Die Jungen wählen links

  • 13.07.2012, 18:18

Wer österreichische Medien konsumiert, muss den Eindruck gewinnen, dass die Jugend mehrheitlich rechts wählt.

Kommentar

Wer österreichische Medien konsumiert, muss den Eindruck gewinnen, dass die Jugend mehrheitlich rechts wählt. „Jugend am rechten Rand“ schrieb das Profil, im Club 2 wurde die Frage gestellt: „Wandert Österreichs Jugend immer mehr nach rechts?“. Diese Schlagzeilen entwickelten bald ein Eigenleben und wurden in der Öffentlichkeit zusehends zu einer „gefühlten Tatsache“ – ohne Fragezeichen. Alle starrten vor den Wahlen – wie das Kaninchen vor der Schlange – auf die Raps, Comics und angeblichen „Discotouren“ von Heinz-Christian Strache. Die FPÖ, als ewiggestrige Partei, will sich seit Jahren ein jugendliches Image aufbauen. Um die Bilder zu produzieren, die diesen Schein erzeugen sollen, karrt sie für Wahlkampfauftakte schon mal aus ganz Österreich junge FPÖ-AktivistInnen mit Bussen an. Und fast alle Medien fallen auf dieses Spiel rein.
Nichtsdestotrotz haben bei der Wien-Wahl laut dem SORA-Institut 46 Prozent der 16- bis 20-Jährigen die SPÖ gewählt und 21 Prozent die Grünen. Die FPÖ kömmt nur auf 20 Prozent. Das Institut für Jugendkulturforschung sieht die Grünen bei 23 Prozent und die FPÖ nur bei 19 Prozent. Junge Frauen (SPÖ: 46 Prozent, Grüne: 30 Prozent) haben übrigens so mehrheitlich die beiden linken Parteien gewählt, dass FPÖ und ÖVP zusammen nur auf eine verschwindende Minderheit kommen.
Natürlich sind auch 19 Prozent junge FPÖ-WählerInnen noch zu viel, aber verglichen mit dem Gesamtergebnis der FPÖ von 25,8 Prozent ist das ziemlich schwach. Es gilt: Je älter, desto eher wird die FPÖ gewählt – je jünger, desto eher die Linke.
Während die SPÖ in allen sozialen Schichten recht ähnlich abschnitt, wurden die Grünen besonders stark von SchülerInnen und StudentInnen gewählt. Die FPÖ schnitt einzig bei Lehrlingen überdurchschnittlich ab.
Das gute Abschneiden der linken Parteien bei der Jugend hat auch damit zu tun, dass, während Strache seine PR-Luftblasen produziert hat, SPÖ und Grüne groß angelegte Jugendwahlkämpfe organisiert haben. Während die SPÖ mit der „Käfig-Fußball-WM“, Konzerten und dem Rapper Nazar die WählerInnen mobilisierte, haben die Grünen alles getan, um unter SchülerInnen für sich zu werben und haben außerdem monatelang jeden Abend Lokale in ganz Wien besucht, um ihre Botschaft unter die Menschen zu bringen.
Mit einem weiteren Vorurteil hat die Wiener Wahl ebenfalls aufgeräumt: Die Wahlbeteiligung war unter Jungen mit 80 Prozent (allgemein: 67,6 Prozent) überdurchschnittlich hoch. Für die interessierte Öffentlichkeit wäre es also wichtig, „liebgewordene“ Urteile über Bord zu werfen und Dinge beim Namen zu nennen: Die Jungen wählen mehrheitlich links.

AutorInnen: Julian Schmid