Vom Wegschauen und Hinsehen

  • 23.10.2014, 03:12

Vom Wegschauen und Hinsehen

26. September 1980, München: Bei einem Anschlag auf das Oktoberfest werden 13 Menschen durch eine Bombe getötet, 211 werden verletzt. CSU-Rechtsaußen- Politiker Franz Josef Strauß macht im laufenden Bundestagswahlkampf sofort „linke Terrorgruppen“ für den Anschlag verantwortlich. Einer der mutmaßlichen Bombenleger stirbt vor Ort: Gundolf Köhler, Mitglied einer rechtsextremen paramilitärischen Gruppe.

Hier setzt der Film „Der Blinde Fleck“ an – ein mehrfach ausgezeichneter Spielfilm, der bei Erscheinen leider nur in wenigen Kinos zu sehen war. Erzählt wird die Geschichte des Rundfunkjournalisten Ulrich Chaussy (Benno Fürmann), der der offiziellen Version nicht glauben will. Während die Staatsanwaltschaft Gundolf Köhler nämlich zu einem Einzeltäter mit Sexualproblemen erklärt, versucht Chaussy, dessen Verbindungen in die rechte Szene aufzudecken.

Die These Chaussys: Köhler ist kein Einzeltäter. Es handle sich vielmehr um einen politisch motivierten Anschlag von rechts, der von den ermittelnden Behörden systematisch vertuscht wird. Im Spielfilm wird diese Vertuschung akribisch nachgezeichnet. Es wird vorgeführt, wie Beweismittel vernichtet werden, Zeug_innen von Behörden verunsichert und in den Selbstmord getrieben sowie geheime Informationen lediglich an ausgewählte, eingeweihte Journalist_innen weitergegeben werden.

Der Film beruht auf wahren Begebenheiten und stieß durchaus auf Widerstände. Auf der Suche nach Unterstützung habe man viele Absagen kassiert, schreibt Produzent Daniel Harrich auf der Website zum Film, derblindefleck-film.de. Passenderweise endet „Der Blinde Fleck“ mit dem Auffliegen des Nationalsozialistischen Untergrundes, einer rechten Terrorgruppe, die über Jahre Menschen mit Migrationshintergrund ermordete und der gerade am Oberlandesgericht München der Prozess gemacht wird. Die Polizei hatte zunächst jahrelang gegen die Hinterbliebenen der Opfer ermittelt, weil sie „Ausländerkriminalität“ vermutet hatte. Der blinde Fleck existiert also weiter.

Der Film ist am 23. 10. um 13:55 Uhr auf ARTE zu sehen und seit 13. Mai 2014 auf DVD und Blu-ray erhältlich.

Christian Bunke studiert Journalismus und Neue Medien an der FHWien.

AutorInnen: Christian Bunke