Claudia Aurednik

Gegen Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren

  • 04.01.2013, 14:46

Am 5. Dezember 2012 fand in Wien die Demonstration gegen Zugangsbeschränkungen und gegen Studiengebühren statt. Die Demonstrantinnen und Demonstranten protestierten gegen die von SPÖ und ÖVP geplanten Zugangsbeschränkungen. Claudia Aurednik interviewte Protestierende.

Am 5. Dezember 2012 fand in Wien die Demonstration gegen Zugangsbeschränkungen und gegen Studiengebühren statt. Die Demonstrantinnen und Demonstranten protestierten gegen die von SPÖ und ÖVP geplanten Zugangsbeschränkungen. Claudia Aurednik interviewte Protestierende.

Mit Pornobildern zur Ausmusterung

  • 04.01.2013, 11:29

Die Filmemacherin Ulrike Böhnisch setzt sich in ihrem Film „Çürük – The Pink Report“ mit einem in der Türkei verpönten Thema auseinander - der Homosexualität im türkischen Militär. Im progress-Interview spricht sie über ihren neuen Film.

Die Filmemacherin Ulrike Böhnisch (26) setzt sich in ihrem Film „Çürük – The Pink Report“ mit einem in der Türkei verpönten Thema auseinander - der Homosexualität im türkischen Militär. Die Kosmopolitin wurde in Leipzig geboren, hat in Potsdam Medienwissenschaft studiert und in Südamerika gelebt. Von 2008 bis 2009 hat sie ein Austauschjahr in Istanbul verbracht. Momentan lebt sie in Frankreich und studiert Kulturvermittlung. Im progress-Interview spricht Ulrike Böhnisch über ihren neuen Film.

progress: Was war für Dich der Auslöser einen Film über die Situation von Homosexuellen beim türkischen Militär zu drehen?

Ulrike Böhnisch: Da kamen mehrere Sachen zusammen. Ich musste an der Filmschule in Istanbul Projekte entwickeln und habe nach einem Thema gesucht. Über einen Freund habe ich von der Ausmusterung Homosexueller im türkischen Militär erfahren. Der meinte: „Ja weißt du, wenn die sich ausmustern lassen, dann müssen die Pornofotos von sich zeigen.“ Zunächst dachte ich mir, dass das doch total absurd wäre. Doch dann habe ich mich dazu entschlossen in meinem Umfeld nachzufragen. Aber immer wenn ich Fragen stellte, reagierten alle sehr betreten und meinten nur „Pst“ – ganz nach dem Motto: Was fällt dir ein in der Öffentlichkeit das zu thematisieren. Das hat mich dann neugierig gemacht.

Hinzu kam, dass ich in einer gefährlichen Ecke von Istanbul gelebt habe. Dort befindet sich ein Strich mit Transsexuellen, der natürlich auch Freier anlockt. Eines Tages wurden dann zwei Freundinnen von mir fast vergewaltigt. Sie haben zwar versucht zur Polizei zu gehen, doch die Polizisten meinten nur: „Wurdet ihr denn nicht richtig vergewaltigt? Na dann kommt doch mal wieder, wenn ihr richtig vergewaltigt worden seid.“ Und auch von meinem Freundeskreis kam dann die Reaktion, dass die beiden ja selber schuld wären, da sie ohne Mann in der Nacht auf die Straße gegangen wären. Das hat mich natürlich sehr wütend gemacht. Insofern hatte ich mit der schwulen und lesbischen Community sowie mit den KurdInnen ein gemeinsames Feindbild: den türkischen Macho. Das war dann der Auslöser für den Film, der das Männerbild in der Türkei in Frage stellt.

progress: Wie würdest Du klischeehaft den türkischen Mann beschreiben?

Böhnisch: Ich kann zumindest sagen, was er nach den Aussagen meiner Protagonisten nicht ist. Der türkische Mann ist derjenige, der aktiv ist. Darin besteht der Unterschied zwischen Mann oder nicht Mann. Das ist für mich natürlich absurd, da ein Mann, der mit einem anderen Mann Sex hat, natürlich schwul ist. In der Türkei wird dies aber nicht so verstanden. Und das führt dann dazu, dass Vergewaltigungen an Schwulen damit gerechtfertigt werden. Das ergibt letztendlich einen Teufelskreis mit enormen Auswirkungen. Denn durch diese Definition von Mann und nicht Mann wird festgelegt, wer schwul ist, wer vergewaltigt werden kann - bzw. von wem dieser vergewaltigt werden kann - und letztendlich, wie stolz der andere dann auch noch darauf ist. Und da steckt natürlich meine Kritik drin, dass da etwas falsch läuft.

progress: Stimmt es, dass Homosexuelle keinen Militärdienst leisten müssen?

Böhnisch: Der Militärdienst ist für alle Türken obligatorisch und dauert zwischen sechs Monaten und drei Jahren. Um den Militärdienst zu vermeiden, gibt es drei Möglichkeiten: die Ausmusterung - die man auch im Film sieht-, die Totalverweigerung, auf die Gefängnisstrafe steht und es gibt auch die Möglichkeit, dass man sich nach einem zwei- oder dreijährigem Auslandsaufenthalt mit einem Betrag von 10.000 Euro vom Militärdienst freikaufen kann. Die Ausmusterung kann man als schwuler Mann machen, da Homosexualität beim türkischen Militär als Krankheit angesehen wird.

Jene, die sich offiziell als Homosexuelle vom Militärdienst befreien lassen wollen, müssen einen Antrag auf eine psychologische Untersuchung stellen. Dann bekommen sie einen Termin bei einem Psychologen zu einer Gesprächsrunde. Meine Protagonisten erzählten mir, dass sie dort ein Haus zeichnen mussten. Anhand des Hauses hat dann der Psychiater abgewogen, ob die Personen homosexuell sind. In einigen Fällen ist es dann so, dass zusätzliche Untersuchungen durchgeführt werden. Bei diesen Untersuchungen fordert der Psychologe, dass die Männer Fotos bringen müssen. Den Beteiligten ist dann natürlich sofort klar, um was es geht: nämlich um pornografische Bilder. In diesen Bildern muss derjenige zeigen, dass er penetriert wird und quasi der Passive ist. Und außerdem muss auf den Bildern seine Erregung sowie Freude im Gesicht zu sehen sein. Das ist das, was mir von den Betroffenen erzählt wurde. Ich habe auch gehört, dass diese Untersuchungen in der letzten Zeit seltener gemacht wurden. Aber es gibt keine offiziellen Zahlen darüber. Es gibt auch noch eine andere Untersuchung. Bei dieser wird der Anus auf Analverkehr untersucht. Das ist aber absurd, da der Anus ja ein Schließmuskel ist.

progress: Warum wurden drei Protagonisten anonym gefilmt? Hatten sie Angst vor gesellschaftlichen Repressionen?

