Zwischen den Fronten

  • 24.02.2013, 10:07

Christina und Simon gehen in die Maturaklasse. Beide haben sich vorgenommen, nach der Matura ein Studium zu beginnen. Die Entscheidung, welches Studium sie wählen wollen, fällt schwerer als gedacht.

Christina und Simon gehen in die Maturaklasse. Beide haben sich vorgenommen, nach der Matura ein Studium zu beginnen. Die Entscheidung, welches Studium sie wählen wollen, fällt schwerer als gedacht.

Die Studienwahl ist für viele angehende Studierende eine Herausforderung. Was will ich studieren, wo will ich studieren und welche Besonderheiten, wie Studiengebühren, Fristen oder Zulassungsprüfungen, muss ich beachten? Genaue Informationen sind Voraussetzung für die individuell richtige Studienwahlentscheidung.

Internet geht immer. Wenn das Angebot groß ist, fällt die Wahl des Studiums nicht leicht. Das Onlinestudienverzeichnis studienplattform.at zeigt bei der Eingabe „Bachelorstudien“ 826 Treffer an. Hinzu kommen 325 Lehramts- und 86 Diplomstudien. Speziell für die ersten Studieninformationen können Onlineplattformen hilfreich sein. Der 18jährige Simon und die 19jährige Christina nützen sie als erste Anlaufstelle. Aktuelle und zuverlässige Informationen über alle Studiengänge, Studienstandorte und mögliche Zugangsbeschränkungen bieten die ÖH-Seite studien­plattform.at und studienwahl.at vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (bmwf), wobei man als Maturant_in bei letzterer leicht über Begriffe wie „ECTS“, „Master“ und „ÖH-Beitrag“ stolpert.

Begriffe wie „Kompetenzerwerb“, „Prozess- und Qualitätsmanagement“ oder „fachspezifische Methoden“ dominieren die Angaben bezüglich Studieninhalt und werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten. Das ÖH-Projekt studienplattform.at will dem entgegensteuern. „Es war die Absicht, Fremdworte einfach zu erklären und damit den Zugang zu dieser beängstigenden und verwirrenden neuen Welt zu erleichtern“, sagt Karin Kuchler, Koordinatorin der studienplattform.at. Eine weitere Verfeinerung ist, dass es eine Suchfunktion für Interessen gibt.

Diese soll den MaturantInnen möglichst viele verschiedene Studienrichtungen anbieten, um auch aufzuzeigen, dass es viel differenziertere Studiengänge, abseits der Mainstreamstudien wie Rechtswissenschaften, Humanmedizin und BWL gibt. Wer sich jedoch nicht sicher ist, dem und der empfiehlt Kuchler eine persönliche Beratung. Beratung im Gespräch. Für eine persönliche Beratung stehen MaturantInnen zwei Projekte zur Verfügung: Der Studienchecker und die Maturan­tInnenberatung. Der Studienchecker ist ein Projekt des Wissenschaftsministeriums (BMWF) und des Ministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, in Kooperation mit der ÖH und der Psychologischen Studen­tenberatung. Es stellt ein Bündel an Maßnahmen für alle SchülerInnen in ganz Österreich dar, um sie im Entscheidungsprozess zu begleiten. Das Projekt reicht von einem Interessensfragebogen,  Kleingruppenberatung mit PsychologInnen der Psychologischen Studen­tenberatung bis zu der MaturantInnenberatung direkt an den Schulen. „Studienchecker soll dazu beitragen die Drop Out Quoten an den Universitäten zu reduzieren. Oft brechen Studienanfänger ihr Studium ab, weil sie sich das vorher nicht genau überlegt haben“, sagt Marion Kern vom BMWF. Neben dem Studien­checker und studienwahl.at bietet das BMWF wenig Zusätzliches an. Den wohl authentischsten Einblick in den Studienalltag bietet das von der ÖH organisierte und vom BMWF finanzierte Projekt Studieren Probie­ren. Hier haben StudienbeginnerInnen die Möglichkeit, Studierende einer Studienrichtung zu Lehrveranstaltungen zu begleiten und ihnen konkrete Fragen zu dem jeweiligen Studiengang zu stellen.

