Hilfe zur Selbsthilfe: Das Referat für Studien- und Maturant_innenberatung

  • 02.07.2014, 10:50

Das Referat für Studien- und Maturant_innenberatung der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft hat sich zum Ziel gesetzt, Studieneinsteiger_innen bei der Suche nach dem richtigen Studium zu unterstützen.

Das Referat für Studien- und Maturant_innenberatung der Bundesvertretung der Österreichischen Hochschüler_innenschaft hat sich zum Ziel gesetzt, Studieneinsteiger_innen bei der Suche nach dem richtigen Studium zu unterstützen.

20.000 zu beratende Personen pro Jahr, 342 betreute Schulen, etwa 2000 Studiengänge, die in Österreich angeboten werden: Das Referat für Maturant_innenberatung der ÖH-Bundesvertretung hat es mit großen Zahlen zu tun. „Wir sind ein sehr großes Referat“, erklärt Magdalena Hangel. Die Germanistik-Doktorandin ist Referentin für Maturant_innenberatung, neben ihr arbeiten noch 15 Sachbearbeiter_innen und drei fix Angestellte für das Referat. Alle Mitarbeiter_innen des Referats sind fraktionslos und damit unabhängig von Wahlen im Amt. Ein großer Teil der Arbeit fällt auf den Mailverkehr, der durch die persönliche Beratung von Studienanfänger_innen oder die Kooperation mit Schulen entsteht. Seit 2008 haben sich dabei die Ressourcen des Referats aufgrund einer Kooperation mit dem Bundesministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Forschung und teilweise auch mit dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur nahezu verzehnfacht.

Referentin für Maturant_innenberatung Magdalena Hangel. Foto: Sarah Langoth

Erzählen aus der eigenen Realität

Die Beratung an Schulen ist eine der wichtigsten Aufgaben des Referats. „Wir bieten Beratung an 174 Schulen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland an. Schulen aus den anderen Bundesländern vermitteln wir an die lokalen ÖH-Stellen“, erklärt Magdalena. „Alle österreichischen Schulen bekommen am Beginn des Schuljahres ein E-Mail mit unserem Angebot einer Beratung, welches sie dann in Anspruch nehmen können.“ Dann besuchen vier bis fünf Student_innen möglichst unterschiedlicher Studienrichtungen eine Schule, halten dort einen einstündigen Vortrag vor den siebten und achten Klassen und stehen den Schüler_innen anschließend in Kleingruppen je nach persönlichem Interesse für Fragen zur Verfügung. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Lehrer_innen vorab die Interessen ihrer Schüler_innen evaluieren und so gezielt Berater_innen für besonders gefragte Studienrichtungen eingeladen werden können. „Unser großer Pluspunkt ist, dass wir Leute hinschicken können, welche selbst gerade studieren. Es sind keine Psycholog_innen, aber sie können von ihren Erfahrungen erzählen“, beurteilt Magdalena die Situation. „Unser Bildungssystem verändert sich ständig so stark, dass Bildungsberater_innen an den Schulen oft nicht mehr so gut Bescheid wissen. Auch funktioniert Studieren nicht mehr so wie bei Eltern oder älteren Geschwistern.“

Das Interesse der Schulen an dem Beratungsangebot ist hoch, außer sie bieten selbst Alumni-Days an. Wenn die Schulleiter_innen das Angebot der Maturant_innenberatung ablehnen, kann es vorkommen, dass die Schüler_innenvertretung selbst um Beratung ansucht. Der Termin ist für die Schulen frei wählbar, am meisten Nachfrage besteht von November bis Februar. Danach beginnt langsam der Maturastress. Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, auf der Messe für Beruf, Studium und Weiterbildung eine ÖH-Beratung in Anspruch zu nehmen. Die etwa 60 Studierenden, welche sich als Berater_innen zur Verfügung stellen, arbeiten dabei auf Werkvertragsbasis oder ehrenamtlich für die ÖH.