Böhnisch: An einer Stelle im Film wird ganz klar gesagt, dass die Protagonisten nicht wegen ihrer Homosexualität anonym gefilmt wurden. Denn die Türkei ist das einzige laizistische muslimische Land und nach dem türkischem Gesetz ist Homosexualität keine Straftat. Das Problem besteht jedoch darin, dass es Artikel gibt, die Kritik am Staat und Militär unter Strafe stellen. Das sind die Artikel 301 und 318 (Anm: siehe Links von Amnesty). Mit diesen Artikeln schafft es der türkische Staat jede Kritik im Keim zu ersticken. Und die Artikel sorgen dafür, dass sehr viele KurdInnen, JournalistInnen, KünstlerInnen, FreidenkerInnen usw. im Gefängnis sitzen. Die Artikel sind auch der Grund, weshalb die Protagonisten im Film darauf bestanden hatten anonym gefilmt zu werden. Aber sicher ist es in der Türkei nicht einfach als Homosexueller zu leben. In Istanbul gibt es zwar ein paar Stadtviertel, wo Homosexuelle einfacher leben können. Aber es ist sicher um einiges schwieriger beispielsweise in Ostanatolien schwul, lesbisch, transsexuell oder bisexuell zu sein.

progress: Hattest Du während der Dreharbeiten auch persönliche Probleme mit den türkischen Geschlechterrollen?

Böhnisch: Natürlich habe ich auf der Straße Blicke bekommen und mich in manchen Situationen unwohl gefühlt. Was die Türken aber unglaublich gut hinkriegen, ist damit gewissermaßen auch zu spielen. Was die Dreharbeiten betrifft, so kann ich folgende Episode erzählen: Ein Mann mit einer Kamera ist automatisch in der Türkei ein Kameramann. Dann kommen alle Kinder angerannt und fragen, von welchem Fernsehkanal er denn sei. Eine Frau, die mit einer Kamera auf der Straße steht, ist „nur“ eine Frau mit einer Kamera. Das heißt, wenn man beim Drehen kein Aufsehen erregen will, so ist es eine sehr gute Strategie einfach nur ein Mädchen hinter eine Kamera zu stellen.

Und es gab eine Situation, wo ich am Busbahnhof von Istanbul eine Drehgenehmigung gebraucht hätte. Und ich bin dann zum Chef von diesem Busbahnhof gegangen und hab dann mit meinem Türkisch gesagt: „Ich bin Studentin aus Deutschland. Und in Deutschland ist das so, dass die Soldaten einfach nur in den Zug steigen. Aber in der Türkei da wird gefeiert und gesungen. Die Soldaten bekommen so viel Respekt. Das ist eine so schöne Tradition, die bei uns verloren gegangen ist. Und deshalb würde ich hier gerne filmen.“ Und das haben sie mir abgekauft und mir deshalb erlaubt dort zu drehen.

progress: Der Film darf aber in der Türkei nicht gezeigt werden?

Böhnisch: Zum Schutz unserer Protagonisten haben wir ihnen versprochen den Film in der Türkei nicht zu zeigen. Und das war die Prämisse, an die wir uns gehalten haben. Wir fangen demnächst auch mit Video-on-Demand an. Auch da war für uns klar, dass dieser Film für die Türkei gesperrt werden wird. Ich weiß nicht, was die türkische Zensur zu dem Film sagen würde. Aber wir haben den Film sowohl von einem deutschen als auch einem türkischen Anwalt prüfen lassen. Beide haben uns bestätigt, dass die Erfahrungen zu hundert Prozent persönliche Erfahrungen sind und deshalb nicht unter die Artikel 301 und 318 fallen. Wobei das natürlich immer Auslegungssache des jeweiligen türkischen Richters ist.

progress: Wie war die Reaktion der türkisch-migrantischen Community?

Böhnisch: Meistens höre ich glücklicherweise Lob. Das ist natürlich für eine Filmemacherin schön zu hören. Ich muss aber dazu sagen, dass diejenigen, die den Film sehen sollten nicht diejenigen sind, die Geld für eine Karte ausgeben. Kritik gab es jedoch dahin gehend, dass ich mich als deutsche Frau mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Auch während der Filmvorführung beim Sercavan wurde ich kritisiert. Da hörte ich, dass der Film doch sehr polarisierend sei. Und dass ein Film doch von Türken bzw. Inländern und nicht von Ausländern gemacht werden sollte. Ich kann diesen Kommentar akzeptieren. Und natürlich habe ich meine eigene Sichtweise. Ich sehe allerdings nicht, wieso meine Sichtweise besser oder schlechter sein sollte als eine andere.

Mir war aber von Anfang an bewusst, dass der Film für ein ausländisches Publikum gedreht wird und dass er eine Plattform für dieses Thema außerhalb der Türkei bieten soll. Deshalb kam es mir zugute, dass die Protagonisten bereit waren Englisch zu reden. Und daher habe ich auch mit Basics begonnen. Diese wären für TürkInnen mit einem Vorwissen nicht notwendig gewesen. Ich denke aber, dass FilmemacherInnen das Recht haben sollten, selbstständig das Thema, den Ort und den Zeitpunkt ihrer Filme zu bestimmen. Diesbezüglich ist es traurig, dass in der Türkei Gesetze herrschen, die das verbieten.

Der Trailer zum Film:

Weiterführende Links:

http://www.curuk-film.de

http://www.ulrikeboehnisch.com

Sercavan Film-Festival 2012

Ab Jänner wird „Çürük – The Pink Report“ auf Independent Movies on demand verfügbar sein.

Informationen zu Artikel 301 („Herabwürdigung des Türkentums“) und 318 („Distanzierung des Volkes vom Militär“).

 

„Da werden Gewalttäter bedient.“

  • 03.01.2013, 11:51

Irma Zenacek und Brigitte Hornyik engagieren sich seit Jahrzehnten für die Rechte von Frauen in Österreich. Aktuell wirken sie am Blog muetterohnerechte.noblogs.org mit, auf dem entrechtete Mütter Raum für ihre Fallgeschichten bekommen. Claudia Aurednik hat mit den beiden über Problematiken der jüngsten Änderungen im Familienrecht sowie den Einfluss der Väterrechtler gesprochen.

Irma Zenacek und Brigitte Hornyik engagieren sich seit Jahrzehnten für die Rechte von Frauen in Österreich. Aktuell wirken sie am Blog muetterohnerechte.noblogs.org mit, auf dem entrechtete Mütter Raum für ihre Fallgeschichten bekommen. Claudia Aurednik hat mit den beiden über Problematiken der jüngsten Änderungen im Familienrecht sowie den Einfluss der Väterrechtler gesprochen.

progress: Das Parlament hat vergangenen Dezember das Familienrecht novelliert. In den Medien wurde unter anderem von einem „Obsorgegesetz“ gesprochen, bei dem das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen würde. Was sagen Sie dazu?

Brigitte Hornyik: Das Gesetz heißt eigentlich nicht Obsorgegesetz, sondern „Kindschafts- und Namensrechtsänderungsgesetz“. Es umfasst unter anderem solche Fragen wie: Welche Position haben die Kinder? Welche Rechte und Pflichten herrschen zwischen Eltern und Kindern? Und unter welchen Bedingungen kann man Kinder adoptieren? Aber natürlich sind bei Dingen, die Kinder betreffen auch Frauen mitbetroffen. Nicht zuletzt deshalb, weil in über 90 Prozent der Fälle die Kinder nach einer Trennung bei ihren Müttern bleiben.

Irma Zenacek*: Für mich stellt sich die Frage was der Begriff „Kindeswohl“ überhaupt bedeutet. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass ich den Einfluss der Gesellschaft und der anderen Familienmitglieder unterschätzt hatte. Um ein Kind gut aufzuziehen, bräuchte es eine komplett andere Familienstruktur. Heute ist meine mittlerweile erwachsene Tochter zwar sehr stolz auf mich, aber die Rolle als Alleinerzieherin hat mich sehr viel Kraft gekostet.

progress: Auf dem Blog muetterohnerechte.noblogs.org wird das Gesetz kritisiert. Welche Problematik steckt hinter dem „Kindschafts- und Namensänderungsgesetz“?

