Superheldin in Zivil

  • 05.02.2015, 13:02

Comic-Rezension

Comic-Rezension

Da geht’s rund, dêh! In der Graphic Novel „Aya“ von Marguerite Abouet wird das Leben der jungen Aya in Yop City an der Elfenbeinküste erzählt. Mit allen Ecken und Kanten – differenziert und detailreich in Farbe bebildert von Clément Oubrerie. Es wäre eine klassische Coming-of-Age- Geschichte mit partywütigen Teenies, Herzschmerz und Missverständnissen, wenn da nicht auch Aya wäre, die sich ihr Leben anders vorstellt. Sie will nach ihrem Schulabschluss Medizin studieren. Schmusen im Hotel der Sterne? Keine Zeit. Heiraten? No way. Aber Aya ist keine egozentrische Streberin. Mit Weitblick und Gerechtigkeitssinn hilft sie nicht nur ihren Freund_innen Bintou und Adjoua aus der Patsche, sondern auch vielen anderen in Yop City. In einer Stadt, in der es wie in einer Telenovela zugeht, ist das keine leichte Aufgabe. Aya unterstützt nicht nur Bintou dabei, sich ein Leben als Alleinerzieherin aufzubauen, als diese unerwartet schwanger wird, und verhilft dem schüchternen Hérve zu Selbstvertrauen und einem Job als Automechaniker; sie wird auch die Vertraute des schwulen Innocent, der mit seiner homophoben Umgebung kämpft. Als ob das nicht schon genug wäre, organisiert sie eine Rettungsaktion, um Félicité, die von ihrem Vater ins Dorf verschleppt wird, wieder nach Yop City zurückzubringen und spürt mit Adjoua die heimlichen Affären ihrer Liebhaber auf. Aya, die Superheldin in Zivil. Als sich Aya jedoch gegen ihren Biologie-Prof wehrt, der seine Student_innen vergewaltigt, droht er ihr die Zukunft als Ärztin zu zerstören. Scham und Hilflosigkeit setzen Aya stark zu, alles wird zuviel – sie kann nicht mehr und wird krank. Nun sind ihre Freund_innen am Zug und sie lassen Aya nicht hängen. Vor allem die wütende Adjoua sorgt dafür, dass Ayas Biologie-Prof schlussendlich verhaftet wird. Abouets und Oubreries Graphic Novel rechnet auch mit eurozentristischen Vorurteilen gegenüber Afrika ab. Mit vielfältigen Charakteren, aufwendigkonkreter Bildsprache und Geschichten über Alltag und Abenteuer schenken sie den Leser_innen eine Alternative zum kolonialistischen Blick auf ein Leben an der Elfenbeinküste.

Marguerite Abouet, Clément Oubrerie: „Aya“ und „Aya: Leben in Yop City“ Reprodukt, 360 und 364 Seiten jeweils 39 Euro

 

Marlene Brüggemann studiert Philosophie an der Uni Wien.

AutorInnen: Marlene Brüggemann