Soufflé mit Lachs 85g Katzenfutter

  • 23.06.2013, 12:47

In Zeiten, in denen sogar Discounter Delikatessen und Gourmet-Produkte anbieten, wird der Begriff Luxus immer weniger greifbar. Was für die einen Alltag ist, bedeutet für andere schon Luxus.

In Zeiten, in denen sogar Discounter Delikatessen und Gourmet-Produkte anbieten, wird der Begriff Luxus immer weniger greifbar. Was für die einen Alltag ist, bedeutet für andere schon Luxus.

Die Packungen der Billig-Luxus-Produkte von Hofer und Konsorten sind mit schwarzen und goldenen Farben auf edel getrimmt. Sie kosten auch wirklich mehr als ihre Mitprodukte und werden als Spezialität oder Delikatesse bezeichnet. Es gibt da Pfeffer-Ziegenkäse, Aufstriche aus Macadamianüssen oder Marmeladen mit gewagteren Fruchtkombinationen. Diese Produkte heben sich von den normalen Produkten ab, die mit „daily“ oder dergleichen beschriftet werden. Denn die Luxusprodukte sollen die anderen billiger erscheinen lassen, sie sind nicht für jeden Tag, die anderen schon. Qualitativ sind diese Edel-Produkte nicht hochwertiger, bezahlt wird für das Gefühl, sich etwas zu Besonderes zu gönnen.

Ist das der Luxus der Hofer-Klientel? Manche andere würden zu Hofer gar nicht einkaufen gehen, weil er ihnen zu billig ist. „Niemals“ würde ihnen beim Gedanken an die Discount-Kette Luxus in den Sinn kommen. Luxus ist für sie ein teures Essen oder ein
schöner Urlaub. Vielleicht eine schöne Wohnung oder ein hübsches Auto. Dinge also, die wiederum für andere Normalität darstellen. Für die Wohlhabenderen sind diese Annehmlichkeiten ohnehin eine Selbstverständlichkeit und ihnen ist Luxus eher etwas, das beim besten Willen nicht notwendig ist. Teurer Schmuck vielleicht oder eine Yacht. Aber wer weiß, vielleicht ist Luxus sowieso etwas für die Ärmeren, während die Reichsten nicht in solchen Kategorien denken.

Ein Stück vom Paradies. Eines steht jedenfalls fest: Luxus ist relativ. Kein einzelnes Ding ist an sich Luxus, sondern es ist nur Luxus in seiner ganz bestimmten Stellung zu den Menschen. Manchmal reicht schließlich schon die richtige Präsentation eines Produkts, um es zum Luxus zu adeln. Es kann aber auch Luxus bedeuten, nicht soviel arbeiten zu müssen oder sich einen Nachmittag lang zu entspannen. Allerdings muss Luxus leistbar sein und er muss eigentlich zu viel kosten. Wer Luxus will, will etwas, das über dem jeweiligen Lebensstandard liegt, ein Stück vom Leben der Reicheren. Und dieser Blick ins Paradies muss weh tun, sonst wäre er keiner.

So betrachtet ist Luxus also teuer und nutzlos. Eigenschaften, die ihm mitunter Kritik eingebracht haben. Denn was nach Vergnügen aussieht, zog stets den Hass derjenigen auf sich, die vom Vergnügen ausgeschlossen sind. Deren Unmut ist verständlich. Wer will schon 40 Stunden die Woche schuften, um sich eine bescheide Bleibe und ein bisschen Freizeitspaß zu finanzieren, während andere den Monatslohn an einem Wochenende durchbringen. Darüberhinaus zieht das Unnütze gerne das Ressentiment derer auf sich, die ihre Leben dem Nützlichen verschrieben haben. Was ich nicht haben konnte, dass sollen auch die anderen niemals haben, lautet die Devise. Was ich mir versagen musste, soll sich ja niemand gestatten.