Hornyik: In dem „Kindschafts- und Namensänderungsgesetz“ stehen schöne Worte zum Kindeswohl. Und auf der anderen Seite werden gerichtlich Verfügungen ermöglicht, die in meinem Augen nicht im Sinne des Kindeswohls sein können. Demnach kann ein Gericht eine sechsmonatige Abkühlphase sowie eine gemeinsame Obsorge während dieser Zeit anordnen. Da frage ich mich, inwiefern das kongruent sein soll. Das kann nur mörderisch für die Psyche der Kinder sein. Ich kenne selbst einige PsychotherapeutInnen die meinen, dass die neue Gesetzesregelung super für ihr Geschäft sei. Denn die Kinder, die Frauen und so manch sensibler Mann werden traumatisiert sein und Therapiebedarf haben.

Obsorge bedeutet nach der gesetzlichen Definition: das Kind pflegen, das Kind erziehen und das Kind vertreten. Und Vermögensverwaltung kommt als Sonderaspekt der Vertretung hinzu. Gemeinsame Obsorge heißt im Vertretungsbereich, dass jeder für sich alleine vertretungsbefugt ist. Das heißt, beide können zwei völlig verschiedene Dinge für das Kind entscheiden. Bereits vor mehr als zehn Jahren haben wir vor einer derartigen Regelung gewarnt. Damals wurde unter der schwarz-blauen Regierung die gemeinsame Obsorge beschlossen. Wahnsinnig gute Erfahrungen haben die RechtsanwältInnen mit dieser Gesetzesnovelle 2001 nicht gemacht. Und jetzt wurde das Gesetz auch noch aufgemotzt. Ich kann nur hoffen, dass es RichterInnen geben wird, die das Gesetz vernünftig vollziehen werden. Als Mutter und Vater wird man darauf angewiesen sein an welche RichterInnen man kommt.

In der Theorie klingt das Gesetz ja gut. Aber man soll sich bitte die Praxis anschauen: Da sind zwei Menschen, die können nicht miteinander. Er schlägt sie, sie kratzt und beißt meinetwegen und zudem haben sie ein schwieriges Scheidungsverfahren miteinander. Und dann sollen die beiden zur Besuchsmittlung und Mediation gehen. Und dann kommt noch die Familiengerichtshilfe und macht Anordnungen. Wie soll sich das in der Praxis bewähren? Ich bin da skeptisch.

Zenacek: Heinisch-Hosek verdient den Titel Frauenministerin meines Erachtens nicht, weil sie ein derartiges Gesetz mit beschlossen hat und somit gegen Frauen agiert. Auch das Gewaltschutzgesetz wurde durch das neue Gesetz ausgehebelt. Deshalb haben auch die Frauenhäuser massiv dagegen interveniert. Selbst wenn Gewalt in einer Beziehung im Spiel war, so müssen sich Frauen und Männer nun in sogenannten Besuchskaffees treffen. Das ist dann natürlich eine gute Gelegenheit die Frau einfach abzumurksen. Das haben wir ja schon x-fach erlebt – nicht nur in Österreich. Und außerdem gibt es auch Erfahrungsberichte aus Deutschland, weil die dort das Obsorgegesetz schon viel länger haben. Die Feministin Anita Heiliger hat über die Problematik zwei Bücher geschrieben. Eines davon heißt „Vater um jeden Preis.“ Was sie in ihren Büchern schreibt, ist einfach unfassbar. Das ist ein unglaublicher Rückschritt für die Frauen. Und außerdem ist es ja so, dass die Scheidungen primär von Frauen eingereicht werden. Diese wissen aber ganz genau, dass sie als Alleinerzieherinnen in die Armut abrutschen. Nach dem neuen Gesetz dürfen uneheliche Väter nun auch das Sorgerecht für Kinder einfordern. Meiner Ansicht nach könnte das so ausschauen: Ein Mann sagt zuerst zu einer Frau, dass sie abtreiben lassen soll und später pocht er doch auf die gemeinsame Obsorge. Wie es dann einer Frau damit geht, dass überlasse ich Ihrer Fantasie.

progress: Warum hat man sich ausgerechnet jetzt für diese Gesetzesnovelle entschieden?

Hornyik: Die Initiative für eine Gesetzesnovelle ist von den Väterrechtlern ausgegangen, die einen sehr guten Draht zur ehemaligen Justizministerin Bandion-Ortner hatten. Diese wollte auch keine überparteilichen Frauenorganisationen an der vorhergehenden Arbeitsgruppe teilnehmen lassen. Wir haben damals vom Frauenring - der größten Dachorganisation von Frauenvereinigungen - ein Sit-in vor dem Justizministerium gemacht. Danach wurde der Frauenring sehr wohl zugelassen. Die Väterrechtler waren jedoch von Anfang in der Arbeitsgruppe drinnen. Die jetzige Justizministerin Karl hatte dann nicht so ein Näheverhältnis zu den Väterrechtlern und war schon gesprächsbereiter. Von Frauenorganisationen, Kinderrechtlern, den SPÖ-Frauen und zahlreichen ExpertInnen wurden dann verschiedene Dinge hinein reklamiert. So beispielsweise fortschrittliche Regelungen im Namensrecht, neue Adoptionsregelungen, ein neues Recht für Mündelgelder.

In einigen Randbereichen hat man sich auch bemüht die Patchworkfamilien zu berücksichtigen. Aber das war ein Resultat überaus zäher Verhandlungen und vieler Arbeitsgruppensitzungen. Wir haben wirklich versucht etwas Positives herauszuholen. Die Gewaltfrage ist auch erst dank der Intervention der Frauenhäuser ausreichend berücksichtigt worden. Das bedeutet, dass Gewalt an einem Ehepartner durchaus ein Grund für den Entzug von Kontaktrechten sein kann oder dass sie bewirkt, dass einem Sorgerechtsantrag nicht stattgegeben wird. Gewalt betrifft aber zu 90 Prozent die Ehefrauen – auch wenn Väterrechtler immer wieder Geschichten über Frauen, die mit den Messern auf sie losgegangen sind, erzählen.

progress: Wer steckt hinter den Väterrechtlern?

Zenacek: Das geht sehr stark in die rechte bis rechtsextreme Ecke hinein. Ein aktuelles Beispiel ist Martin Stiglmayr von „Väter ohne Rechte“, der ins BZÖ als Assistent oder Zuarbeiter von Ewald Stadler eingestiegen ist. Bei den Väterrechtlern treffen sich dann auch die Abtreibungsgegner und Hetzer gegen Homosexuelle. Sie beraten auch ihre Klienten darüber wie sie Unterhaltszahlungen umgehen, und wie sie ein Scheidungsverfahren so lange wie möglich hinauszögern.

Einer ihrer Hardliner ist bei der Initiative „Humanes Recht“ aktiv und betreibt gleichzeitig auch die Homepage www.justiz-debakel.com. Das ist die Fortsetzung der Seite www.genderwahn.com, die wegen strafrechtlich relevanter Tatbestände vom Netz genommen wurde. Diese Websites sind voll von purem Frauenhass. Auf der Website von justitz-debakel.com sind sogar die Wiener Frauenhäuser fein säuberlich aufgelistet, damit die Männer wissen, wo ihre Frauen untergebracht sind. Ich verstehe nicht, wieso da nichts dagegen unternommen wird. Da werden Gewalttäter bedient, damit sie ihren Frauen und Kindern auflauern können.

