Zwei mal „Wo kommen Kinder her?“, ohne heteronormative Kackscheiße

  • 29.01.2016, 17:52

Zwei Bücher, zwei Kinder, zwei unterschiedliche Familien, zwei Geschichten darüber, wie Eltern zu Kindern kommen. Zwei Mal kinderfreundliche Erklärungen, die darauf verzichten, die Mär von Zweigeschlechtlichkeit und Vater-Mutter-Kind-Familien zu zementieren.

Zwei Bücher, zwei Kinder, zwei unterschiedliche Familien, zwei Geschichten darüber, wie Eltern zu Kindern kommen. Zwei Mal kinderfreundliche Erklärungen, die darauf verzichten, die Mär von Zweigeschlechtlichkeit und Vater-Mutter-Kind-Familien zu zementieren.

Wie Single-Vater Tobias mit Lotta schwanger wurde, erfährst du in „Wie Lotta geboren wurde“.

Die Geschichte fängt bereits vor seiner Schwangerschaft an, erzählt von Tobias Hobbys und seinen Freund_innen. Ein Freund schenkte ihm die Samen, die er benötigte, um Lotta zu bekommen. Dass Tobias vermutlich ein trans* oder inter* Mann ist und weshalb er eine Gebärmutter hat, wird nicht unnötig thematisiert. Stattdessen betont das Büchlein Tobias' Vorfreude – und wie er zusammen mit Freund_innen und Verwandten jubelte, als Lotta endlich auf der Welt war.

„Maxime will ein Geschwister“! Oder gleich mehrere. Dabei ist für ihn das Geschlecht des potentiellen Geschwisterchens gänzlich irrelevant und wird nicht mal angesprochen. Macht einfach mal, Mamis! Die beiden Mütter sind einverstanden, greifen zur anonymen Samenspende und neun Monate später kann Maxime sein Geschwister Nikola im Arm halten.

Test

Beide Bücher behandeln eine ähnliche Thematik und eignen sich beide dafür, Kindern zu erklären, wie sie auf die Welt kamen, ohne ihnen dabei gleich cissexistische Unwahrheiten à la „alle Frauen können schwanger werden, alle Männer können das nicht“ aufzutischen. Auch die Mär von der Familie, die unbedingt genau einen Vater und genau eine Mutter bräuchte, bleibt den Kindern so erspart. Ein klares Plus für alle Kids: Sowohl für die, deren Familie nie in Kinderbüchern vorkommt, als auch für alle anderen, die so ein bisschen über den Tellerrand raus schauen können, von Kindern bis Erzieher_innen. Je nach Alter der Kinder können sie auch als Anstoß dienen, über Geschlecht zu sprechen: z.B. warum wir bei jedem Menschen unbedingt das Geschlecht wissen wollen. Oder warum die meistern Eltern auf „Bruder oder Schwester“ beharren, statt einfach wie in Maximes Geschichte „Geschwister“ zu benutzen.

Die Erklärungen zum Ablauf einer Schwangerschaft sind liebevoll und kleinkindgerecht. Körperteile sind weniger wichtig als das Wesentliche: Die Freude, die mit den Kindern und dem Kinderbekommen verbunden ist. So dass jedes Kind weiß: Die Hauptsache ist, dass meine Eltern sich bewusst für mich entschieden haben und sich darüber freuen, dass es mich gibt!

Auch die Vielfalt von möglichen Bezugspersonen und Familienformen wird betont. Nicht nur Maxime und seine Mütter oder deren Verwandten freuen sich über das Baby , sondern auch Mitbewohner_innen und Freund_innen sind gleichberechtigt dabei. Nicht angesprochen, aber gezeigt wird, dass nicht alle in einer Familie die gleiche Hautfarbe haben müssen: Maxime ist ebenso wie eine seiner Mütter Schwarz, Baby Nikola und die andere Mutter weiß.

Der Zeichenstil der Bücher ist liebevoll minimalistisch auf das Wesentliche reduziert. Verbunden mit tuscheähnlicher Zeichnung spricht das stringente Farbkonzepte sehr an: Keine Hintergründe, als Farben nur Schwarz, Gelb und ein Hauch Rot in Lottas Geschichte, Schwarz, Lila und Grautöne in Maximes Büchlein.

Hinter den Mini-Format-Büchern (13,6 x 13,6 cm) steht der neue, reichlich queere Zwei-Personen-Verlag „Atelier 9 ¾“ , der sich auf Comics und Kinderbücher spezialisiert hat.  „Wie Lotta geboren wurde“ gibt es sogar schon auf Schwedisch.

Non Chérie studiert mitunter versehentlich an der Universität Wien, macht meist feministisches Gedöns und queeren Krempel.

Beide Bücher könnt ihr euch auch gleich ausleihen – in der queer_feministischen Bibliothek der ÖH Bundesvertretung. Dort gibt es einen ganzen Schwerpunkt zu nicht-normativen und queerfreundlichen Kinderbüchern für verschiedene Altersstufen und zu diversen Themen. Schaut vorbei.

AutorInnen: Non Chérie