Banale Kämpfe?

  • 25.02.2013, 17:37

Bereits in seinem Untertitel Perspektiven auf Populärkultur und Geschlecht macht der Sammelband einen Fokus deutlich, dessen Definition in der Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie eigentlich heftig umstritten ist. Denn  meist spaltet sich das Feld der Auseinandersetzung mit Popkultur in die Kritische Theorie, die Pop als kapitalistisch geprägten kulturindustriellen Massenbetrug begreift, und in die Cultural Studies, die im Pop einen Stachel im Fleisch der Hoch- und Volkskultur sehen. Einig ist man sich aber darin, dass sich in der Popkultur nicht nur aktuelle Themen, sondern auch kapitalistische Verwertungslogiken, Geschlechtervorstellungen und Normverschiebungen  widerspiegeln.

Das Herausgeber_innen-Kollektiv rund um Paula- Irene Villa hat eine Reihe ausführlicher Beiträge zusammengetragen, von den Gründer_innen des Missy Magazines, die Popkultur und Dritte-Welle- Feminismus reflektieren, über Ellen  Wesemüller, die die Bedeutung von Haaren für eine Inszenierung geschlechtlicher und sexueller Identitäten diskutiert, is hin zu Demet Lüküslüs‘ Studie der türkischen  HipHop-Szene in Deutschland. Sookie, Tara, Pam und Jessica. Julia Jäckel analysiert in ihrem Artikel Konstruktionen von Weiblichkeit in Bezug auf Agency am Beispiel der Figuren Sookie Stackhouse und Tara Thornton sowie der Vampirinnen Pam und Jessica aus der Fernsehserie True Blood. Der Beitrag überzeugt durch Sprachspiel ebenso wie durch die Anwendung theoretischer Konzepte wie beispielsweise jenem der Maskerade, das sich auf die Verführungs- und damit Handlungsfähigkeit Pams bezieht.

Paula-Irene Villa untersucht unter dem Titel „Pornofeminismus?“, ob (Selbst-)Pornografisierung als eine Form des Empowerments gelesen werden kann. Dabei werden bürgerliche Moralvorstellungen und die feministische Debatte um  Alice Schwarzers Kampagne „PorNO“ sowie Selbstermächtigungen und deren Möglichkeiten diskutiert. Erörtert werden Villas Überlegungen anhand des Beispiels der Performance von Lady Gaga in ihrem aufsehenerregenden Kleid aus  Fleisch, das entweder die Metapher der „Fleischbeschau“ nahelegt – oder deren Skandalisierung. Villa interessiert sich für genau jene Ambivalenz zwischen Kritik und Anpassung, Aneignung und Opferrolle. Insgesamt beinhaltet der  Sammelband eine große thematische Bandbreite auf hohem Niveau. Für TV-Junkies jedenfalls wird eine Reflexion ihrer Lieblingsserien wie True Blood, The L-Word oder 24 auf einer theoretischen Metaebene geliefert, die garantiert  spannende und vor allem neue Einsichten verspricht.

AutorInnen: Verena Stern