Hornyik: Ich habe die Informationen über die Website an die Frauenhäuser und an das Frauenbüro der Stadt Wien (MA 57) weitergegeben. Ich kann nur sagen, dass sie davon wissen aber nichts dagegen tun. Ich kann das wirklich nicht verstehen. An mangelnder Information kann es jedenfalls nicht liegen.

Ergänzend zu den Väterrechtlern möchte ich noch darauf hinweisen, dass diese sich gerne auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und den Verfassungsgerichtshof hinsichtlich einer besseren Rechtsstellung für uneheliche Väter berufen. Als Verfassungs- und Menschenrechtlerin kann ich nur dazu sagen, dass ich das für eine mögliche und ideologisch gefärbte Auslegung betrachte. Gleiches wird man mir vorwerfen. Aber eine so derart weitreichende Auslegung, dass der Vater eines Kindes die Mutter gerichtlich zu einer gemeinsamen Obsorge vergattern kann, ist meiner Ansicht nach nicht geboten gewesen. Ich habe daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass der österreichische Gesetzgeber da sehr weit vorgeprescht ist.

progress: Frau Hornyik, Sie waren an den Verhandlungen zur Gesetzesnovelle beteiligt. Wie sind diese verlaufen?

Hornyik: Ich war als Vertreterin des Frauenrings bei den letzten Sitzungen dabei und habe für diesen auch umfassende Stellungnahmen geschrieben. Diese sind auf den Parlamentsseiten nachzulesen. Ich möchte aber auf einen demokratiepolitischen Aspekt aufmerksam machen. Das Ende der Begutachtungsfrist der Gesetzesnovelle war am 5. November. Und bereits am 13. November ist die Regierungsvorlage im Ministerrat beschlossen worden. Jetzt soll mir mal jemand erklären, wie an die 50 abgegebenen Stellungnahmen innerhalb einer Woche berücksichtigt wurden. Ehrlich gesagt haben wir vom Frauenring ein bisschen das Gefühl gehabt, verscheißert worden zu sein. Und wir haben das maßgebliche Gefühl, dass da ein demokratiepolitischer Schaukampf abgehalten wurde. Ich glaube nämlich nicht, dass es möglich ist, in dieser kurzen Zeit alle Stellungnahmen zu lesen und zu überlegen, was man einbauen kann. Am 20.11. gab es dann ein Hearing im Parlament. Die Freiheitlichen haben natürlich Väterrechtler als Experten nominiert. Auch dieses Hearing war ein parlamentarischer Schaukampf, damit man sagen kann, wie demokratisch man nicht wäre. Das Gesetz wurde einfach durchgewunken. Das ist für mich eine demokratiepolitisch bedenkliche Sache. Denn wenn die zuständigen Bundesministerinnen in der Koalition sich einigen, dann hast du keine Chance mehr. Zivilgesellschaft, NGOs und Bürgerbeteiligung hin oder her. In der Vorphase im Juni und Juli haben wir aber noch etwas ändern können.

progress: Welche Punkte konnten von den Frauenorganisationen im Sommer verhindert werden?

Hornyik: Eine Forderung der Väterrechtler war die Doppelresidenz, diese konnten wir verhindern. Denn Doppelresidenz bedeutet, dass es keinen hauptsächlichen Aufenthaltsort für das Kind gibt. Und wenn das Kind zu beiden Teilen bei Papa und Mama wohnt, dann gibt es natürlich auch keine Unterhaltspflicht. Dies wäre ganz im Sinne der Väterrechtler gewesen. Doch das konnten wir verhindern. Aber im Bereich der gemeinsamen Obsorge hatten wir nicht viel Erfolg. Auch in anderen Bereichen konnten wir intervenieren. Beispielsweise wäre es nach der Geburt eines unehelichen Kindes möglich gewesen, dass der Vater am Standesamt einfach nur mit einer Unterschrift der Frau im Wochenbett die gemeinsame Obsorge festlegt. Das wäre ein Wahnsinn für all jene Frauen gewesen, denen es nach der Geburt nicht so gut gegangen wäre oder für Migrantinnen, die die deutsche Sprache nicht so gut beherrschen. Mittlerweile ist dieser Passus entschärft worden.

progress: Warum haben Väterrechtler so eine große Lobby?

Zenacek: Generell ist es so: Wenn Männer sich um Kinder kümmern würden, dann hätten es die Frauen viel leichter. Aber um diese Männer geht es den Väterrechtlern natürlich nicht. Es geht ihnen um jene, die sich aus der Verantwortung stehlen und keine Alimente zahlen wollen. Die Väterrechtler sitzen auch in allen Parteien – ich habe sie bis in die KPÖ in Österreich nachverfolgen können. Auch Grüne und Gewerkschafter sind bereits mit den Väterrechtlern gemeinsam aufgetreten.

Hornyik: Ich kann das nur bestätigen. Sobald Männer eine Scheidung hinter sich haben, sympathisieren sie politisch höchst unreflektiert mit den Väterrechtlern. Auch in der Praxis hab ich diese Erfahrungen gemacht. Und natürlich spielt die Tatsache, dass Männer in unserer Gesellschaft die ökonomische und politische Macht besitzen eine Rolle.

Zenacek: Eigentlich ist das ein politischer Revanchismus. Aber das hat natürlich alles gesellschaftliche Auswirkungen – auch wenn es sich im Privatleben abspielt. Denn das Private ist politisch – das ist nicht umsonst ein Slogan der feministischen Bewegung.

Hornyik: Wir werden immer gerne von jungen Frauen als Altfeministinnen und Männerhasserinnen dargestellt. Aber Recht ist – im Sinne der Rechtswissenschaft – ein Konfliktlösungsinstrumentarium. Dort wo Menschen es schaffen nach einer Trennung sich gemeinsam um die Kinder zu kümmern, da gratuliere ich ihnen. Da sage ich dann: fein, dass ihr das hingekriegt habt. Aber Recht muss praktikable Lösungen in Konfliktfällen anbieten. Und das hat wirklich nichts mit Altfeminismus und Männerhass zu tun.

Zu den Personen:

Irma Zenacek

ist seit über 35 Jahren autonome Feministin. Bereits mit 19 entschied sie sich dafür, sich gemeinsam mit Frauen zu organisieren und niemals in eine Partei einzutreten. Beruflich hat sie sich als Alleinerzieherin mit diversen Brotberufen über Wasser gehalten. Sie verfügt über ein jahrzehntelanges Know-how über die Probleme von Frauen in unserer Gesellschaft. Und sie findet, dass „für Abgehobenheit in den weiblichen Lebensrealitäten von Frauen kein Platz ist“. Schwerpunkte von Irma Zenaceks politischem Aktivismus sind: strukturelle und daher auch staatliche Gewalt gegen Frauen, Lesben und Mädchen, Sozialpolitik und Sozialraub, Alleinerzieherinnenrealitäten und die damit einhergehende Betätigung der Väter- und Männerrechtler, das Treiben militanter AbtreibungsgegnerInnen und das Selbstbestimmungsrecht der Frau in allen gesellschaftlichen Bereichen sowie Frauen im Widerstand und Krieg. Außerdem beschäftigt sie sich mit feministischer Kunst und Schmuckdesign. Irmas Lebensmotto: „ Ich möchte nicht, dass mir eines Tages das Patriarchat auf die Schultern klopft und sagt: "Das haben Sie aber gut gemacht, Frau Zenacek! Ich hasse den Mief der Anpassung!“

*da die Interviewpartnerin investigativ zu Väterrechtlern und AbtreibungsgegnerInnen forscht, wurde der Name von der Redaktion geändert.