David Loibl bei der E-Mail-Beratung. Foto: Sarah Langoth

„Die Leute aktivieren“

Neben den Beratungsterminen an Schulen besteht die Möglichkeit, sich von der ÖH persönlich oder per E-Mail, Telefon sowie Skype beraten zu lassen. Sieben Mal drei Stunden pro Woche, Montag, Dienstag und Donnerstag hat das Referat zur Beratung geöffnet. Dienstag Abend kann man eine spezielle Beratung zur Studien- und Berufsreifeprüfung in Anspruch zu nehmen. E-Mails werden meist innerhalb von ein bis zwei Tagen beantwortet. Im Sommer vor Ende der Inskriptionsfrist suchen besonders viele Schüler_innen die Beratungsstelle auf. Magdalena empfiehlt den Schüler_innen, sich bereits in der siebten Klasse Gedanken über die Studienwahl zu machen: „Anmeldefristen wie beispielsweise für den Medizinaufnahmetest sind schon im Februar. In der Schule drücken alle ein Auge zu, wenn man eine Frist verpasst. Wenn man auf der Universität eine Frist verpasst, verliert man im schlimmsten Fall ein ganzes Jahr.“ Dafür soll auch bei den Schulterminen ein Bewusstsein geschaffen werden: „Wir wollen die Leute aktivieren, damit sie sich damit auseinandersetzen: Bis wann muss ich was machen? Fristen, Inskribieren, Aufnahmetests und so weiter“, so Magdalena. Die Menschen, die in die Beratung kommen, sollen vor allem zur Selbsthilfe angeleitet werden. Ihnen soll ein Grundwissen mitgegeben werden, um sich in der österreichischen Hochschullandschaft zu orientieren. „Wir können einen Prozess begleiten und anregen, aber niemandem die Entscheidung, was er oder sie studieren soll, abnehmen“, stellt Johannes Ruland klar. Er ist für das Projekt Studienplattform zuständig.

„Die Website ist sehr niederschwellig, da Studienanfänger_innen sowieso mit Information überschüttet werden“ - Johannes Ruland vom Projekt Studienplattform. Foto: Sarah Langoth

Projekt Studienplattform

Um den Studienanfänger_innen eine Hilfestellung zu geben, das Chaos an Fristen und Terminen und Studiengängen zu überblicken, hat das Referat für Studien- und Maturant_innenberatung im Jahr 2012 die Studienplattform ins Leben gerufen. Darauf sind Informationen zu sämtlichen Studien und Hochschulen in Österreich inklusive der Privatuniversitäten gesammelt und strukturiert. „Die Website ist sehr niederschwellig, da Studienanfänger_innen sowieso mit Information überschüttet werden“, erklärt Johannes. Er selbst befindet sich im Masterstudiengang Soziologie und wird zusätzlich im Herbst an der FH Burgenland Angewandtes Wissensmanagement studieren. „Wir versuchen auch, Begriffe wie Studiengebühren oder Curriculum zu erklären, da hier die verschiedenen Hochschulen oft sehr unterschiedliches Vokabular verwenden“, so Johannes. Auf der Studienplattform sind die Basisinformationen zu jedem Studiengang aufgelistet, weiters die Standorte, an denen dieser Studiengang verfügbar ist, der Studienplan, ein Link zur jeweiligen Studienvertretung und ein kurzer Beschreibungstext. Dort sollen auch Informationen gegeben werden, die auf den ersten Blick möglicherweise nicht ersichtlich werden, etwa spezielle Voraussetzungen.

„Auf der Homepage wird nach Studiengang und nicht nach Hochschule selektiert. Das hat zwar teilweise für Kritik gesorgt, aber so sollen den Leuten neue Möglichkeiten aufgezeigt werden. Der Studiengang sollte Vorrang haben“, erklärt Johannes. „Auch ist inhaltliche Nähe wichtiger als fixe Kategorisierung. Wer Französisch studieren möchte, hat dafür beispielsweise mehrere Möglichkeiten“. Zusätzlich zum Studienangebot gibt es spezielle Links für Studierende mit besonderen Bedürfnissen, wie etwa Studierende mit Kind, nicht-deutscher Erstsprache oder einer Behinderung. In Zusammenarbeit mit dem Referat für Pädagogische Angelegenheiten wurde außerdem eine spezielle Informationsseite für die Lehramtsstudien erstellt, da hier in letzter Zeit viele Änderungen erfolgt sind. Die etwa 200 User_innen, die täglich die Plattform besuchen, haben die Möglichkeit, um eine Verbesserung der Homepage anzusuchen, falls Informationen nicht mehr aktuell sind.

