolitisch bedenklich?
Erstens einmal ist die Aktionsgemeinschaft keine Vorfeldorganisation, steht uns aber inhaltlich in vielen Punkten erfreulicherweise sehr nahe. Ich wünsche der AG viel Erfolg. Wenn der Erfolg da ist, dann sollte man auch an der Umsetzung beteiligt sein. Das ist durchaus ein demokratiepolitischer Anspruch, wenn sich verhandlungstechnisch etwas anderes ergibt, dann muss man aber auch das respektieren.

Auch heuer im Wahlkampf gibt es die Forderung, die ÖH solle weniger (Gesellschafts-)Politik betreiben und mehr Service anbieten. Soll die ÖH eine Beratungsstelle werden?
Die ÖH ist beides. Die gesetzliche Interessensvertretung aller Studierenden, aber vor Ort auch direkter Ansprechpartner, was Service betrifft. Wichtig wird sein, eine entsprechende Balance zu finden. Wer da die richtige Schwerpunktsetzung anbietet, das müssen die Studierenden dann selbst entscheiden.

Struktur, Aufgaben und Bedeutung der ÖH scheinen bei den Wähler_innen und vielleicht auch Politiker_innen noch nicht so wirklich angekommen zu sein. Seltsam, bei einer Organisation, die es länger gibt als ein freies Österreich. Wie kann das sein?
Ein Problem war sicher die unübersichtliche Struktur der Bundesvertretung, mit 100 Mitgliedern. Daher haben wir jetzt die Größe der Bundesvertretung auf 55 Personen verkleinert, dafür werden alle Mitglieder direkt durch die Studierenden gewählt. Je nach Hochschule wird die Qualität der ÖH von den Studierenden unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Grundsätzlich sollte man gerade auf Instituts- und Universitätsebene von der Beratung und den Serviceeinrichtungen der ÖH profitieren. Wenn diese Leistungen zu wenig bemerkt werden, sind die örtlichen Vertretungen gefordert, entweder aktiver zu werden oder ihre Leistungen besser sichtbar zu machen.

Die ÖH wird alle zwei Jahre neu gewählt – im Endeffekt bedeutet das, dass sie vielleicht ein Jahr effektiv arbeiten kann. Ist die Amtsperiode zu kurz?
Ich glaube, man kann damit leben. Man kann ja Erfahrungen an die nächste Vertretung weitergeben und auch die zur Verfügung stehende Zeit intensiv nutzen. Thema war das jedenfalls keines bei den letzten Verhandlungen um das neue Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG, Anm.). Durch die stärkere Mobilität der Studierenden, aber auch das Bologna-System halte ich die aktuelle Amtszeit für durchaus angemessen.

Die Durchschnittsstudienzeiten sind ja wesentlich länger als drei Jahre. Insofern könnte man die Amtsperiode doch verlängern, ohne Leute um ihre Partizipationsmöglichkeiten zu bringen.

Wie dem auch sei: Es treten heuer auch wieder Fraktionen zur Wahl an, deren Forderungen praktisch bedeuten würden, dass die ÖH sich selbst abschafft, zum Beispiel wenn sogenannte „Zwangsbeiträge“ beseitigt würden. Ist das nicht eigentümlich, wenn man zur Wahl einer Vertretung antritt, die man abschaffen möchte?
Grundsätzlich sind bei einer Wahl alle Forderungen erlaubt, sofern sie sich auf dem Boden des Rechtsstaates befinden. Das ist auch im aktuellen Fall gegeben. Es liegt natürlich an den Studierenden, eine Gruppierung zu wählen, die eine möglichst realistische und die Institution selbst stärkende Politik anbietet. Wenn jemand eine andere Meinung hat, ist natürlich auch die zu akzeptieren.

Momentan arbeiten in der ÖH Engagierte ehrenamtlich und bekommen nur eine relativ geringe Aufwandsentschädigung. Das führt dazu, dass alle unterschiedlich viel Zeit in ihre Aufgaben investieren. Manche machen sehr wenig, andere beuten sich selbst bis zum Burnout aus. Sollten demokratisch gewählte Vertreter_innen in herkömmlichen Arbeitsverhältnissen beschäftigt werden?
Herkömmliche, weisungsabhängige Arbeitsverhältnisse würden die unabhängige Perspektive der Studierendenvertretung trüben. Das derzeitige System der Abgeltung der mit dem Mandat verbundenen Aufwendungen, die in den einzelnen ÖH-Satzungen festgeschrieben werden, ist sachgerechter. Um die teilweise hohen Zeitaufwände zu kompensieren, regelt das Gesetz zudem unterschiedliche studienrechtliche Begünstigungen, wie etwa die Anrechnung der Tätigkeit auf freie Wahlfächer.