Brigitte Hornyik

wurde 1957 in Wien geboren und ist in einer konservativ-bürgerlichen Familie aufgewachsen. Ihre Mutter war eine beruflich und ökonomisch selbstständige Frau, die als Mittelschulprofessorin und zuletzt als Direktorin am Gymnasium Wiedner Gürtel tätig war. Brigitte Hornyik studierte Rechtswissenschaft an der Universität Wien. Im Zuge ihres Studiums wurde sie mit der Diskriminierung von Frauen durch Professoren und Assistenten konfrontiert. Während ihrer Tätigkeit als Studienassistentin und Universitätsassistentin am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht lernte sie die feministische Rechtswissenschaftlerin Neda Bei kennen, die ihre Mentorin wurde. Bereits damals veröffentlichte Hornyik ihre erste Publikation zum Thema Geschlechtergleichheit im Schulrecht. Während der 1980er Jahre war sie im Staatssekretariat der Frauenministerin Johanna Dohnal tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte umfassten die Ratifikation der UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), Vorbereitung und Durchführung der ersten Enquete zum Thema Frau und Recht sowie Rechtsberatung. Von 1982 an arbeitete sie bis zum Juli 2012 als wissenschaftliche Mitarbeiterin, Abteilungsleiterin und Bereichsleiterin am Verfassungsgerichtshof. Brigitte Hornyik ist Vorstandsmitglied im „Österreichischen Frauenring“, ehemalige Vorsitzende im Verein österreichischer Jurstinnen und Aktivistin der Plattform 20.000 Frauen.

Links:

Blog „Mütter ohne Rechte“: http://muetterohnerechte.noblogs.org/

Frauenring: www.frauenring.at

Verein österreichischer Juristinnen: www.juristinnen.at

Plattform 20.000 Frauen: zwanzigtausendfrauen.at

 

 

 

Vienna Rollergirls vs. Zürich City Rollergirlz: „Keep on rollin´ 2“

  • 12.11.2012, 14:10

Am 27. Oktober 2012 fand in Wien das zweite Roller Derby Spiel Österreichs statt. Die Vienna Rollergirls gewannen den Bout mit einem Spielstand von 273:202 gegen die Zürich City Rollergirlz. Claudia Aurednik interviewte für progress die Spielerinnen bei ihrer After Bout Party im Marea Alta.

Am 27. Oktober 2012 fand in Wien das zweite Roller Derby Spiel Österreichs statt. Die Vienna Rollergirls gewannen den Bout mit einem Spielstand von 273:202 gegen die Zürich City Rollergirlz. Claudia Aurednik interviewte für progress die Spielerinnen bei ihrer After Bout Party im Marea Alta.

 

 

Informationen über die Zürich City Rollergirlz:

http://www.facebook.com/zurichcityrollergirlz

http://rollerderby.ch/page/

Informationen über die Vienna Rollergirls:

http://www.facebook.com/ViennaRollergirls

http://www.viennarollergirls.com

ZeitzeugInnen und der österreichische Opfermythos

  • 11.11.2012, 09:27

Claudia Aurednik diskutierte am Nationalfeiertag mit der Zeitzeugin Dora Schimanko (Young Austria) und Judith Goetz (Politik- und Literaturwissenschafterin) über jene Menschen, auf die im Zuge des österreichischen Mythos, das erste Opfer Hitler gewesen zu sein, vergessen wurde.

Claudia Aurednik diskutierte am Nationalfeiertag mit der Zeitzeugin Dora Schimanko (Young Austria) und Judith Goetz (Politik- und Literaturwissenschafterin)  über  jene Menschen, auf die im Zuge des österreichischen Mythos, das erste Opfer Hitler gewesen zu sein, vergessen wurde.

Gäste:

Judith Goetz (Jg. 1983) präsentiert ihre aktuelle Publikation „Bücher gegen das Vergessen. Kärntnerslowenische Literatur über Widerstand und Verfolgung“. Das Buch setzt sich mit der Literatur von Kärntner SlowenInnen, in der die Zwangsaussiedlungen, die Zeit in den Konzentrationslagern und dem Kampf der PartisanInnen eine zentrale Rolle zukommt. Das Buch wurde 2011 mit dem Herbert-Steiner-Förderpreis und 2012 mit dem Theodor-Körner-Preis ausgezeichnet.

(ab Minute 16:24): Dora Schimanko (Jg. 1932) musste im Alter von sechs Jahren mit einem Kindertransport vor den Nationalsozialisten fliehen. Ein Teil ihrer Familie wird in der Shoah ermordet, ein anderer Teil vertrieben. 1946 kehrt Dora Schimanko nach Wien zurück und engagiert sich in der FÖJ (Freie Österreichische Jugend). Im Nachkriegsösterreich hat sie mit der Ignoranz und dem Antisemitismus der Nachkriegsgesellschaft zu kämpfen. In ihrem Buch „Warum so und nicht anders. Die Schiffs: Eine Familie wird vorgestellt“ setzt sie sich mit der Geschichte ihrer jüdischen Großfamilie auseinander.

Links zur Literatur:

Warum so und nicht anders von Dora Schimanko

Bücher gegen das Vergessen von Judith Goetz

Die ganze Sendung:

Diskurs am Freitag:„ZeitzeugInnen und der österreichische Opfermythos“

Auf der Uni verprügelt

  • 05.11.2012, 20:38

Österreichs Hochschulen pflegen das Image, Orte kritischer Reflexion und Toleranz zu sein. Im 20. Jahrhundert allerdings waren sie jahrzehntelang Hochburgen des Antisemitismus und der Deutschtümelei. Ein Blick auf eine verdrängte Geschichte, die nach 1945 keineswegs zu Ende war.

Österreichs Hochschulen pflegen das Image, Orte kritischer Reflexion und Toleranz zu sein. Im 20. Jahrhundert allerdings waren sie jahrzehntelang Hochburgen des Antisemitismus und der Deutschtümelei. Ein Blick auf eine verdrängte Geschichte, die nach 1945 keineswegs zu Ende war.