Die MaturantInnenberatung der ÖH bietet außerdem anonyme und kostenfreie Beratung an. Die Mitarbeitenden sind selbst StudentInnen und können mit Erfahrungsberichten direkt auf individuelle Fragen eingehen. Entweder werden Fragen im Rahmen des Studiencheckers, der von Schulen organisiert und angeboten wird, oder auch unabhängig davon in Form  von E-Mail, Telefon- oder persönlichen Gesprächen beantwortet. Mitarbeitende der MaturantInnenberatung haben laut eigenen Angaben in den Jahren 2011 und 2012 knapp 15.000  StudienanfängerInnen in allen Bundesländern, außer in Kärnten, beraten. In einer Presseaussendung von ÖH und BMWF am 3. Jänner diesen Jahres bestätigten diese einen Zuschuss von 40.000 Euro, was das Gesamtbudget der Maturant­Innenberatung auf rund 294.000 Euro pro Jahr erhöht. Damit wird künftig auch den kärntnerischen MaturantInnen eine Beratung an den Schulen ermöglicht. 311 Schulen, das entspricht etwa der Hälfte aller Schulen, haben 2011 am Projekt Studi­enchecker teilgenommen, bis 2014 soll es an allen Schulen Österreichs umgesetzt werden.

Die Qual der Wahl. Die Frage, ob Christina und Simon auch persönliche Beratung in Anspruch nehmen, verneinen beide. Beratungsangebote wie die MaturantInnenberatung, Studieren Probieren und Studienchecker kennen sie nicht. Wie gelangen sie dennoch zu Informationen? „Für mich sind besonders die persönlichen Gespräche mit Studierenden aufschlussreich“, so Christina, die derzeit die Maturaklasse eines Gymnasiums im oberösterreichischen Kirchdorf absolviert. Christina und Simon sind beide der Meinung, dass  Schulen und Hochschulen zu wenig Informationsangebot für MaturantInnen zur Verfügung stellen. „Es ist wichtig, wie viel Eigen­engagement man investiert“, meint Simon, der die Abschlussklasse eines Linzer Sportgymnasiums besucht. Kern weist darauf hin: „Jene, die Eigeninitiative zeigen, sich organisieren können und einen Plan haben, was sie tun wollen,  eignen sich für ein Studium.“ Punkt. Zwischen dem Schulbegriff von Selbstständigkeit und dem der Hochschulen herrscht jedoch eine große Diskrepanz, die von BMWF und den Universitäten weitgehend ignoriert wird. Die Kompetenz wird von der Schule auf die Uni geschoben und umgekehrt – übrig bleiben ratlose Maturan­tInnen. „Wenn man eine Klasse fragt, schätzen sich fast alle SchülerInnen als selbstständig ein. Bei den meisten StudienanfängerInnen aber hinterlässt die Organisation des Studienalltags und die Vorbereitung darauf große Unsicherheit“, schildert Theresa Kases vom Projekt Studieren Probieren. Die Vorbereitung auf ein Studium stellt sich also als ein Probelauf für das  eigentliche Studium heraus.

Die Bürokratisierung und Zugangsbeschränkungen stellen Neulinge vor eine Voraussetzungskette, die sich mit der STEOP fortsetzt. Fristen, Aufnahme- und Eignungsprüfungen setzten MaturantInnen unter großen psychischen Druck, bestätigt Magdalena Hangel, Referentin der MaturantInnenberatung. Auch Christina fühlt sich in der Vorbereitung auf ihr Studium oft allein gelassen. Trotz allem möchte sie Philosophie studieren. „Aber das kann sich noch ändern, ich bin mir noch nicht sicher.“

Linktipps:

ÖH:

www.oeh.ac.at/studienberatung
www.studierenprobieren.at
www.studienplattform.at

Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung:
www.studienwahl.at
www.Studienchecker.at
www.studentenberatung.at

Messen, Informationsveranstaltung: http://bestinfo.at

AutorInnen: Marlene Brüggemann