Für einige ÖH-Aktivist_innen erweist sich ihre Tätigkeit später als Sprungbrett in die Politik. Ist das nicht ein Problem, wenn es mehr um die Vertretung der eigenen Interessen geht?
Ich selbst und viele andere frühere ÖH-Funktionäre und Funktionärinnen waren in der Hochschulpolitik tätig und sind dann in die Politik gegangen. Zum damaligen Zeitpunkt war das aber nicht mein Ziel. Sehr wohl habe ich aber die Erfahrung, die ich in der Hochschulpolitik gesammelt habe, insbesondere Formulieren und auch entsprechendes Argumentieren, dann später nutzen können. Daher würde ich diese Phase der Hochschulpolitik von einer späteren Phase ganz einfach unterscheiden und keinen ursächlichen Zusammenhang sehen.

Bei der aktuellen Debatte um die Uniräte wurde uns in Erinnerung gerufen, dass die Studierenden in diesen „Aufsichtsräten“ kein Mitspracherecht haben – soll das geändert werden?
Im Universitätsgesetz ist bereits geregelt, dass die oder der Vorsitzende der ÖH an der betreffenden Universität das Recht hat, in den Sitzungen des Universitätsrats zu Tagesordnungspunkten angehört zu werden, die ihren Aufgabenbereich betreffen.

Überhaupt ist die Drittelparität, also die Stimmengleichheit der Kurien „Professor_innen“, „Mittelbau“ und „Studierende“, in vielen Uni-Gremien, wie zum Beispiel dem Senat, abgeschafft worden. Hängt die geringe Wahlbeteiligung möglicherweise damit zusammen, dass Studierende nirgends mehr mitreden dürfen?
Den Studierenden ist durch das Universitätsgesetz und das HSG ein umfassendes Mitspracherecht bei Themen eingeräumt, die sie betreffen. Darüber hinaus sind die Studierenden im Senat und entsprechend eingesetzten Kollegialorganen vertreten. Das Mitspracherecht der gesetzlich als Körperschaft öffentlichen Rechts verankerten Studierendenvertretung ist auch im internationalen Vergleich stark ausgeprägt: Der ÖH sind alle Gesetzesentwürfe, die Studierendenangelegenheiten betreffen, vor ihrer Vorlage an die Bundesregierung zur Begutachtung zu übermitteln. Unabhängig davon pflegen wir vor allem mit der ÖH-Bundesvertretung einen regelmäßigen Austausch. Zudem steht es den einzelnen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaften jederzeit frei, innerhalb ihrer Zuständigkeit, insbesondere den staatlichen Behörden, den jeweils zuständigen Bundesministern und Bundesministerinnen, den universitären Organen und anderen Einrichtungen Gutachten und Vorschläge zu unterbreiten.

Warum wechseln in Österreich die Wissenschaftsminister_innen schneller als in Hogwarts die Lehrer_innen für Verteidigung gegen die Dunklen Künste?
Die Zahl der Minister und Ministerinnen ist nicht ausschlaggebend für eine kontinuierliche Politik. Ich persönlich erlebe aktuell in Deutschland gerade den fünften Wirtschaftsminister, seit ich in Österreich für diesen Bereich verantwortlich bin. Wir haben im Hochschulbereich mit dem Universitätsgesetz eine solide gesetzliche Grundlage und ich setze den eingeschlagenen Kurs meiner Vorgänger und Vorgängerinnen fort.

