fantastiques Festival

  • 25.02.2015, 20:21

Für die Premiere des queer-feministischen Festivals _tastique haben sich die Organisatorinnen* viel vorgenommen. Warum sie daran nur scheitern können, wie viele Solipartys es braucht, um das Festival zu finanzieren und was es bewirken soll, erzählt eine Mitorganisatorin* im progress-Interview.

Für die Premiere des queer-feministischen Festivals _tastique haben sich die Organisatorinnen* viel vorgenommen. Warum sie daran nur scheitern können, wie viele Solipartys es braucht, um das Festival zu finanzieren und was es bewirken soll, erzählt eine Mitorganisatorin* im progress-Interview.

progress: Warum der Name _tastique?

_tastique: Wir haben uns dagegen entschieden die Veranstaltung wieder Ladyfest zu nennen, weil wir den Begriff „Lady“ problematisch finden. Dazu und mit dem Konzept „Ladyfest“ gab es im Vorfeld eine lange Auseinandersetzung. Im Brainstorming meinteeine Person, dass „tastique“ eigentlich nett klingt und mit Unterstrich ein offener Begriff sein kann.

Ihr schreibt auf eurer Website, dass ihr Ideen und Anliegen habt, die ihr gemeinsam umsetzen wollt – welche sind das?

Die Ideen und Anliegen haben sich zu vier thematischen Schwerpunkten herauskristallisiert – Antirassismus, Antiableismus, Body-Positivity und Sex-Positivity. Wair haben versucht, Vorkommnisse oder Themen, die uns gerade in Bezug auf die queer-feministische Szene in Wien wichtig erscheinen, aufzugreifen. Vor allem wollten wir Ausschlüsse, die wir wahrgenommen haben, problematisieren.

Wie setzt ihr die thematischen Schwerpunkte praktisch um?

Wir versuchen das auf mehreren Ebenen. Zum einen spiegelt sich das im Programm durch die Auswahl an Workshops, Filmen und Bands wider. Darüber hinaus haben wir ein Awareness-Team, welches am Festival dafür sorgt, dass es keine Übergriffe gibt. Wir erwarten auch von unserem Publikum, dass es Verantwortung trägt.

Wie verbindet ihr den Anspruch Politisches zu vermitteln und gleichzeitig Partys zu veranstalten?

Ich sehe da ehrlich gesagt gar keinen Widerspruch. Für mich können Partys natürlich auch politisch sein. Ich finde es einen guten Weg, Inhalte rüberzubringen. Das kann durch Raumgestaltung, durch Aufeinander-Aufpassen, durch die Vermittlung von Inhalten, durch Texte oder durch die Repräsentation, also wer auf der Bühne steht, passieren. Das ist nicht ganz einfach, klar. Denn wir können nie alles berücksichtigen, und haben wahrscheinlich immer was übersehen oder es ist sich etwas nicht ausgegangen. Insgesamt ist Party aber durchaus ein wichtiges politisches Tool und ich glaube die Kombination mit Workshops funktioniert gut. Also zuerst Workshops und dann Party – ist ja perfekt. (lacht)

Was hat sich seit dem ersten Wiener Ladyfest 2004 in der queer-feministischen Szene verändert?

Ich würde sagen, dass es zu einer Politisierung und zu einer stärkeren Vernetzung gekommen ist. Es ist außerdem relativ neu, dass es bei _tastique keinen offenen Call für Beiträge, Workshops, Bands, und so weiter gibt. Wir haben das Festival quasi selbst programmiert, gezielt Leute eingeladen und damit mehr Kontrolle und Verantwortung übernommen. 2004 kamen die Fragen auf, warum das Kollektiv so homogen ist, wer überhaupt Ressourcen hat so was zu organisieren und warum Themen wie Antirassismus nur marginal vorkommen. Wir haben daraus viel gelernt.

Wie macht sich das bei _tastique bemerkbar?

Wir versuchen, bestimmte Themen durch das ganze Programm durchzuziehen und sie sichtbar zu machen. Der queer-feministische Anspruch ist natürlich in vielen anderen Festivals auch drin, aber der Rest ist oft implizit „mitgemeint“. Das klappt in vielen Fällen nicht. Wir haben uns dem gestellt und uns gefragt: Was müssen wir tun, damit wir diesen wahnsinnig hohen Ansprüchen gerecht werden? Also ein body-positives, sex-positives, antiableistisches, antirassistisches Festival zu organisieren. Da haben wir uns ziemlich steile Ansprüche gestellt, an denen man nur scheitern kann. (lacht)

Welche Probleme ergeben sich bei der Finanzierung?

Das ist eine brenzlige Frage. Wir wollen unsere Unabhängigkeit wahren, wir wollen keine fetten Logos, wir wollen nicht vereinnahmt werden. Gleichzeitig müssen wir Reisekosten bezahlen und den Workshopleitenden, den Bands zumindest kleine Honorare zahlen. Das läppert sich ganz schön zusammen – wir rechnen damit, dass wir die nächsten fünf Jahre Solipartys veranstalten müssen, um das Ganze wieder reinzukriegen. 

Welche Öffentlichkeit wollt ihr mit _tastique erreichen?

Ich finde es immer recht illusorisch zu glauben, dass es weit über die vorgetretenen Trampelpfade geht – auch wenn das schön wäre. Also im Idealfall erreichen wir Communities, die im Moment eher vereinzelt agieren. Die Minimalvariante wäre, innerhalb der queer-feministischen Szene Wiens, die eine recht akademische und Weiße Szene ist, Bewusstsein für bestimmte Themen zu schaffen, die wir versucht haben zu forcieren. Ich fände es trotzdem schön und wichtig, wenn es über die kleine Szene hinausschwappen und neue Netzwerke entstehen würden – mal schauen ob das funktioniert und wer dann tatsächlich auftaucht.

Was hoffst du, bleibt vom Festival? Habt ihr eine Fortsetzung geplant?

Ich werde ganz bestimmt die nächsten zehn Jahre nichts mehr in der Form machen. (lacht) Aber ich fände es super, wenn Leute das aufgreifen und weiterentwickeln. Es wird sicher viel zu kritisieren geben, viel zu diskutieren und das ist auch extrem wichtig. Aber ich glaube schon, dass Ladyfeste eine nachhaltige Wirkung hatten auf die Szene, auf Netzwerke, auf Freundschaften. Da ist echt sehr viel im Umfeld und auch danach entstanden und das erhoffe ich mir für _tastique auch. Wir haben Rampenbau-Workshops im Vorfeld des Festivals gemacht – diese Rampen sind da, die sind nutzbar für Orte die sonst nicht zugänglich für Rollstühle sind. Das ist auf alle Fälle was Nachhaltiges und Materielles. Und da kommt sicher noch mehr.

 

Infos:
5.-8. März in Wien
Konzerte, Workshops, Flit*sexparty, Performances, Screenings, Lesungen, Austellungen und und und…
Programm und Anmeldung: http://tastique.me



Sonja Luksik studiert Politikwissenschaft an der Universität Wien.

AutorInnen: Sonja Luksik