Good Artists copy, great Companies steal

  • 18.05.2015, 18:03

Das Internet bietet jungen Künstler*innen nicht nur die Möglichkeit, ihr Werk zu präsentieren, sondern auch simple Mittel, es zu vertreiben. Nicht selten bedienen sich große Firmen ungefragt an ihrer Kunst, ohne einen Cent dafür zu bezahlen.

Das Internet bietet jungen Künstler*innen nicht nur die Möglichkeit, ihr Werk zu präsentieren, sondern auch simple Mittel, es zu vertreiben. Nicht selten bedienen sich große Firmen ungefragt an ihrer Kunst, ohne einen Cent dafür zu bezahlen.

Gemma Correll ist Illustratorin und zeichnet Alltagsprobleme, goldene Tampons und niedliche Katzen. So etwas kommt im Internet bekanntermaßen gut an und verbreitet sich über diverse Kanäle entsprechend rasant. Sie bietet in einem eigenen Shop Klamotten, Taschen und Haushaltsgegenstände mit ihren Artworks an, dabei arbeitet sie eng mit Agent*innen und ihrem Management zusammen. Die Professionalisierung hält Firmen wie TaoBao, beautifulhalo oder YesStyle dennoch nicht davon ab, Produkte mit Corrells Motiven ohne ihr Einverständnis zu verkaufen. Auf ihrem Blog schreibt sie dazu: “I feel like I'm at the bottom of a design-foodchain (along with all the other illustrators and artists that this has happened to) when we're the ones thinking of the ideas, only for the bigger companies to steal them and make their own crappy versions. We make pennies, they make billions. It isn't fair.”

Auch große Textilunternehmen wie H&M, Forever21 oder der Hipster-Ausstatter Urban Outfitters schrecken nicht davor zurück, sich online an den Kreationen Anderer zu bedienen. So druckte H&M den Streetart-Slogan “You look nice today” der Künstlerin Tori LaConsay auf Kissenhüllen und Fußmatten, Urban Outfitters Tumblr-Illustrationen auf Shirts. Forever 21 kopiert am liebsten ganze Design- und Schnittmuster und wurde dafür bereits über 50 mal verklagt. Darauf angesprochen schieben die Unternehmen die Verantwortung asiatischen Großhändlern zu - und kommen damit durch.

KOSTENLOSE IDEEN ZU GELD MACHEN. Dieses Phänomen beschränkt sich nicht auf Kleidungskonzerne. Ob Tweets auf Kaffeetassen oder Frühstücksbrettchen, Fan-Artworks von Communitys wie Deviantart auf Kissenbezügen oder aufwändig nachgebastelte Taschendesigns und Schmuckentwürfe von Etsy oder DaWanda – die Ideen und Designs von jungen Künstler_innen scheinen für viele Unternehmen ein Selbstbedienungsladen zu sein.

Nicht bloß kopiert, sondern bis ins Detail imitiert und monetarisiert werden auch erfolgreiche Indie-Spiele kleiner, unabhängiger Studios. Die Entwicklung solcher Klone ist für Firmen wie Softgames oder Ketchapp ein lohnendes Geschäftsmodell. Sie kopieren Indie-Hits wie „Monument Valley“ oder „Crossy Roads“, um mit kostenlosen Versionen voller Werbung ein Geschäft zu machen – und ersparen sich zudem Jahre der Entwicklung.

Um die Klone des Puzzlespiels „Threes“ entwickelte sich ein regelrechtes Mem. Mit dem Browserspiel „2048”, der Hommage eines Fans, entstand der erste von hunderten Klonen. Er hatte den Quellcode frei ins Netz gestellt, zahlreiche Adaptionen und kreative Experimente waren die Folge. Gleichzeitig entstand das Fundament für unzählige Kopien mit rein kommerziellen Hintergedanken, die letztendlich den Verkäufen des Originals schadeten.

Freie Lizenzen wie Creative Commons werden immer wieder als ultimative Lösung gegen die restriktiven Begrenzungen durch ein Copyright dargestellt. Tatsächlich entstand eine breite Bewegung – Code wird offen geteilt, Texte und andere Werke unter freien Lizenzen veröffentlicht, das „Recht auf Remix“ ist wichtig für ein weiterhin buntes Internet voller neuer Memes.

WIR SIND DAS PRODUKT. Für Ärger sorgte Flickr, eine der größten Fotocommunities, als das Unternehmen 2014 begann, Fotos von Nutzer*innen als Drucke zu verkaufen, ohne diese am Gewinn zu beteiligen oder auch nur namentlich zu nennen. Durch die manuell einstellbaren und verwendeten CC-Lizenzen ist dieses Vorgehen völlig legal. Dass Kund*innen, die für einen Dienst nicht bezahlen, dessen Produkt sind, wird hier verschärft: Die Kreativen arbeiten gratis für die Unternehmen, indem sie sich gegen restriktive Lizenzen entschieden.

Mit „CC NC“ kann zwar explizit eine kommerzielle Nutzung untersagt werden, das Werk aber zur Vervielfältigung freigegeben werden. Tatsächlich setzt bislang aber niemand die Rechte der Künstler*innen durch, sodass Werke kommerziell genutzt werden, ohne dass deren Schöpfer*innen etwas davon hätten. Die Cultural Commons Collecting Society will dies zumindest für Musiker*innen ändern – und die erste Verwertungsgesellschaft für alternative Lizenzmodelle werden.

Im Kleinen sind wir längst alle betroffen: Unsere Profilfotos dürfen beispielsweise von Facebook, denen auch Instagram gehört, für eigene Werbezwecke verwendet werden. Das ist authentischer und spart Geld für die Gagen von Werbefotograf*innen und die Produktion. Ein Selfie ist eben auch bloß ein Produkt.

 

Anne Pohl macht beruflich was mit Kommunikation und gründet nebenbei Onlineprojekte wie feminismus101.de oder herzteile.org.

AutorInnen: Anne Pohl