„Ich weiß nicht, ob ich da die richtige Ansprechpartnerin bin. Denn es war ja so, dass ich mich nur in der Jüdischen Hochschülerschaft bewegt habe. In den anderen Studierenden habe ich ja mutmaßliche Nazis oder Mitläufer gesehen“, erklärt Lucia Heilman (83) am Telefon. Zwei Stunden später öffnet sie trotzdem die Tür zu ihrer Wohnung. Sie ist eine lebhafte und aufgeschlossene Frau mit warmen Augen und einem lebenslustigen Lachen und auf dem Coverfoto dieser progress-Ausgabe zu sehen. Ihr sommersprossiges Gesicht spiegelt ihre Emotionen wider. Die Kindheit und Jugend der pensionierten Ärztin war vom Terror der Nazis gekennzeichnet. Nach der Volksschule durfte sie als Tochter einer Jüdin nicht mehr zur Schule gehen, die Wohnung ihrer Eltern wurde „arisiert“. Ihr Vater befand sich während dieser Zeit aus beruflichen Gründen in Persien und bemühte sich vergeblich, seine Frau Regina und Tochter Lucia nachzuholen. Als Lucia mit ihrer Mutter aus Wien deportiert werden sollte, hat Reinhold Duschka, ein Bergsteigerfreund des Vaters, den beiden das Leben gerettet. Er versteckte Lucia und ihre Mutter von 1939 bis zum Bombardement 1944 in seiner Werkstätte für Kunstgewerbe in Wien-Mariahilf. Nach dem Bombardement brachte er die beiden in einem kleinen Sommerhaus in Wien-Hütteldorf unter. Heilman erinnert sich daran, dass Duschka ihr Lehrbücher mitbrachte und wie wissbegierig sie war. Nach der Befreiung Österreichs holte sie die Matura nach und begann 1948 an der Universität Wien Medizin zu studieren. Dort bemerkte sie auch die antisemitische Kontinuität: „Ich erinnere mich an die Anatomievorlesungen während der Jahre 1948 bis 1950. Der damalige Professor unterrichtete die Inhalte der nationalsozialistischen ‚Rassenkunde‘ ohne diese als solche zu bezeichnen“, erzählt Lucia Heilman entrüstet. „Niemand hat das in Frage gestellt. Und auch die Bücher waren aus der Nazizeit.“ Lucia und ihre jüdischen StudienkollegInnen haben sich darüber geärgert; sie waren wütend. Auch die medizinischen Lehrbücher, wie beispielsweise der Pernkopf-Atlas, stammten noch aus der Nazizeit. Am meisten verärgert Lucia Heilman aber bis heute die Scheinheiligkeit der Bevölkerung: „Denn nach 1945 ist ja niemand mehr ein Nazi gewesen“, sagt sie stirnrunzelnd.

Gewalt an Universitäten. Linda Erker vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien erzählt, dass in den universitären Quellen der Nachkriegszeit die Zeit des Nationalsozialismus nur als „dunkle Zeit, die über uns hereingebrochen ist“ beschrieben wird. Schuldeingeständnisse seitens der Universität und Politik gab es damals keine. Dabei hatten die Deutschtümelei und der Antisemitismus an den Universitäten eine lange und überaus gewalttätige Vorgeschichte. Linda Erker und ihr Kollege Herbert Posch kramen Fotos aus den Jahren 1931 und 1933 hervor. Eines davon zeigt deutschnationale Studenten vor dem Haupteingang der Universität Wien, die die rechte Hand zum Hitlergruß heben. Dazwischen hängt ein Plakat mit der Aufschrift „Juden raus“. Auf einem anderen Bild fliehen StudentInnen über Leitern aus dem ersten Stock des Anatomischen Instituts der Universität Wien. In ihren Gesichtern sind Angst und Panik zu erkennen. Posch erläutert den Kontext: „Hier müssen Studierende die Hörsäle über Leitern verlassen, weil die deutschnationalen Studierenden vor dem Ausgang rechts und links sogenannte ‚Salzergassen‘ gebildet haben. Sie haben auf die jüdischen Studierenden gewartet, um sie mit Prügelstöcken zu verdreschen.“ Der Anteil der jüdischen Studierenden lag zu dieser Zeit österreichweit bei etwa 13 Prozent. 75 Prozent davon studierten an der Universität Wien, nur zwei Prozent an der Universität Graz und nur ein Prozent an der Universität Innsbruck. Der Antisemitismus an den Universitäten Graz und Innsbruck war jedoch genauso stark wie an der Universität Wien und der Technischen Hochschule, der heutigen TU Wien. „Während der Studienzeit der 1920er- und 1930er- Jahre herrschte eine Gewalt an den Universitäten, die wir uns heute gar nicht vorstellen können“, erzählen Posch und Erker. „Schädelbasisbrüche, Knochenbrüche und existenzielle Gewalt gegenüber jüdischen und linken Studierenden standen damals an der Tagesordnung. Diese Gewalt hat sich auch im öffentlichen Raum an der Universitätsrampe zugetragen. Die Polizei hat zugeschaut und sich auf das Hausrecht des Rektors berufen. Die Universität Wien musste während dieser Zeit aufgrund der gewalttätigen Ausschreitungen sogar mehrmals im Jahr geschlossen werden.“ Manche jüdische Studierende, wie der spätere israelische Diplomat und Schriftsteller Benno Weiser Varon, erwarben in der zionistischen Selbstverteidigungsgruppe Haganah Selbstverteidigungskenntnisse, die sich an der Universität als überlebenswichtig erwiesen.

TechnikerInnen. Die Leiterin des Universitätsarchivs an der TU Wien, Juliane Mikoletzky, erzählt, dass auch an der Technischen Hochschule bis zur Zeit des Austrofaschismus wöchentlich Prügelorgien stattfanden. „Die Techniker hatten eine gewisse Affinität zu dem von den Nazis propagierten Fortschritt. Sie hofften, durch die Nazis viele technische Arbeitsplätze zu bekommen.“ An der Technischen Hochschule hatte es zunächst aber durchaus einen hohen Anteil an jüdischen Studierenden gegeben. Ihre Zahl sank jedoch im Sommersemester 1938 von 230 auf 16. Denn an allen Hochschulen und Universitäten wurden ab dem Sommersemester 1938 in der NS-Terminologie als „Volljuden“ bezeichnete Personen nicht mehr zum Studium zugelassen. Mikoletzky erwähnt, dass der Übergang von Austrofaschismus zum Nationalsozialismus an der Technischen Hochschule gesetzesmäßiger und „ziviler“ als an der Universität Wien vor sich ging. Sie vermutet, dass dieser schon länger vorbereitet worden war. Nach dem Novemberpogrom 1938 durften die sogenannten „VolljüdInnen“ die Universitäten nicht mehr betreten. Selbst der Besuch der Bibliothek wurde ihnen untersagt. Nur noch sogenannten „Mischlingen“ war bis in die 1940er- Jahre das Studium erlaubt. „Auch an der damaligen Hochschule für Bodenkultur (BOKU) hatte es nie über fünf Prozent jüdische HörerInnen gegeben. Dennoch war der Antisemitismus sehr stark und es gab auch gewalttätige Ausschreitungen“, berichtet Paulus Ebner, der im Archiv der TU arbeitet. In seiner Dissertation hat er sich mit der Hochschule für Bodenkultur als Ort der Politik von 1914 bis 1955 auseinandergesetzt. Eine Besonderheit stellte in diesem Kontext das Handeln Franz Sekeras dar, streicht er hervor. Dieser hatte sich eigenmächtig nach dem sogenannten „Anschluss“ zum „kommissarischen Leiter“ der Hochschule ernannt und verfügt, dass keine jüdischen HörerInnen mehr an der BOKU zugelassen wurden. Sekera galt als Hardliner und war bereits vor 1938 am Aufbau einer illegalen NSZelle an der Hochschule beteiligt. Nach 1945 wurde er zu zweieinhalb Jahren Kerker verurteilt und durfte nicht mehr an der BOKU unterrichten. „Die nationalsozialistischen Hardliner wurden sowohl auf der heutigen BOKU als auch der TU 1945 entlassen. Sie sind auch nicht mehr zurückgekehrt“, resümieren Ebner und Mikoletzky.

