ROAR!

  • 11.05.2015, 08:36
Comic-Rezension

Comic-Rezension

Die kleine 4-jährige Lena lebt bei ihrer Mama. Aber ihre Mama kann nicht richtig auf sie und sich selbst aufpassen, denn sie ist krank. Immer und überall vermutet sie Scientolog_innen, oder wie Lena sie nennt „Seintogen“, die sie bedrohen und verfolgen. Viel erfährt man nicht über den Hintergund von Lena und ihrer Mama. Offen bleibt zum Beipiel der Name der Krankheit von Lenas Mama, oder warum sie keinen Job, dafür eine Faszination für Amerika hat. Was man aber weiß, ist, dass ihre Mama vergisst einzukaufen, den Wohnungsschlüssel einzustecken und den Geburtstagskuchen aus dem Rohr zu nehmen. Immer wieder ist sie aggressiv gegenüber anderen Menschen wie Frau „Blöde Kuh“ Gehring vom Jobcenter, „Wertloser Dreck“-Passant_innen auf der Straße oder „Abschaum“-Menschen vom Jugendamt.

Irgendwann eskaliert die Situation und Lenas Mama wird gegenüber einer Frau handgreiflich. Danach passiert alles schnell. Frau Siebert, Lenas Mama, wird in ihrer Wohnung verhaftet und mitgenommen. Lena muss bei den Polizisten bleiben bis sie Roswitha, ihre neue Pflegemutter, abholt. Bei ihren Pflegeeltern bekommt Lena ein Zimmer in einem Haus mit Garten und einen Bruder. Und doch kehrt nicht das Gefühl der Ruhe und der Erleichterung eines Happy Ends ein. Lena vermisst ihre Mama und vergisst sich auch nicht über eine klassisch bürgerliche Familienstruktur mit Bonbon-Pillen, einem abwesenden Ehemann/Vater und einer geduldigen, aber überforderten Pflegemutter. Es gibt zwar unverkokelten Kuchen, Schule und Kakao, aber traurig ist Lena trotzdem.

Raphaela Buder schafft es in Grau-Weiß-Schwarz auf manchmal hellrosanem Hintergrund ein unstetes Leben aus der Perspektive eines Kindes zu skizzieren. Die weichen Bleistiftzeichnungen stehen im Kontrast zu den drastischen Erlebnissen. Und doch schafft Buder es durch die realistische Konkretheit ihrer Bilder den Schmerz, das Nicht-verstehen-Können und die Verwirrung Lenas aufs Papier zu bringen. „Die Wurzeln der Lena Siebert“ zeigt die Schwierigkeiten eines kleinen Mädchens, das auf sich selbst aufpasst, aber trotzdem ihre Mama lieb hat.

Raphaela Buder (edit: inzwischen Raphaela Doğan): „Die Wurzeln der Lena Siebert“
mairisch verlag, 128 Seiten
14,90 Euro

 

Marlene Brüggemann studiert Philosophie an der Universität Wien.

 

Comic-Rezension

Die kleine 4-jährige Lena lebt bei ihrer Mama. Aber ihre Mama kann nicht richtig auf sie und sich selbst aufpassen, denn sie ist krank. Immer und überall vermutet sie Scientolog_innen, oder wie Lena sie nennt „Seintogen“, die sie bedrohen und verfolgen. Viel erfährt man nicht über den Hintergund von Lena und ihrer Mama. Offen bleibt zum Beipiel der Name der Krankheit von Lenas Mama, oder warum sie keinen Job, dafür eine Faszination für Amerika hat. Was man aber weiß, ist, dass ihre Mama vergisst einzukaufen, den Wohnungsschlüssel einzustecken und den Geburtstagskuchen aus dem Rohr zu nehmen. Immer wieder ist sie aggressiv gegenüber anderen Menschen wie Frau „Blöde Kuh“ Gehring vom Jobcenter, „Wertloser Dreck“-Passant_innen auf der Straße oder „Abschaum“-Menschen vom Jugendamt.

Irgendwann eskaliert die Situation und Lenas Mama wird gegenüber einer Frau handgreiflich. Danach passiert alles schnell. Frau Siebert, Lenas Mama, wird in ihrer Wohnung verhaftet und mitgenommen. Lena muss bei den Polizisten bleiben bis sie Roswitha, ihre neue Pflegemutter, abholt. Bei ihren Pflegeeltern bekommt Lena ein Zimmer in einem Haus mit Garten und einen Bruder. Und doch kehrt nicht das Gefühl der Ruhe und der Erleichterung eines Happy Ends ein. Lena vermisst ihre Mama und vergisst sich auch nicht über eine klassisch bürgerliche Familienstruktur mit Bonbon-Pillen, einem abwesenden Ehemann/Vater und einer geduldigen, aber überforderten Pflegemutter. Es gibt zwar unverkokelten Kuchen, Schule und Kakao, aber traurig ist Lena trotzdem.

Raphaela Buder schafft es in Grau-Weiß-Schwarz auf manchmal hellrosanem Hintergrund ein unstetes Leben aus der Perspektive eines Kindes zu skizzieren. Die weichen Bleistiftzeichnungen stehen im Kontrast zu den drastischen Erlebnissen. Und doch schafft Buder es durch die realistische Konkretheit ihrer Bilder den Schmerz, das Nicht-verstehen-Können und die Verwirrung Lenas aufs Papier zu bringen. „Die Wurzeln der Lena Siebert“ zeigt die Schwierigkeiten eines kleinen Mädchens, das auf sich selbst aufpasst, aber trotzdem ihre Mama lieb hat.

Raphaela Buder (edit: inzwischen Raphaela Doğan): „Die Wurzeln der Lena Siebert“
mairisch verlag, 128 Seiten
14,90 Euro

 

Marlene Brüggemann studiert Philosophie an der Universität Wien.

 

AutorInnen: Marlene Brüggemann