War das neue HSG ein „Zuckerl“, das Sie der ÖH aus strategischen Überlegungen hingeworfen haben, damit sie wohlgesinnt bleibt und nicht stärker gegen die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums mobilisiert und protestiert?
Gemeint ist wahrscheinlich die Zusammenlegung mit dem Wirtschaftsministerium. Aber auch dort hat sich die Zusammenarbeit als durchaus fruchtbringend erwiesen und die Abhängigkeitsbefürchtungen sind ja nicht eingetreten. Das neue Gesetz haben wir deswegen gemacht, weil die indirekte Wahl sich nicht bewährt hat, weil wir einfach mehr Akzeptanz bei dem neuen System erwarten und weil wir auch eine relativ einheitliche Regelung für alle Bereiche geschaffen haben.

Warum ist eine starke ÖH wichtig?
Vertretung ist eine zeitintensive, wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe. Je stärker die Legitimation der Studierendenvertretung ist, umso mehr Gewicht hat ihre Stimme beim Einsatz für die Interessen. Das gilt für die Instituts- und Universitätsebene, aber natürlich auch gegenüber der Politik.

 

Reinhold Mitterlehner (geboren 1955) studierte Rechtswissenschaften an der JKU in Linz, wo er auch in der ÖH tätig war. Er ist seit 2008 für die ÖVP Wirtschaftsminister und wurde Ende 2013 zusätzlich Wissenschaftsminister, womit er zum Hauptansprechpartner für die ÖH wurde.

 

Olja Alvir studiert Physik und Germanistik an der Universität Wien.
Joël Adami studiert Umwelt- und Bioressourcenmanagement an der Universität für Bodenkultur Wien. 

 

#oeh15 Wahlwatch

  • 07.04.2015, 08:36

Im Wahlwatch-Ticker halten wir euch darüber am Laufenden, was im Wahlkampf zur ÖH-Wahl 2015 (19. bis 21. Mai) passiert.

14. April: Zu viele Ideen für eine Headline

An den meisten Hochschulen sind die Ferien vorbei, bla bla, eh schon wissen. So richtig in Fahrt kommen will der ÖH-Wahlkampf aber noch nicht. Die ersten Stürme in Fettnäpfchen fassen wir trotzdem hier für euch – wie gewohnt neutraler als die Schweiz und fast ernster als ein Rudel Lachhyänen – zusammen: 

 

  • Gerüchteweise sammelt DIE PARTEI Unterstützungserklärungen und will zur kommenden Wahl antreten. Wieso das eher peinlich als lustig werden wird, haben wir schon einmal kommentiert.
     
  • „Für dich erreicht“, meint die AG und wirbt in einem Video mit einem Projekt, das allerdings nicht explizit ein AG-Projekt ist. Eine AG-BOKU-Funktionärin erklärte im Werbefilm, dass sie über ein Erstsemestrigentutorium bzw. die Tutoriumswoche zur AG gekommen war und legt als Tutorin allen von ihr betreuten Tutlingen nahe, selbst zur AG zu kommen. Das – wie es eigentlich schon im Namen steht – unabhängige Tutoriumsprojekt kündigt nun Konsequenzen an: „Dieser Umstand wird im Genehmigungsprozess zukünftiger Projekte berücksichtigt werden müssen, da es sich bei einem solchen Vorgehen um einen eklatanten Missbrauch unseres Vertrauens handelt.“ Konkret heißt das, dass dank AG der finanzielle Zuschuss des Wissenschaftsministeriums an die ÖH BOKU für die dort veranstalteten Erstsemestrigentutorien wegfallen könnte, weil das im Video beschriebene Verhalten, also Fraktionswerbung während der Tutorien, verboten ist.
     
  • Auch der VSSTÖ weiß es, mit Projekten und Errungenschaften der ÖH Bundesvertretung für sich Werbung zu machen – wie viel von den Projekten explizit von VSSTÖ-Mitgliedern umgesetzt wurden, sei dahingestellt, eins stimmt jedoch nicht: Die geschlossenen progress-Workshops, die laut dem VSSTÖ „für Studentinnen“ angeboten wurden, waren FLIT*-only, also auch offen für inter*- und trans* Menschen. Der für unseren Wahlwatch extra von progress engagierte Politikwissenschaftler und Experte Für Eh Alles Dr. rer. hort. Feter Pilzmeier munkelt, dass diese Taktik (transfraktionäre Projekte als eigene zu verkaufen) ein Hauptbestandteil jeden Wahlkampfs ist und dass wir davon noch einiges sehen werden. 
     
