Identitätsfindung oder Kinderspiel?

  • 27.09.2012, 02:34

Ein 10jähriges Mädchen, das sich vor ihren neuen FreundInnen als Junge ausgibt. Ein nicht unbedingt brandneues Thema, das der von Filmfestivals hoch gelobte Film Tomboy mit der jungen Zoé Heran in der Hauptrolle, aufnimmt. Vivian Bausch sprach mit der Regisseurin Céline Sciamma bei der diesjährigen Viennale.

Ein 10jähriges Mädchen, das sich vor ihren neuen FreundInnen als Junge ausgibt. Ein nicht unbedingt brandneues Thema, das der von Filmfestivals hoch gelobte Film Tomboy mit der jungen Zoé Heran in der Hauptrolle, aufnimmt. Vivian Bausch sprach mit der Regisseurin Céline Sciamma bei der diesjährigen Viennale.

Der Film handelt von der 10jährigen Laure, die sich aus einem Spiel heraus als Junge ausgibt und sich den Kindern ihrer neuen NachbarInnenschaft als Mikaël vorstellt. Einen Sommer lang passt sie sich ihrer neuen Rolle immer besser an und wird auch von ihren FreundInnen als Mikaël akzeptiert. Bei ihrer Freundin Lisa beginnt diese Fassade allerdings zu bröckeln, denn die beiden kommen einander zunehmend näher. Nur ihrer kleinen Schwester Jeanne vertraut Laure sich an. Zunehmend schwieriger gestaltet es sich im Laufe der Zeit allerdings diese neue Identiät aufrecht zu erhalten, bis durch die Entdeckung des Lügenspiels durch ihre Mutter schließlich ein Familendrama ausbricht. Vivian Bausch sprach bei der Viennale mit der Regisseurin Céline Sciamma.

PROGRESS: Wie war deine Reaktion, als du erfahren hast, dass mehrere KritikerInnen in Tomboy die Behandlung eines „psychologischen Phänomens“ sehen?
Céline Sciamma: Ich habe einige Interpretationen von ZuschauerInnen wahrgenommen und bin auf ein paar widersprüchliche Analysen meines Films gestoßen. Es ist natürlich richtig, dass ich mir mit der psychologischen Frage schwer tue. Der Film gibt keine psychologische Antwort beziehungsweise Analyse der Hauptcharaktere wieder. Er erklärt nicht wirklich, wieso Laure sich als Junge ausgibt. Natürlich kann man aber gesellschaftspolitische Aspekte rauslesen.

Was hat dich inspiriert dieses Projekt zu starten und wie hast du die Idee schließlich filmisch verarbeitet?
Im Prinzip habe ich Geschichten über ein kleines Mädchen, das sich als Junge ausgibt, gelesen. Ich wollte nicht nur einen Film über Kinder drehen. Darüber hinaus haben mich Thematiken wie die Schwierigkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen, die Identitätsfrage und das Lügenspiel besonders inspiriert. Im Allgemeinen hat mich einfach diese Spannung der Themen extrem gereizt, da sich all diese Schwierigkeiten vernetzt in einer Geschichte zu einem schönen Ganzen weben lassen.

Wieso hast du dich für den Titel „Tomboy“ entschieden?
Tomboy weist vordergründig auf die Rolle von Mädchen in der Gesellschaft hin, auf das Phänomen, dass Jungs und Mädchen unterschiedlich erzogen werden und einen anderen Zugang zur Öffentlichkeit haben. Ich meine, natürlich gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen, aber wir sollten dieses typische Muster von Vorurteilen gegenüber dem einen oder dem anderen Geschlecht tiefgründig hinterfragen.

Was wird man in Zukunft von dir sehen?
Zukünftig würde ich gerne eher Fernsehprojekte starten. Ich möchte mich in nächster Zeit auf die Produktion von Serien konzentrieren, da ich mich gerne länger mit spezifischen Charakteren beschäftigen möchte, um diese ausbauen und individualisieren zu können.

AutorInnen: Vivian Bausch