„In rechtlicher Hinsicht drastisch prekarisiert“

  • 10.02.2013, 11:16

Juristin Petra Sußner im Kurzinterview zur rechtlichen Situation ausländischer Studierender an Österreichs Unis.

Juristin Petra Sußner im Kurzinterview zur rechtlichen Situation ausländischer Studierender an Österreichs Unis.

progress: Mit welchen Hürden haben ausländische Studierende in Österreich zu kämpfen?

Petra Sußner: Studierende ohne EUPass sind mit Hürden konfrontiert, die sich in einem verschachtelten legistischen Sammelsurium verbergen und sogar die damit befassten BeamtInnen oft überfordern. Das ist auf die konstant restriktiv gestaltete Fremden- und Asylgesetzgebung der letzten 20 Jahre zurückzuführen. Ein wenig zugänglicher gestaltet sich die Rechtslage für Personen mit einer StaatsbürgerInnenschaft aus dem EU-Raum. Für drittstaatsangehörige Studierende sind der Nachweis eines monatlichen Unterhalts in der Höhe von 837,63 Euro zuzüglich Mietkosten ab dem 25. Lebensjahr und der Nachweis eines Studienerfolgs im Ausmaß von 16 ECTSPunkten eine relevante Zugangshürde. Jüngere müssen 450 Euro nachweisen. Sie müssen jährlich im Rahmen des Antrags auf Verlängerung des Aufenthaltstitels vorgezeigt werden. Auch das Nostrifikationssystem ist kostenintensiv und kaum  überschaubar.

progress: Seit wann werden die Gesetze für Studierende aus dem Nicht-EU-Raum verschärft?

Eine drastische Rolle kommt dem parteipolitisch breit befürworteten Fremdenrechtspaket 2005 zu: Seither gibt es etwa  Auslandsantragstellungen nach absolvierten Aufnahmeprüfungen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei Fristversäumungen oder  Verschärfungen der Unterhaltsanforderungen.

progress: Wann droht ausländischen Studierenden die Abschiebung?

Drittstaatsangehörige sind wesentlich schneller einer Abschiebungssituation ausgesetzt als EU-BürgerInnen. Gefährlich wird es für ausländische StaatsbürgerInnen, wenn ihre Aufenthaltstitel nicht verlängert werden, sie strafrechtlich verfolgt werden oder auch ohne die entsprechenden Bewilligungen erwerbstätig sind. Rechtlich vorgegangen werden kann vor allem gegen die Rückkehrentscheidungen, Ausweisungen und Aufenthaltsverbote. Sie bilden die bescheidmäßige Grundlage der Abschiebungen. Private und familiäre Interessen im Sinn des Artikels acht der Europäischen Menschenrechtskonvention können hier  dagegengehalten werden.

progress: Was sind die Bedingungen, um nach Studienende in Österreich bleiben zu dürfen?

Man kann die „Rot-Weiß-Rot-Karte“ für AkademikerInnen beantragen. Dann steht ein halbes Jahr zur Arbeitssuche zur Verfügung. Wer in diesem halben Jahr keine Erwerbsarbeit gefunden hat, die den gesetzlichen Anforderungen entspricht, ist von Abschiebung bedroht. Eine der Anforderungen ist etwa ein monatlicher Entgeltanspruch in der Höhe von mindestens 45 Prozent der Höchstbeitragsgrundlage. Im Jahr 2012 handelte es sich dabei um 1.903,50 Euro. Außerdem muss es sich um eine den Qualifikationen entsprechende Erwerbstätigkeit handeln.

Petra Sußner verfasst derzeit ihre Dissertation, in der sie sich juristisch mit dem asylrechtlichen Verfolgungsgrund der sexuellen Orientierung auseinandersetzt. Sie hat jahrelang als Rechtsberaterin bei verschiedenen NGOs sowie als Rechtsanwaltsanwärterin für und mit MigrantInnen gearbeitet.

Zum dazugehörigen Artikel "Unter Generalverdacht?" über den Kampf Baraka Kimambos aus Tansania zum Studium an der Uni Wien und die bürokratischen Hürden für rumänische Studierende in Österreich.

AutorInnen: Claudia Aurednik