Robert Rosner. „Ich hatte in England neben der Arbeit eine Abendschulmatura absolviert und große Lücken im naturwissenschaftlichen Wissen. Aber mir haben meine Kollegen während des Chemiestudiums sehr geholfen“, erzählt Robert Rosner (88). „Bobby“ Rosner ist ein sehr aufgeschlossener Mensch, der gerne über seine Lebenserfahrungen berichtet. In seinem Arbeitszimmer befindet sich eine gut sortierte Heimbibliothek. In seiner Pension hat der Intellektuelle Politikwissenschaft studiert. Seither hat er mehrere Publikationen zur Wissenschaftsgeschichte veröffentlicht. In seiner Jugend musste Rosner mit seiner Familie vor den Nazis nach England fliehen. Dort kam er mit der EmigrantInnenorganisation Young Austria in Kontakt, die ihn stark geprägt hat. Als er mit seiner Frau nach dem Ende des Krieges nach Wien zurückkehrte, engagierte er sich in der Kommunistischen Partei und der Kommunistischen StudentInnenorganisation. 1968 trat er im Zuge des Prager Frühlings allerdings aus der KPÖ aus. Von 1947 bis 1955 studierte er Chemie an der Universität Wien. „Meine Studienkollegen wussten von meiner Lebensgeschichte als jüdischer Flüchtling und meiner politischen Einstellung. Dennoch hatte ich auch mit meinen linkskatholischen Studienkollegen ein gutes Verhältnis. Das lag daran, dass wir bei den stundenlangen Laborübungen enge Beziehungen aufgebaut haben“, resümiert er. „Ein bis zwei Studienkollegen waren gesinnungsmäßig braun geblieben. Aber sonst hatte ich das Gefühl, dass ich als gleichwertiger Studienkollege wahrgenommen wurde. Vielleicht lag das auch daran, dass ich mit den Jahrgängen 1928 und 1929 zu studieren begonnen hatte. Meine ältere Schwester hat als Lehrerin den Antisemitismus viel stärker gespürt als ich.“ Rosner erzählt, dass auch die Nazi-Professoren am Chemischen Institut 1945 entlassen wurden. „Im Keller des Chemischen Instituts hatte es bereits während der Nazizeit Widerstand gegeben. Unter anderem wurden auch jüdische Menschen versteckt. An der Physik hat es aber wesentlich schlechter ausgeschaut.“

Späte Auseinandersetzung. Im Zuge des NS-Verbotsgesetzes wurden die meisten nationalsozialistischen Professoren aus ihren Ämtern enthoben. Die Geschichte der vertriebenen Studierenden und Lehrenden wurde jedoch erst spät thematisiert. Denn nach 1945 wurde über Politik an den Universitäten nicht mehr gesprochen. Und mit der Lockerung der Gesetze kehrten nationalsozialistische Professoren im Laufe der 1950er-Jahre wieder an die Universitäten zurück. Herbert Posch war 1998 Teil des Projektes „Bildungsbiographien und Wissenstransfer, Studierende der Universität Wien vor und nach 1938“, das sich auf die Suche nach vertriebenen Studierenden und Lehrenden machte. Insgesamt 150 Personen haben sich bereit erklärt, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Unter anderem hat er auch in New York Interviews geführt. „Es wurde viel zu spät damit begonnen. Aber ich bin froh, dass wir damals dennoch angefangen und soviel Resonanz erhalten haben.“ 2009 wurde in Form eines Gedenkbuches der Universität Wien an die vorwiegend jüdischen Vertriebenen erinnert. Das Buch befindet sich im Denkmal Marpe Lanefesh am Universitätscampus Wien. Posch betreut die Online- Version des Gedenkbuchs, das laufend ergänzt wird. „Durch das Online-Gedenkbuch melden sich jene, die ihre Geschichte beisteuern wollen. Es sind Menschen wie du und ich, die von der Forschung unbeachtet geblieben sind. Und es sind nicht nur erfolgreiche Wissenschafter darunter. Auch diese Menschen dürfen nicht vergessen werden.“
 

Das Projekt der ÖH ,,Hochschulen in der NS-Zeit‘‘ startet in diesem Herbst. An mehreren Universitäten finden Lehrveranstaltungen zum Thema statt, Studierende werden wissenschaftliche Beiträge verfassen, die als Publikation veröffentlicht werden.

Mehr Infos: zeitgeschichte.oeh.ac.at

Selbstverwirklichung statt Pensionsschock

  • 15.10.2012, 16:35

Rund fünf Prozent aller Studierenden in Österreich sind SeniorInnen. Claudia Aurednik hat mit Gerti Zupanich (73), Herta Spitaler (74) und Walter Waber (67) über ihre Erfahrungen an der Universität gesprochen. Drei Kurzportraits.

Rund fünf Prozent aller Studierenden in Österreich sind SeniorInnen. Claudia Aurednik hat mit Gerti Zupanich (73), Herta Spitaler (74) und Walter Waber (67) über ihre Erfahrungen an der Universität gesprochen. Drei Kurzportraits.

„Beim ersten Sehr Gut habe ich damals einen Luftsprung gemacht!“, erinnert sich Gerti Zupanich (73): „Denn bei der Prüfung war nicht stures Auswendig lernen, sondern das Reflektieren von Zusammenhängen gefragt.“ Die lebenslustige rothaarige Powerfrau hatte 1996 mit dem Studium der Politikwissenschaft begonnen und sich damit einen Lebenstraum erfüllt. Noch heute schwärmt sie von ihrem Hauptstudium und der selbst gewählten Fächerkombination aus Geschichte, Soziologie, Publizistik und Gender-Forschung: „Das hat alles so gut zusammengepasst und richtig Spaß gemacht.“ Schmunzelnd erinnert sie sich an den Studienalltag und die jungen StudienkollegInnen, die sie damals wegen ihrer exakten Mitschriften schätzten. „Gerti, du hast doch das letzte Mal mitgeschrieben? Darf ich mir eine Kopie davon machen?“ – diese Fragen waren der Beginn von Freundschaften, die bis heute andauern. Eigentlich wollte Gerti immer studieren. Doch als sie jung war, konnte sie sich ein Studium aus finanziellen Gründen nicht leisten. Und auch ihre Mutter war mit einem Studium nicht einverstanden. Ein Schicksal, das sie mit vielen Frauen ihrer Generation teilt: „Eine Frau heiratet eh, die braucht nicht studieren. Das entsprach dem damaligen Gesellschaftsbild.“ Während ihrer Tätigkeit in der ÖH Uni Wien als Studierendenberaterin für ältere Studierende hat sie festgestellt: „Seniorenstudierende lassen sich in zwei Gruppen teilen: Die Einen sind Menschen, die bereits ein Studium gemacht haben und jetzt ein Fach studieren, das sie interessiert. Und dann gibt es die zweite Gruppe, zu der ich auch gehöre. Das sind meist Frauen, die sich einen Lebenstraum erfüllen, weil sie in ihrer Jugend nicht studieren konnten. Viele machen dafür sogar die Studienberechtigungsprüfung.“ Gerti hat ebenfalls die Studienberechtigungsprüfung für Politikwissenschaft abgelegt. Die Politologie war ihre erste Wahl, weil sie während ihres Arbeitslebensin der Gewerkschaft engagiert und als technische Sachbearbeiterin tätig war.. Ihr Studium hat sie 2003 mit der Diplomarbeit „Alltagsrassismus und institutioneller Rassismus: am Beispiel Marcus Omofuma und Operation Spring“ abgeschlossen. Heute engagiert sie sich als Projektleiterin bei European Women in Older Age (EWA) und als Koordinatorin bei dem Bildungsnetzwerk Danube Networkers.

