„Hinfort mit den Serienstereotypen, her mit den Klonen“

  • 05.10.2016, 13:37
Teilzeitkleinkriminelle Waise aus armen Verhältnissen findet zufällig heraus, dass sie unzählige Klone hat …

Teilzeitkleinkriminelle Waise aus armen Verhältnissen findet zufällig heraus, dass sie unzählige Klone hat, tut sich mit ihnen zusammen und kämpft gegen jene, die sie geklont haben und deren finstere Machenschaften. Gut, das klingt nicht annähernd so spannend und komplex, wie die Serie tatsächlich ist – doch ihr werdet Orphan Black eh nicht wegen des Plots schauen.

Es ist der Klon-Club, also ihre verschiedenen Klone, die Protagonistin Sarah Manning nach und nach kennenlernt, die euch das Herz rauben werden. Schon Alison, die Soccer-Mum mit Vorliebe für Basteln, Geschenkeverpacken, Drogendealen und Mord, hat mehr Witz und Finesse als alle Staffeln Breaking Bad zusammen. Zudem kommt jede Menge Queeres: Nicht nur sind einige Hauptcharaktere lesbisch, bi, schwul, trans* und intergeschlechtlich, darunter auch Klone, nein, vor allem bricht die Seriengestaltung grandios mit Traditionen. Andauernd sprechen Frauen, die ebenso Hintergründe wie eigene Handlungsstränge haben, miteinander – und definitiv über etwas anderes als Männer. Männliche Charaktere hingegen haben nahezu ausnahmslos Nebenrollen, die die Protagonistinnen und deren Plot unterstützen (Bösewichte ausgenommen).

Und das fetzt. So richtig. Die Klone machen einfach Spaß. Sie können ihr ganzes Potential entfalten, weil sie nicht, wie es sonst in Serien passiert, durch irgendwelche Typen, deren Plot vorangetrieben werden muss, ausgebremst werden. Alle werden von Tatiana Maslany dargestellt, die derart überzeugend spielt, dass sie nicht mal Perücken und Accessoires bräuchte, um die Klone trennscharf voneinander abzugrenzen.

Eine weitere auffallende Besonderheit der Serie ist, dass es nicht ständig Vorwände gibt, um die Protagonistinnen nackt zu zeigen – dafür sind es öfters mal Männer, die in Dusch- und Umkleideszenen Haut zeigen. Allen voran Schnuckel Felix, Sarahs Adoptiv-Bruder, Künstler (was sonst), Make-Up-Fan und Vollzeit-Tunte. Nicht nur seine Outfits, sein Witz und sein Charme bereichern die Serie ungemein – dass er auch keine Berührungsängste gegenüber einem trans* Mann hat, ist im Mainstream-TV vermutlich einmalig.

Ein großer Makel der Serie: Sie ist weißer als Magerquark. Nicht-weiße Charaktere gibt es allein in Nebenrollen. Durchgehend dabei ist allein ein Schwarzer Cop – also genau die eine Schwarze Rolle, die gerade bei so vielen Serien neben einem ansonsten komplett weißen Cast steht.

Die vierte Staffel der Fernsehserie gibt es seit dem 6. August auch im deutschsprachigen Netflix, die fünfte und letzte Staffel wird 2017 in den USA anlaufen.

 

Non Chérie studiert mitunter versehentlich in Wien und macht sonst so queeren Kram und trans*aktivistisches Gedöns.

AutorInnen: Non Chérie