Remember, remember

  • 04.02.2015, 18:04

6 mal unnützes Wissen, dass euch sofort wieder entrinnen wird.

6 mal unnützes Wissen, dass euch sofort wieder entrinnen wird.

Aller Tage Tag
„Internationale Tage“ von Zeug werden meist von NGOs oder Interessensgemeinschaften ausgerufen, um ein Thema medial präsenter zu machen und Aktionen zu bündeln. Der erste internationale Tag war der 1. Mai, der 1889 vom Gründungskongress der Zweiten Internationalen als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ ausgerufen wurde. Zwei Jahre zuvor hatten Sprecher*innen der Plansprache mit etwas weniger Medieninteresse den Esperanto-Tag (26. Juli) eingeführt. Mit dem Weltfrauentag, 1910 von der deutschen Sozialistin Clara Zetkin initiiert, erfolgte der Durchbruch der Praxis der Welttagsausrufung. Heute gibt es mindestens 241 internationale Tage für dieses und jenes (wandelnde Gedenktage à la „zweiter Montag im Monat“ nicht eingerechnet), die meisten im Oktober (36) und April (32). Ein paar Schmankerl unter den Gedenk- und Aktionstagen: Tag der Blockflöte (10. Jänner), Weltkatzentag (8. August), Anti-Diät-Tag (6. Mai), Weltfernsehtag (21. November)

Erinnerungskultur, Österreich Edition
Über die Anzahl der Denkmalschändungen in Österreich führt die Polizei keine eigene Statistik – diese laufen gemeinhin unter Sachbeschädigung. 2014 allerdings gab es viele Nachrichten über Schmierereien oder Zerstörung von Denkmälern in Österreich. Insbesondere betroffen waren jene für die Opfer des Nationalsozialismus, vor allem in Salzburg. Seit 2007 werden dort alle paar Monate Stolpersteine mit den Namen deportierter und ermordeter Juden und Jüdinnen ausgegraben, verlegt oder unkenntlich gemacht; im Mai 2014 wurde das gläserne Mahnmal für Euthanasie-Opfer des Nationalsozialismus mit einem spitzen Gegenstand zerbrochen. Zuvor waren in der Mauthausen-Gedenkstätte in Oberösterreich (neuerlich) rassistische Schmierereien aufgetaucht.

Die Fälscher*innen
Habe ich das wirklich so erlebt oder bilde ich mir das ein? Kann ich mich daran echt erinnern oder hat mir das nur jemand sehr bildhaft erzählt? Zum Beispiel bei frühen Kindheitserinnerungen kann eins sich da nicht immer hundertprozentig sicher sein. In der Gedächtnisforschung heißt der Vorgang einer retroaktiven künstlichen Erlebnisprotokollproduktion „Erinnerungs(ver)fälschung“. Die falsche Erinnerung unterscheidet sich von der Lüge dadurch, dass die Betroffenen ihre eigenen Aussagen tatsächlich für wahr halten. Einfache psychologische Experimente deuten darauf hin, dass es möglich ist, Menschen durch Suggestion und lebhaftes Erzählen falsche Erinnerungen „einzupflanzen“ – zum Beispiel, dass sie sich als Kind im Einkaufszentrum verlaufen hätten oder in Disneyland auf Bugs Bunny getroffen seien, obwohl der dort als Warner Brothers-Charakter Hausverbot hat.

Denkzettel
Die Erfindung des Post-Its geht auf einen glücklichen Fehler zurück: Als der Wissenschaftler Spencer Silver 1968 für die US-amerikanische Firma 3M einen superstarken Kleber erfinden hätte sollen, gelang ihm lediglich ein etwas enttäuschender, leichter, druckempfindlicher Klebstoff. Lange blieb diese Erfindung als „Lösung ohne Problem“ in der Firma unbeachtet – bis Silvers Kollege Art Fry 1974 in einem Seminar auf die Idee kam, sein Lesezeichen mit eben diesem Kleber im Gesangsbuch festzumachen. Das Post-It war geboren; ab den 80ern eroberte es Büroräume und Federpennale auf der ganzen Welt. Auch im Zeitalter der Digitalisierung hält sich das Post-It in seinem charakteristischen Gelb etwa in Form von Desktop-Erinnerungen. Auch aus Kunst (für großflächige Collagen) und Politik (in Form von an Wände geklebten Protest-Forderungen) sind die kleinen Notizzettelchen nicht mehr wegzudenken.

Myosotis secunda
Das Vergissmeinnicht ist eigentlich eine ganze Pflanzengattung in der Familie der Raublattgewächse, die in Europa, Asien, Afrika, Australien und Nordamerika verbreitet ist. Der deutsche Name „Vergissmeinnicht“ tritt zum ersten Mal im 15. Jahrhundert auf. Der Grund für die Namensgebung ist allerdings nicht endgültig geklärt. Einer Legende nach soll das leer ausgegangene, unscheinbare Blümchen Gott bei der Namens- oder Farbgebung zugerufen haben, es nicht zu vergessen. Andere Quellen sprechen davon, dass das blaue Vergissmeinnicht im Mittelalter unter Liebenden ein Symbol der Treue gewesen sein soll und sein Name daher kommt. Spannend ist jedenfalls der ungebrochene Namenstransfer in viele verschiedene Sprachen: forget-me-not, ne m’oubliez pas, neforgesumino, unutmabeni, ワスレナグサ…

LOL, der Tod
Tipp für den nächsten Tirolurlaub: Der „lustige Friedhof“ im Unterinntal (offiziell „Museumsfriedhof Kramsach“) ist eine ganz besondere Sehenswürdigkeit. Hans Guggenberger, Besitzer der Schmiede, hinter der sich der lustige Friedhof befindet, hat unzählige Grabsteine und -kreuze zusammengetragen – mit teilweise dreisten und einzigartigen Inschriften: „Hier liegt die Jungfer Rosalind/geboren als unerwünschtes Kind/ihr unbekannter Vater/war Kapuziner- Pater“. Laut Angaben des Kurators ist seine die größte Grabkreuzsammlung Europas. Solch lockerflockiger Umgang mit dem Tod („Hier liegt in süßer Ruh’/erdrückt von seiner Kuh/Franz Xaver Maier. Daraus sieht man/wie kurios man sterben kann.“) dürfte auf das Barock zurückgehen und bis etwa 1900 gehalten haben. Bezeichnend für die Landesmentalität, was hier unter anderem als lustig empfunden wird: „Hier liegt Martin Krug/der Kinder, Weib und Orgel schlug“.

 

Olja Alvir studiert Germanistik und Physik an der Universität Wien.

AutorInnen: Olja Alvir