Studieren probieren

Ein weiteres Angebot des Referats ist „Studieren Probieren“. Dabei bieten zweimal pro Semester verschiedene Studierende den Maturant_innen einige Wochen lang die Möglichkeit, sie zu Lehrveranstaltungen aus ihrem Studium zu begleiten. Terminvorschläge werden gesammelt und am 20.Oktober sowie am 20.März online gestellt. „Vorlesungen auf Universitäten sind grundsätzlich öffentlich, aber nicht an Pädagogischen Hochschulen oder Fachhochschulen. Auch Übungen und Seminare sind geschlossen. Mit Studieren probieren kann man Grundlagen-Lehrveranstaltungen mit einer Person besuchen, sich mit dieser danach noch unterhalten und vielleicht sogar in Kontakt bleiben“, erklärt Magdalena. „Im besten Fall stellt man so fest, ob man das Studium mag oder nicht.“ Das Angebot „Studieren probieren“ ist österreichweit, die Projektleitung befindet sich in Wien. „Eine Hochschule stellt sich oft anders dar, als sie Studierende empfinden“, meint Johannes. Magdalena sieht dies besonders im Fall von Tagen der offenen Tür: „Hier wird oft Werbung gemacht, anstatt die Realität abzubilden, besonders auch bei FHs, da diese ja mit den Studierenden etwas verdienen.“

Beratung auch per Telefon. Auf dem Bild: Theresa Kases. Foto: Sarah Langoth

Medizin, Wirtschaft, Jus                                                                        

Magdalena diagnostiziert bei den Schüler_innen eine deutlich stärkere Belastung durch die Frage der Studienwahl als noch vor ein paar Jahren: „Einerseits stehen die Schüler_innen stärker unter Druck, da der Zwang immer stärker wird, bei einem angefangenen Studium zu bleiben. Vor der STEOP und den Aufnahmeverfahren herrscht teilweise wirkliche Angst. Im Fall einer nicht absolvierten STEOP müssen beispielsweise Beihilfen wieder zurückgezahlt werden, weshalb oft gar nicht darum angesucht wird“, erzählt Magdalena aus den Beratungsgesprächen. „Ich finde es schade, dass kein Raum mehr für Fehler gegeben wird. Es besteht keine Möglichkeit mehr, die ersten paar Monate mit Orientierung zu verbringen, weil sonst die Beihilfen wegfallen.“

Auch die Arbeitsmarktorientierung wird Schüler_innen immer stärker bewusst, weshalb die gefragtesten Studien nach wie vor Medizin, Jus und Wirtschaft sind, wo ein klares Berufsbild im Kopf ist. „Oft wird man gefragt: Krieg ich damit einen Job? Aber niemand kann garantieren, wie der Arbeitsmarkt in fünf Jahren aussehen wird“, erklärt Magdalena. Der Appell von ihr und Johannes an die Studienanfänger_innen ist, das zu studieren, was sie interessiert und worin sie sich auszeichnen und nicht auf Arbeitsmarktprognosen oder die Wünsche der Eltern zu hören. „Es wird auch langsam wieder weniger mit dem Durchschleusen durch das Studium“, meint Johannes. „Alles was man einmal studiert hat, ist eine zusätzliche Qualifikation, außerdem sammelt man Lebenserfahrung. Manchmal ist auch ein Auslandsjahr oder ein soziales Jahr eine Möglichkeit.“ Ein wichtiger Aspekt in der Beratung ist auch, Berufsbilder zu außergewöhnlichen Studienrichtungen, wie etwa Orientalistik aufzuzeigen und klarzustellen, dass man beispielsweise auch als Jus-Absolvent_in noch eine Zusatzausbildung braucht, um Richter_in zu werden. Doch trotz aller Hürden ist Magdalenas Appell klar: „Wir möchten junge Menschen zum Studieren motivieren. Das wird von der Politik oft nicht so kommuniziert, aber Studieren ist etwas Gutes!“

http://www.studienplattform.at/

http://studierenprobieren.at/

http://www.oeh.ac.at/organisation/referate/referat-fuer-studien-und-Maturant_innenberatung/

Margot Landl studiert Lehramt Deutsch und Geschichte sowie Politikwissenschaft an der Universität Wien.

AutorInnen: Margot Landl