Der Luxus verkörpert das Privileg. Er macht deutlich, dass manche von den Zwängen des Arbeitslebens verschont bleiben. Die anderen aber, denen dieses Glück nicht vergönnt ward, identifizieren sich mit ihrem Schicksal und geben sich damit zufrieden, darauf zu hoffen, es möge auch den Reichen bald nicht mehr so gut gehen. Gehofft wird auf eine Nivellierung nach unten. Lieber soll es allen schlecht gehen, als nur einigen gut. Daher die Freude, wenn Reiche der Korruption überführt werden oder berühmte Menschen eines Verbrechen angeklagt. Denn damit ist bewiesen, auch sie sind vor der Brutalität der Welt nicht gefeit. Sie können
fallen und verschaffen so jenen Genugtuung, denen es schon immer schlechter ging.

„Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“, lautet dementsprechend ein alter linker Slogan, der auf Georg Büchner zurückgeht. Er weist in dieselbe Richtung wie das Lob von Bescheidenheit und die Romantisierung der Armut, wie sie in Literatur, Film und Fernsehen gerne gepflegt werden. Der Verzicht wird dort verherrlicht, die Armen sollen sich an ihrer Armut erfreuen. Sie werden in diesen Kulturerzeugnissen als die besseren Menschen gezeichnet. Sie sind arm, aber glücklich, sie lieben sich und halten zusammen – die Reichen könnten so scheint es, von ihnen lernen, denn sie werden ihres Reichtums nicht froh.

Kampf den Hütten, Paläste für alle. Aber könnte es nicht auch allen gut gehen? Ein Privileg ist ja nur solange ein Privileg, solange nicht alle in seinen Genuss kommen. Würde der Lebensstandard derer, denen es am schlechtesten geht, angehoben, verlören wohl manche Dinge ihren Schein von Abgehobenheit und dekadenter Luxuriösität. Zumindest verlören sie wohl den bitteren Beigeschmack des Privilegs, der heute moderne Kunst und spekulatives Denken zwangsläufig begleitet. Denn wer es sich leisten kann, stundenlang durch Museen zu tingeln oder sich in ein Buch zu versenken, von dem viele nicht einmal wissen, wovon es überhaupt handelt, sieht sich heute dem – oft zurecht erhobenen – Vorwurf ausgesetzt, sich um handfestere Dinge nicht zu scheren.

Allerdings ist diese Gesellschaft handfest genug und bedarf vielleicht gerade des Abgehobenen und Verträumten. Schließlich kann als Grund für den Hunger der Menschen auf der Welt, ihr Geschundensein und ihre Verhärtung ausgeschlossen werden, sie würden sich zu viel mit nutzlosen und geistigen Dingen abgeben. Im Gegenteil sind sie eher Opfer des Zwangs zur Nützlichkeit und Produktivität, der sich nicht ohne weiteres aufheben lässt und ihnen zum tun unnützer Dinge gar keine Gelegenheit bietet, sowie er das Nutzlose jenen madig macht, die es sich erlauben könnten. Denn der Luxus, das Überflüssige und Unproduktive, ist ja nicht unnütz hinsichtlich der Bedürfnisse der Menschen, sondern hinsichtlich der Produktion. Wäre von den Bedürfnissen der Menschen die Rede, dann würde sicherlich menschliche Arbeit als eines der nutzlosesten Dinge angesehen und es würde daran gearbeitet, Maschinen zu bauen, welche den Menschen diese Last von den Schultern nehmen könnten. Damit sie sich nun den wichtigen Dingen des Lebens widmen könnten: dem Luxus. Dafür wäre freilich der Umbau der Gesellschaft von einer elendigen zu einer luxuriösen, in der der Luxus verallgemeinert wäre, die Voraussetzung. Ein Projekt, das den Kern der kapitalistischen Produktionsweise erfassen müsste.

Der Autor studiert Philosophie an der Uni Wien.

AutorInnen: Simon Sailer