  • Die Junos haben ihr Budget offen gelegt, weil ihnen die Budgets der ÖH nicht transparent genug sind. So können wir nun auf einer hübschen Webseite lesen, dass eine Person mit dem Nachnamen Strolz den Liberalen 300 Euro gespendet hat. Die Daten kommen – untypisch für OpenData-Initativen, dafür aber sehr österreichisch – nicht als Excel- oder CSV-Datei daher, sind dafür aber attraktiver als die eingescannten PDFs der ÖH.
     
  • Das vorläufige Wähler_innenverzeichnis liegt bis heute (14.4.) auf. Wer Shelfies (Selfies mit dem Bücherregal) und Fellfies (Selfies mit flauschigen Bauernhoftieren) schon blöd fand – nun ja, seht selbst:Im Sinne der Parität müssen wir hier noch einfach irgendein Foto des aktuellen Vorsitzteammitglieds der FEST verlinken, die es offenbar nicht geschafft hat, mit den 14.975 Seiten (die ausgedruckt werden müssen) abgelichtet zu werden. 
     
  • Wir bekommen Konkurrenz! Eine Lehrveranstaltung des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Uni Wien wird unter dem vielsagenden Titel „ÖH Wahl Wien“  über die Wahl berichten: oeh.wahl.wien


7. April: Was bisher geschah…

Vom hoffentlich erholsamen Osterwochenende melden wir uns nun mit Breaking News (!!!111einself) zurück: der ÖH-Wahlkampf hat nun wirklich begonnen! Traditionell gibt es vor Ostern immer schon ein kleines Wahlkampflüftchen, das abflaut, wenn ihr bei eurer Family Eierpecken seid und erst nach den Ferien so richtig in Fahrt kommt. 

  • Die Junos präsentierten ihre dreiköpfige Spitze und vergaßen bei der Pressekonferenz, die Namen der weiblichen Kandidati*innen zu nennen. Die erste Wahlkampfforderung: Weg mit dem (Print-)Progress!
     
  • Der VSSTÖ stellte Spitzenkandidatin und Wahlkampfthemen vor. Der Slogan „Her mit dem ganzen Leben“ ist baugleich mit dem geflügelten Wort „Her mit dem schönen Leben“, das schon in vergangenen GRAS- und KSV-Kampagnen herhalten musste. Forderungen: Bessere und billigere Wohnungen und Öffis sowie fairere Jobs. Wie die ÖH, die weder Finanz-, Verkehrs- oder Wirtschaftsministerium ist, diese Forderung umsetzen soll, ist noch unklar.
     
  • Die ÖVP-Vorfeldorganisation AG behauptete auf ihrer Website, parteiunabhängig zu sein. Abgesehen davon, dass das für alle auch nur marginal informierten Menschen eine lächerliche Behauptung ist – auf den Lo-Fi-AG-Plakatständern, die online für viel Belustigung sorgten, finden sich halt einfach auch noch Reste alter ÖVP-Plakate.

 

  • Die FEST stellte am 1. April die zwei Spitzenkandidat*innen vor und lädt zum Wahlkampfauftakt ein, ohne unerwähnt zu lassen, dass „ehrliche Vertretungsarbeit“ in ihren Augen „kein Ponyhof“ sei und dass sie deshalb gerne noch Unterstützung annehmen.
     
  • Die ÖH-BOKU veröffentlichte ein Video zum leichteren Verständnis der verschiedenen ÖH-Ebenen, die gleichzeitig gewählt werden – Vogelgezwitscher und Blumenschmuck inklusive. An der TU gibt’s ein schönes handgeschriebenes Plakat, dass die Vertretungsebenen erklärt.
     
  • An der Med-Uni Wien entsteht im Zusammenschluss von ehemaligen der UFMUW und der ÖMU sowie unfraktionierten Studierenden eine parteiunabhängige Gruppe: WUM. In einem stimmungsvollen Film mit Plätschermusik zeigen sie uns schonmal, dass sie Logos designen und Wahlkampfvideos drehen können.
     
  • Die Uni-Piraten treten dieses Jahr nicht zur ÖH-Wahl an – zu wenig Personal. Ein paar Tage zuvor hatte Piratebay-Co-Gründer Peter Sunde die Piratenbewegung für tot erklärt.