Auch Herta Spitaler (74) ist in der ÖH Uni Wien tätig. Gemeinsam mit Gerti organisiert sie den monatlichen Stammtisch für SeniorInnenstudierende am Campus der Universität Wien. Vor allem Kunstgeschichte, Geschichte, Philosophie, Europäische Ethnologie und Sprachen sind unter den älteren Studierenden sehr beliebt. Herta hat Romanistik studiert und danach noch ein weiteres Studium begonnen: „Ich habe gleich nach dem Abschluss meines Italienisch- und Französischstudiums im Jahr 1998 Geschichte und Spanisch inskribiert. Aber als dann die Studiengebühren eingeführt wurden, habe ich aus Protest im Jahr 2000 nicht mehr inskribiert.“ Herta besucht aber weiterhin je nach Interesse Vorlesungen auf der Judaistik, Byzantinistik, Romanistik und Anglistik. Die Leidenschaft der ruhigen nachdenklichen Frau sind Fremdsprachen – vor allem die fremdsprachige Literatur: „Ich habe in meiner Schulzeit eine Handelsakademie besucht und war beruflich bis zu meiner Pension bei einer Bank im Auslandsgeschäft tätig. Dabei hatte ich immer mit Fremdsprachen im wirtschaftlichen Kontext zu tun. In meiner Pension wollte ich mich dann mit der fremdsprachigen Literatur auseinandersetzen.“ Während ihres Studiums sind auch Freundschaften mit Lehrenden entstanden. Mit einer Professorin trifft sie sich immer wieder, wenn diese nach Wien kommt. Den Bolognaprozess und die darauffolgende Dreigliederung des Studiensystems betrachtet Herta sehr kritisch: „Ich habe immer gedacht, dass einem die Universität eine umfassende Bildung vermittelt. Aber in den letzten Jahren habe ich bemerkt, dass die Menschen immer mehr einseitig und nur noch in ihrem Fachgebiet gebildet sind. Die Studiengänge sind immer verschulter geworden.“

Walter Waber (67) übt auch Kritik an der Studiensituation der letzten Jahre: „Für die Studierenden ist es nicht einfacher geworden. Die Industrie bekommt von der Uni Schmalspurakademiker, die schnell ausgebildet werden. Wissensaneignung mit Zeit zum Forschen bleibt so nicht. Was steckt denn da für ein Menschenbild dahinter, wenn man nur möglichst rasch Menschen für den Arbeitsprozess ausbildet?“ Walter war über dreißig Jahre in der EDV tätig. Seit drei Jahren studiert er Philosophie an der Universität Wien. Das Studium betrachtet er als Kontrast zu seinem früheren Beruf: „Es ist sehr spannend für mich. Ich kann die Fragen nach dem Menschen und der Bewusstseinserweiterung verfolgen.“ Dabei zählt nicht der Abschluss, wichtig sind Walter das Lesen und die Auseinandersetzung mit der Philosophie. Er studiert gerne und fühlt sich auch seinen jüngeren StudienkollegInnen gegenüber sehr wohl: „Ich kann nur allen Seniorinnen und Senioren ein Studium empfehlen, wenn sie Interesse an einer Studienrichtung haben.“ Walter hält jedoch nichts von älteren Studierenden, die meinen alles besser zu wissen: „Denn das, was man selbst als Erfahrungen mitnimmt, ist nicht das einzig wahre. Es gibt viele Wahrheiten.“ Auch die EDV sollte die älteren Studierenden seiner Meinung nach nicht abschrecken, „Als älterer Student muss ich interessiert sein, etwas zu lernen. An der Uni gibt es eine eigene Anlaufstelle für EDV, die einem weiterhilft.“ Wie er sich heute als junger Studierender verhalten würde? „Ich würde mir bei den heutigen Studienbedingungen als junger Mensch schwer tun zu studieren. Man kann sich nur wünschen, dass kompetente Leute aufstehen und diesen Prozess zugunsten der jungen Studenten verändern.“

Kampf um faire Studienbedingungen

  • 08.10.2012, 14:37

Claudia Aurednik diskutierte mit Janine Wulz (zweite stv. Vorsitzende der ÖH), Peter Grabuschnig (Generalsekretär der ÖH) und Stefan Schön (Betriebsrat an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) über aktuelle hochschulpolitische Debatten, Herausforderungen und Missstände.

Claudia Aurednik diskutierte mit Janine Wulz (zweite stv. Vorsitzende der ÖH), Peter Grabuschnig (Generalsekretär der ÖH) und Stefan Schön (Betriebsrat an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien) über aktuelle hochschulpolitische Debatten, Herausforderungen und Missstände.

Podcast zur Sendung „Diskurs am Freitag“ im Webradio von Ö1 “ÖH: Kampf um faire Studienbedingungen?!”.

Die ganze Sendung könnt ihr hier nachhören.

„Keep on rollin“

  • 03.10.2012, 16:12

Am 27. Oktober findet das zweite Wiener Roller Derby statt. Doch was ist Roller Derby? PROGRESS besuchte den ersten und bislang einzigen Roller Derby Verein – die „Vienna Rollergirls“.

Am 27. Oktober findet das zweite Wiener Roller Derby statt. Doch was ist Roller Derby? PROGRESS besuchte den ersten und bislang einzigen Roller Derby Verein – die „Vienna Rollergirls“.

Roller Derby ist ein Vollkontaktsport, der von Frauen ausgeübt wird. Männer können nur als „Refs“ („Referee“ - Schiedsrichter) oder bei der Organisationsarbeit des Vereins als „little helpers“ teilnehmen. Bevor die Spielerinnen als „Blockers“ oder „Jammer“ in einem „Bout“ (Spiel) zum Einsatz kommen, müssen sie hart trainieren. Denn Roller Derby verlangt den Spielerinnen einiges an Kondition, Kraft und Koordination ab. Auch für die „Refs“ stellen die 43 Seiten (!) langen Spielregeln eine Herausforderung dar.

Die Grundform der Sportart ist in den 1930er Jahren in den Vereinigten Staaten entstanden. Doch trotz ihrer damaligen Popularität war sie vierzig Jahre später in Vergessenheit geraten. Erst zur Jahrhunderttausendwende kam es in den Vereinigten Staaten zu einer Renaissance des Roller Derby. Heute erfreut sich Roller Derby auch in Europa, Israel, Asien, Südamerika und Australien großer Beliebtheit.

Viele Spielerinnen haben Verbindungen zur Punk- und Hardcore-Szene. Das ist auch an den Dresscodes während der „Bouts“ erkennbar. Zwischen den Arm-, Ellbogen- und Knieschützern sind oft großflächige Tattoos zu sehen. Die Spielerinnen und Refs treten unter Pseudonymen auf. PROGRESS hat mit der Blockerin Anne Headaway und dem Ref Guschoida von den Vienna Rollergirls über Roller Derby gesprochen.

Informationen über die Vienna Rollergirls:

http://www.facebook.com/ViennaRollergirls

http://www.viennarollergirls.com

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